Beim MFB Kraftzwerg handelt es sich um einen monophonen, semi-modularen Desktop Synthesizer, dessen Klangerzeugung auf dem Prinzip der Subtraktiven Synthese beruht. Der Clou dieses Instrumentes besteht in seiner Kombination aus “herkömmlicher Bedienung”, MIDI- und CV/Gate-Anschluss sowie einer Patchbay mit 37 Buchsen, die das Verschalten von Steuerspannungen (Control Voltage=CV) ermöglicht. Modulation wird nämlich groß geschrieben im Zwergenland!
Die (West-) Berliner Firma MFB (Manfred Fricke Berlin) feierte schon in den 80er Jahren mit Drumcomputern wie dem MFB-501 beachtliche Erfolge, später komplettierten unter anderem MIDI/CV Interfaces, Sequenzer und Videocontroller das Sortiment. In den letzten Jahren konnte MFB seinen guten Ruf mit analogen Drummachines, Sequenzern, Klangerzeuger-Modulen sowie Desktop-Synths weiter ausbauen. Das neueste Modell mit dem Namen “Kraftzwerg”, so bescheinigt es das Handbuch, sei die semi-modulare Version des aktuellen Synthesizer Flaggschiffs “MFB-Synth II”. Ob die Ähnlichkeit des Namens mit dem einer wegweisenden Band der elektronischen Musik Zufall ist?
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HARDWARE UND ALLGEMEINES Auf der 32x17cm großen Oberfläche des Kraftzwerges findet man den altbewährten Aufbau: LFO, VCO, VCF, VCA und Hüllkurvengenerator. Jede Sektion verfügt neben Potis auch über Steckplätze (Miniklinke), mit denen Modulationsquellen und -ziele mittels Patchkabel verbunden werden können. Besonders für die Kommunikation mit externen Geräten wie Drummaschinen, die über CV/Gate Anschlüsse verfügen, eignet sich die Patchbay des Kraftzwergs.
Auf der Rückseite befindet sich ein MIDI- und ein CV/Gate Eingang, zwei Buchsen, die MIDI Pitch/Mod-Befehle in Steuerspannung umwandeln, sowie ein Dipschalter-Interface zur Auswahl des MIDI Kanals. Verbindet man einen Sequenzer oder ein Keyboard mit dem MIDI- oder CV/Gate-Anschluss des Kraftzwergs, können ihm zunächst Klänge entlockt werden, ohne dass ein einziges Patchkabel gesteckt wurde. Denn wie es sich für einen Semi-Modularen gehört, ist sein grundlegender Signalfluss schon intern vorverdrahtet. Der voreingestellte Pfad ist an den entsprechenden Potis und CV-Buchsen per Beschriftung angegeben und immer aktiv, wenn dort keine anderweitigen Steuerspannungen gepatcht sind. Und was ist mit Speicherplätzen, Effekten, midifizierten Parametern, MIDI-Velocity, ähm … USB … ? Fehlanzeige! Hier setzt MFB auf den Purismus der guten alten Vorbilder und verzichtet auf “modernen Schnickschnack”.
Das Gehäuse ist aus massivem Kunststoff, die metallenen Kipphebel, Patch-Buchsen und Potis sind gut verarbeitet. Die Hardware macht einen soliden Eindruck – die Stromversorgung erfolgt über das mitgelieferte externe Netzteil mit 14V Spannung. Mitgeliefert wurden ebenfalls ein paar Miniklinke-Patchkabel, vermisst habe ich ein Handbuch. Dieses konnte ich mir aber auf der Website des Herstellers als PDF herunterladen.
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PRAXIS
Hat man den Ausgang des VCA mit seiner Abhöre verbunden und ein MIDI- Keyboard oder Sequenzerprogramm angeschlossen, sind verschiedene Grundsounds schnell gemacht. Jeder Handgriff an den Potis bewirkt sofort etwas, manchmal passiert überraschend viel, manchmal auch gar nichts, weil erst eine Patchverbindung hergestellt werden müsste. Einige Momente braucht man, um sich hier zurechtzufinden – immerhin wollen 33 Potis, 37 Buchsen und 13 Hebelchen einer Funktion zugeordnet sein. Ist das Eis dann gebrochen, kommt man in den wunderbaren Genuss des “Soundschraubens”. Hier ein paar Klangbeispiele:
Bei Klängen dieser Art spielt der Kraftzwerg ganz klar seine Trümpfe aus: einfache Bedienung und kräftige, warme Analogsounds. Da kann man nicht viel falsch machen.
