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Epifani Piccolo 333/555 Test

Die 1994 von Nick Epifani gegründete Amp- und Boxen-Schmiede aus dem New Yorker Stadtteil Brooklyn umgibt schon immer die Aura des Edlen und Exquisiten. Das liegt sicher auch an ihrer engen Verbundenheit zu Fodera, die ihren Endorsern den damals in der Szene noch recht unbekannten Nick Epifani vorstellte. Dies führte letztlich zum Durchbruch, denn die Marke Epifani wurde auf diese Weise auch schnell der breiten Masse der US-Bassisten ein Begriff.


In Europa hingegen ist die Firma nach wie vor ein Geheimtipp. Schaut man auf die Artist-Liste, die Epifani auf ihrer Webseite präsentiert, findet man vor allem Sessionplayer wie Anthony Jackson, Lincoln Goines, Oteil Burbridge oder Größen aus dem Jazz- und Fusionbereich, wie Ron Carter, Christian McBride oder Matthew Garrison. Das lässt durchaus schon erahnen, wo die Reise klanglich hingeht. In letzter Zeit hat Epifani seine Palette an Amps überarbeitet und auf derzeit nur eine Serie reduziert, die auf den Namen “Piccolo” hört. Die Tops sind mit identischer Ausstattung in drei Leistungsklassen erhältlich: 350, 550 und 1000 Watt. Diese Leistung liefern in allen drei Modellen die heutzutage üblichen Class-D-Endstufen, weshalb die Piccolo-Amps nicht nur schön aussehen, sondern auch wunderbar leicht sind. Mir liegen heute der Piccolo 333 (350 Watt) und der Piccolo 555 (550 Watt) vor.

Details

Da beide Topteile bis auf die unterschiedliche Leistung identisch sind, gelten die Beschreibungen bezüglich Ausstattung, Anschlüsse etc. natürlich gleichermaßen für den Piccolo 333 wie für den 555. Zunächst fällt beim Auspacken positiv auf, dass die für einen Einbau in ein 19-Zoll-Rack nötigen Winkel mitgeliefert werden. Das ist oftmals ein optionales Feature und mit einem entsprechenden Aufpreis verbunden. Optional ist allerdings eine passende Softbag mit Epifani-Logo erhältlich.

Die Tops sind mit ihren 29 cm Breite, 25,5 cm Tiefe und 7,5 cm Höhen für heutige Digital-Amps verhältnismäßig groß, haben also das Gigbag-taugliche Format leicht überschritten. Ein Vorteil davon ist jedoch, dass sie wie ein richtiger Bassamp aussehen und nicht wie eine Zigarettenschachtel! Zudem ist auf diese Weise auch für kräftigere Finger genügend Platz zwischen den einzelnen Bedienelementen – sehr schön! Mit ihren zwei Kilogramm Gewicht sind die Piccolos aber dennoch ausgesprochen leicht.

Fotostrecke: 5 Bilder Die im New Yorker Stadtteil Brooklyn ansässige Firma Epifani …

Das Design der Frontplatte wirkt modern und sachlich. Die schwarzen Regler aus Aluminium erinnern stark an hochwertige HiFi-Anlagen, vor allem der zentrale große Volumen-Regler weckt diese Assoziation. Dieses Detail finde ich übrigens sehr gelungen! Den Master-Volume-Regler bedient man wohl am häufigsten am Amp. Hat man mal seinen Sound gefunden, macht man hier nur noch laut oder leise. Auch in der hitzigsten Bühnenschlacht findet man den großen und mittig sitzenden Regler der Piccolos sofort und kann die Lautstärke anpassen. Er versteckt sich nicht in einer Reihe gleich großer Regler, deren Beschriftung eventuell noch schlecht lesbar ist.

Alle Bedienelemente sind sehr übersichtlich und aufgeräumt angebracht. Epifani hat sich auf das Wesentliche beschränkt und allen Schnickschnack, wie integrierte Tuner und Effekte, außen vor gelassen. Auf der linken Seite der Frontplatte findet man den Gain-Regler und einen schaltbaren Mid-Cut (auch per Fußschalter bedienbar), auf der rechten Seite die Dreiband-Klangregelung mit Bässen, Mitten und Höhen. Drei weitere kleine graue Knöpfe gibt es noch: Einer dient zur Anpassung der unterschiedlichen Eingangslautstärke von aktiven und passiven Bässen, der zweite ist ein Mute-Schalter, mit dem man den Amp stummschalten kann, und der dritte trägt den Namen “Vintage”. Die bescheidene Beschreibung dafür in der Bedienungsanleitung lautet: “Er aktiviert eine analoge Röhrensimulation für den ultimativen klassischen Sound. Eine eigene Vintage-Schaltung von Epifani, die dir den vollen und warmen Sound der 60er ohne anfällige Röhren und schwere Transformatoren liefert.” Hört, hört!

