Fender American Standard Jazz-Bass Test

DerFender Jazz-Bass ist nun seit über 50 Jahren auf dem Markt und mit Sicherheit der meist verkaufte Bass der amerikanischen Firma. Leo Fender konstruierte sein zweites Bass-Design (sein Erstes war der Precisionbass aus dem Jahr 1951), als klanglich vielseitiges Instrument mit zwei getrennt regelbaren Tonabnehmern, einem schlankeren Hals und dem etwas dünneren, asymmetrischen Offset Korpus. Damit traf Herr Fender den Nagel auf den Kopf und begeisterte mit seinem neuen Modell Bassisten sämtlicher Stilrichtungen – bis heute ist der Jazz-Bass mit seinen vielfältigen Soundmöglichkeiten die Allround Waffe sowohl im Studio als auch im Live-Betrieb.

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Die Konstruktion wurde über die Jahre zwar nicht wesentlich verändert aber doch kontinuierlich weiterentwickelt und so kann auch das aktuelle, 2010 eingeführte Modell der American Standard Serie mit einigen Verbesserungen gegenüber seinen Vorgängern aufwarten – mehr dazu in der detaillierten Beschreibung. Mein Testinstrument aus amerikanischer Fertigung ist ein Viersaiter mit klassischem Palisander-Griffbrett und der eleganten „Charcoal Frost Metallic“ Lackierung.

DETAILS
Die erste Neuerung der aktuellen American Standard Serie betrifft bereits die Verpackung: Der aktuelle Jazz-Bass wird in einem hochwertigen SKB-Kunststoff-Koffer mit jeder Menge „Case-Candy“, also Zubehör, ausgeliefert. Der rechteckige Koffer ist äußerst stabil aber dennoch sehr leicht, hat vier große, sicher schließende und abschließbare Klappverschlüsse. Die Konstruktion ist eine deutliche Verbesserung gegenüber dem alten Koffer, bietet dem Instrument mehr Schutz und ist im Tour-Alltag einfacher handzuhaben. Zusätzlich spendiert Fender für den schnellen Start einiges an Zubehör, der obligatorische Fender Gurt gehört genauso dazu wie ein wirklich wertiges Klinkenkabel, Einstellwerkzeug oder das Poliertuch, um den Bass in makellos glänzendem Zustand zu halten. Das Finish meines Testbasses animiert auf jeden Fall zur pedantischen Pflege. Die Lackierung mit der Bezeichnung „Charcoal Frost Metallic“, ein dunkelgrauer Farbton, ist wunderschön und tadellos ausgeführt und macht das Instrument in Verbindung mit dem weißen Pickguard, zu einer astrein sportlich-eleganten Erscheinung. Unter der Lackierung sorgt das tausendfach bewährte Klangholz Erle für den guten Ton. Die Korpusform des Jazz-Bass ist seit jeher, und natürlich auch beim aktuellen Modell, leicht asymmetrisch. 

Einige Neuigkeiten gibt es aber bezüglich des Halses, nicht beim Material, hier setzt Fender weiterhin auf Ahorn, die dicke Hochglanzlackierung auf der Rückseite ist aber einem glatten und „schnellen“ Satin Finish gewichen. Der Hals selbst ist mit sogenannten „Posiflex“ Graphitstäben verstärkt, um ihn so steifer und damit unempfindlicher gegen Klimaschwankungen zu machen. Das schlanke Profil in einer modernen „C“ Form kennt man bereits von älteren Jazzbässen. Befestigt wird der Hals mit der bekannten 4-Punkt-Verschraubung. Durch die dünnere Lackierung der Rückseite soll die Verbindung allerdings noch fester sein und damit die Schwingung besser auf den Korpus übertragen werden. In der Tat ist die Hals-Korpus Verbindung des Fenders tadellos, einem guten Resonanzverhalten sollte damit nichts im Wege stehen.
Das Palisander-Griffbrett hat abgerundete Kanten und fühlt sich sehr geschmeidig und im besten Sinne „gebraucht“ an. Die Bundierung im „Jumbo Medium“ Format ist einwandfrei gearbeitet und gut abgerichtet. Über einen ebenfalls tadellos gefeilten Kunststoffsattel gelangen die vier Saiten zur Kopfplatte, die als Neuerung bei den aktuellen Modellen glänzend lackiert wird, was zweifelsohne zur schicken Gesamterscheinung des Instruments beiträgt.