Wendet man sich der CV-Patchbay zu, gelangt man zur “Klanggestaltung für Fortgeschrittene”. Das sollte aber auch diejenigen nicht abschrecken, die sich bisher noch nicht mit der Subtraktiven Synthese beschäftigt haben! Vielmehr ist der Kraftzwerg ein Instrument, an dem man sie gut nachvollziehen und sogar erlernen kann!
Für das nächste Beispiel wähle ich für Oszillator1 “Pulswelle” aus und verbinde mit einem Patchkabel die Modulationsquelle LFO1 mit dem Ziel Pulsbreitenmodulation (PWM). In der Sektion “Triple VCO” ist dafür ein CV-Eingang nebst Poti zur Regelung der Modulationstiefe vorgesehen (Buchse CV4). Das kleine Hebelchen daneben muss noch nach ganz rechts gekippt werden, damit PWM aktiviert ist.
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PulsbreitenmodulationRingmodulator
Das Signal des Ringmodulators wird nur hörbar, wenn man seinen Ausgang per Patchkabel mit einem Eingang in der Sektion Filter oder VCA verbindet. Der Ringmodulator verarbeitet die Signale der ersten beiden Oszillatoren und ist das einzige digitale Bauteil im Kraftzwerg.
Für das Beispiel “Zwergentanz” habe ich zunächst verschiedene perkussive Klänge mit meiner Sequenzersoftware gesampelt und aus ihnen einen Beat programmiert. Dazu habe ich dann eine Basslinie und eine Sequenz mit Ringmodulator, Filterfeedback und VCA-Modulation gespielt.
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ZwergentanzKraftzwerg und MFB-501
Interessant wird es besonders dann, wenn man externe Instrumente zur Steuerung oder gegenseitigen Beeinflussung heranzieht. Der Kraftzwerg ist zwar ein Zwerg, wenn es um MIDI geht, auf dem Gebiet der CV-Steuerung allerdings ist er ein Riese! Im nächsten Beispiel (Audio: Kraftzwerg und MFB-501) steuert der LFO2 per Steuerspannung die Geschwindigkeit der Drummachine und gleichzeitig auch den VCA (Tremolo Effekt). Das Audiosignal des Drumcomputers wird in den Filter des Kraftzwergs geleitet. Es handelt sich hierbei übrigens um das Vintage Kultgerät aus gleichem Hause, MFB-501!
TRIPLE VCO Hier trifft man drei analoge Oszillatoren an, die die Wellenformen Dreieck, Puls und Sägezahn bereitstellen. Osc1 und -2 können in den Fußlagen 16′, 8′ und 4′ gewählt werden, Osc3 ist insgesamt eine Oktave tiefer angesiedelt (32′, 16′, 8′). Der “Tune” Regler legt global die Gesamtstimmung aller VCOs fest, Osc2 und Osc3 können mit “Interval” bis zu ±1 Okt im Verhältnis zu Osc1 verstimmt werden.
