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Neumann MA 1 Test

MA 1 lautet der schlichte Name für Neumanns erstes Einmess-System für Studiomonitore.

Neumann_MA_1_B01_Test Bild

In diesem Marktsegment ist der deutsche Traditionshersteller, bei dem man zuallererst an die vielen Mikrofonklassiker denkt, mittlerweile auch schon seit zehn Jahren sehr erfolgreich aktiv.
In Neumanns Monitor-Portfolio gibt es derzeit zwei Produkte mit dem Namenszusatz „DSP“ – die Nahfeld-Monitore KH 80 DSP, die wir bereits im Test hatten, sowie den kompakten Subwoofer KH 750 DSP. Diese beiden Modelle besitzen die technischen Voraussetzungen zur Nutzung von Neumanns Automatic Monitor Alignment. Was sich konkret damit anstellen lässt und ob Monitormodelle ohne DSP-Ausstattung hiervon ebenfalls profitieren können, erfahrt ihr in unserem Review!

Details

Das Konzept

Neumanns Einmess-System besteht aus dem Messmikrofon MA 1 und einer Mac- und Windows-kompatiblen Software zur Durchführung des Einmessvorgangs von 2.0 /2.1 Abhörsystemen. Der große Unterschied zu ähnlichen Lösungen anderer Hersteller, wie beispielsweise IK Multimedias ARC System 3, das ich selbst einige Monate zuvor getestet habe, ist, dass die Signalbearbeitung mithilfe der in den Lautsprechern verbauten DSPs erfolgt. Plug-ins in der Stereosumme oder sonstige zusätzliche Software-Aktivitäten auf dem Arbeitsrechner sind nach einer Kalibrierung der Lautsprecher nicht mehr notwendig, was zweifellos ein konzeptioneller Vorteil ist!

Wer ist „kalibrierungsberechtigt“?

Die Kalibrierungsalgorithmen des MA 1, die im übrigens in Kooperation mit dem Fraunhofer Institut für integrierte Schaltungen entwickelt wurden, optimieren neben den Frequenzamplituden auch die Phasenlagen bei der Lautsprecherwiedergabe. Zusätzlich zum kompakten KH 80 DSP funktioniert dies in Kombination mit dem KH 750 DSP sogar mit allen Neumann-Monitoren ohne DSP, da der Subwoofer die Lautsprecher mit dem kalibrierten Signal speist. Hierbei ist anzumerken, dass der digitale Eingang entsprechender D-Varianten von Neumann hinter dem Subwoofer nicht „unterstützt“ wird. Genauer gesagt rät der Hersteller davon ab, um einerseits digitalen Fehleinstellungen vorzubeugen und andererseits, weil diese Art der Verkabelung keine klanglichen Vorteile gegenüber einer DA-Wandlung im KH 750 DSP besitzt. Die theoretische Verwendungsmöglichkeit von Neumanns Einmess-System mit Monitoren fremder Fabrikate hinter dem Subwoofer wird auf unsere Nachfrage hin vom Hersteller ebenfalls nicht empfohlen, da die Kalibrierungsalgorithmen offenbar sehr differenziert auf verschiedene Parameter einzelner Monitormodelle abgestimmt wurden. Die folgende Abbildung zeigt die derzeitigen Kombinationsmöglichkeiten, die durch Verwendung des Automatic Monitor Alignments optimiert werden können.

Die Abbildung zeigt, in welchen Konstellationen Neumanns Einmess-System genutzt werden kann. (Quelle: Neumann)
Die Abbildung zeigt, in welchen Konstellationen Neumanns Einmess-System genutzt werden kann. (Quelle: Neumann)

Mikrofon

Das fast projektilförmige MA 1-Mikrofon ist bei einer Länge von 117 mm deutlich kompakter als alle mir bekannten Messmikros. Die solide anmutende Verarbeitung der puristischen Hardware bietet keine Hinweise auf Verarbeitungsmängel oder weitere nennenswerte Eigenschaften. Entsprechend des Einsatzzwecks verfügt das Messmikrofon über eine Kugelcharakteristik sowie einen Übertragungsbereich, der den kompletten menschlichen Hörbereich von 20 Hz bis 20 kHz abdeckt. Weiterhin ist eine Phantomspannung von 48 V (±4 V) zum Betrieb des Kondensatormikrofons erforderlich. Im Zusammenhang mit der laut Hersteller individuellen Kalibrierung jedes einzelnen Mikrofons befindet sich rückseitig ein wichtiges Detail: Auf einem kleinen Aufkleber befinden sich die Seriennummer sowie der sechsstellige Code, die während des Einmessvorgangs von der Software abgefragt werden. Offensichtlich werden auf diese Weise die individuellen Abweichungen durch eine potenzielle Serienstreuung während des Einmessens berücksichtigt.

