Doepfer ist eine etablierte Größe in der Landschaft deutscher Synthesizer-Hersteller. Bekannt geworden ist das Unternehmen aus Gräfelfing, einem Vorort von München, vor allem durch modulare Synthesizerbausteine, MIDI-Keyboards und -Controller und einige spezialisierte Produkte, die man beim Musikalienhändler um die Ecke eher nicht erwarten würde. So finden sich im Produktsortiment neben Ribbon- und Trautonium-Controller auch diverse OEM-Bausätze für den geneigten Musiker mit Bastel-Ambitionen.
Um so mehr verwundert der jüngste Spross aus diesem Hause. Hinter dem ominösen Namen Dark Energy verbirgt sich ein monophoner Analog-Synth, der ausnahmsweise nicht im altbekannten und eher funktionalen Doepfer-Design daherkommt, sondern schon optisch eher auf den Einsatz außerhalb von Modulschränken und nerdigen Kellerstudios ausgelegt zu sein scheint. Und auch wenn der Dark Energy ursprünglich ein Ableger aus besagter Modular-Serie ist, sticht der kleine Synthesizer vom ersten Moment an doch eindeutig aus der Produktpalette heraus.
Das Grundkonzept ist schnell umrissen: Der Dark Energy ist ein monophoner Synthesizer mit voll-analoger Klangerzeugung. Er bietet prinzipiell alle Bausteine Subtraktiver Synthese in einem kompakten Gehäuse, angereichert mit ein paar hilfreichen und zeitgemäßen Features. Klar ist sofort, dass hier Traditionen nicht neu erfunden werden sollen. Vielmehr setzt Doepfer auf Altbewährtes in neuem Gewand – was prinzipiell nicht unbedingt Schlechtes bedeuten muss. Besonders, da sich immer noch viele Heimstudiobesitzer und Laptop-Liveacts die Finger nach dem gewissen Quäntchen Analogsound lecken und der Markt in diesem Preissegment nicht unbedingt gesättigt ist. Und kleine, auch mal laute und sehr eigenständige Soundkästchen sind momentan durchaus angesagt – vom kleinen analogen Synth bis hin zur Drum-Machine tauchen immer wieder Vertreter dieser Gattung auf und finden ihre Liebhaber. Der Dark Energy ist durchaus für den Einsatz innerhalb komplexerer Modular-Setups ausgelegt, immerhin lassen sich an vielen Stellen Steuerspannungen abgreifen und hinzuführen. Aber auch ein USB-Interface zur Kommunikation via (virtueller) MIDI-Schnittstelle ist an Bord und macht das Gerät deshalb auch für Anwender interessant, die weder über ein Modularsystem noch über CV-Interfaces verfügen. Wichtige Modulationswege sind fest verdrahtet und können über kleine Schalter variiert werden. Und auch etwas exklusivere Modulationen sind mithilfe weniger Patchkabel schnell realisiert.
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Mit Maßen von gerade einmal 18,5 mal 14,5 Zentimeter in der Draufsicht und einer Höhe von acht Zentimetern inklusive der Drehknöpfe kommt der Dark Energy zwar äußerst kompakt daher, wirkt aber eher untypisch dick für so ein kleines Desktop-Kästchen. Zusammen mit dem durchaus ordentlichen Gewicht von etwas über einem Kilo fühlt sich das Ganze dann aber doch sehr gut an. Hier haben wir es eindeutig nicht mit einem kleinen Plastikspielzeug, sondern mit massivem Arbeitswerkzeug zu tun. Das Gehäuse aus Metall und die schicken Seitenpartien aus Holz verstärken diesen Eindruck zusätzlich.
Auf der Frontseite sind alle Module der Klangerzeugung aufgeräumt und übersichtlich angeordnet – Drehregler und Schalter sind funktional platziert und bieten gerade noch genug Platz zur Bedienung. Am unteren Rand gibt es zusätzlich Ein-und Ausgänge für Steuerspannungen und Audiosignale. Auf der Rückseite sind neben der Stromversorgung vier weitere CV-Outs, ein Gate-Out, MIDI-In und ein USB-Port zu finden. Alle analogen Ein- und Ausgänge sind als Miniklinken ausgeführt, was für im Modularbereich unbedarfte Anwender eine kleine Einstiegshürde sein könnte – auch wenn Doepfer drei passende Kabel für Modulation und Audioausgang mitliefert. Hervorzuheben ist an dieser Stelle zweifellos die Möglichkeit, den Dark Energy als MIDI-to-CV Wandler einzusetzen. Via USB-Port werden MIDI-Signale zur direkten Steuerung des Synthesizers empfangen, die hierzu in entsprechende Spannungswerte übersetzt werden. Diese können dann an den CV-Ausgängen abgegriffen und an weitere Geräte gesendet werden, sofern diese die Spannungswerte des Dark Energy verarbeiten können.
