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Focusrite Red 16Line & 8Line Test

Bewährt und gut

Die Bedienung der Basics am Gerät ist einfach aber gut gelöst, die tiefergehenden Routing-Optionen am Gerät sind hingegen unübersichtlicher. Bei den Preamps handelt es sich um die gleichen wie beim Red 4Pre, das ich vor langer Zeit getestet habe und dazu bereits Audios gemacht habe. Hier sind sie nochmal:

Audio Samples
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Acoustic – Stereo – Air Off Acoustic – Mono – BPM CR-73 Acoustic – Mono – Shure SM57 Acoustic – Stereo – Air On Acoustic – Mono – BPM CR-73 Acoustic – Mono – Shure SM57 Shaker – Stereo – Air Off Shaker – Mono – BPM CR-73 Shaker – Mono – Shure SM57 Shaker – Stereo – Air On Shaker – Mono – BPM CR-73 Shaker – Mono – Shure SM57 Bass DI – Air Off Bass DI – Air Off

Klanglich gibt es nichts zu meckern, die Pres klingen neutral, die Wandler punchy und klar. Mit aktivierten AIR wird es etwas frischer in den Preamps und es klingt somit „mehr ready“. Besonders kräftig sind die Vorverstärker mit +63dB allerdings nicht, da gibt es deutlich stärkere. 

Vorbetrachtung

Aktuell nutze ich in meinem Studio ein RME Danteface mit USB3 in Verbindung mit zwei Apogee Symphony via Dante, da es bis heute keine vernünftigen Apogee-Treiber zum Kaskadieren via Thunderbolt gibt. So kann ich außerdem ALLE Kanäle “latenzfrei” mischen und routen. Viel wichtiger aber: das Ganze läuft stabil und in Verbindung mit “System-Audio”, darunter Youtube, Tidal und Apple´s Preview, nun ohne Probleme.

Vorwissen hinsichtlich des Netzwerkaufbaus hatte ich, weshalb die Installation der Red Lines in mein bestehendes Dante-System im Nu erledigt war. Gut zu wissen: Das Danteface von RME kann 64 Kanäle bis 48 kHz übertragen und beherbergt einen integrierten Switch für vier Geräte. Bei 96 kHz reduziert sich das Ganze allerdings auf 32 Kanäle.

Die Red Lines hingegen liefern zwar „nur“ 32 Channels, das dafür aber bis 96 kHz und generell mit sehr wenigen Sample-Rate-Einschränkungen.

Maxed Out

Mit 32 Channels Dante kann man das Red 8Line und 16Line allerdings nicht ganz ausreizen, die letzten Channel “Analogue” müssten über die sub-optimalen Route “ADAT oder SPDIF” kommen. 48 I/Os bis 96 kHz sind aber auch schon eine Hausnummer. Trotzdem frag’ ich mich: Haben die Chips nicht mehr Dante-Leistung oder sagt Audionate einfach lizenzrechtlich „Ciao Kakao“?! 

Focusrite Displays
Damit das Interface in den Thunderbolt oder Pro Tools Mode Wechsel, muss das Interface neu gestartet werden.

Ein 48er-Setup, beispielsweise aus drei Focusrite Red 16Line bestehend, knabbert mit elf Riesen am Budget. Für ein 64er-Analog-Setup müsste man das vierte Red 16Line mit ADAT anbinden. Schade eigentlich, dass es keinen 32-Kanal-Analog-Wandler mehr im Focusrite-Programm gibt. Auch irgendwie schade: ADAT statt AES/EBU.

Zum Vergleich: Für ein 24er Apogee Symphony MK2 plus das 32er zahlt man knapp 19.000 Euro und für die Dante/PT Karten nochmal drei Riesen. Für drei „AVID HD 16×16 Analog“ werden knapp 13.500 fällig – und dafür braucht man ja auch noch eine HDX-Karte.

Was ich sagen will, sicherlich gibt es Interfaces die mehr als 16 analoge IOs haben und weniger kosten. Trotzdem: Im Umfeld großer Setups professioneller Studios ist Focusrite verhältnismäßig günstig – auch weil sie Dante, Thunderbolt 3 und PT-HD in der RedLine vom Start weg mitbringen. Zwei RedLine Units können aber auch wunderbar zwei verschiedene Produktions-Computer elegant vereinen – einer für das Kreative, der andere für das Tracken. Ja, sogar Windows und Mac lässt sich auf diese Weise gut verheiraten!

RedNet Control 2, Dante Controller und DVS

Steigt man in Dante ein, gibt es viele unbekannte Dinge zu verdauen. Ich versuch es knapp zu halten. Erster Stolperstein: Dante-Geräte haben für den Redundanzbetrieb eine zweite Netzwerkbuchse („Secondary“). Das kann man aber im Studio umstellen, sodass das System in „Switched Operation“ läuft.