Alle drei VCOs lassen sich per MIDI oder auch per Steuerspannung über die Einzeltrigger CV1, CV2 und CV3 spielen. Bevor die Oszillatoren jedoch verlässlich arbeiten, sollte man ihnen eine Aufwärmzeit von fünf bis zehn Minuten gönnen!Pitchmodulation kann entweder auf alle drei Oszillatoren gemeinsam oder auch nur auf Osc3 angewendet werden. Dies ist mittels Pitch- oder Modulationsrad, LFO oder sonstigen Steuerspannungen möglich. Zu beachten ist dabei, dass für die Übertragung der Pitchbefehle eines MIDI Keyboards ein Patchkabel vom MIDI-Interface “CV Pitch/Mod” zu den CV-Eingängen in Triple VCO gesteckt werden muss. Osc3 kann wahlweise zu Osc1 oder Osc1+Osc2 gesynct werden. Als weitere Option steht Pulsbreitenmodulation per LFO bereit, auch hierfür ist der Einsatz eines Patchkabels nötig. (LFO Out -> CV4 In). Alle drei VCOs sind in Stimmung und Lautstärke nicht nur getrennt regelbar, ihre Signale können auch per “Out 1,2,3” einzeln abgegriffen werden. Bleiben die Einzelausgänge jedoch unbenutzt, werden ihre Signale im internen Mixer summiert und auf “Out3” geroutet. Ihrer Summe kann außerdem stufenlos weißes Rauschen hinzugefügt werden. Abschließend sei noch ein digitaler Ringmodulator erwähnt, der Klänge aus der Wechselwirkung von Osc1 und -2 erzeugt. Sein Ausgangssignal wird an der Buchse “RingOut” ausgegeben. Entscheidend für seine Modulation ist der Verstimmungsgrad der beiden VCOs. Um den modularen Aufbau des Kraftzwergs zu demonstrieren: Das Signal des Ringmodulators kann natürlich von VCF, VCA und Hüllkurven weiterverarbeitet werden. Mit einem Patchkabel stellt man dazu beispielsweise eine Verbindung von “RingOut” zu “In2” in der Sektion Filter her.
Zwei wie Pech und Schwefel: Kraftzwerg und MFB-501
24dB VCF Das resonanzfähige Lowpassfilter klingt warm und kräftig und verfügt über Keyboard-Tracking, das in seiner Intensität regelbar ist. Es reagiert auf MIDI oder CV. Als Modulationsquelle ist die Hüllkurve1 intern voreingestellt, deren Wirkungsgrad mit dem Poti “CV Cut” regelbar ist. Mit “Emphasis” wird die Filterresonanz bestimmt, bei höheren Werten kann das Filter in Selbstoszillation versetzt werden. Ein Leckerli ist sicherlich die Feedback Option des Filters: eine Möglichkeit, seinen Klang schmutziger und kräftiger klingen zu lassen. Der Ausgang des Filters ist intern mit seinem Eingang verbunden, mit dem Poti “In1” wird die Stärke des Feedbacks bestimmt. Und wie vermutet kann das Filter per Eingangsbuchsen “In1” und “In2” auch externe Audiosignale verarbeiten!
VCA In dieser Sektion befinden sich die zwei Audioausgänge des Synths: die doppelte Ausführung des Mono-Audioausgangs als Miniklinke, was den einen oder anderen Kabelfetischisten stören könnte. Der Output ist als kräftig zu beschreiben und hat meinen Preamp zunächst einmal brutal überfahren. Die Lautstärke von Out2 ist zusätzlich regelbar, Out1 gibt den Output des VCA immer 1:1 wieder. Und auch in der Sektion VCA findet man mit In1, In2 und In3 drei Eingänge zum Einschleifen externer Audiosignale. Zur Dynamik Modulation stehen voreingestellt Hüllkurve2 und LFO2 bereit, in ihrem Wirkungsgrad jeweils regelbar. Aber natürlich bieten sich bei einem Semi-Modularen noch weitaus mehr Möglichkeiten, denn mit CV1 und CV2 stehen zwei Buchsen zum Empfang von Steuerspannungen zur Verfügung!
Dual ADSR In dieser Sektion findet man zwei ADSR Hüllkurven, die beide auch über den Parameter Hold verfügen. ADSR steht für die Parameter “Attack” (Einschwingzeit), “Decay” (Abklingzeit), “Sustain” (Ausklingzeit, solange eine Taste gedrückt ist) und “Relase” (Ausklingzeit nach Loslassen einer Taste). “Hold” (Zeit, bevor Decay einsetzt) stellt eine Verzögerung des Decay-Parameters dar und eignet sich gut für perkussive Klänge. Die Hüllkurven können wahlweise exponentiell oder linear arbeiten. Für den Einsatz von Steuerspannungen stehen hier zwei Gate-Eingänge bereit: Per “Gate1” können beide Hüllkurven gemeinsam getriggert werden, eine Steuerspannung an “Gate2” löst nur die Hüllkurve2 aus. Die CV der LFOs des Kraftzwergs kann man hier beispielsweise gut einsetzen, aber natürlich auch die externer Geräte.
