Mit dem kürzlich veröffentlichten Vollröhren-Topteil “Drei” verfolgt Palmer einen ebenso neuen, wie logischen Ansatz. Der Amp vereint drei puristische Endstufen in einem Gehäuse, die zudem miteinander gemischt werden können. Eine Idee, die extrem neugierig macht!
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DETAILS
Optik/ Verarbeitung
Aber nicht nur in Sachen innerer Werte, auch beim Design geht Palmer hier einen ziemlich individuellen Weg. Da ich aber ein großer Fan des Industriedesigns bin, passt dieses Head definitiv in mein Beuteschema.
Obwohl der Verstärker mit 230x390x250mm (HxBxT) relativ klein ist, bringt er satte 15 Kilo auf die Waage – das ist schon ordentlich! Vorteil des Ganzen: So solide, wie er gebaut ist, wird der Drei (klingt seltsam, aber es heißt ja auch nicht ’die Twin Reverb’) eher verrosten als auf andere Weise das Zeitliche segnen.
Schauen wir uns das kleine Schwergewicht jetzt etwas genauer an. Das Gehäuse des Amps besteht vollständig aus Metall, Frontplatte und rückseitiges Anschlusspanel sind grau lackiert. Und damit auch jeder mitbekommt, dass der Drei in Deutschland gefertigt wird, ist die Beschriftung ganz konsequent auf Deutsch – warum auch nicht? Ich finde das gut, zudem passt es ins optische Konzept. Selbst das Handbuch setzt sich angenehm von der Konkurrenz ab, es ist in einen kunstledernen Ringbuchordner abgeheftet.
Die Frontseite startet links mit der Eingangsbuchse für die Gitarre. Rechts daneben parken zwei Potis, mit denen die Sättigung der Vorstufe bestimmt wird (“Normal“ und “Höhen“). Der daneben positionierte “Klang“-Regler arbeitet im Stil des klassischen, passiven Höhenreglers an einer Gitarre und interagiert mit den beiden anderen Reglern. Soviel zur 12AX7 befeuerten Vorstufe.
Kommen wir zum eigentlichen Objekte der Begierde (und dem Alleinstellungsmerkmal dieses Amps) – den drei im Single-Ended-Style aufgebauten Endstufen. Für jedes der Triebwerke ist ein separates Poti zuständig – sinnigerweise mit “Eins“, “Zwei“ und “Drei“ beschriftet. Und jetzt kommt der Clou: Im Inneren des Metallkastens werkelt für jede Endstufe ein anderer Röhren-Typus: Eine EL-84 für Nummer Eins, eine 6V6 für Nummer Zwei und eine 6L6 für Nummer Drei. Die Signalwege sind dabei äußerst kurz gehalten, was in Kombination mit dem sehr puristischen Single-Ended-Design eine direkte Ansprache verspricht – aber darum kümmern wir uns im Praxis-Teil. Am rechten Ende finden sich zwei Kippschalter, einer zum An-/Ausschalten, hier “Bereit“ und “Aus“ betitelt, und einer mit der Beschriftung “Standby“ und “Aus“.
Die Rückseite ist mit Netzanschluss, einer Sicherung und drei Klinkenbuchsen zum Anschluss eines 4, 8 oder 16Ω Lautsprechers ähnlich spartanisch ausgestattet, wie die Front.
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PRAXIS
Test-Setup: An unserem Testkandidaten hängt eine 2×12“-Box von Marshall mit G75-Speakern. Abgenommen habe ich eine Membran mit einem Shure SM57 und einem Sontronics Halo. Beide Mikrofone durchlaufen jeweils einen Telefunken V676b Preamp und werden mit einem Avid HD Interface gewandelt.
Schon beim ersten Anspielen fällt die unglaubliche Impulstreue auf. Die Töne springen mich förmlich an – und das ohne Gehörsturz, denn der Amp leistet pro Röhre 5 Watt, also insgesamt 15 Watt, wenn alle auf Volllast arbeiten. Kanal Eins, also die EL84, klingt so, wie man es von diesem Röhren-Typus erwartet – und von Marshalls kennt. Das Höhenbild ist prominent, die Mitten geballt wie eine Faust, und verzerrt rotzt der Drei ordentlich los. Kanal Zwei mit der 6V6 ist die richtige Wahl, wenn es um warme, einschmeichelnde dicke Sounds geht. Die 6L6 befeuerte Endstufe Nummer Drei ist lauter als die beiden anderen. Sie erzeugt einen sehr ordentlichen Punch, der Sound scheint frequenzseitig eine Etage tiefer zu rutschen, wobei das Höhenbild sehr aufgeräumt wirkt und nicht darunter leidet.
Verstärker mit jeweils einer fixen Röhrenbestückung gibt es zu Genüge. Wirklich interessant wird es jedoch, wenn die Kanäle miteinander gemischt werden, daher habe ich mich darauf konzentriert und die Soundfiles unter genau diesem Aspekt erstellt. Die Soundbeispiele wurden mit einer Fender Strat, einer Tom Anderson Strat und einer Duesenberg Starplayer eingespielt. Zuerst hören wir die Duesenberg clean in der Halsposition.