Fotostrecke: 5 Bilder Auf der linken Seite der Frontplatte findet man den Gain-Regler und einen schaltbaren Mid Cut.

Ebenso übersichtlich und aufgeräumt wirkt die Rückseite. Eine Speakon/Klinke-Kombibuchse dient als Anschluss für die Box(en). Daneben befinden sich eine Klinkenbuchse für den Fußschalter des Mid-Cut und eine Ausgang für ein Stimmgerät (Tuner). Sehr clever gelöst ist der Effektweg: Neben den obligatorischen Send- und Return-Buchsen gibt es hier einen Mix-Regler. Befindet sich dieser im Rechtsanschlag, handelt es sich um einen astreinen seriellen Effektweg. Bewegt man ihn nach links, mischen sich nach und nach Anteile des Originalsignals dazu. Sehr sinnvoll, wenn man mit Effekten wie Hall- und/oder Modulationseffekten (Chorus, Phaser, etc.) arbeitet. Auf diese Weise lassen sich aber auch z.B. zwei Bässe anschließen und untereinander in der Lautstärke angleichen, was etwa im Unterricht sehr nützlich sein kann.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Rückseite hat einiges an Anschlüssen zu bieten, wirkt aber dennoch aufgeräumt.

Bleibt noch der D.I.-Ausgang, welcher natürlich durch eine XLR-Buchse sein Signal in die Welt schickt. Bei ihm kann man per Schalter (Pre/Post EQ) wählen, ob das Signal vor oder hinter dem Equalizer abgegriffen wird. Am Boden des Geräts befinden sich großzügige Gummifüße, die für stabilen Stand sorgen. Sie können für den Einbau ins Rack aber auch problemlos abgeschraubt werden.

Beide Piccolos machen einen sehr professionellen Eindruck. Das zeigt sich sowohl in der Ausstattung und Verarbeitung wie auch im Design und der einfachen Bedienung. Epifani hat sich hier auf das Wesentliche beschränkt; alle Features sind wirklich praxistauglich. Es gibt keine “seltsamen” Pre-Shape-Filter, kein integriertes Stimmgerät, keine komplexen Equalizer, keine Aux Ins und Headphone Outs, usw. Diese Amps scheinen endlich mal wieder für den Einsatz auf der Bühne und nicht für das Wohnzimmer konzipiert worden zu sein! Nick Epifani hat sich offensichtlich umfangreiche Gedanken gemacht, was der arbeitende Bassist tatsächlich braucht.

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Praxis

Nun schalte ich die Topteile an – beide begrüßen mich mit ihren blau illuminierten Namen und Nummern – allerdings leider auch mit einem deutlich wahrnehmbaren Grundrauschen! “Out of the Box” stehen alle Regler, also auch Gain und Master, auf 12 Uhr, was noch lange keine Extremeinstellung ist. Dennoch ist ein unüberhörbares Rauschen wahrzunehmen. Auch bei zurückgedrehten Gain und Master bleibt davon durchaus noch etwas übrig. Ich muss gestehen: Das kenne ich so nicht von den Mitbewerbern in dieser Preis- und Namensklasse! Um auf Nummer sicher zu gehen, teste ich die Piccolos mit verschiedenen Instrumenten und Boxen, aber das Ergebnis bleibt das gleiche. In einer normalen Probe- oder Live-Situation wird dies natürlich keine große Rolle spielen, aber in diesem Punkt ist die Konkurrenz ohne Frage eine Nasenlänge voraus.
Die ersten Töne zeigen einen auf sehr angenehme Weise leicht komprimierten Ton. Im Vergleich zu meinem direkt ins Audiointerface gestöpselten Bass wirken die Piccolos dadurch etwas kompakter und präsenter. Alles klingt eine Spur edler und direkter. Diese Färbung bleibt aber so dezent, dass sie nicht etwa stilistisch den Weg in eine besondere Richtung vorgibt bzw. in eine andere verbaut. Von hier aus ist sozusagen “alles möglich”.

