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Violet Design The Atomic Test

Violet Design sind kein unbeschriebenes Blatt, wenngleich der Hersteller von Kondensatormikrofonen recht jung ist. Allerdings hat die Firma aus Lettland nicht „from scratch“ begonnen, sondern war in den Anfangszeiten gewissermaßen verwoben mit Blue, einem ebenfalls nicht unbekannten Hersteller aus dem Baltikum.

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Heute ist Violet mit vielen Mikrofonen weltweit auf dem Markt vertreten. Vor allem mit dem Maestro haben die Ingenieure von der Ostsee gezeigt, dass man einfache, gut klingende Mikrofone zum fairen Preis anbieten kann.
Die Formen sind eigenwillig, die Technik ist es oft nicht: Statt auf Firlefanz setzt man ganz offensichtlich auf solide Ingenieurskunst und erprobte Rezepte – von einigen Eskapaden wie der ohrförmigen (!) Membran „The Ear“ einmal abgesehen. 

Details

No Frills

Nicht nur meine einleitenden Sätze, auch der Blick auf die Fotos scheinen es zu verdeutlichen: Das Atomic ist ein sehr einfaches Mikrofon. So stört kein Schalter für Hochpassfilter, Vordämpfung oder Pattern-Umschaltung das klare, tonnenförmige Design. Genauso stört auch nichts im Signalweg. Somit besteht das Mikrofon im Wesentlichen aus der Membran, dem Korpus mit der Elektronik und dem Fuß, der die XLR-Buchse zur Aufnahme des typischen Female-XLR sowie per Außengewinde des einfachen, mitgelieferten Halters beherbergt. Ach, und mit dieser Kurzbeschreibung habe ich ja schon einen guten Ansatz, um das Atomic genauer darzustellen, nämlich von oben nach unten – was gleichzeitig die Richtung des Signalflows darstellt. 

Keine Gaze

Durch das Gitter ist die mittenkontaktierte Kapsel sehr gut zu erkennen. Viele Mikrofone verwenden heute zusätzlich zum äußeren Gitter zum mechanischen Schutz ein feines Drahtgeflecht („Gaze“) oder eine Schaumstoffauskleidung, manchmal sogar beides. Jede Lösung hat ihre Vor- und Nachteile. Beim Violet Design Atomic sollte man bedenken, dass Speichel von Sängern, aber auch extreme Schallfronten, wie sie etwa durch „P“-Laute entstehen können, nicht so gebremst werden, wie es bei manchen Anwendungen angenehm wäre.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Kapsel des Atomic ist gut erkennbar – aber wenig geschützt.

Echtkondensator

Wichtiger hingegen ist, dass die Backplate der Nierenkapsel nicht die zusätzliche Aufgabe hat, eine permanente Spannung bereitzuhalten, damit aus goldbedampfter Membran und Rückseite ein Kondensator entsteht, dessen Kapazitätsänderungen bei Bewegungen letztendlich das Signal ergeben. Stattdessen wird die Phantomspeisung von 48 Volt dafür benutzt, die Kapselvorspannung aufzubauen. „Echtkondensator“ nennt sich das konsequenterweise. 

Keine Elektret- sondern eine klassische Kondensatorkapsel befindet sich im Atomic.
Keine Elektret- sondern eine klassische Kondensatorkapsel befindet sich im Atomic.

