Aus dem Nachbarland Holland kommen nicht nur Frau Antje, Gewächshaustomaten, gute Fußballer und schmackhafter Käse, sondern auch Gitarrenverstärker. Im Gegensatz zu manchen Tomaten zeugen die allerdings von Geschmack, denn der niederländische Hersteller Koch ist in Sachen Röhrenamps schon seit Langem weit mehr als ein Geheimtipp. Natürlich ist es das Ansinnen jedes Verstärkerbauers, seiner Kundschaft möglichst viele wohlklingende Dezibels anzubieten, und das ist auch legitim. Aber wer seinen Sound bei einer bestimmten Einstellung gefunden hat, dem wird es nicht unbedingt leicht fallen, bei reduzierter Lautstärke darauf verzichten zu müssen.
Um zu vermeiden, dass Gitarristen beim Betrieb der leistungsstarken Amps aus unserem Nachbarland bei gemäßigter Lautstärke in Depressionen verfallen, hat der Hersteller einen eigenen Power Soak entwickelt. Mittlerweile ist schon die zweite, überarbeitete Version der Koch Loadbox am Start, und genau diese werden wir jetzt unter die Lupe nehmen.
Gehäuse/Optik Die Loadbox kommt in einem silberfarbenen Stahlblechgehäuse, das an der Oberseite und den Seiten mit Lüftungsschlitzen ausgestattet ist. Die sind auch nötig, denn hier wird bekanntlich Leistung in Wärme umgesetzt. Und für den Fall des Falles hat man dem Gerät noch einen Ventilator eingebaut, der bei Bedarf durch ein externes Netzteil (nicht im Lieferumfang enthalten), versorgt wird. Ansonsten arbeitet das Gerät komplett ohne Strom. Die Loadbox steht extrem rutschfest auf vier großen Gummifüßen und neben dem normalen Einsatz als „Standalone-Gerät“ findet sie mit ihrer halben Rackbreite und zwei Höheneinheiten auch in einem 19“ Rack Platz. Die Schrauben zur Montage auf einer Rackschiene werden mitgeliefert, allerdings sollte man in diesem Fall immer den Ventilator mit Strom versorgen und einsetzen. Nach dem Rackeinbau kann über die Seiten keine Wärme mehr abgeleitet werden, weil die Lüftungsschlitze verdeckt sind. Den Anschluss für das Netzteil findet man an der Vorderseite, alle restlichen Buchsen hinten. Mir erschließt sich nicht, warum man den Netzteil-Anschluss nicht auch noch nach hinten gelegt hat, denn gerade beim Einsatz im Rack wird die Stromzuführung immer von der Rückseite aus erledigt.
Anschlüsse Die Loadbox ist mit einer stattlichen Anzahl von Anschlüssen ausgestattet, die in zwei Reihen für diverse Anwendungen zur Verfügung stehen. Der Lautsprecherausgang des Amps wird mit der Buchse unten rechts (Guitar Amp´s Speaker Out) verbunden. Die Box kann dann wahlweise über einen der Power-Attenuator-Anschlüsse angesteuert werden. Hier stehen sechs Möglichkeiten zur Auswahl:
100%: Der Ausgang ist direkt mit dem Eingang verbunden, es findet keine Leistungsreduktion statt.
40%: Der Output des Verstärkers wird auf 40% reduziert. Ein 100 Watt Amp hat dann die Leistung eines 40 Watt Verstärkers.
15%: Die Leistung des Amps wird auf 15% reduziert.
Die Loadbox kann aber auch komplett ohne Lautsprecher betrieben werden, denn es gibt hier eine Dummy-Load Funktion, die gerade für Recordingzwecke recht sinnvoll ist, will man den integrierten Speakersimulator nutzen. Die Anschlüsse dafür gibt es auf der linken Seite in der oberen Reihe und bieten die Möglichkeit, das Signal entweder symmetrisch mit Mikrofonpegel via XLR oder unsymmetrisch per Klinken-Ausgang mit Line Pegel (-10 dB) abzugreifen. Mit zwei Schaltern (Voicing) lässt sich an diesem frequenzkorrigierten Ausgang noch etwas Klang-Shaping betreiben. Hier kann zum einen die Größe der simulierten Box zwischen 1×12 und 4×12 ausgewählt werden, zum anderen ist die Position des simulierten Mikrofons wählbar, entweder direkt in der Mitte des Speakers oder mehr am Rand. Die einzelnen Einstellungen hört ihr im Praxisteil. Einen Kopfhörerausgang gibt es auch noch, somit kann man auch spät in der Nacht noch seinen Röhrenamp bearbeiten, ohne dass die Nachbarn zwei Häuser weiter aus dem Bett fallen.
Wer das Ampsignal ohne Frequenzkorrektur noch an weitere Effektgeräte oder zusätzliche Amps leiten möchte, der kann das über die Direct Out-Buchsen tun. Hier stehen zwei Anschlüsse zur Verfügung, einer mit 0dB und einer mit -10dB Ausgangspegel.
Auch an die Gitarristen, die gerne zwei Boxen benutzen, um eine größere Klangfläche zu erzeugen, wurde gedacht. An den beiden Ausgängen To Two Speaker Cabinets kann man zwei Lautsprecherboxen anschließen. Wichtig ist, dass einer der Power Attenuator Ausgängen (100%, 40%, etc.) mit der Buchse From Attenuator mit einem Lautsprecherkabel verbunden wird.
Power Soak Beim Praxistest mit der Koch Loadbox habe ich folgendes Equipment verwendet:
Gitarre
Amp
Loadbox
Speaker
Mikrofon
Rec. Preamp
Gibson SG
Marshall SLP 100
Marshall 4×12 mit Greenbacks
CAD E-100
–
Neve 8801
Topteil und der Gitarrist befinden sich im Regieraum, die Box ist im Aufnahmeraum gut isoliert, sodass fast kein Direktschall vom Lautsprecher durchdringt und man nur den endgültigen Aufnahmesound über die Regielautsprecher hört. Der Marshall hat kein Mastervolumen und produziert einen angenehmen, gut verzerrten Sound in einer Lautstärke, die nach meiner Erfahrung besonders von Sängern als ohrenbetäubender Lärm bezeichnet wird. Die Geschmäcker sind eben verschieden. Daher ist dieser Verstärker ein idealer Testpartner für die Koch Loadbox, denn laut Aufgabenstellung sollen ja beide Welten zufriedengestellt werden. Der Gitarrist braucht ausreichend Verzerrung und der Sänger sollte sich nicht mehr so stark von der Macht des Gitarrensounds belästigt fühle. Ich habe den Amp-Master auf 15 Uhr eingestellt, eine Stellung, bei der das britische Rock-Kraftwerk in einem Meter Entfernung von der Box gut 100 dB Schalldruck generiert. Um den Klangunterschied der leistungsreduzierten Ausgänge zu dokumentieren, habe ich mit diesem Setting immer das gleiche Riff über die verschiedenen Ausgänge aufgenommen. Der 100%-Output ist dabei die Referenz, den fehlenden Pegel habe ich am Input-Level des Recording-Preamps wieder ausgeglichen, sodass bei der Aufnahme immer derselbe Pegel auf die Festplatte gebannt wird. Hier ist das Ergebnis:
Von 100 auf 40 sehr konstanter Sound. Bei 15% hört man einen leichten Abfall und ab 5% wird der Sound doch deutlich schwächer. Aber das ist völlig normal. Bei der höchsten Reduktion hat der Amp in dieser Einstellung immer noch einen guten Pegel, den man durchaus als gehobene Zimmerlautstärke bezeichnen kann. Wer einen voll aufgedrehten 100 Watt Amp zur Ruhe bringen möchte, um auch nachts im Mietshaus noch zu üben, der wird hier Schwierigkeiten bekommen.
Wer die Leistungsreduktion öfters verändert, der wird es schnell recht lästig finden, weil man immer auf der Rückseite umstecken muss. Viele finden eine Steckverbindung gerade bei Lautsprecherausgängen besser, weil so die Signalführung direkter und der Soundverlust geringer ist als über einen Schalter. Das kann ich durchaus bestätigen, denn der Klangunterschied beim Anschließen der Loadbox im Vergleich zum direkten Amp/Box-Sound ist fast nicht hörbar. Beim Einsatz im Rack sollte man also nicht unbedingt zu denen gehören, die ständig die Leistungsreduktion wechseln möchten.
Röhrenverstärker, und hier besonders der Marshall Plexi, haben eine große dynamische Bandbreite. Dreht man sie voll auf, wird die noch größer, denn bei einem Schalldruck von 100 dB ist logischerweise mehr Platz für Zwischenschritte und Abstufungen als bei moderater Zimmerlautstärke. Wir testen jetzt diesen Unterschied in der Recording-Situation, in der man ja in gepflegter Lautstärke abhört, während nebenan das Lautstärke-Chaos tobt. Wie wirkt sich der leistungsreduzierte Sound auf die dynamische Ansprache aus?
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Dynamik 100%Dynamik 40%Dynamik 5%
Bei 40% sieht das Ganze noch gut aus, die Verzerrung lässt sich noch sehr gut mit der Anschlagstärke kontrollieren. Ab 15% nimmt es wesentlich ab, was man besonders beim Abhören im Regieraum zu spüren bekommt. Aber auch hier ist das Ergebnis im absolut normalen Rahmen, denn es ist logisch, dass der voll ausgefahrene Amp die besagte größere Bandbreite an Dynamik liefert als ein auf 15% oder weniger reduzierter. Die 40% Variante bietet gute Dynamik, an der es nichts auszusetzen gibt.
Speaker Simulator Beim Testen des Speakersimulators sieht der Signalweg folgendermaßen aus:
Gitarre
Amp
Loadbox
Rec. Preamp
Gibson SG
Marshall SLP 100
über Speakersimulator
Neve 8801
Wir hören uns nun die unterschiedlichen Einstellungen des Speakersimulator-Ausgangs an. Der wurde an denselben Preamp wie das Abnahmemikrofon in den vorherigen Beispielen angeschlossen. Die Einstellungen wurden selbstverständlich beibehalten. Zuerst noch einmal der Sound des Amps mit Mikrofon bei 40% Leistung.
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Mikrofon – 40% Leistung
Die Speakersimulation klingt etwas kratzig, ist aber auf jeden Fall brauchbar und kann durchaus bei Aufnahmen verwendet werden. Man merkt eben sehr deutlich den Einsatz der Frequenzkorrektur, bei der die Höhen stark beschnitten werden; diverse Obertöne sind nicht mehr vorhanden und der Klang wird etwas eindimensional. Es ist eben nur eine Annäherung an die Aktion mit Mikrofon, aber es ist vertretbar.
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4×12 Off Axis
Ihr hört zuerst die Simulation einer 4×12 Box mit dem Mikrofon am Rand des Speakers.
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4*12 On Axis
Mit dem Mikrofon in der Mitte erhält man der Realität entsprechend einen etwas spitzeren Ton.
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1×12 Off Axis
Hier die beiden Varianten der nachempfundenen 1×12 Box, die generell etwas weniger Bassfundament besitzt. Zuerst die „Off Axis“-Einstellung mit dem Mikrofon am Rand des Lautsprechers mit einem weicheren Klang.
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1×12 On Axis
Wie zu erwarten klingt die „On Axis“-Einstellung wieder einen Hauch spitzer.
Die Koch Loadbox ist ein klangneutrales Gerät, das den Pegel eines Amps ohne große Verluste reduziert. Sie ist mit Line Out, Kopfhörerausgang und Anschlussmöglichkeiten für zwei Boxen sehr gut ausgestattet. Der Speakersimulator ist in Ordnung und erzeugt einen brauchbaren Sound, den man sowohl live wie im Studio einsetzen kann. Eine Anmerkung allerdings in puncto Bedienbarkeit: Die Pegelreduktion erfolgt über Steckverbindungen (keinen Schalter), was zu einer besseren Signalübertragung führt. Wenn man die Leistung ändern möchte, muss man folglich immer auf der Rückseite umstecken. Wer also öfters die Reduktion wechselt, der wird mit dieser Variante keine Freude haben. Gitarristen, die absoluten Wert auf Klangstabilität legen und denen auch das Umstecken nichts ausmacht, die sollten die Koch Loadbox unbedingt antesten.
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
Integrierter Speakersimulator mit vier Einstellmöglichkeiten
5 verschiedene Stufen der Leistungsreduktion
Kopfhörerausgang
Anschlussmöglichkeit für zwei Boxen
Load-Funktion – Der Amp kann auch ohne Box betrieben werden
Contra
Stromanschluss für den Ventilator auf der Vorderseite
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