Audio Samples
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Finger-Style Funky Slap-Style

Eigentlich bin ich mit diesem Sound schon sehr zufrieden! Eine bisschen weicher dürfte er für Funk-und R&B-Grooves vielleicht noch sein, also probiere ich mal den Mid-Cut. Wie bereits erwähnt, kann man diesen sowohl am Gerät wie auch per Fußschalter aktivieren bzw. deaktivieren. Wichtig hierbei: Der Mid Cut arbeitet anders als der Dreiband-Equalizer. Mit ihm kann man lediglich Frequenzen absenken, ähnlich einer passiven Höhenblende am Bass. Ganz nach rechts gedreht befindet er sich also in seiner Neutralstellung. Von hier aus kann man die Mitten bei 800 Hz absenken, und zwar über den ganzen Regelweg um 8 dB. Das ist im Vergleich zu vielen Equalizern relativ wenig, erlaubt aber sehr feinfühlige Veränderungen und verhindert gleichzeitig, dass der Charakter des Instruments zu stark verbogen wird.
Zum Glück senkt er auch nur die Mitten ab und hebt nicht gleichzeitig unsinnig die Bässe und Höhen an, wie dies häufig bei derartigen Reglern der Fall ist. Das mag zwar im Wohnzimmer noch gut klingen, verursacht im Mix aber eigentlich immer nur Probleme. Zudem belastet ein derartiger Boost im Bassbereich auch nur unnötig die Endstufe. Gerade Class-D-Amps kommen da gerne ins Schwitzen. Auch mit diesem durchdachten Feature zeigt sich bei den Piccolos wieder die Ausrichtung auf den Arbeitsalltag eines Bassisten!

Audio Samples
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Finger-Style Mid Cut: 50% Slap-Style Mid Cut: 50% Finger-Style Mid Cut: 100% Slap-Style Mid Cut: 100%

Kommen wir zum Equalizer, der sich schön aufgeräumt auf der rechten Hälfte der Front befindet. Bässe, Mitten und Höhen ist die Mindestausstattung und mehr als diese gibt es auch nicht. Epifani vertraut auf den Grundsound der Piccolos und der Equalizer dient zu Korrekturen – aber nicht, um den Charakter des Instruments zu verbiegen. Equalizer heißt übersetzt ja eigentlich “Entzerrer”. Er soll also eher Störendes entfernen als übermäßig Frequenzen anzuheben- und so sieht das vermutlich auch Nick Epifani.
Nun drehe ich den Bass-Regler auf 2 Uhr, den Mitten-Regler auf 10 Uhr und die Höhen auf 1 Uhr. So hören sich die zwei Grooves mit diesen Einstellungen an:

Audio Samples
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Finger-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 10 Uhr, Treble: 1 Uhr Slap-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 10 Uhr, Treble: 1 Uhr

Auffällig ist, wie angenehm schwergängig die Potis sich drehen lassen, was in der Regel für qualitativ hochwertige Bauteile spricht. So lassen sich sehr feinfühlig Einstellungen vornehmen und auch schnell wiederfinden. Angesichts der Effizienz, mit welcher der Equalizer zu Werke geht, ist das ein echter Vorteil!
Für die zwei folgenden Beispiele setzte ich den Equalizer etwas radikaler ein.

Audio Samples
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Finger-Style Bass: 2 Uhr, Mid: 2 Uhr, Treble: 10 Uhr Reggae-Style Bass: 3 Uhr, Mid: 8 Uhr, Treble: 9 Uhr

Fehlt noch der Vintage-Schalter. Dieser bleibt allerdings recht deutlich hinter der vollmundigen Beschreibung in der Bedienungsanleitung zurück, was aber nach dem Lesen eigentlich auch zu erwarten war. Er bedämpft zwar hörbar die Höhen, wodurch die Mitten logischerweise präsenter wirken, aber mehr kann ich darüber hinaus nicht wirklich feststellen. Drehe ich den Höhen-Regler auf 9 Uhr, klingt das für mich im Grunde sehr ähnlich.
Und noch etwas stößt mir leider auf: Beim Erstellen der Audiobeispiele musste ich feststellen, dass das erwähnte Grundrauschen auch auf dem D.I. Out liegt. Das ist wirklich unschön und sollte gerade bei einem Amp mit diesem klangvollen Namen nicht sein!
In der Bandprobe mit moderater Lautstärke kam der Piccolo 555 mit Gain auf 12 Uhr und Master Volume auf 10 Uhr kaum an seine Grenzen. Auch der Piccolo 333 schien mit dem Master Volume auf ca. 12 nie überfordert. Wer es also nicht so laut braucht, dem dürfte auch der 333 reichen. Als ich die beiden Amps doch mal an die Grenze brachte, zeigt sich erwartungsgemäß, dass der 555 noch einige Reserven mehr im Gepäck hat. Wie bei allen Class-D-Amps wird das Signal bei hohen Lautstärken etwas blechern und komprimiert. Allerdings muss ich sagen, dass ich die Piccolos im Grenzbereich als angenehmer empfand als viele Mitbewerber. Das mag daran liegen, dass Epifani als Endstufe eine Eigenentwicklung verbaut und nicht wie der Großteil der Mitbewerber auf die Module der Bang & Olufsen Tochter ICE zurückgreift.