Klangerzeugung Klassischer geht’s kaum: Der Dark Energy bietet alles, was man für grundlegende Subtraktive Synthese braucht – mehr aber auch nicht. Sympathischerweise verkauft auch die Bedienungsanleitung das Dreiergespann Oszillator, Filter und Verstärker als die einzigen notwenigen Grundzutaten für die Klangsynthese. Womit die Texter bei Doepfer ja auch durchaus recht haben.
VCO Erstes Glied der Signalkette ist ein VCO, der die Wellenformen Sägezahn, Dreieck, Rechteck und Puls (mit Pulsbreitenmodulation) bereitstellt. Wohlgemerkt: eine Stimme und Mono. Der Frequenzbereich des VCOs kann über drei Oktavlagen gewählt werden und lässt sich anschließend über den Tuning-Regler fließend um eine halbe Oktave aufwärts oder abwärts verstimmen. Ein interner Jumper ermöglicht hier die Erweiterung des Regelweges auf zweieinhalb Oktaven. Der FM-Regler lässt wahlweise die ADSR-Hüllkurve oder den ersten LFO Einfluss auf die Tonhöhe nehmen und öffnet somit auch die Türen für rudimentäre FM-Synthese – bestens geeignet für glockige und metallische Klänge. Als Letztes folgen Regler zur manuellen Justierung von Pulsbreite und deren Modulation via zweitem LFO oder Hüllkurve.
Filter Als nächster Schritt der Klangformung passiert das Audiosignal das analoge Filter. Dieses ist zwar auf eine Tiefpasscharakteristik mit einer Flankensteilheit von 24 dB festgelegt, lässt sich allerdings sowohl durch den zweiten LFO, die Hüllkurve und externe Steuerspannung variabel modulieren. Zusätzlich kann die Tonhöhe des VCO als Steuerspannung genutzt werden, um ein leichtes Tracking zur Dämpfung tiefer Töne oder bei hohen Resonanzwerten das tonale Spielen der Eigenresonanz zu realisieren. Anstelle des VCOs kann dem Filter auch ein externes Audiosignal zugeführt werden. Aber auch wenn das Filter in Hinblick auf Charakteristika wenig variabel ist und aufgrund des Schaltungsdesigns natürlich nur Monosignale eingespeist werden können, ist dieser zusätzliche Eingang sicherlich ein nettes Add-on für diejenigen, die generell eher auf digitalen Pfaden wandeln.
VCA Drittes Modul des Dark Energy-Signalweges ist die VCA-Sektion. Neben der Verstärkung des Signales kann auch hier die Modulation durch ADSR-Hüllkurve oder LFO greifen. Ersteres ist sicher die klassischste Anwendung bei der Klanggestaltung anhand von Subtraktiver Synthese. Aber bei flächigen Sounds und experimentellen Setups in größeren Modularsystemen ist die Modulation via LFO eine ebenso interessante Variante.
Modulation Oszillator, Filter und Verstärker lassen sich allesamt, wie im Vorfeld schon beschrieben, durch verschiedene Quellen modulieren. Neben der Option, externe Steuerspannungen über die Buchsen einzubinden, ist der Dark Energy mit drei internen Spannungsgebern ausgestattet, welche direkt zugeschaltet werden können. Die ADSR-Hüllkurve bietet neben den bekannten Einstellmöglichkeiten für die Zeitkonstanten Attack, Decay, Sustain und Release einen Schalter, mit dem man die Auflösung für einen bestimmten Anwendungsbereich festlegen kann. Das fällt sofort sehr angenehm auf, zum Beispiel bei langsamen Modulationen von Flächen oder knackigen Verläufen bei perkussiven Sounds. Die Regelwege der Hüllkurve sind mit dieser Funktion schnell einer entsprechenden Aufgabe angepasst und höchstsensibles Schrauben im Mikrometerbereich bleibt einem so erspart. Ausgelöst wird die Hüllkurve im Normalfall über den Eingang eines Notensignals via Midi/USB, alternativ kann aber auch ein externes Gatesignal genutzt werden.