Fotostrecke: 7 Bilder Messmikrofon Neumann MA 1

Software

Auf der Homepage des Herstellers werden unter diesem Link verschiedene Inhalte zum MA 1 Monitor Alignment bereitgestellt, darunter auch die zur Durchführung notwendige Software für Mac (macOS 10.13/10.14/10.15) und PC (Windows 10, 64 Bit, ASIO). Mehr zur konkreten Durchführung des Einmessvorgangs folgt im Praxisteil, allerdings möchte ich an dieser Stelle schon erwähnen, dass die Software (v1.1.0.158) zum Zeitpunkt des Tests auf meinem iMac Pro in manchen Aspekten noch etwas provisorisch wirkt, was seitens des Herstellers auch offen eingeräumt wird.
Die Kernfunktion, also das Einmessen und Kalibrieren meiner KH 80 DSP Monitore funktioniert einwandfrei, allerdings wird darauf hingewiesen, dass die iOS App Neumann.Control nicht mehr verwendet werden soll, sobald die Kalibrierung mit dem MA 1 Monitor Alignment durchgeführt wurde. Hierdurch entfallen momentan einige – nach meiner Ansicht nebensächliche – Features, wie z.B. der Zugriff auf die Dim-Funktion. Aber auch die Software selbst wirkt zum Teil noch etwas hölzern. Möchte man beispielsweise einige Tage nach dem Kalibrieren der Monitore noch manuellen Feinschliff vornehmen, so ist dies erst nach einem komplett neuen Einmessvorgang möglich, was förmlich nach einem Update schreit. Vom Hersteller haben wir erfahren, dass an diesen temporären (!) Kritikpunkten bereits gearbeitet wird.

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Praxis

Testsituation

Zusätzlich zu meinem Studioraum habe ich in meinem Wohnzimmer eine kleine Kreativecke zum Arrangieren, Komponieren und Musizieren eingerichtet. Da die Wohnlichkeit des Raumes nicht zu stark unter dieser neuen Nutzung leiden sollte, habe ich bei einigen akustischen Grundregeln des Studiobaus und der Lautsprecherpositionierung das ein- oder andere Auge zugedrückt. Das Resultat ist eine relativ wandnahe Aufstellung meiner Neumann KH 80 DSP Monitore, die zudem nicht symmetrisch im Raum, sondern eher in einer Ecke positioniert sind, was unter anderem für eine sehr mäßige Klangtreue vom Bassbereich bis in die unteren Mitten verantwortlich ist. Mit den analogen Filtern der kleinen Neumänner war lediglich eine geringfügige Verbesserung erzielbar, doch was bewirkt das Neumann MA 1?

Check-Liste vor dem Start des Einmessvorgangs
Check-Liste vor dem Start des Einmessvorgangs

Vorbereitung zum Einmessen und Kalibrieren

Selbstverständlich benötigt man ein entsprechendes Audiointerface zum Betrieb des Kondensatormikrofons und der Monitore, wobei typische Anfängerfehler wie beispielsweise ein aktiver Low Cut im Vorverstärker zu vermeiden sind! Eine Besonderheit sind die Ethernet-Buchsen, mit denen die KH 80 DSP Monitore in mein Heimnetzwerk integriert werden, was die Steuerung per Computer oder iPad ermöglicht. Nach erfolgter Kabelverbindung mit meinem Telekom-Router werden beide Lautsprecher unmittelbar von Neumanns MA 1-Software erkannt. Der eigentliche Messvorgang erfolgt in sieben unterschiedlichen Mikrofonpositionen, bei denen laut Hersteller eine Toleranz von 1 cm nicht überschritten werden sollte. Daher benötigt man zusätzliche Hilfsmittel zum Messen und Markieren der Positionen und Höheneinstellungen des Mikrofonständers, in meinem Fall: Zollstock, Klebeband und ein Folienstift. Es kann losgehen…

Gutes Mittel gegen Verwechslungen: Die LED auf der Front des Monitors hilft bei der Links-Rechts-Zuweisung.
Gutes Mittel gegen Verwechslungen: Die LED auf der Front des Monitors hilft bei der Links-Rechts-Zuweisung.

Durchführung der Messung und Kalibrierung

Die Software leitet narrensicher mit eindeutigen, aber ausschließlich englischsprachigen Anweisungen durch alle Schritte der Messung und Kalibrierung meines Monitorpaares. Hier sagen Bilder möglicherweise mehr als weitere Worte. Anhand der folgenden, exemplarischen Screenshots lässt sich die grundsätzliche Vorgehensweise gut nachvollziehen.

Fotostrecke: 4 Bilder Zuweisung der Ein- und Ausgänge des Audiointerface

Wie klingt es?

Das Resultat, also die klanglichen Verbesserung unmittelbar nach der Kalibrierung der Monitore ist schlicht und einfach phänomenal! Die problematischen Frequenzbereiche meines Arbeitsplatzes sind unter tontechnischen Aspekten dramatisch besser zu beurteilen, wogegen unkritische Bereiche tendenziell unangetastet bleiben und somit keine universelle und überambitionierte Charakteränderung meiner geschätzten KH 80 DSP Monitore erfolgt. Auffällig ist weiterhin eine spürbar aufgeräumtere Stereoabbildung, die offensichtlich das Resultat von Phasenoptimierungen ist. Aufgrund meiner individuellen Testsituation kann ich nicht beurteilen, wie übertragbar dieses positive Ergebnis auf andere Konstellationen und Räumlichkeiten ist, aber aufgrund meiner subjektiven Erfahrung ist Neumanns Monitor Alignment aber eine absolut lohnende Investition!

