Fender Custom Shop 64 Jazz Bass Relic SGM MBDG Test

Der Jazz Bass gehört zu den erfolgreichsten Bassmodellen aller Zeiten und nahezu jeder Hersteller nimmt deshalb früher oder später eine Variation dieses Klassikers in sein Portfolio auf. Das Original stammt freilich vom amerikanischen Traditionshersteller Fender, und wer ein echtes Vintage-Schätzchen aus den 1960er-Jahren zu seiner Sammlung zählen darf, kann sich glücklich schätzen! Gut erhaltene Original-Exemplare sind nämlich heutzutage nicht mehr einfach zu finden, zumindest nicht für einen halbwegs vernünftigen Preis.

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Eine Alternative zu den kostspieligen Vintage-Originalen bietet Fender mit ihren Modellen aus dem Custom Shop. Unser Kandidat für diesen bonedo-Test ist ein vom Fender-Baumeister Dennis Galuszka gefertigter viersaitiger Jazz Bass, der in Sachen Sound, Optik und Haptik bis ins kleinste Details einem viel gespielten Modell aus dem Jahrgang 1964 nachempfunden wurde. Ich freue mich auf die Zeitreise mit dem Fender Custom Shop 64 Jazzbass Relic und bin gespannt, ob Dennis Galuska mit seiner Kreation die Vibes der Sixties einfangen konnte!

Details

Jeder halbwegs traditionsbewusste Bassist kennt die Gewinnerformel eines klassischen Jazz-Basses aus den 60er-Jahren – wage ich jedenfalls zu behaupten! Der Korpus besteht typischerweise aus Erle, im Falle meines Testkandidaten kommt allerdings von Masterbuilder Galuszka selektierte relativ leichte Erle zum Einsatz. Lackiert wurde der Korpus mit einem hauchdünnen Nitro-Finish in der Farbe Slate Grey Metallic, und komplettiert wird der amtliche Vintage-Look mit einem Pickguard in Vintage White. Dennis Galuszka hat bei seiner Replika auch die damals üblichen Metallabdeckungen für die Brücke und den vorderen Tonabnehmer installiert. Die Chromkappen können natürlich im Handumdrehen abgeschraubt werden, falls sie bei einigen Spieltechniken hinderlich sein sollten.

Fotostrecke: 2 Bilder “Aschenbecher” über der Brücke und den Pickups, dazu helle Block Inlays und …

Der aufgeschraubte Hals besteht aus einem Streifen Ahorn und besitzt ein Jazz-Bass-typisches C-Profil. Für das Griffbrett hat Dennis Galuszka indischen Palisander mit einer besonders dunklen Färbung gewählt. Darin sitzen 20 Bünde im schlanken Vintage-Format sowie große Pearl Block Inlays zur Lagenorientierung. Die ersten Block Inlays verbaute die Company zwar eigentlich erst ab 1966, aber warum sollte sich ein Fender-Masterbuilder der heutigen Zeit nicht völlig frei bei den Features aus der langen Firmengeschichte bedienen dürfen?
In die obere Griffbrettflanke wurden kleine runde Orientierungspunkte aus Micarta eingearbeitet. Der Hals endet schließlich in der Fender-typischen Kopfplatte, die bei meinem künstlich gealterten Testkandidaten ebenfalls in der Korpusfarbe lackiert wurde. Das sieht erstens unheimlich schick aus und ist zweitens auch typisch für Jazz-Bässe aus den 60ern; die meisten Custom-Color-Exemplare wiesen damals den sogenannten “Matching Headstock” auf.

Fotostrecke: 4 Bilder Cover über Bridge und Tonabnehmer sehen toll aus – allerdings sind sie beim Spielen gewöhnungsbedürftig.

Selbstverständlich gleichen auch sämtliche Hardware-Komponenten und die Elektronik beim Custom-Shop-Modell der Originalausstattung eines Jazz-Basses aus dem Jahrgang 1964. Auf der Kopfplatte sitzen dementsprechend vier offene Reverse-Vintage-Mechaniken und ein runder Saitenniederhalter für die D- und G-Saite. Die Strings werden am anderen Ende des Basses von einer simplen Vintage-Brücke gehalten – dem berühmt-berüchtigten Fender-Blechwinkel! Für den Sound sorgen zwei handgewickelte Fender Vintage-Singlecoil Jazz Bass-Tonabnehmer, und geregelt wird mit je einem Lautstärkeregler sowie der klassischen Tonblende zum Absenken der Höhen. Für den amtlichen Vintage-Sound sollte also auf jeden Fall gesorgt sein!