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Clean Duesenberg Neck
Die Gitarre klingt schön warm, ohne zu dick in den Bässen zu sein. Anschläge werden direkt übersetzt, und auch das Höhenbild ist angenehm und überhaupt nicht aufdringlich. Die erste Röhre, also die EL84, spielt hier nicht mit, der Sound ist ein Mix aus zweiter und dritter Röhre. Als Nächstes kommt die Anderson, ebenfalls in Halsposition für etwas funkigeres Spiel:
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Funky Anderson Neck
Hier darf die EL84 wieder mitspielen. Aber auch der Klangregler wurde ein Stückchen nach rechts gedreht. Mit den Reglern sollte man generell vorsichtig sein, da jeder jeden beeinflusst und man den Sound schnell in eine komplett andere Richtung verbogen hat. Der Sound ist herrlich schmatzig und nicht zu dreckig, und auch hier sind Bass und Höhen sehr ausgewogen. Die Anschläge haben einen schönen Punch und bekommen jeweils einen kleinen Höhenschmatz mit.
Ich behalte die Einstellung bei und wechsele zur Strat, ebenfalls in Halsposition.
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Funky Dirt Strat Neck
Da kommt doch richtig Freude auf! Die Strat klingt exakt so, wie sie eben klingen soll, ohne Wenn und Aber. Man kann den Unterschied der Gitarren wunderbar heraushören, die Stärken werden vom Palmer jeweils superb gezeichnet. Der Sound ist sehr plastisch und raumfüllend, ich bin begeistert!
Jetzt wieder die Duesenberg. Ich drehe die EL 84 weiter herein und der Klangregler am Amp wandert wieder ein wenig gen Westen.
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Blues Duesenberg Neck
Der P90 am Hals der Starplayer klingt hier schön kehlig, ohne die Anschläge vermissen zu lassen. Diese kommen, wie auch bei den Beispielen zuvor, sehr direkt und werden schön herausgearbeitet.
Zu guter Letzt hab ich mir wieder die Anderson geschnappt, die einen Humbucker an der Stegposition besitzt, und hole jetzt das Gain-Maximum aus dem Amp.
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Full Distortion Anderson Humbucker
Spätestens bei diesem File wird klar, dass der Drei definitiv kein Metal-Amp ist. Muss er auch nicht, derer gibt es ja nun weiß Gott genügend. Aber um ein wirklich amtliches Rockbrett zu verlegen, könnte der Drei auf jeden Fall der Richtige sein. Man kann förmlich spüren, wie die Endstufenkolben unter Volllast werkeln. Es mischen sich mehr Bässe in den Sound, was ihm auch sehr gut tut. Auch hier ist jeder Anschlag klar definiert, da matscht überhaupt nichts.
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FAZIT
Mit dem Drei ist Palmer ein echter Wurf gelungen. Kompromisslos ist wohl das richtige Wort, um den kleinen Verstärker aus Hessen zu beschreiben. Mit dem Konzept, drei unterschiedliche Endstufen in ein Gehäuse zu packen und diese auch noch miteinander mischen zu können, beschreitet Palmer einen völlig neuen und vor allem sehr hörenswerten Weg. Sein Haupteinsatzgebiet liegt wohl im Studio, wobei er sicherlich auch auf der Clubbühne eine gute Figur abgibt. Die Direktheit, mit der der Amp Töne wandelt, ist spektakulär. Pflichtprogramm für alle, die den unverfälschten Endstufensound suchen! Und auch der Preis geht absolut in Ordnung, zumal der Drei hierzulande handgefertigt wird. Empfehlung!
kleiner Fehlerteufel: Auf der Praxis-Seite oben ist die 6L6 mit der 6V6 vertauscht worden. Schöner Test! Was ich mir bei diesem Amp-Konzept gewünscht hätte, wäre grade ein Direktvergleich der puren Röhren mit den gleichen licks auf der selben Gitarre - sprich nur EL84 vs. nur 6V6 vs nur 6L6 und dann vll. eine Mischung. Grüße
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angler sagt:
#1 - 20.02.2012 um 07:00 Uhr
kleiner Fehlerteufel: Auf der Praxis-Seite oben ist die 6L6 mit der 6V6 vertauscht worden.
Schöner Test! Was ich mir bei diesem Amp-Konzept gewünscht hätte, wäre grade ein Direktvergleich der puren Röhren mit den gleichen licks auf der selben Gitarre - sprich nur EL84 vs. nur 6V6 vs nur 6L6 und dann vll. eine Mischung.
Grüße
BonedoMalte sagt:
#2 - 20.02.2012 um 17:48 Uhr
Hab ich sofort verbessert! Vielen Dank für den Hinweis!