Weitere Verbesserungen nahm Fender an der Hardware vor. Die vier offenen Stimmechaniken mit den großen Vintage-Flügeln sehen aus wie eh und je, sind aber im Gewicht um 30% reduziert. Zweck dieser Schlankheitskur ist, den Bass am oberen Ende leichter zu machen und so der unangenehmen Kopflastigkeit, an der viele Fender Instrumente leiden, entgegenzuwirken. Mit der Bridge geht Fender den umgekehrten Weg: Sie ist solider und schwerer als der berühmt berüchtigte Vintage-Blechwinkel, der in der Vergangenheit bei Jazzbässen gerne gegen eine massige Badass-Bridge ausgetauscht wurde. Das ist nun nicht mehr nötig, die neue sogenannte HMV (High Mass Vintage) Brücke hat eine dickere Grundplatte, der Saitenhalter ist super massiv und die Reiter werden in Rillen geführt, können vertikal also nicht mehr verrutschen. Alles in allem bietet die HMV die Stabilität und Funktionalität, die man von einer modernen Brücke erwartet. Eine bessere Höhenwiedergabe und längeres Sustain dürften die Resultate der Brückenverbesserung sein. Fender setzt beim neuen MIA Jazz sogar auf eine „String Through Body“ Saitenführung, die Saiten werden also beim Aufspannen von hinten durch den Korpus gefädelt und eingehängt. Dadurch wird der Saitendruck auf die Reiter erhöht und die Schwingung besser auf den Korpus übertragen – ein weiterer Kniff also, um das Resonanzverhalten der Konstruktion zu verbessern.
Für die Tonübertragung sorgen zwei „American-Standard-Jazz-Bass-Single-Coil“ Tonabnehmer, die mit je einem Volume-Regler bedient werden. Zusätzlich umfasst das Bedienfeld die allseits bekannte Tonblende zum Absenken der Höhen. Wie man sieht, hat Fender beim 2010er Modell an vielen Stellen Hand angelegt, um dem Jazz-Bass neues Leben einzuhauchen. Angefangen beim stabileren und leichteren Koffer über die dünnere Lackierung bis hin zu moderner und funktionaler Hardware erscheinen mir alle Upgrades sinnvoll und machen mir Lust auf den Praxistest. 

PRAXIS
Der elegante Fender Jazz-Bass bringt knapp 4kg auf die Waage und liegt damit für meinen Geschmack im Idealbereich für einen 4-Saiter-Bass. Das moderate Gewicht belastet nicht, es reicht aber aus, um den Bass stabil am Körper hängen zu lassen. Fast noch wichtiger als das Gewicht ist allerdings die Balance. Ein kopflastiges Instrument kann bei längeren Gigs sehr unkomfortabel werden, auch wenn das Gewicht an sich im Rahmen bleibt. Dieser Problematik ist Fender wirklich sehr effektiv zu Leibe gerückt. Durch die leichteren Stimmmechaniken an der Kopfplatte einerseits und die massivere Brückenkonstruktion am Korpusende andererseits, hängt der 2010er MIA wesentlich ausgewogener am Körper als viele seiner Vorgängermodelle – zumindest mein Testkandidat leidet nicht am unangenehmen Zug zum Boden.
Auch die anderen technischen Verbesserungsmaßnahmen wirken sich sehr positiv auf das Handling aus. Der Hals fühlt sich, vermutlich durch die Graphiteinlagen, unheimlich stabil und unverwüstlich an. Durch das dünne Satinfinish und die abgerundeten Griffbrettkanten wirkt er wie ein alter Vertrauter und spielt sich fast so flink und mühelos wie ein Vintage-Hals aus den 60er Jahren. 

