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Gibson Les Paul Studio Baritone Test

Es gibt Situationen im Leben eines Gitarristen, in denen kommt er um eine tiefer gestimmte Gitarre einfach nicht herum. Doch will man sicherstellen, dass die Riffs auch tiefergelegt noch transparent und knackig rüberkommen, ist ein Wechsel auf dickere Saiten fast schon ein Muss – vor allem, wenn es sich bei dem verwendeten Instrument um eine Gibson Les Paul handelt. Der Grund hierfür liegt in der kurzen Mensur der Paula und dem daraus resultierenden geringeren Saitenzug. Eine Strat mit einem 010er Satz zum Beispiel verkraftet ein Drop D Tuning (bzw. das Herunterstimmen aller Saiten um einen Halbton) wesentlich besser als ihre Kollegin. Soll es dann aber noch tiefer in den Keller gehen, stößt auch sie an ihre Grenzen und ein Wechsel auf dickere Saiten ist dann unumgänglich.

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Und genau hier kommt eine spezielle Spezies ins Spiel, die Bariton-Gitarre. Gibson bietet seit geraumer Zeit Modelle mit verlängertem Hals an, die sich optimal dazu eignen, tiefere Stimmungen zu „verkraften“. Dass dieser Luxus nicht unbedingt teuer sein muss, zeigt die uns zum Test vorliegende Les Paul Baritone in „Studio-Ausführung“.

DETAILS

Gut sieht sie aus, die Les Paul Studio Baritone! Aber was genau ist eigentlich eine Bariton-Gitarre und wie wird sie gestimmt? Ganz einfach! Im Vergleich zu einer „normalen“ Les Paul, die mit einer 62,8 cm langen Mensur kommt, hat Gibson der Baritone einen 71,12cm langen „Hals“ verpasst. Dickere Saiten druff und fertig. Gestimmt wird die Gitarre im übrigen C#, F#, H, E, G#, C#  oder auch H, E, A, D, F#, H – je nachdem, wie tief man in den Keller will.

Die Les Paul Studio Baritone wird in einem stabilen Gibson-Koffer geliefert. Die Zutaten sind wie gehabt: ein Mahagoni-Korpus mit aufgeleimter Ahorn-Decke, kombiniert mit einem eingeleimten Mahagoni-Hals und einem Griffbrett aus so genanntem Backed-Maple. Bei diesem Verfahren wird das verwendete Ahorn bei 200 Grad „gebacken“ und anschließend unter Druck in seinen Verarbeitungszustand gebracht. Das so bearbeitete Ahorn erinnert in Farbe und Haptik an Palisander, liefert aber etwas mehr Obertöne – was ja bei einer Bariton-Gitarre durchaus sinnvoll ist.  
Der Korpus besteht aus zwei Teilen Mahagoni, die mittig zusammengeleimt wurden. Die Mahagoni-Basis des Korpus hat Gibson mithilfe von Fräsungen etwas erleichtert, und so zeigt die Waage exakt 4kg an, lange Proben oder Gigs sind somit ohne anschließenden Orthopädenbesuch möglich. Auch die Decke aus einfacherem Grade-A Ahorn (bei teureren Paulas setzt Gibson auf Triple A) ist zweiteilig und wölbt sich dem User in typischer Les Paul-Manier entgegen. Der Einsatz des etwas preiswerteren Ahorns schadet der Optik aber keineswegs. Gebeizt wurde das gute Stück in Honey Sunburst und anschließend mit dezent glänzendem Nitro-Lack überzogen.

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Wie üblich bei „Studios“ hat Gibson auch hier auf das Les Paul-typische Kunststoff-Binding am Korpus und Hals verzichtet, stattdessen wurde vor dem Beizen ein Streifen abgeklebt –  das Ergebnis hört auf den wohlklingenden Namen „Natural Binding“. Apropos Optik: Gibson hat der Baritone kein Schlagbrett spendiert. Ich persönlich finde die eh überflüssig, aber das ist Geschmackssache.
In Sachen Hardware kommt auf der Baritone ein bewährtes Team aus Tune-O-Matic-Bridge und Stop-Tailpiece zum Einsatz. Die beiden Parts bestehen aus Zamac (Zinc Aluminium Magnesium Copper) und wurden im Druckguss-Verfahren hergestellt und anschließend verchromt – auch das also ein Gibson-typischer Standard.

Für die Tonwandlung sorgen ein schwarzer Gibson 496R am Hals und ein ebenfalls schwarzer 500T am Steg – beide ohne Pickup-Kappen. Halt finden die Triebwerke in cremefarbenen Kunststoff-Rähmchen. Die Pickups sind mit Keramik-Magneten ausgestattet, sollten also ordentlich Druck auf dem Kessel haben. Geregelt werden die Humbucker wie üblich mithilfe von vier Potis, zweimal Volume und zweimal Tone. Die Regler kommen allesamt mit bernsteinfarbenen Kappen, die sich mit der Farbe des Korpus vorzüglich verstehen. Auch der Dreiwegschalter an altbekannter Stelle darf natürlich nicht fehlen. Er ist passend zu den restlichen Kunststoffteilen cremeweiß.

Aber es gibt auch Unterschiede im Vergleich zur „normalen“ Paula – und die siedeln sich hauptsächlich im Bereich des Halses an. So besitzt die Bariton-Variante statt der üblichen 22 Bünde nun 24, allesamt in Medium-Jumbo-Ausführung. Die Bünde wurden perfekt eingesetzt, entgratet und auf Hochglanz poliert. Acryl-Dot-Inlays im Griffbrett und weiße Punkte an der Halskante sorgen für die nötige Orientierung. Auf der schwarz lackierten Kopfplatte findet sich das altbekannte goldene Gibson-Logo inklusive Les Paul-Schriftzug. Die Kunststoff-Glocke, die den Zugang zum Halsspannstab verdeckt, trägt bei dieser Studio, anders als üblich, keine Bezeichnung.Ein Blick auf die Rückseite des Halses bringt sechs verschlossene, chromfarbene Grover-Mechaniken zum Vorschein, die ihre Arbeit gewohnt präzise verrichten und die Gitarre gut in Stimmung bringen und halten.Die Verarbeitung der Gitarre ist insgesamt sehr gut, ich habe nicht einen einzigen Kritikpunkt gefunden.

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PRAXIS

Der Hals im Rounded 50’s Profil liegt ziemlich fett in der Hand und resoniert beim Spiel recht intensiv. Die Gitarre hängt gut ausbalanciert am Gurt und das, obwohl der Hals um einiges länger ist als bei einer normalen Paula und den Schwerpunkt so entsprechend verlagert. Natürlich ist es Gewohnheitssache, eine Bariton-Gitarre zu spielen. Wegen der längeren Mensur muss man sich für Akkorde in den tieferen Lagen schon etwas Strecken. Durch die aufgezogenen Saiten ( .012 – .016 – .024 – .032 – .042 – .052) verleitet sie nicht unbedingt zum Solospiel, soll sie meiner Meinung nach aber auch gar nicht, hier geht´s um andere Werte…

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Schon unverstärkt zeigt die Gitarre ihre Resonanzfreudigkeit und lässt Akkorde langsam ausklingen. Das Frequenzbild ist typisch Gibson. Der Mahagoni-Korpus bringt genau diesen typischen LP-Mittengrowl, die Ahorn-Decke und das verwendete Backed-Maple-Griffbrett steuern angenehme Höhen bei.Ich bin gespannt, wie sich die Axt am Amp macht. Ich habe die Gitarre übrigens in H gestimmt, also H, E, A, D, F#, H.Los geht´s wie immer clean. Ich schalte, beginnend mit dem Steg-Pickup, durch alle drei Positionen und verwende dabei einen Fender Deluxe.

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Fender Deluxe, Clean, Steg/Mitte/Hals

Der Steg-PU lässt schon clean gespielt ahnen, was in ihm steckt. Das Höhenbild ist für eine heruntergestimmte Les Paul erstaunlich frisch. In der Regel versinken Humbucker-Gitarren in einem solchen Tuning ja schnell im tonalen Mumpf. Die Baritone-Paula nicht – alles, was man spielt, bleibt transparent und relativ knackig. Die Zwischenposition gibt dann den Extraschub Höhen und höhlt die Mitten etwas aus, dadurch entsteht ein fast schon“stratiger“ Sound. Auch der Kollege am Hals macht einen sehr souveränen Eindruck und hält sich in den Bassfrequenzen (zum Glück) angenehm zurück. Auch hier bringen die Pickups eine gute Portion Höhen in´s Spiel. Um das eben gehörte in einem anderen Kontext zu hören, spiele ich das Ganze jetzt noch mal gepickt.