Rauschen: 6 dB(A)

Von einer Metallröhre mit Firmenlogo ist die Class-A-Elektronik umgeben. Der Farbe nach zu urteilen, müsste da besser „Lilac Design“statt „Violet Design“ stehen. Allerdings wäre das dem Hersteller vielleicht doch zu viel „Blue“… nun, genug der Witze und Haarspaltereien: Violets kleines Mikrofon ruft Werte auf, die für Erstaunen sorgen können: Nur 6 dB(A) Rauschen sind, gerade wenn man bedenkt, dass es eine kleine Präsenzanhebung im Pegelfrequenzgang zu vermelden gibt, erstaunlich gering. Wirklich: Das liegt an der Grenze des Machbaren. Auf der anderen Seite der Dynamikspanne liegt der Pegel, ab dem Verzerrungsprodukte mit 0,5% Anteil am Gesamtsignal entstehen. Dieser liegt bei 134 dB, was für viele Anwendungen ein Pad unnötig macht – aber natürlich nicht für alle, wenn man an Signalquellen wie Trommeln und Blechbläser denkt. 

Im Lieferumfang ist ein "normaler" Halter – die Spinne gibt es extra.
Im Lieferumfang ist ein “normaler” Halter – die Spinne gibt es extra.

Stereopaar und elastische Halterung

Violet Design bieten ein Stereopaar der kleinen Mikrofone an, ebenfalls verfügbar sind elastische Halterungen. Das kann bei manchem Einsatzzweck eine gute Idee sein, wenn man bedenkt, dass die Kapsel nicht weiter elastisch gelagert zu sein scheint.

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Praxis

Warm, aber detailliert

Ein Frequenzgang kann ja viel ausdrücken, voraussehen, wie ein Mikrofon klingen wird, kann man dadurch allerdings nicht. The Atomic von Violet Design ist dafür ein gutes Beispiel. Eher präsent, mit Höhen, die einem Kleinmembraner nicht unähnlich sind, so würde man den Klang des Mikrofons erwarten. Auch sein Äußeres verheißt eher Frische und britzelige Detailliertheit. Das mit der Detailtreue stimmt, denn die etwas kleinere Membran vermag Transienten naturgetreuer wiederzugeben, als dies eine 1“ oder größere Kapsel kann. Allerdings zeigt sich das Atomic nicht beißend, spritzig und brillant, sondern durchaus angenehm warm. Das ist kein Gegensatz und hilft, Signale gut im Mix unterbringen zu können, ohne direkt mit Shelf oder gar Cut in den Höhen aufräumen zu müssen. Die leichte Erhöhung in den Präsenzen ist durchaus erkennbar, das Mikrofonsignal ist dadurch schön griffig – und nicht so übertrieben wie bei vielen anderen modernen Mikrofonen, dass sich mehrere mit diesem Mikro aufgenommenen Instrumente später um die Vorherrschaft in diesem Frequenzbereich prügeln müssten. Es wird schnell klar: Das Atomic ist ein Arbeitstier für den (Projekt-)Studioalltag. Es hat einen angenehmen, oft passenden Grundcharakter, drückt aber nie sein klangliches Siegel in die Signale. Ich fühle mich teilweise an das Neumann KM 184 erinnert, welches ausreichend detailliert ist, aber eine gewisse Wärme zeigt. Interessant ist der Vergleich allemal, denn das 184 ist ein Kleinmembranmikrofon.

Audio Samples
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Violet Design The Atomic 10 cm Violet Design The Atomic 30 cm Violet Design The Atomic 70 cm Oktava MK-012 10 cm Oktava MK-012 30 cm Oktava MK-012 70 cm

Was das Atomic nicht mag: P-Laute und Nähe

Nun klingt ja bislang alles sehr positiv – das Dargestellte ist es auch. Es gibt jedoch auch kleinere Aspekte, die es abzuwägen gilt, die möglicherweise nicht ganz so gut schmecken: Die Membran des Atomic ist plötzlichen Schallfronten recht schutzlos ausgeliefert, weshalb Windgeräusche, besonders aber Popplaute durch die menschliche Stimme zu Problemen führen können. Klar: Schließlich ist die Kapsel in erster Linie mechanisch geschützt und verfügt über keinen Gaze-, Schaumstoff- oder sonstigen Schutz. Vielleicht aber ist dies auch als Hinweis zu verstehen, sich mit dem Violet-Mikrofon der Schallquelle sowieso nicht allzu sehr zu nähern und es tendenziell er in Richtung des Diffusfelds zu positionieren: Da es sich bei der Nierenkapsel um einen Gradientenempfänger handelt, greift der Nahbesprechungseffekt, welcher eine umso stärkere Bassanhebung bewirkt, je näher Schallquelle und Kapsel sich sind. Was bei Großmembranern angenehm kräftig und kernig klingen kann („Bierwerbungsstimme“!), klingt beim Atomic etwas dröhnig, künstlich und schnell nervig.

