Le Fay Herr Schwarz 4 Four Pipe Orange Test

Wow, ein Le Fay! Voller Verzückung packe ich den Karton aus und fühle mich dabei wie ein kleiner Junge unterm Weihnachtsbaum. Der Ruf dieser Company eilt den Instrumenten ja seit Jahren voraus – daher bin ich sehr gespannt, was dieser Testkandidat aus der nordischen Edelschmiede so auf dem Kasten hat.

Le_Fay_Herr_Schwarz_4_FOUR_004FIN


Wer die Brüder Reiner und Meik Dobbratz kennt, der weiß, dass diese beiden Zeitgenossen neben höchster handwerklicher Bassbaukunst auch eine gesunde Portion trockenen Humors auszeichnet. Wer würde sich da noch wundern, dass ich eine viersaitige Luxusversion des Modells “Herr Schwarz” in einem auffälligen Orange in den Händen halte?

Details

Die Farbe dieses Basses ist auf jeden Fall schon mal Geschmackssache – und wird als solche zweifelsohne polarisieren! Reaktionen von “fantastisch “, “megaklasse” bis “geht gar nicht” habe ich von den unterschiedlichsten Leuten einfangen können. Letztlich liegt es aber natürlich im Ermessen des Einzelnen, wie er sich seinen Traumbass farblich gestalten lassen möchte und wie stark die Farbgebung “knallen” soll. Dieses Orange knallt auf jeden Fall ordentlich und passt meiner Meinung nach daher auch sehr gut zu der klanglichen Grundausrichtung dieses Instruments: nämlich spritzig mit ordentlich Wumms!
Ein Eschebody und der kräftige fünfstreifige Hals aus hartem Padouk sollen für den guten Ton sorgen. Auch das aufgeleimte Griffbrett besteht aus Padouk und verspricht einen obertonreichen Sound. Zur Orientierung auf dem Griffbrett sind gut sichtbare Dots aus schönem Perlmut eingearbeitet, und an der Griffbrettseite fällt der Blick auf 2 mm starke weiße Bundmarkierungen.

Fotostrecke: 4 Bilder “Poooow!” – die selbstbewusste Farbgebung dieses Le-Fay-Basses …

Die Kopfplatte ist als Matching Headstock ausgelegt, greift die Esche-Maserung des Bodies auf und rundet das optische Erscheinungsbild schlüssig ab. Der Kopf wurde angeshafted und akribisch mit mehreren Versatzstücken quer zum Halsende verleimt, sodass genügend Stabilität auch bei einem harten Sturz gewährleistet ist. Es kann getrost auf einen Saitenniederhalter verzichtet werden, da durch den relativ starken Winkelknick der Kopfplatte genügend Druck der Saiten auf den Sattel erzeugt wird; da schnarrt garantiert nichts! Auf einen Nullbund haben die Erbauer diesmal verzichtet und stattdessen einen schlanken Sattel aus Kohlefaser in detailverliebter Feinarbeit eingesetzt. Dieser bildet eine wunderbare Einheit mit dem anliegenden Eschenholz der Kopfplatte. Um dem Hals die nötige Ruhe zu verleihen und für mehr Stabilität zu sorgen, wurden zusätzlich Grafitstäbe eingesetzt.

Fotostrecke: 3 Bilder Selbst sind die Bassbauer: Die Brückenkonstruktion …

Zwischen Halsende und Halstonabnehmer findet sich eine kleine Holzkappe mit Magnet, die sich leicht wegkippen lässt, um elegant an den Halsstab zu gelangen. Das ist klasse gemacht, denn auf diese Weise wird kein Spezialwerkzeug benötigt – und außerdem sieht dieses Feature auch noch gut aus! Mithilfe eines einfachen Schraubenziehers lässt sich nun an der unter dem Abdeckplättchen liegenden Radmutter – ähnlich wie bei Music-Man-Bässen – bequem die Halskrümmung einstellen.
An der unteren Zarge zur Rückseite hin sorgt ein zusätzlich eingearbeiteter Keil nach dem Ansatz “Querholz überbrückt Langholz” für Aufsehen, der diesen anfälligen Korpusbereich besser vor Rissbildung schützen soll. Auch hier zeigen die Erbauer einmal mehr, was im Bassbau noch alles an Innovation und Besonderheiten möglich ist!