Dual LFO LFO1 verfügt über invertierte Sägezahn-, Dreiecks- und Rechteckwelle. LFO2 über Sägezahn-, Dreiecks- und Zufallswelle. Ihr Tempo und Wirkungsgrad kann jeweils frei bestimmt werden. Darüber hinaus besitzen sie einen Reset-Eingang, der auf CV Spannung reagiert und zum Beispiel zur Synchronisation mit externen Taktgebern verwendet werden kann. Beide LFOs können gegenseitig ihr Tempo modulieren, die Intensität wird mit den Potis CV1 und CV2 gesteuert. Mit dieser intern schon vorverdrahteten Option lassen sich gut unregelmäßige LFO-Wellen erzeugen. Sie ist immer dann aktiv, wenn an den Eingangsbuchsen CV1 und CV2 keine Steuerspannung anliegt.
MIDI Der Kraftzwerg ist mit einem rudimentären MIDI Anschluss ausgestattet: Er kann Befehle über Notenlänge und Notenhöhe an die VCOs senden. Auch Daten des Pitch- und Modulationsrades kann er empfangen, diese werden aber in Steuerspannung übersetzt und müssen gegebenenfalls per Patchkabel an die VCOs gesendet werden. Ansonsten ist der Synth nicht midifiziert. An der Rückseite des Kraftzwergs findet man ein sogenanntes “Mäuseklavier”, das dazu dient, den MIDI Empfangskanal zu definieren. Die Einstellung “alle Dipschalter nach unten” wählt MIDI-Kanal 1 an, weitere MIDI-Kanal Settings entnimmt man dem Handbuch. Mir ist aufgefallen, dass man per MIDI nur im Tonbereich C1-C8 spielen kann. Nach unten ist das im Zweifelsfall etwas wenig …
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FAZIT Ganz offensichtlich ist der MFB Kraftzwerg ein Potenzprotz, gleichzeitig aber auch die Miniaturausgabe eine Modularsynths. Das geht zwar zugunsten seiner Mobilität, andererseits kommt man im Eifer des Gefechts schon mal versehentlich an einen falschen Knopf oder steckt ein Patchkabel in die falsche Buchse … ich halte ihn daher mehr fürs Studio als für die Bühne geeignet. Nichtsdestotrotz ist der Kraftzwerg ein großartiger Synthesizer für experimentierfreudige Musiker, und in seiner Preisklasse von etwa 580 Euro ein konkurrenzloses Produkt! Besonders Keyboarder, die schon Synths und Drummaschinen mit CV-Ausgängen oder entsprechende MIDI/CV Interfaces besitzen, werden beim Kraftzwerg auf ihre Kosten kommen. Denn erst in Verbindung mit externen Geräten kann er die ganze Stärke seiner Modulations-Patchbay ausspielen. Oder anders gesagt: Die Parameter seiner Klangerzeugung sind nicht midifiziert, Automation/Modulation per MIDI-Sequenzer ist konzeptbedingt nicht möglich. Aber auch im “einfachen Gebrauch” per Keyboard oder Sequenzerprogramm über das MIDI-Interface macht er viel her: Seine vielseitigen VCOs erzeugen kräftigen Output, sein Filter klingt rau und zupackend, seine Hüllkurven sind schnell, und mithilfe der zwei LFOs können sehr lebhafte Klänge geformt werden. Die Klangwelt des Kraftzwergs reicht von knarzig über druckvoll bis zu wabernd-kreischend. Mit Noisegenerator, Ringmodulator, Osc-Sync, Filterfeedback und der S/H-Welle des zweiten LFOs lässt sich eine große Bandbreite an Geräuschen erzeugen. Für Leadsounds eignet er sich in Ermangelung von Portamento/Glide nur bedingt, dafür aber um so mehr für knurrige Basslines, tighte Sequenze- und Percussionklänge. Für Fans von Korg MS-10, Korg MS-20, ARP 2600.
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