“Möönsch, ehrlich? Nee, oder?” Ich muss schon zugeben, dass ich seinerzeit ziemlich entrüstet war, als ich erfuhr, dass das urzeitliche Gegrunze des “Sängers” einer meiner damaligen Lieblingsbands nur mit technischen Hilfsmitteln zu dem werden konnte, was mich auf den Alben so begeistert hat. Ok, das war Ende der 1980er Jahre, als Otto-Normalmusik-Konsument noch nicht einmal aufgefallen ist, dass die Leute bei der Hitparadenshow gar keine Kabel in der Gitarre stecken hatten – mal ganz abgesehen davon, dass in dem Song, zu dem sie merkwüdig herumhampelten, überhaupt keine Gitarre vorkam. Hörgewohneiten ändern sich, man sensibilisiert sich. Dass aber Eingriffe in die Tonhöhe mittlerweile nicht nur im Studio in unterschiedlichsten Musikstilen eingesetzt werden, sondern es überhaupt erst ermöglichen, dass sich so manches singende Soap-Sternchen “live” auf die Bühne trauen kann, bleibt der Allgemeinheit im Regelfall verborgen.
TC Helicons C1 aus der Voicetone-Serie ermöglicht zum einen, Sänger vor peinlichen Erlebnissen durch unbeabsichtigt freie Interpretation des Begriffs “in tune” zu schützen, zum anderen, die verbreitetsten Vocal-Pitch-Effekte zu realisieren: Hard-Tune à la Cher und Gender-Change.
Wie seine Geschwister hat auch dieses Mitglied der bunten Voicetones seine ganz persönliche Farbe zugeordnet bekommen, hier ist es Blau. Das Gehäuse besteht aus Metall-Druckguss und wurde auf eine umlaufende blaue Gummiwulst gesetzt, mit der es Kontakt zu biergetränkten Proberaumteppichen und schwarzlackierten Bühnenbrettern aufnehmen soll. Ansonsten gestaltet sich die Unterseite recht unspektakulär, ein Batteriefach sucht man hier vergebens. Dementsprechend möchte ich meine Besichtigungstour mit dem Anschluss für das notwendige externe Netzteil beginnen, um mich anschließend dem USB-Port des Formats Mini-A zuzuwenden. Hier lang, meine Damen und Herren! Wie diese beiden auf der dem Sänger abgewandten Seite angebrachten Buchsen, befinden sich dort auch eine männliche und eine weibliche XLR-Buchse. Das Weibchen erhält das Mikrofonsignal, bei minimalem Gain am Voicetone (flacher Regler an der linken Seite, das Metering erfolgt mit zweifarbiger LED oben links) kann dies auch ein Line-Signal sein, welches es zum Beispiel von einem vorgeschalteten Voicetone erhält. Ausgangsseitig sorgt ein symmetrisches Line-Signal für den störunempfindlichen Transport der werten Stimme.
Mit dem linken Regler auf der Oberseite kann die jeweils zu Grunde liegende Skala eingestellt werden. Zur Verfügung stehen, ausgehend von C, die Dur-Skalen (natürlich samt ihrer terzverwandten Moll-Pendants) in Halbton-Abständen. Alleine schon die gute, alte Geschichte mit melodisch Moll aufwärts und abwärts, erst recht aber das Vorkommen von Tonartwechseln im Song, macht deutlich, dass oft die Einstellung “CH” wie “chromatisch” gewählt werden muss. Im chromatischen Modus ist es möglich, in den rechten Klinkeneingang ein Gitarrensignal zu füttern. Die möglichen Tonhöhen des Gesangssignals werden in diesem Fall durch das analysierte Gitarrensignal festgelegt.Das C1 ist keine Sackgasse für Instrumentensignale: Es wird selbstverständlich durchgeschleift und liegt an einer Buchse auf der linken Seite des Geräts wieder an. Zudem gibt es dort einen Ground-Lift, welcher das Gitarrensignal von der Masse trennt. Den Rundgang komplett macht der kleine Schalter, der die Aktivierung des Geräts per TC Helicon MP-75-Mikrofon ermöglicht. Hauptsächlich wird aber wohl „getreten“ werden, daher ist das Pedal an bewährter Stelle mit einem stabilen Effect-On/Off Schalter ausgestattet. Ist der Effekt aktiv, leuchtet die mittige LED rot, ist er ausgeschaltet, lässt sie es bleiben.