Fotostrecke: 2 Bilder Unter diesem Abdeckplättchen verbirgt sich der Zugang zur Halsverstellschraube.

Das ganz Besondere an diesem Instrument ist aber der Hals-/Korpusübergang. Hier haben die Dobbratz-Brüder nämlich ein System ersonnen, welches sie “Pipe” nennen. Dahinter verbirgt sich eine sehr aufwendige Verarbeitungstechnik der Zusammenführung von Hals und Korpus, bei welcher der Hals mit dem Body verleimt wird und dafür weniger Holz aus dem Korpus ausgefräst werden muss. Mehr Stabilität und ein sehr gesundes Schwingverhalten mit überaus schneller Ansprache und einem fundamental zupackenden Ton werden auf diese Weise ermöglicht. Dazu sieht der Hals-/Korpusübergang mit der Pipe auch noch sehr gut aus – allerdings schlägt diese Maßnahme mit 650,- Euro extra zu Buche!
Ebenfalls ein Aufpreis wird für die ausgeklügelte Elektronik und das sogenannte “Four”-Pickupsystem fällig. Denn so aufwendig wie die Holzverarbeitung und die von Hand gemachte Hardware – lediglich die Stimmmechaniken stammen nicht von Le Fay, sondern von Gotoh – ist auch die Soundzentrale gestaltet: gleich vier (!) eigens hergestellte Tonabnehmer sowie eine ausgefuchste Elektronik werden dem Spieler zur Klanggestaltung an die Hand gegeben. Anfangs scheint diese in ihrer Komplexität etwas verwirrend zu sein, aber nach kurzer Einarbeitungszeit bin ich doch ganz gut damit klar gekommen.

Fotostrecke: 6 Bilder Das Griffbrett beherbergt 24 bestmöglich abgerichtete Bundstäbchen.

Der orangene Herr Schwarz verfolgt eine eher klassische Jazz-Bass-Soundausrichtung als die übrigen Modelle von Le Fay, daher auch die Poti-Anordnung mit zwei Volumereglern; einer für das Hals-PU-Pärchen und einer für das Brücken-PU-Pärchen. Der Volumenregler für den Hals-PU ist darüber hinaus als Push-Pull-Poti ausgelegt, um vom Aktiv- in den Passivmodus umschalten zu können. Außergewöhnlich bei dieser Elektronik ist, dass die passive Höhenblende auch in aktiver Stellung arbeitet! Der Sinn dahinter mag sich einem zuerst nicht so recht erschließen, doch die dahinter steckende Logik wird in der Praxis deutlich: im aktiven Modus arbeiten der Bass- und Höhenregler im “Boost Only”-System. Bässe und Höhen können also “nur” geboostet werden, es lassen sich jedoch keine Frequenzen absenken bzw. rausfiltern. Dies hat zur Folge, dass es im Aktiv-Modus eigentlich nicht möglich ist, auch mumpfige Mellow-Sounds zu erzeugen.
Genau an dieser Stelle kann nun die passive Höhenblende eingesetzt werden, um dem spritzigen Grundton bei Bedarf doch noch die Schärfe zu nehmen. Für einen Reggae- oder Motown-Sound würde das zum Beispiel bedeuten: Bässe bis zum Vollboost reingedrehen, Höhen ohne Boost, und die passive Höhenblende mehr oder wenig zugedreht. Sehr praktisch in Sachen Bedienbarkeit ist übrigens die Mittenraste der Bass-, Treble- und Höhenblend-Potis. Auf diese Weise hat man schon mal drei grundsätzliche Sounds parat, die man schnell abrufen kann, und auch Zwischenpositionen lassen sich leichter wiederfinden.