Die Membrangröße hat ihre Vorzüge und ihre Nachteile.
Die Membrangröße hat ihre Vorzüge und ihre Nachteile.

Entfernung von der Schallquelle: kein Problem

Die soeben angesprochene Entfernung von der Schallquelle ist aus mehreren Gründen nicht problematisch: Zum einen belegen nicht nur die Daten, sondern auch tatsächlich die Überprüfung des Signals einen sehr guten Rauschspannungsabstand. Selbst bei geringen Pegeln liegt das Rauschen in einem so geringen Bereich, dass es schon eines sehr cleanen, hochwertigen Preamps bedarf. Zum anderen ist es keine Selbstverständlichkeit, dass die Nierencharakteristik über einen weiten Bereich stabil bleibt. Rauminformationen werden also angenehm ungefärbt übertragen. Jenseits der 90° und 270° wird die Übertragung jedoch „bunt“, allerdings ist ab dann der Pegel auch deutlich geringer.

Das Atomic kann gut mit weiten Abständen umgehen: Patternkonstanz und geringes Rauschen machen es möglich.
Das Atomic kann gut mit weiten Abständen umgehen: Patternkonstanz und geringes Rauschen machen es möglich.

Violets kleines Atomic zeigte an der Akustikgitarre, deren Signale ich hier mangels ausreichender spielerischer Sicherheit vorenthalten will, und auch vielen anderen Instrumentensignalen eine hervorragende Eignung. Also nochmal: Das Atomic ist ein hervorragendes Allroundermikrofon. Wer überlegt, es als einziges Mikrofon anzuschaffen, macht bestimmt nichts falsch, sollte aber zumindest die Anschaffung eines ordentlichen Poppfilters mit einkalkulieren. Für Freunde naher Besprechung ist das Violet eher weniger geeignet, wer also kernige Rap-Vocals oder gehauchte Whisper-Stimmen aufnehmen möchte, sollte sich woanders umsehen. Alle anderen machen mit dem Atomic ein Schnäppchen.

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Fazit

Von Violet Design ist mit dem Atomic ein Kondensatormikrofon erhältlich, welches mit einfachem Rezept gute Chancen hat, bei der Käuferschaft zu punkten: Es ist klein, es ist preiswert, es ist einfach aufgebaut und schnörkellos, technisch und klanglich einwandfrei, es ist alltagstauglich. Die einzige Besonderheit, die es sich gönnt, ist der unübliche Membrandurchmesser. Bei der eben gemachten Aufzählung fehlt noch ein nicht unwichtiger Aspekt: The Atomic ist gemessen an seinen Eigenschaften zu einem wirklich fairen Preis zu haben.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • hervorragende Dynamik
  • preiswert
  • klein
  • gute Allrounderqualitäten
Contra
  • Sound der durch Nahbesprechung angehobenen Bässe
  • Wind- und Poppempfindlichkeit
Artikelbild
Violet Design The Atomic Test
Für 289,00€ bei
Violet_Design_The_Atomic_8
Features und Spezifikationen
  • Membrangröße: mittel
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Eigenrauschen: 6 dB(A)
  • maximaler Schalldruckpegel: 134 dB SPL (0,5%)
  • Ausgang: XLR
  • Lieferumfang: Mikrofon, Halter, Holzschatulle
  • Preis: € 289,– (UVP)
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