Der nördlich davon angesiedelte “Attack”-Regler kann ein schnelleres oder langsameres Erreichen der korrigierten Tonhöhe bewirken und ist damit zuständig dafür, wie stark der Effekt wahrgenommen wird. “Gender-Control” – ganz rechts – bewirkt ausgehend von der rastenden, neutralen Mittelstellung, eine Veränderung des Klangcharakters der Stimme in Richtung “männlicher” (nach rechts) oder “weiblicher” (nach links).
Der kleine Blaumann kann mit ordentlichen Daten prahlen, so beträgt bei maximalem Mikrofon-Gain das Rauschen verschwindend geringe -126 dBu. Der Dynamikumfang liegt damit etwas über 100 dB, der des Megaohm-Gitarreneingangs kann sich sogar mit einer Ratio von über 115 dB brüsten. Ebenfalls nicht in die Kategorie “billiger Schund” gehört die Angabe über den Frequenzgang: 20 Hz bis 20 kHz bei +0/-0,3 dB!
Das Manual zum C1 lässt erahnen, dass die Stimme nicht nur wahlweise ein wenig maskuliner und femininer werden kann, sondern bei höheren Werten auch “fremdartig” klingt. “Fremdartig” ist passend, denn beim Drehen nach links in Richtung “male” hat man schnell den akustischen Eindruck, dass sich ein Mensch schrittweise in ein metergroßes, bewarztes Weltallmonster mit Hörnern, galaktischem Mundgeruch und fiesen Zahnfehlstellungen verwandelt. Böse! “TC HELLicon”! Im Soundbeispiel wollte ich diese Transformierung unserem bonedo-Haussänger jedoch nicht antun und so stand der Regler auf exakt neun Uhr. Trotzdem bekam ich irgendwie Angst vor ihm. Glücklicherweise hielt ich die Macht in Form des Gender-Reglers zwischen meinen Fingern und so konnte ich ihn flugs in einen kleinen Schlumpf verwandeln. Das zu hörende Ergebnis wurde mit einer Reglerstellung bei 15 Uhr aufgezeichnet. Stichwort “TC Helium”: Hier fällt schon auf, dass es schnell albern wird – wirklich glaubhafte Veränderungen sind nur in unmittelbarer Umgebung der Mittenrasterung möglich. Weiter in Richtung Rechtsanschlag wird das Ergebnis noch “unseriöser”. Beim Thema “weiblich” habe ich nun wirklich andere Assoziationen.
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Gender-Shift (male)Gender-Shift (female)
Hauptsächlich wird der C1 jedoch sicher zur Tonhöhenkorrektur eingesetzt werden, die Gender-Funktion verstehe ich eher als Dreingabe. Wichtig zu wissen ist natürlich, wie sicher und vor allem wie schnell die Tonhöhenanalyse aus dem Instrument-Signal erfolgt. Ich habe meine Erfahrungen mit diversen Geräten der Dänen: Im Rahmen des momentan technisch Machbaren sind die Ergebnisse in der Regel mehr als nur zufriedenstellend. Daher verwundert es mich nicht, dass auch in der Voicetone-Reihe die bewährte Zuverlässigkeit anzutreffen ist. Die Analyse erfolgt schnell und treffsicher. Im sehr tiefen Frequenzbereich dauert es aufgrund der längeren Dauer der Cycles naturgemäß etwas länger mit dem Analysieren – die Natur der Dinge kann man TC Helicon aber nur schwerlich zur Last legen.
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Correction (soft)Hard-Tune
Beim im Studio aufgenommenen Audiobeispiel mag man im Signal Stellen ausmachen, die man auf Aufnahmen als verbesserungswürdig ausmachen würde. Im Livebetrieb wird so etwas aber sehr sicher (wie man so schön sagt) “versendet”. Dennoch klingt auch bei Mittelstellung des Attack-Reglers das Tuning nicht festgebügelt, es ist Raum für Vibratos. Werden Töne langsam von unten angesungen, beschleunigt das Voicetone diesen Vorgang. Offenbar haben TC Helicon hart daran gearbeitet, eine Parameterkombination zu wählen, die besonders natürlich klingt und gleichzeitig mit vielen unterschiedlichen Stimmen klarkommt. Das ist auch gut gelungen, kann aber trotzdem nicht darüber hinwegtäuschen, dass es für eine bombensichere und hochwertige Performance notwendig ist, den ein oder anderen Parameter unter Kontrolle zu haben. Bei allem Verständnis für die bewusste Einfachheit der Bedienung ist mir nicht ganz klar, weshalb TC nicht zeitgemäßen Gebrauch von der USB-Schnittstelle machen und einen Software-Editor einsetzen. Einfachheit in allen Ehren, aber das schließt ja einen Advanced-Modus nicht aus, oder?
Die Unterstützung bei der Tonhöhe kann die kleine Tretmine mit einer behutsamen Hilfestellung realisieren, es ist aber auch brutales Zupacken möglich. Wer tatsächlich (noch) Gefallen am “Cher-Effekt” haben sollte, der kommt mit dem C1 absolut auf seine Kosten. Die Beweisführung kann das Audiobeispiel hervorragend alleine bestreiten –besonders beim Wort “Helicon” und der “One”. Die extravagante Sängerin und den gleichnamigen Effekt muss man natürlich nicht mögen. Aber immerhin: Ein ganzer Effekt ist nach der Dame benannt, das soll ihr erst mal jemand nachmachen.
Eine Sache ist seltsam. Bisher war bei TC Helicon-Geräten der Gender-Wechsel von männlich zu weiblich deutlich besser, als umgekehrt. Hier ist es anscheinend genau anders herum.
Dieses Teil hat gute und weniger gute Seiten.Die Guten sind: Die Pitch Correction funktioniert gut Man kann zusätzlich zur Korrektur auf den nächsten Halbton Tonarten einstellenDie weniger guten:Leider nur so einen „Gender“-Regler, wobei die Frage ist, wieso man dies ausgerechnet in diesem Teil braucht, denn er macht ja nicht die männliche Stimme weiblich und umgekehrt, sondern erzeugt eine Chipmunk-Stimme. Ich muss zugeben, wenn anstelle dieses Gender Reglers noch ein Schalter wäre, mit dem man zwischen Dur, natürliches Moll, melodisches Moll, harmonisches Moll und Blues umschalten könnte, würde dies das Gerät noch richtig perfekt machen.Dann noch, dass ich beim Abhören über Kopfhörer den Gesang nicht gut intonieren kann, wenn ich das bearbeitete Signal höre, weiß nicht, wie das dann über Lautsprecher wäre, aber im Grunde genommen verleitet mich das C1 dazu, kleine Fehler groß zu machen.Gut, aber ich habe eine Menge Kram und kann dies sicher ausgleichen.
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Ronny Funk sagt:
#1 - 19.02.2018 um 22:55 Uhr
Eine Sache ist seltsam. Bisher war bei TC Helicon-Geräten der Gender-Wechsel von männlich zu weiblich deutlich besser, als umgekehrt. Hier ist es anscheinend genau anders herum.
Rob F sagt:
#2 - 10.02.2021 um 14:39 Uhr
Dieses Teil hat gute und weniger gute Seiten.Die Guten sind:
Die Pitch Correction funktioniert gut
Man kann zusätzlich zur Korrektur auf den nächsten Halbton Tonarten einstellenDie weniger guten:Leider nur so einen „Gender“-Regler, wobei die Frage ist, wieso man dies ausgerechnet in diesem Teil braucht, denn er macht ja nicht die männliche Stimme weiblich und umgekehrt, sondern erzeugt eine Chipmunk-Stimme.
Ich muss zugeben, wenn anstelle dieses Gender Reglers noch ein Schalter wäre, mit dem man zwischen Dur, natürliches Moll, melodisches Moll, harmonisches Moll und Blues umschalten könnte, würde dies das Gerät noch richtig perfekt machen.Dann noch, dass ich beim Abhören über Kopfhörer den Gesang nicht gut intonieren kann, wenn ich das bearbeitete Signal höre, weiß nicht, wie das dann über Lautsprecher wäre, aber im Grunde genommen verleitet mich das C1 dazu, kleine Fehler groß zu machen.Gut, aber ich habe eine Menge Kram und kann dies sicher ausgleichen.