Fotostrecke: 4 Bilder Der Messvorgang offenbart eine dramatische Auslöschung bei 80 Hz…

Latenz

Wo hochwertige Filter und Phasenoptimierungen im Spiel sind, muss man erfahrungsgemäß mit Latenzen rechnen. Für reine Audioanwendungen haben derartige Verzögerungen häufig keine große Relevanz oder sind im kritischen Zusammenspiel mit anderem Equipment abgleichbar. Ein potenzielles Problem ist allerdings das Monitoring während der Aufnahme, in meinem Fall das Einspielen von Keyboards. Der unmittelbare Vergleich zum Monitoring ohne DSP offenbart eine minimal (!) spürbare Latenz, die mich künftig aber nicht von Einspielungen mit aktiven DSPs abhalten sollte. Anwender, die – rein hypothetisch – aufgrund anderer Kalibrierungen eventuell mit höheren Latenzen zu kämpfen haben, können sich aber beispielsweise damit behelfen, indem sie während der Aufnahme die DSP-Funktion über den rückseitigen Schieberegler (Network Control) vorübergehend deaktivieren. Aus meiner Sicht als „musizierender Engineer“ ist das Thema Latenz als insgesamt problemlos zu bewerten.

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Fazit

Abgesehen davon, dass die Software-Möglichkeiten noch (!) nicht ganz zur vollen Blüte gereift sind, gibt es an Neumanns MA 1 Automatic Monitor Alignment nichts zu kritisieren – im Gegenteil! Die Abhörbedingungen meines Arbeitsplatzes haben sich nach der Kalibrierung der KH 80 DSP Monitore frappierend verbessert. Somit ist Neumanns Einmess-System jeden Cent wert und eine hochinteressante Empfehlung für Besitzer kompatibler Stereo-Setups des deutschen Herstellers.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • effektive Klangverbesserung
  • Betrieb ohne Plug-ins
  • manuelle Anpassungen möglich
  • einfache Handhabung
  • kein iPad erforderlich
Contra
  • Neumann Control iPad App nicht parallel verwendbar
  • Software (noch) nicht ganz benutzerfreundlich
Artikelbild
Neumann MA 1 Test
Für 269,00€ bei
Neumann_MA_1_BXX_Mic_vertikal Bild
Features und Spezifikationen
  • Automatic Monitor Alignment
  • Messmikrofon + Alignment Software für Stereo-Setups
  • kompatibel mit Neumann KH 80 DSP und analogen KH-Modellen mit KH 750 DSP
  • individuell kalibriertes Messmikrofon
  • automatische Phasen- und Amplitudenoptimierung
Mikrofon
  • Druckempfänger
  • Kondensatormikrofon (48V, ± 4V)
  • Mikrofonklemme
  • Richtcharakteristik: Kugel
  • Übertragungsbereich: 20 bis 20.000 Hz
  • Ausgangsspannung (max.): 10 dBu
  • Ersatzgeräuschpegel: 27 dB-A
  • Nennimpedanz: 50 Ohm
  • Nennlastimpedanz: 1000 Ohm
  • Stromaufnahme: 3 mA
  • Gewicht: 37 g
  • Länge: 117 mm
Software-Anforderungen
  • Mac: macOS 10.13/10.14/10.15
  • Windows: Windows 10, 64 Bit, ASIO
Preis: € 249,– (Straßenpreis am 7.2.2021)
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    Profilbild von Spankous

    Spankous sagt:

    #1 - 08.02.2021 um 11:40 Uhr

    0

    Ich glaube den code muss man eingeben um gecrackte software mit 3rd party micros zu vermeiden und nicht wegen Serienstreung. Bei plugins gibt es sowas oft

      Profilbild von Peter Koenemann

      Peter Koenemann sagt:

      #1.1 - 08.02.2021 um 14:45 Uhr

      0

      Hi Spankous,
      vermutlich liegt die Wahrheit irgendwo dazwischen. Die laut Hersteller individuelle Kalibrierung jedes einzelnen MA 1-Mics ist möglicherweise (!) eine „beabsichtigte Serienstreuung“, welche die Verwendung von Messmikrofonen anderer Hersteller mit der frei zugänglichen Software torpedieren soll ... das wäre ein nachvollziehbares, aber dennoch rein hypothetisches (!) Gedankenmodell.

      Antwort auf #1 von Spankous

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      +1
    Profilbild von Florian ro

    Florian ro sagt:

    #2 - 04.07.2021 um 19:42 Uhr

    0

    Hallo, kann das LAN Kabel nach der Kalibrierung wieder entfernt werden? Lg Florian

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