Zuguterletzt gibt es zwei LFOs, die ebenso eingeschränkt wie funktional daherkommen. Diese schwingen wahlweise mit Rechteck- oder Sägezahn-Wellenform und im Bereich von weit unter 1 Hz bis hoch in den Audiobereich. Auch die LFO-Spannungen lassen sich in der Signalkette an mehreren Punkten direkt abgreifen, das invertierte Signal des ersten LFOs lässt sich zusätzlich direkt über eine Buchse abnehmen und so zum Beispiel in ein externes Setup überführen.
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Praxis
Der Sound überzeugt vom ersten Moment an. Das Skippen von Presets erübrigt sich hier natürlich, aber sobald man das anfänglich vielleicht etwas unkontrollierte Gefiepe (abhängig von den Reglerstellungen bei Auslieferung) unter Kontrolle gebracht hat, ist klar, dass es sich hier um einen schlichten, aber ehrlichen und kräftigen Analog-Synth handelt.
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Basic BassAcid SequenceAcid ModulationBleeps
Die Tatsache, dass Klänge nicht abgespeichert werden, könnte für Synthesizer-Neulinge durchaus irritierend sein – andererseits unterstreicht das ja nur die puristische Ausrichtung dieses Gerätes. Doepfer liefert im Manual passende Kopiervorlagen zum Festhalten gelungener Sounds mit, und sollte gerade keine Digicam im Studio greifbar sein, ist inzwischen jedes Handy in der Lage, gelungene Settings zu dokumentieren. Erster Ansatzpunkt beim Entwickeln eigener Sounds sind für viele potentielle Anwender sicherlich Bässe und Acid-Sounds. Und in den tieferen Registern macht der Dark Energy auch sofort richtig Druck. Gefehlt hat mir nur eine Glide-/Portamento-Funktion, gerade wenn ich es mal so richtig zwitschern lassen wollte.
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LeadPad
Auch Leads und Padsounds liefert der Dark Energy ganz ordentlich, wobei hier natürlich die fehlende Polyphonie sofort stark einschränkt. Aber selbst in der Anleitung weist der Hersteller darauf hin, dass man die flächigen Sounds ja auch wunderbar am Rechner schichten könne – durchaus ein weiterer Verweis auf das angepeilte Kundensegment.
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FM Percussion 1FM Percussion 2
Die Hüllkurve arbeitet schnell und macht so auch bei perkussiven Sounds viel Spaß. In Kombination mit FM-Modulation kommen hier schnell auch mal brachialere und experimentelle Drumsounds zustande. Die äußerst schnellen LFOs können zusätzlich eingesetzt werden, um schon fast digital klingende Sounds zu generieren.
Die fest verdrahteten Modulationswege machen Sinn und eröffnen dann doch ein größeres Klangspektrum als anfänglich angenommen. Packt man nun noch die Patchkabel aus, bekommt das Ganze schon fast ein wenig Modular-Flair. Schön ist natürlich ebenfalls, dass Doepfer nicht an einem Eingang für externe Signale gespart hat – schnell ist so auch mal ein File aus dem Rechner oder ein weiteres Instrument durch den (Tiefpass-)Wolf gedreht.
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Beatloop -> Audioeingang
Die Haptik des Dark Energy ist ebenso ansprechend wie der Sound. Ich brauche persönlich – neben überzeugender Funktionalität und technischen „inneren“ Werten – zugegebenermaßen immer auch ein wenig optischen Anreiz. Oder sagen wir besser: Charakter. Und das bietet diese kleine Kiste ohne Frage. Dieser Synthesizer sieht toll aus und fühlt sich ebenso gut an. Der Platz zum Arbeiten reicht gerade so. Die Drehregler und Schalter haben aber einen wunderbaren Vintage-Touch und Metall und Holz tun ihr Übriges dazu, dass der Dark Energy massiv und sicher auf nahezu jeder Fläche platziert werden kann. Die Knöpfe sind gerade schwergängig genug, um sich vom Gros klappriger Plastikkisten abzugrenzen, lassen sich aber auch live und bei schnellen Sweeps wunderbar bedienen. Etwas unpraktisch fand ich anfangs, dass die Buchsen zum Patchen und vor allem auch der Audioausgang allesamt als 3,5mm-Klinken ausgeführt sind. Allerdings ist diese Einschränkung auch ein Zugeständnis an die kleinen Abmessungen. Der Signalfluss und die Modulationsmöglichkeiten sind schnell verinnerlicht und so kommt nach kurzer Eingewöhnung schnell Spaß beim Klängeschrauben auf. Presetknöpfe vermisst man kaum, alles fühlt sich einfach schön analog und bodenständig an, und sowohl im Live- wie im Studiokontext weiß die schlichte Synthesizerarchitektur zu gefallen.