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Der gute alte Fender-Blechwinkel hat sich in der Vergangenheit millionenfach bewährt, die neue High-Mass-Vintage-Brücke wirkt aber deutlich vertrauenserweckender, besitzt durch die massivere Konstruktion, die verbesserten Gewinde und nicht zuletzt durch die Führungsrillen mehr Funktionalität und vor allem Stabilität, was sich im Resonanzverhalten und letztendlich im Sound positiv bemerkbar macht. Der aktuelle Jazz-Bass klingt über das ganze Griffbrett sehr ausgewogenen, hat keine Deadspots oder nennenswerte Problemzonen mit stumpfen Tönen und mehr als genügend Sustain – auch in den hohen Lagen. Das gute Schwingungsverhalten hat auch einen im Vergleich zu älteren Modellen etwas definierteren und aufgeräumteren Ton zur Folge. Obwohl es sich um einen passiven Bass handelt, sind die Höhen und Hochmitten auf angenehme Art präsent und sorgen für ein etwas moderneres und ebenmäßigeres Klangbild, als wir es von einem Standard Fender Jazz kennen.
Aber keine Angst, der 2010er Jazz verliert deshalb nichts von seinen hoch geschätzten Jazz-Bass-Tugenden. Mit dem Bridgepickup auf Solokurs knurrt er wunderschön a la Mr. Pastorius, beide Tonabnehmer im Vollbetrieb bringen den knochigen und durchsetzungsstarken Jazz-Bass-Allround-Sound der sich auch zum Slappen bestens eignet und mit dem Hals-Pickup lässt sich ein Preci-Sound für härtere Gangarten imitieren. All diese Sounds klingen jetzt nicht ultramodern wie einige der in letzter Zeit in Mode gekommenen sogenannten Super Jazz Clones diverser Boutique-Hersteller, aber halt etwas feiner abgezeichnet und ebenmäßiger im Ton als ein früherer Standard Fender Jazz.
Übrigens: Wer eher einen runderen, gedeckteren Ton bevorzugt, kann mit der Tonblende effektiv gegensteuern und die Höhen abmildern, dann klingt der aktuelle 2010er Jazz-Bass fast wie ein Vintage Bass aus den 60er Jahren.  

Audio Samples
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Neck-PU Bridge-PU Beide PUs

FAZIT
Die umfangreiche Überarbeitung des American Fender Jazz-Bass macht sich an allen Ecken und Enden positiv bemerkbar. Die gesamte Konstruktion wirkt hochwertig und ist sehr stabil, die Balance ist ausgezeichnet und das dünne Finish verleiht ihm eine angenehme Haptik. Besonders der Hals fühlt sich sehr geschmeidig und „schnell“ an. Auch der Sound profitiert von den Verbesserungen und so überzeugt der 2010er American Standard, nicht zuletzt auch durch die neue HMV Brücke, mit seinem Jazz-Bass-typisch punchigen, aber dennoch sehr definierten und fein aufgelösten Sound, der vielseitig einsetzbar ist. Zusätzlich spendiert Fender ordentlich Zubehör und vor allem einen hochwertigen SKB-Koffer, in dem der Bass bestens geschützt ist. Alles richtig gemacht Fender, sämtliche Daumen nach oben.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • toller, vielseitiger Sound
  • erstklassige Verarbeitung
  • elegante Optik
  • viel Zubehör
Contra
  • Keine
Artikelbild
Fender American Standard Jazz-Bass Test
Für 1.049,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Fender
  • Modell: American Standard Jazz Bass
  • Land: USA
  • Mensur: Longscale,34“
  • Korpus: Esche, Offset Style, Charcoal Frost Metallic Lackierung, weißes Pickguard
  • Hals: Ahorn, Graphit verstärkt, Griffbrett Palisander, 20 Medium Jumbo Bünde
  • Tonabnehmer: 2xAmerican Standard Jazz Bass Single Coil
  • Regler: Volume/Volume/Tone
  • Gewicht: ca. 4kg
  • Mitgeliefertes Zubehör: SKB Hartschalenkoffer, Gurt, Klinkenkabel, Poliertuch, Werkzeug
  • Preis: 1629 EUR (UVP), 1232 EUR (Street)
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