Monitoring Mixer
Die I/O-Controll Sektion und Metering des Red 16Line – oben links sieht man auch die Preamps.

Auf diese Weise kann man direkt zwei Geräte an die RedLines anschließen – beispielsweise einen Computer und ein zweites Dante-Interface. Auch so sind Geräte wieder einfach kaskadiert – mehr dürfte „in Reihe“ allerdings nicht funktionieren. Ansonsten wird es halt Zeit für einen Network Switch, mehr als ein “Hunni” kostet der aber auch nicht.

In der Output Sektion werden die 1:1 Routing einfach gewählt!

Theoretisch besteht die Möglichkeit, vorhandene Netzwerkanschlüsse an Computern auch mit einer sogenannten DVS, der „Dante Virtual Sound Card“ zu nutzen – also nicht nur an den Network-Settings via Dante-Controller rumzufummeln.

Eine Lizenz dafür gibt es ab 50 Euro, die Latency ist allerdings nicht immer die beste, je nach Computer-Hardware – und das Netzwerk orientiert sich am schwächsten Teilnehmer. Besser ist: die Netzwerkbuchse am Computer nur zu Konfiguration eines Dante-Netzwerkes zu nutzen.

Was auch geht: eine RedNet PCIeNX Karte kaufen und dann mit einem Netzwerk-Switch – keinem Hub! – verbinden. Erst daran schließt man seine „Dante Erweiterungen“ an, in unserem Fall also auch bis zu vier 16Lines, was 64 analoge Wege und 64 ADAT-Channel ergibt. Für dieses Szenario reichen die 32 Kanäle Dante des Red16 auch aus.

Die RedNet Control 2 Software ist auch für die RedLine zuständig. Sie visualisiert dann das Monitoring am Computer-Bildschirm, agiert als Fernsteuerung sowie als ASIO-Panel unter Windows. Sie erlaubt außerdem das Mixen von Signalen sowie das Routing innerhalb eines Gerätes. Alles ist flexibel und übersichtlich gelöst, wenn auch nicht sonderlich “hübsch”. Geräte werden in Tabs dargestellt, es gibt aber auch Pages mit Grid, auf denen mehrere Geräte überschaubar dargestellt werden.

Nochmal: Zur übergreifenden Verknüpfung der Dante Channels – also zum Routing von Gerät zu Gerät – dient dann der Dante Controller. Und der sieht sogar noch altbackener als die RedNet Software aus …

In Dante klickt man in einer Matrix nur noch die der Streams der einzelnen Geräte zusammen.

Not so remote

Möchte man zwei Interfaces miteinander verbinden und konfigurieren, muss man sie zunächst einzeln und mit Thunderbolt sowie auch Netzwerk verbinden. Somit legt man fest, welcher Dante-Kanal auf welchen physischen Out geht, und erst dann legt man im Dante-Controller fest, wie diese Dante-Streams untereinander im Netzwerk gehandelt bzw. aufgeteilt werden.

Ist so eine Konfiguration erstellt, muss man nicht unbedingt mehr an die RedNet Control ran. Allerdings kann man bei der RedLin den Preamp-Gain nicht über Dante regeln – sondern nur über die Thunderbolt-Verbindung. Und Thunderbolt Kabel dürfen maximal 2m lang werden.

Falls also ein RedLine Interface im Aufnahmeraum steht und via Dante in den Aufnahmeraum geführt werden soll, wo ein zweites Interface mit Thunderbolt an der Rechner hängt, kann man den Gain der nun räumlich recht weit-entfernten Preamps nicht remote regeln. Die Preamps des mit Thunderbolt verbunden Interfaces kann man indes regeln, nur ist das gar nicht mal so luxuriös, weil das ja eben maximal 2m vom Rechner entfernt ist.

RedNet Control 2 ist für die Konfiguration der RedLine Interfaces zuständig – das funktioniert allerdings nur mit der Thunderbolt-Verbindung – nicht über Dante wie bei der RedNet Serie oder allein über den PT-Port.

Bei den „Dante only“ Interfaces aus der RedNet Serie bzw. insbesondere dem Rednet mp8r scheint genau das aber auch zu funktionieren. Das hat sicherlich auch Focusrite gemerkt, und wahrscheinlich gibt es deswegen keine 8Pre und 4Pre mehr …

The Obvious

Da Dante nicht der allerneuste Schrei ist, habe ich es bis hier erspart, die offensichtlichen Vorteile zu aufzuzählen. Dafür wollte ich genau klären, was am Gerät Sache ist. Ist ja ohnehin schon alles kompliziert genug, wenn man ein größeres Setup braucht.