Fotostrecke: 4 Bilder Auf diesem wunderbaren Instrument möchte man am liebsten …

Aber was ist mit der Haptik des Instruments, denn schließlich soll sich ein auf alt getrimmter Jazz Bass ebenso vertraut anfühlen wie ein Paar ausgelatschte Hausschuhe. Dafür sorgt bei der originalgetreuen Nachbildung von Galuszka ein sehr geschmackvoll und professionell gemachtes Relic-Finish. Der Bass weist vor allem am Korpus mehr oder weniger heftige Abnutzungserscheinungen auf, die tatsächlich nach echten Remplern und Abschürfungen aussehen. Mein Testbass besitzt zudem am oberen Halsende ein paar kräftigen Dellen, die man beim Spielen deutlich spürt. Klar: bei einem echten Vintage-Bass dürfte der Hals im Laufe der Jahrzehnte auch ein paar Kratzer abbekommen haben, aber bei einem neuen Instrument würde ich persönlich einen makellosen Hals ohne Unebenheiten vorziehen.
Davon abgesehen habe ich am Meisterstück aus dem Fender Custom Shop nicht viel auszusetzen, denn die Material- und Verarbeitungsqualität befindet sich insgesamt auf einem sehr hohem Niveau. Lediglich die Halstasche könnte etwas exakter ausgeschnitten sein, ich kann nämlich auf beiden Seiten noch einen schmalen Spalt zwischen Hals und Ausfräsung erkennen. Die Verbindung hält aber dennoch bombenfest, und auf den Sound muss sich die kleine Ungenauigkeit nicht zwangsläufig negativ auswirken.
Wichtig für den Sound ist allerdings eine erstklassige Bundierung, und die wurde in der Tat absolut tadellos ausgeführt: abgerundete Bundenden sorgen für ein geschmeidiges Spielgefühl, und die exakte Nivellierung ermöglicht eine sehr flache Saitenlage.

Ein Echtheits-Zertifikat gehört zum Lieferumfang.
Ein Echtheits-Zertifikat gehört zum Lieferumfang.

Praxis

Sound

Als ich den handgefertigten Jazz Bass aus dem Fender Custom Shop zum ersten Mal in den Händen hielt, fiel mir sofort das für meinen Geschmack ideale Gewicht des Instruments auf. Der Bass bringt etwas mehr als 4 kg auf die Waage und ist somit also schwer genug für eine gesunde Tonentwicklung, aber auch leicht genug, um nicht an der Schulter zu zerren. Eine geringe Neigung zur Kopflastigkeit ist bei Fender-mäßig konstruierten Bässen normal. Mit einem vernünftigen Gurt hängt mein Testexemplar jedoch absolut komfortabel und gut ausbalanciert am Körper. Genauso komfortabel und angenehm lässt sich der “falsche 64er” auch spielen – man hat tatsäclich das Gefühl, ein bereits vertrautes Instrument in der Hand zu halten! Jazz-Bässe sind sicher nicht zuletzt aufgrund ihrer bequemen Handhabung so beliebt. Die Masterbuilt-Version von Dennis Galuszka ist dank des hervorragenden Setups mit perfekt gefeiltem Sattel und einer angenehm niedrigen Saitenlage sogar noch eine Spur müheloser zu spielen, als ein Jazz Bass von der Stange!
Darüber hinaus spürt man schon bei den ersten Tönen ohne Verstärker die hohe Qualität der handselektierten Hölzer: das Instrument spricht blitzschnell an und schwingt gleichmäßig stark, egal in welcher Lage oder auf welcher Saite man sich gerade befindet. Diese akustische Qualität der Hölzer und der Gesamtkonstruktion trägt natürlich einen entscheidenden Teil zum hohen Spielkomfort des Instrumentes bei und ist in dieser Form bei industriell gefertigten Fender-Serienmodellen eher selten anzutreffen. Erwartungsgemäß liefert das handgefertigte Instrument dann am Verstärker auch die vertrauten und typischen Jazz-Bass-Sounds in bester Qualität.

Audio Samples
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Beide PUs, Höhenblende: 70%
Wirklich ein Meisterstück aus der Hand des erfahrenen Fender Custom Shop Masterbuilders Dennis Galuszka!
Wirklich ein Meisterstück aus der Hand des erfahrenen Fender Custom Shop Masterbuilders Dennis Galuszka!

Im ersten Audio-Clip sind beide Tonabnehmer voll aufgedreht, die Höhen habe ich mit der Blende eine Spur abgemildert. Der Bass liefert mit dieser Einstellung einen ungeheuer vollen und warmen Sound. Die Bässe werden gut definiert übertragen, kräftige Tiefmitten sorgen für Wärme und Punch, und die typischen glasigen und offenen Höhen von Vintage Singlecoil-Tonabnehmern bewirken einen schönen Schimmer im Sound. Positiv fiel mir außerdem auf, dass die Tonblende auf ihrem gesamten Reglerweg einen Einfluss auf den Sound hat – das obere Klangspektrum lässt sich damit wirklich ausgesprochen feinfühlig steuern!
Direkt im Anschluss hört ihr den 64er Relic Jazz Bass im Slap-Style und in einem Rock/Pop-Playback. Beide Tonabnehmer und die Tonblende habe ich hierfür voll aufgedreht. Mein Testkandidat schiebt im Playback einen unheimlich fetten und soliden Bassteppich unter die Band, trotzdem ist jeder Ton immer klar und deutlich zu erkennen. Dieser 64er-Jazz Bass setzt sich ohne Probleme durch!