Fotostrecke: 5 Bilder Der Name “Four” kommt nicht von ungefähr: zwei Pickups in der Steg-, …

Für noch mehr Klangoptionen gibt es einen kleinen Switch, welcher die Tonabnehmer in drei Positionen schalten kann, nämlich in die Modi “alle Spulen parallel”, “zwei Spulen als Singlecoil” (= vorderer und hinterer PU) und “alle Spulen seriell”. In Kombination mit den beiden Volumenpotis zum Mischen der Tonabnehmer und dem “Boost Only”-EQ mitsamt passiver Höhenblende lässt sich die Vielzahl der hier zu erzeugenden Sounds bereits erahnen!

Praxis

Der Grundsound des Herrn Schwarz strebt in die klassische Jazz-Bass-Richtung, jedoch durchaus mit einer eigenen Note und einer recht modernen Ausrichtung. Die Ansprache des Instrumentes ist atemberaubend schnell, und der Punch der pfundigen E-Saite ist enorm! Auch die Ausklingphase des Tons ist extrem sustainstark und lang, dazu klingt der Bass sehr aufgeräumt und schneidet mit seinen ausgeprägten Mitten auch durch den komplexesten Mix durch. Keine Frage: Mit diesem Instrument wird man gehört! Mit dem Tonabnehmer-Minischalter kann man grundsätzlich auf drei unterschiedlichen Soundebenen arbeiten. Um es übersichtlich zu halten, habe ich mich bei den Hörbeispielen entschieden, jeweils eine EQ-Einstellung zu benutzen und dann die drei am Minischalter möglichen PU-Stellungen nacheinander durchzuschalten.
Hier die wichtigsten Infos auf einen Blick:

  • In der Mittelstellung des Switches bekommen wir eine klassische Singlecoil-Schaltung mit einem luftigen, detailreichen Ton.
  • Mit nach hinten gekippem Schalter laufen die Pickups im Parallelmodus, was den Sound schon etwas verdichtet, aber noch genug Höhen für eine spritzigen Slapsound lässt.
  • Kippt man den Miniswitch nach unten, rockt es mit einer Tonverdichtung im Tiefmittenbereich ordentlich los. Die feinsten Höhen treten hier zwar etwas in den Hintergund, aber im dichten Bandgetümmel knallt dieser serielle Sound wirklich ganz beachtlich!

Ich habe jeweils einen Groove dreimal hintereinander eingespielt. Ihr hört immer zuerst den Singlecoil-Modus, gefolgt vom Parallel-Modus, und danach den Seriell-Modus. Natürlich liegt es in der Natur der Sache, dass der Seriell-Modus am druckvollsten und lautesten rüberkommt. Abgesehen vom Slap-Beispiel habe ich keinen Kompressor eingesetzt, damit sich die volle Dynamik des Basses für euch hörbar entfaltet. Überzeugt euch nun einfach selbst von diesem charaktervollen, großen Ton!

Passiv-Modus:

Audio Samples
0:00
1. Finger-Style: Beide PUs, passive Höhenblende 100% offen 2. Finger-Style: Beide PUs, passive Höhenblende zu
Fotostrecke: 5 Bilder Durch die hauchdünne Lackierung bleibt das Holzfeeling bestmöglich erhalten!