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Fazit

Die Epifani Piccolo 333 und 555 sind in vielerlei Hinsicht sehr professionelle Bassamps für den Livebetrieb. Sie sind auf das Wesentliche reduziert, dieses jedoch in entsprechend durchdachter, hochwertiger und effizienter Form. Schon das Design mit der übersichtlichen und logischen Anbringung der Regler inkl. großen und zentralen Master Volume macht die Bedienung sehr einfach. Man findet ausschließlich sinnvolle Features vor, welche der arbeitende Bassist auch tatsächlich benötigt, dafür keinerlei überflüssigen Schnickschnack. Ganz klar: Diese Amps wurden für die Bühne gemacht, nicht für das Wohnzimmer! Deshalb haben sie auch entgegen der aktuellen Trends keine Aux Ins, Headphone Out und dergleichen. Und auch auf die Teilnahme am Rennen um den kleinsten Amp der Welt scheint Epifani keine Lust zu haben. Die klangliche Grundcharakteristik der Piccolos ist ein kompakter und dichter Ton, der zunächst einmal alle Richtungen offenlässt. Allerdings arbeiten sie lieber mit einem entsprechend hochwertigen Instrument zusammen, um dieses sehr klar, aber mit dezenter eigener Note wiederzugeben. Dreckige oder gar angezerrte Sounds sind von ihnen nicht zu erwarten, aber das ist sicher mit Blick auf die Liste der Epifani-Artists keine große Überraschung. Fans eines ausgewogenen und kultivierten Tons werden hier wirklich ihre Freude haben! Der Equalizer ist sehr effizient und geschmackvoll abgestimmt, vor allem der Mid Cut hat es mir angetan. Er tut das, was er verspricht, aber auf feinfühlige Weise und ohne noch zusätzlich andere Frequenzen sinnlos zu boosten. Die Epifani-eigene Endstufe wirkt auf mich auch etwas dynamischer als die vieler Mitbewerber. Hier greifen ja nahezu alle Amp-Firmen auf denselben Fremdhersteller zurück. Dieser Umstand ist ein deutliches Alleinstellungsmerkmal der Piccolos. So könnte der Test mit voller Punktzahl enden, gäbe es da nicht einen deutlichen Wermutstropfen: Das Grundrauschen der Piccolos sollte bei einem Hersteller mit diesem Ruf nicht sein! Sicher spielt es im Live- oder Probenbetrieb keine große Rolle. Für audiophile Studioaufnahmen wird man in der Regel auch anderes Equipment bevorzugen, als den D.I. Out eines Class-D Amps. Ich kann deshalb auch verstehen, wieso Epifani diesem Thema vielleicht keine sonderlich große Bedeutung zumisst. Dennoch muss ich hier einen vollen Stern abziehen, so sympathisch mir die beiden Piccolos in Sound und Ausstattung auch waren!

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • kompakter, präsenter Ton
  • sinnvolle Features
  • praxisorientiertes Konzept
  • gutes Design und gute Anordnung der Bedienelemente
  • regelbarer Effektweg
  • gute Wirkungsweise Mid Cut
Contra
  • recht hohes Grundrauschen
  • Wirkung Vintage-Schalter
Artikelbild
Epifani Piccolo 333/555 Test
Für 579,00€ bei
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Epifani
  • Modell: Piccolo 333/555
  • Herstellungsland: Assembled in USA, Rest unbekannt
  • B x T x H: 28,5 x 25,4 x 7,6 cm
  • Gewicht: ca. 2 kg
  • Leistung: 350 Watt an 4 Ohm (Piccolo 333) / 550 Watt an 4 Ohm (Piccolo 555)
  • Bässe, Mitte, Höhen, regelbarer Mid Cut, schaltbarer Vintage-Sound
  • regelbarer Effektweg
  • Tuner Out
  • D.I. Out
  • Preis: 599,- Euro Piccolo 333 / 799,- Euro Piccolo 555 (Ladenpreis im März 2018)
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