Audio Samples
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Beide PUs, Slap Beide PUs, Höhenblende voll offen, Rock

Viele Bassisten weltweit schätzen ja die große Klangflexibität der Jazz-Bässe, die eben nur ein Instrument mit zwei Tonabnehmern liefern kann. Wenn beispielsweise ein prägnanter mittenbetonter Sound für virtuoses Spiel gefragt ist, so verwendet man einfach den Bridge-Pickup im Solomodus. Der vordere Tonabnehmer liefert hingegen wuchtige, Precision Bass ähnliche Sounds und eignet sich bestens für Soulmusik oder fette Reggae-Basslinien.

Audio Samples
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Bridge-PU, Höhenblende: 50% Neck-PU, Höhenblende: 50% Neck-PU, Slap

Bei vielen Jazz-Bässen klingt der hintere Tonabnehmer im Solobetrieb trotz des 60er-Spacings etwas zu dünn und braucht Unterstützung im Bassbereich durch den EQ am Verstärker. Bei diesem 64er-Nachbau aus dem Fender Custom Shop ist das jedoch überhaupt nicht nötig, denn der Bridge-Tonabnehmer präsentiert sich erstaunlich rund, knurrig und druckvoll. Ein Fest für jeden Jaco-Fan! Auch die Varianten mit dem Halstonabnehmer überzeugen mich auf ganzer Linie: der kompakte Sound ist im Bassbereich sehr definiert, und das warm-butterige Tiefmitten-Timbre sorgt auch hier für ein wunderschönes Vintage-Flair!

Fazit

Für einen echten Fender Vintage Jazz Bass aus den früher 60er-Jahren werden mittlerweile Preise im fünfstelligen Bereich aufgerufen. Ein gut erhaltenes Exemplar findet man zudem nicht an jeder Straßenecke. Klar, einen Fender-Bass aus dem Custom Shop, und speziell die kostspieligen Masterbuilt-Instrumente, kann man auch nicht gerade als Schnäppchen bezeichnen. Für Bassisten, die auf den Sound und das Handling der abgehangenen Vintage-Schätzchen stehen, sind die handgefertigten Instrumente der Fender-Spezialisten aber dennoch eine ernsthafte und letztendlich immer noch wesentlich günstigere Alternative. Ich habe zwar keinen originalen Jazz Bass von 1964 zum Vergleich zur Hand, aber für mich sieht der von Dennis Galuszka gefertigte 64er Relic Jazz Bass in der Tat aus wie ein besonders schickes Vintage-Exemplar aus dieser Zeit vorstelle – von den erst etwas später eingeführten Block Inlays im Griffbrett einmal abgesehen. Und weil der erfahrene Fender-Builder für meinen Testkandidaten wirklich nur beste Hölzer und hochwertige Komponenten zu einer klasse klingenden Gesamtkonstruktion verbunden und ihn anschliessend per Relic-Behandlung durch die Zeitmaschine gejagt hat, stimmen auch der Sound und die Haptik des Custom-Shop-Modells. Der Bass versprüht wirklich aus allen Poren den Vibe eines richtig guten Vintage Jazz-Basses. Absolute Empfehlung für Bassisten, die einen erstklassigen passiven Jazz Bass suchen und so nahe wie möglich am Original bleiben wollen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • super schicke Vintage-Optik
  • handselektierte resonante Hölzer
  • sehr geschmackvolles Relic
  • Jazz-Bass-Sounds in hervorragender Qualität
Contra
  • hoher Preis
  • leichte Kopflastigkeit
Artikelbild
Fender Custom Shop 64 Jazz Bass Relic SGM MBDG Test
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Fender
  • Herstellungsland: USA
  • Modell: Fender Custom Shop 64 Jazz Bass Relic SGM MBDG
  • Mensur: 34 Zoll (Longscale)
  • Korpus: selektierte leichte Erle, Slate Grey Metallic Finish, Pickguard: Vintage White
  • Hals: einstreifig Ahorn, C-Profil, Griffbrett aus indischem Palisander (rund auflaminiert), 20 Bünde, Pearl Block Inlays, Miccarta Dots, Matching Headstock
  • Hardware: Vintage-Stimmechaniken, Fender Vintage-Brücke
  • Tonabnehmer: 2 x Singlecoil, handgewickelt
  • Regler: Volume/Volume/Tone
  • Finish: Relic
  • Zubehör: Koffer, Werkzeug, Zertifikat, Kabel
  • Gewicht: 4,15 kg
  • Preis: 5.198,- Euro
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