Die werten Mitbewerber … Direkte Konkurrenz bekommt der Dark Energy auf den ersten Blick von einigen kleinen Analog-Synths im ähnlichen Preissegment. MFBs Kraftzwerg und Dave Smiths MoPho sind eindeutig als Alternativen anzuführen. Ersterer bietet mit seinen 3 VCOs, Ringmodulator und 2 Hüllkurven mehr Möglichkeiten, ist aber von der Hardware für den Live-Einsatz etwas zu filigran. Ganz im Gegensatz zum Dark Energy. Der MoPho ermöglicht mit 2 VCOs + 2 Suboszillatoren, Sequencer und Arpeggiator sehr komplexe Klangkreationen, Menüführung über Mini-Displays ist aber andererseits wiederum nicht jedermanns Ding. Genausowenig wie der hakelige Software Editor.
Der Dark Energy hingegen besticht durch sein sehr kompakte Design, durch seine “One Sound – One Purpose” Ausrichtung. Sein Aufbau ist überschaubar, ermöglicht aber dennoch vielseitige Klänge. Und ein Detail wie das USB-Interface, was ein für analoge Geräte ein eher untypisches Plug-and-Play Gefühl vermittelt, ist eine gelungene Verbindung von “realer und virtueller Welt”. Aber natürlich haben alle drei Synthesizer vor allem klanglich ganz eigene Charakteristika. Somit ist eine Kaufentscheidung zuguterletzt doch vor allem geschmacksbedingt.
Schaltplan des Dark Energy
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FAZIT
Alles in allem hat mich der Dark Energy vollkommen überzeugt. Klar, diese kleine Kiste liefert nur eine Stimme, und die auch noch in mono. Exotische Filtercharakteristika oder auch nur einen weiteren Oszillator sucht man hier vergebens und die Liste an fehlenden Features ließe sich hier eindeutig verlängern. Aber damit würde man dem Dark Energy unrecht tun – hat er doch einen ganz anderen Auftrag. Das, was er kann, nämlich knackige und griffige Analogsounds mit der richtigen Prise Unberechenbarkeit und Schmutz, macht er schlicht und ergreifend gut. Auf dem Weg dahin überzeugt er durch liebevolle Details und eine nicht zu durchgestylte, aber durchaus ansprechende Gestaltung. Das USB-Interface macht die Integration des Synthesizers in bestehende Setups sehr unkompliziert und schlägt gleichzeitig eine Brücke zwischen digitaler und analoger Welt. Und die Modulationsmöglichkeiten entlocken dem Kleinen dann doch weitaus komplexere Klänge, als man bei der ersten Betrachtung annehmen möchte. Mit dem Dark Energy kann man sich auf unkompliziertem Wege ein wenig analoges Flair ins Studio holen – und erwirbt dabei eine kleine Kiste, die sowohl in einem minimalen Live-Setup aber auch im größeren Studio eine gute Figur macht.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Kräftiger und eigenständiger Sound
Solide und ansprechende Verarbeitung
Erweiterbarkeit und flexibler Anwendungsbereich (z.B. mit CV)
Externer Audioeingang
Contra
Sämtliche Ein- und Ausgänge nur in Miniklinken-Ausführung
Fehlende Glide/Portamento-Funktion
Doepfer Dark Energy Test
Doepfer Dark Energy
Systemvoraussetzungen
Vollanaloger, monophoner Synthesizer
VCO mit Rechteck-, Dreieck- und Sägezahn-Wellenform, PWM- und FM-Modulation
VCF 24dB Tiefpass, Selbstoszillation möglich
VCA steuerbar durch ADSR oder LFO
2 LFOs und ADSR zur Modulation diverser Parameter
CV-In- und Outputs, Möglichkeit der Kaskadierung und Integration in Modular-Setup
MIDI und USB-MIDI-Interface, eingeschränkt auch nutzbar als MIDI-to-CV-Wandler
Ein- und Ausgänge als 3,5mm-Klinken-Buchsen ausgeführt
Wahnsinnsgerät! Gerade, dass man nicht alles speichern kann und Presets durchklickt, empfinde ich bei solch einem voll analogen Synth als Befreiung. http://gegenwaerts.com/?p=248
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Jan Torge sagt:
#1 - 03.07.2011 um 02:27 Uhr
Wahnsinnsgerät! Gerade, dass man nicht alles speichern kann und Presets durchklickt, empfinde ich bei solch einem voll analogen Synth als Befreiung.
http://gegenwaerts.com/?p=248