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Fender Deluxe, Clean Picking, Steg/Mitte/Hals

Hier lassen sich sehr gut die verschiedenen Charakteristika der Tonabnehmer-Kombinationen heraushören. Auffällig ist die ziemlich schnelle Tonentfaltung, gepaart mit einem guten Attack bei jedem Anschlag.Im nächsten Beispiel habe ich einen Plexi Marshall verwendet und die Verzerrung sehr moderat gehalten. Wegen des tieferen Tunings klingt es aber wesentlich verzerrter als es tatsächlich ist. Auch hier schalte ich mich kontinuierlich durch die Pick-Up-Kombis – beginnend am Steg.

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Marshall Plexi,Crunch, Steg/Mitte/Hals

Sehr interessant, wie sich das Klangbild verändert. Mich interessiert bei diesem Beispiel in erster Linie das Verhalten der Gitarre bei gedämpft gespielten Riffs.Das ist in allen drei Beispielen nicht zu vordergründig. Sehr gut! Die Baritone Les Paul bringt eine Menge Punch mit, perfekt für diese Spielart. Interessant ist auch, wie sich, je nach Pickup-Position, das Mittenbild verändert. Selbst der Hals-PU, bekannterweise nicht die erste Wahl für gedämpftes Getacker, lässt sich problemlos einbinden.Im nächsten Beispiel verwende ich einen Top Boost Vox, der einen satten Crunch-Sound liefert.

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Vox Top Boost, Steg, Medium Gain

Der kehlige Grundsound des Amps bleibt erhalten und passt perfekt zur tiefergelegten Paula. Die Gitarre schwingt wunderbar aus, und es muss nicht viel am EQ gedreht werden, um authentische Riff-Sounds zu realisieren. Einfach einstöpseln und los geht´s. Tiefe, wie auch hohe Saiten kommen klar strukturiert rüber und bilden eine kompakte Einheit. Selbst gebrochene Akkorde lassen sich definiert heraushören.Jetzt wird´s böser. Der Rectifier glüht bereits und wartet auf Input.

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Rectifier Heavy, Steg

Tja, was soll ich sagen? Genauso muss es klingen. Ich habe bewusst mehr Gain reingedreht, als eigentlich üblich. Aber selbst das macht ihr nicht besonders viel aus. Die Gitarre liefert genau den Growl und „Schmatz“, den diese Art Riffs brauchen. Der Steg-PU ist zwar ein kleiner Schreihals, hat aber eine ganze Menge Potenzial und bleibt dabei erstaunlich kultiviert.
Abschließend noch ein kleines “Solo“, wie gesagt, für mich sind Bariton-Gitarren keine Lead-Gitarren im klassischen Sinne.

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Soldano, Lead, Steg und Hals

Aber selbst das meistert sie mit Bravour. Im letzten Teil habe ich sogar auf den Hals-Humbucker gewechselt und der singt, dass es eine Freude ist.
Wer Bariton-Gitarren ausschließlich für tiefergelegte Riffs im Metallgewerbe sieht, der verkennt ihr tatsächliches Potenzial. Natürlich ist das ihr Kerngeschäft, aber auch clean bietet die Baritone-Variante der Les Paul jede Menge Möglichkeiten, die erforscht werden wollen. Akkorde zum Beispiel lassen sich in Verbindung mit einem zweiten Gitarristen, der mit einer “normalen“ Gitarre zu Werke geht, viel breiter darstellen, da sie auf der Baritone anders geschichtet werden können. Dass sich Gitarren dieser Art gerade im Studio schon seit Jahren großer Beliebtheit erfreuen, ist also absolut nicht verwunderlich.

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FAZIT

Mit der Les Paul Studio Baritone hat Gibson ein echt heißes Eisen am Start. Die Verarbeitung ist vorbildlich, der Sound stimmt ebenso wie das Handling. Und chic ist sie auch noch. Mit dieser Gitarre um den Hals lassen sich tiefe, böse Riffs problemlos realisieren – ohne dabei Gefahr zu laufen, im Mulm zu versinken. Aber auch clean gespielt macht die Gitarre einen erstaunlich guten Job und lädt zu Experimenten abseits des „Standards“ ein. Tolle Gitarre, sehr empfehlenswert!

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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Gibson
  • Bezeichnung: Les Paul Studio Baritone
  • Body: Mahagoni, 2 Teile
  • Farbe: Honey Burst
  • Decke: Ahorn, 2 Teile
  • Hals: Mahagoni, Palisander Griffbrett
  • Bünde: 24 medium Jumbo
  • Mensur: 71,12 cm
  • Gewicht: 4kg
  • Preis: EUR 1199,- (UVP)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sound
  • Verarbeitung
  • Gewicht
  • Preis
Contra
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Gibson Les Paul Studio Baritone Test
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