Zunächst mal kann man mit Dante über ein stinknormales Cat-5-Kabel („Netzwerk-Kabel“) jede Menge Kanäle gleichzeitig routen, und das ohne Probleme bis 100 Meter Länge. Man kann Streams auch kapseln und weltweit in Paketen durch die Gegend schicken. Allein im Vergleich zu analogen Kabelstrecken ist das schon ein ungemeiner Preisvorteil!

Zweitens funktionieren Erweiterungen unkompliziert: Man braucht wieder nur Cat-5 – und kein AES/EBU Sub-D Bumms, keine gakeligen Lighpipes, kein BNC für die Wordclock – und überhaupt keine Clocking-Strategie. Ein Gerät in Dante ist der Master, alle anderen slaven dazu. Easy, aber auch nicht die audiophilste Weg.

Werden Setups üppiger, muss ein Switch ran, von dem aus man sternförmig verkabelt. In Projektstudios mit max. 32 analogen Wegen kann man higegen auch einfach zwei Geräte direkt zusammenstecken – wir entsinnen uns: Es gibt die Umschaltung zwischen Redundancy und Switched Operation. Einfacher und stabiler kann man kaum kaskadieren. 

Break-Out

Dass Dante und auch RedNet gerade im Broadcast-Bereich und im Live-Geschäft so angesagt ist, dürfte aus den genannten Gründen mehr als einleuchten. Verschweigen möchte ich nicht, dass es auch ähnliche AoIP-Protokolle, wie Ravenna und AVB, gibt. Der Wechsel zwischen den Netzwerken ist mittlerweile dank AES67 auch eine Möglichkeit. Solche Experimente zu vermeiden, wäre aber sicherlich besser. 

Monitor Gang
Die Grouped Level Control eignet sich auch für Surround-Setups nah am Rechner!.

Studiomenschen haben hingegen eine Break-Out-Box mit Dante günstiger und praktischer verlegt. Außerdem können sie den Gain am Mic im Aufnahmeraum aus der Ferne regeln. Dazu ist die kleine RedNet Box X2P besonders interessant, die direkt am Künstler zwei Preamps, einen Kopfhörer und ein Line-Out versammelt.

Aber auch der AMS Neve 1073OPX oder gar der neue RND Neve RMP-D8 sind sehr interessant, insbesondere auch für das Theater und die Bühne allgemein, als Break-Out-Box “Analogue Deluxe” sozusagen.

Licht und Schatten – die Alternativen von Neumann, Merging und Apogee 

Was nicht so toll gelöst ist, ist das Speaker-Management der Red Line. Man kann hier zwar mehrere Outs zu einen Gruppe verschalten, so richtig komfortabel ist das nicht. Dafür ist dann wohl der RedNet R1 zuständig.

Weiterhin gibt es im Monitormischer keinerlei Effekte und die Low-Latency Mischung über mehrere Interfaces hinaus ist auch nicht ganz so einfach. Das ist bei dem Danteface und der Total Mix Software für alle angeschlossenen Geräte besser gelöst. Equalizer oder Raum-EQs gibt es aber weder dort noch hier. Ein Glück, dass Focusrite ADAM gekauft hat, deren Speaker mit integrierter Raumkorrektur arbeiten.

Neumann ist seit dem Kauf von Merging Technologies aber auch nicht schlechter geworden: Hier ist das Immersive-Monitoring durchaus besser gelöst. Der dicke MT Horus kann von sich aus auch mit viel mehr analogen IOs ausgestattet werden, und die Wandler klingen ebenfalls einen Ticken geiler, ähnlich wie meine Apogees.

Der Anubis oder der MT-48, wie ihn Neumann jetzt in alternativer Form gebrandet anbietet, fungieren dann als Monitor-Controller mit Speaker-Anschluss und Talkback bzw. auch als Artist-Break-Out-Box mit fantastischen Preamps, Wandlern und Top-Kopfhörer-Verstärker. Auch hier: Ein Netzwerk-Kabel und that’s it! Fairerweise muss man aber dazu auch sagen, dass Dante einfacher zu konfigurieren und im Zweifel stabiler läuft. Merging Technologies ist teilweise recht nerdy.  

Die eigentliche Nicht-Alternative: AVID

Pro Tools User, die viele Kanäle benötigen, könnten aktuell eigentlich nur die (DAD) MTRX von AVID nutzen. Hier muss man wiederum beachten: Eine wirklich eigenständige Perspektive mit neuen Interfaces, die auch automatischen Latenzausgleich anbieten, gibt es nicht.

Die HD I/Os hat AVID 2023 eingestellt – und die neuen betrieblichen Umstrukturierungen der Amis lassen in mir keine Hoffnung aufkeimen, dass sich daran mittelfristig etwas ändern wird. Immerhin: die Atmos-Integration lässt hoffen! Die MTRX kann außerdem Thunderbolt (für System-Audio) und HD-I/O gleichzeitig nutzen. Die RedLine müsste man für den Schnittstellen-Wechsel neu booten.

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