Aktiv-Modus:

Audio Samples
0:00
1. Finger-Style: Beide PUs, passive Höhenblende voll offen, Bass- u. Trebleboost mittig 2. Slap-Style: Passive Höhenblende mittig, Bass- und Trebleboost voll geboosted 3. Finger-Style: Bridge-PUs, passive Höhenblende geschlossen, Bass- u. Trebleboost mittig 4. Finger-Style: Neck-PUs, passive Höhenblende offen, Bass- u. Trebleboost mittig 5. Plektron-Style: Beide PUs, passiv Höhenblende offen, max. Bassboost, Trebleboost mittig

Fazit

Ich schwitze; was für ein Granaten-Bass! Je länger ich mich mit dem guten Stück auseinandersetze, desto mehr dringe ich in die nicht enden wollende Klangvielfalt vor, die dieses außergewöhnliche Instrument zu bieten hat. Sicherlich gibt es Instrumente, die etwas mehr Wärme im Ton mit sich bringen, doch gerade im komplexen Bandkontext schneidet der orangene Herr Schwarz aufgrund der Kompromisslosigkeit seines straighten Tons gnadenlos gut ab! Hier wird (zum Glück) auch nicht versucht, einem Klassiker blind nachzueifern. Eher wird dieser quasi neu definiert – und das mit der eigenen, Le-Fay-typischen Note auf höchstem verarbeitungstechnischem Niveau. Bereits im Singlecoil-Betrieb überzeugt mich der Sound zu 100%. Und wenn jetzt noch mehr zugepackt werden soll, legt der Bass im etwas dichteren Parallel- oder gar im tiefmittig-drückenden Seriell-Modus noch einen drauf! Der für einen Le Fay schon fast ungewöhnlich fleischige Hals ist sicherlich Geschmackssache, spielen lässt er sich aber allemal traumhaft. Und: hier darf eben auch mal etwas kräftiger zugepackt werden. Keine Frage, der Preis ist eine Ansage, doch die feinste Handarbeit und die erlesene Klanggüte rechtfertigen die für unser Testmodell fälligen 4.200,- Euro in meinen Augen auf jeden Fall! Wer also noch auf der Suche nach einem echten Traumbass mit klassischen Jazz-Bass-Anleihen in moderner Ausrichtung ist, der sollte den Le Fay Herr Schwarz Four Pipe unbedingt einmal einem ausgiebigen Test unterziehen!

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • hoher Wiedererkennungswert und Durchsetzungsfähigkeit im Bandkontext
  • knackiger Sound mit viel Growl
  • extrem schnelle Ansprache
  • innovatives Design
  • hervorragende Verarbeitung
  • äußerst liebevolle und individuelle Formgestaltung (aufwendiges „von Hand“-Shaping!)
Contra
  • etwas Einarbeitungszeit in die Bedienbarkeit der Elektronik nötig
Artikelbild
Le Fay Herr Schwarz 4 Four Pipe Orange Test
Le_Fay_Herr_Schwarz_4_FOUR_003FIN
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Le Fay
  • Modell: Herr Schwarz 4 Four Pipe Orange
  • Herstellungsland: Deutschland
  • Farbe: Orange (gegen Aufpreis)
  • Saiten: 4
  • Saitenabstand an der Brücke: 20 mm
  • Mensur: 34“ (long scale)
  • Hals-/Korpusübergang: eingeleimt mit hauseigenem „Pipe“-System (gegen Aufpreis)
  • Hals: Padouk mit eingesetzten Grafitstäben
  • Griffbrett: Padouk
  • Dots/Inlays: Topdots mother of pearl (Perlmutt), Sidedots: 2 mm, weiß
  • Korpus: Esche
  • Kopfplatte: 2 : 2 Stimmmechaniken und Matching Headstock
  • Tonabnehmer & Elektronik: Le Fay „Four“-System (gegen Aufpreis)
  • Hardware: Le Fay & Gotho
  • Gewicht: 4,22 kg
Preis:
  • Gesamtpreis Testmodell: 4.200,- Euro
  • Basisversion Herr Schwarz Viersaiter: 3.000,- Euro
  • Aufpreis Pipe: 650,- Euro
  • Aufpreis Farbe: 250,- Euro
  • Aufpreis PU-System Four: 300,- Euro
Hot or Not
?
Le_Fay_Herr_Schwarz_4_FOUR_002FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo