Dreadbox Nyx Test

Der Nyx ist ein paraphoner Desktop-Analogsynthesizer der Firma Dreadbox, die seit einigen Jahren mit beweist, dass unter der Sonne Griechenlands hochwertige und wohlklingende Synthesizer gedeihen können. Mit den in Athen handgefertigten Instrumenten wie dem Erebus und dem Hades feierte Dreadbox große Erfolge und scheint derzeit nicht zu bremsen: Neben dem hier getesteten Nyx zählen auch der polyphone Abyss und der vor kurzem angekündigte Medusa zu den Neuheiten aus Hellas.

Der Dreadbox Nyx ist ein zweistimmig paraphoner, analoger Desktop Synth.


Der Dreadbox Nyx hebt sich aus der Masse der aktuellen, analogen Monosynths mit seiner zweistimmigen Paraphonie mit Dual-Filter-Konzept, einem vielseitigen Modulations-Steckfeld mit interessanten Routing-Optionen und einigen Extras wie einem integrierten Reverb hervor. Das alles steckt in einem kompakten Desktop-Gehäuse, das in jedem Setup noch einen Platz findet. Die wichtigste Frage ist aber natürlich: Wie klingt er denn? Wir haben den Desktop-Synth für euch getestet.

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Details

Äußeres

Sofort merkt man dem Nyx an, dass er von Hand gefertigt wird. Hochwertige Holz-Seitenteile mit einem grünlichen Finish umrahmen das robuste Aluminium-Gehäuse. Es ist sehr erfreulich, dass Dreadbox dem Nyx trotz seiner transportablen Taschenbuch-Größe (225 x 160 x 75 mm) griffige Drehpotis für wichtige Parameter wie Filter oder Master-Volume spendiert hat und einem nicht wie einige andere Hersteller von Kompakt-Synths mit kleinen, nah beieinander liegenden Potis die Freude am Sounds schrauben verdirbt. Durch die großzügig dimensionierten Drehregler mussten allerdings an anderen Ecken Kompromisse gemacht werden. So erinnern beispielsweise die eingebauten Mini-Fader an die etwas wackeligen der Roland Boutique-Serie. Insgesamt machen Gehäuse und Verarbeitung des Nyx aber einen sehr soliden ersten Eindruck.

Fotostrecke: 6 Bilder Der Dreadbox Nyx wird in Athen von Hand gefertigt.

Bedienfeld und Klangerzeugung

Der technische Aufbau und das Bedienkonzept des Nyx weisen im Vergleich zu vielen anderen Analogsynthesizern einige Besonderheiten auf, auch wenn die grundsätzliche Klangerzeugung konventionell und nachvollziehbar ist. Die Basis bilden zwei Oszillatoren, deren Glide separat via Fader geregelt werden kann. Mittels Kippschalter lassen sich Fußlagen und Wellenformen festlegen. OSC 1 bietet Pulse (mit einstellbarer Pulsweite) und Sägezahn in den Fußlagen 32”-8”, OSC 2 liefert Dreieck oder Sägezahn in 16”-4” – für die Sub-Bässe ist also eher Oszillator 1 prädestiniert. Die beiden Oszillatoren des Dreadbox arbeiten paraphon, lassen sich also zweistimmig ansteuern, während der Rest des Signalwegs nur einmal und nicht wie bei einem echten polyphonen Synth mehrfach vorhanden ist. Wenn eine einzelne Note gespielt wird, werden beide Oszillatoren gleichzeitig angesprochen. Werden zwei verschiedene Töne gespielt, teilen sich die Oszillatoren auf beide Stimmen auf, was zweistimmige Voicings ermöglicht und dem Nyx einen Hauch von Polyphonie verleiht. Um den Synth vom paraphonen in den Unison-Modus zu setzen, muss er aufgeschraubt werden: Im Inneren des Gerätes befindet sich ein entsprechender Dip-Schalter. Das ist natürlich nicht besonders praktisch, denn manchmal würde man die Paraphonie schon gern deaktivieren, um beim Spielen von monophonen Lines nicht aufpassen zu müssen, dass der Synth nicht in die Zweistimmigkeit rutscht, wenn man kurzzeitig zwei Tasten trifft. Eine besser zugängliche Umschaltmöglichkeit wie etwa beim Moog Sub 37 wäre hier also wünschenswert.
Mit Level-Fadern wird zwischen OSC1 und OSC2 gemixt, außerdem können beide Oszillatoren sowohl gesynct als auch OSC2 mittels Detune-Fader gegen OSC1 verstimmt werden. Zusätzlich gibt es einen globalen „Tune“-Poti für den Basis-Pitch beider Oszillatoren. Ein speziell für die Oszillatoren zuständiger Vibrato-LFO komplettiert das OSC-Panel, welches sich wie die anderen Sektionen durch eine weiße Umrahmung optisch absetzt.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Bedienfeld ist gut bestückt – an Knöpfen mangelt es dem Nyx nicht!

Die VCA-Hüllkurve unter dem großen Master-Level-Regler wird als „Modulator“ bezeichnet und ist ausgestattet mit Fadern für Rise und Fall sowie Kippschaltern für Hold und LFO On/Off. Diese Struktur und Beschriftung entspricht dem Grundkonzept, wie beim Nyx mit Modulationen und Hüllkurven umgegangen wird. Die Modulatoren lassen sich jeweils als ein Paket aus Envelope und LFO verstehen. Betrachtet man sie als einfache Hüllkurven, stehen Rise/Fall für Attack/Decay, während am Level-Fader der Filter-Modulatoren der VCF-Envelope-Amount geregelt wird. Bei Betätigung des Hold-Schalters mutiert der Decay- zum Release-Fader. Aktiviert man am Kippschalter den LFO-Modus, wird die Hüllkurve geloopt und somit zum LFO, da sie jetzt permanent neu angetriggert wird. Die LFO-Wellenform lässt sich nun anhand der Rise/Fall-Regler festlegen. Je sanfter der Attack, also “Rise”, desto eher geht es hier in Richtung welligem Sinus-LFO, der Release bzw. „Fall“-Regler bestimmt, wann die Wellenform „zu Ende“ ist und von neuem gestartet wird – und kontrolliert somit die Geschwindigkeit des LFO.
Neben dem Amp-Modulator gibt es noch 2 weitere Modulatoren in der Filter-Sektion, einen mit mittlerer und einen mit hoher Speed Range. Ein ausgeklügeltes System, das aber mächtig Spaß macht, sobald man es durchstiegen hat.
Ähnliches gilt für das Dual Filter des Dreadbox. Es sind zwei 12dB-Filter verbaut. Am Cutoff-Poti werden beide Filter gleichzeitig reguliert, am Post-Fader ist Filter 2 separat kontrollierbar. Die genauen Funktionsweisen und Signalquellen der Filter werden in der Routing-Sektion festgelegt. Unter anderem besteht die Wahl zwischen Low Pass und High Pass Filter, die beiden Filter können seriell oder parallel arbeiten und beispielsweise auch zu einer 24db/Okt-Filterung kombiniert werden.
Ebenfalls vielseitig auswählbar ist das Routing der beiden VCOs auf die Filter. Sie können unter anderem beide auf das gleiche VCF, auf jeweils unterschiedliche Filter oder auch direkt an den VCA geschickt werden. Schließlich lässt sich am „Mod Root“-Wahlschalter dann noch das Routing der Modulatoren/Hüllkurven auf die beiden Filter festlegen. Verschiedene Routing-Szenarien sind in der sehr fokussierten und übersichtichen Bedienungsanleitung aufgeführt und versprechen eine große Klangvielfalt.
Weil nach all diesen vielversprechenden Features immer noch Platz auf dem Bedienpanel des Desktop-Synths war, hat Dreadbox dem Nyx einen (digitalen) On-Board-Reverb spendiert, der an die Technologie des Bodentreters „Crazy Tube Circuits Splash MKIII“ angelehnt sein soll und in Time, Decay und Mix editierbar ist. Damit steckt in dem kleinen Kasten eine überraschend komplexe, vielseitige Klangerzeugung, die eine große Klangvielfalt hervorbringen kann. Ein Wermutstropfen ist aber, dass auf einen Noise Generator verzichtet wurde, der dem Nyx die Welt der Percussion-Sounds eröffnet hätte.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Routing-Optionen der Oszillatoren sind vielseitig.

Anschlüsse

Der Dreadbox Nyx ist zwar verhältnismäßig klein und transportabel, dennoch wurde nicht auf ein ausgewachsenes Patchfeld verzichtet. Es ermöglicht die Verbindung des Nyx mit externen Geräten wie Synthesizern/Euroracks oder Controllern auf verschiedenen Ebenen (u.a. CV/Gate, VCF, VCA, VCO-Pitch, Modulation). Für VCO2 und Modulator 2 gibt es sogar jeweils einen Attenuator. Natürlich sind neben der Verbindung mit externen Gerätschaften auch interne Patches möglich, was die Modulationsmöglichkeiten sehr vielseitig macht. Zwei kurze Patchkabel liegen bei.
Der Audio-Eingang wirkt leider nur auf den eingebauten Reverb, das Filter wird in Theorie und Praxis nicht angesteuert. Das ist sehr schade, denn mit seiner interessanten Filterstruktur würde sich der Nyx eigentlich wunderbar als flexible Filterbank für externe Signale anbieten. Direkt neben dem Audio-Input findet man auch den 6,5 mm Klinken Mono-Out und ich freue mich abermals, dass Dreadbox sich hier nicht (wie manch andere Miniatur-Synth-Bauer) mit Mini-Klinkenanschlüssen zufrieden gegeben haben.
In Sachen MIDI bleiben Dreadbox ihrer Linie treu und verzichten auf einen USB-Port. Stattdessen gibt es einen herkömmlichen MIDI In und erfreulicherweise auch eine Thru-Buchse, auf die man bei Erebus und Hades noch verzichten musste. Damit lässt sich der Analog-Synth unkompliziert in die moderne Live/Studio-Umgebung einbinden. Er ist nicht mit Batterie betreibbar und auch einen Power-Schalter gibt es nicht – wenn das Kabel des mitgelieferten Netzteils eingesteckt ist, ist der Synth eingeschaltet. Die Rückseite des Nyx ist also recht überschaubar ausgestattet, lässt mich aber nichts so wirklich vermissen – außer vielleicht einen separaten Kopfhörer-Anschluss.

Praxis

Beim ersten Anschließen des Dreadbox Nyx bin ich angenehm überrascht. Der Grundklang des Nyx erscheint mir druckvoll, klar und eigen. Das Filter schmatzt selbst bei herunter gedrehter Resonanz ordentlich, als wäre von Grund auf ein gutes Stück „Basis-Resonanz“ vorhanden. Das verleiht dem Nyx logischerweise auch einen recht mittigen Grundsound, was mich persönlich aber nicht stört und ihn klanglich von anderen Synths absetzt. Durch Detune-Fader und Vibrato lassen sich im Handumdrehen schöne Farben in Melodie- und Bass-Sounds bringen. Leider gibt es keine Möglichkeit, das Level des Vibrato-LFOs auf das Mod Wheel des Controllers zu legen und somit im Live-Workflow gezielte Stellen punktuell mit Vibrato zu versorgen. Dreht man das Filter voll auf, findet außerdem eine hörbare Kompression/Sättigung statt. Ungewollt große Level-Unterschiede bei Filterfahrten sind also nicht zu erwarten.

Audio Samples
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Bass Filter (Pulse + Triangle)

Das Filter begibt sich bei aufgedrehter Resonanz angenehm in die Selbstoszillation. Für Filter Tracking gibt es kein Bedienelement, es lässt sich aber über die Patchverbindung CV Out an VCF In realisieren (ist dann aber ohne einen externen Abschwächer nicht regelbar).

Kick Drum-Sounds fehlt, vermutlich im Zusammenhang mit dem besonderen Hüllkurven-Konzept, die nötige Knackigkeit.

 An Snare und Percussion ist aufgrund des fehlenden Noise Generators nicht zu denken, auch wenn „Modulator 2“ im Grunde recht schnell und präzise arbeitet. Percussionartige Lead-Sounds funktionieren hingegen sehr gut.

Audio Samples
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Bass Lick mit Percussion

Auch im LFO-Modus machen die Modulatoren eine gute Figur. Gerade durch die verschiedenen Routing-Möglichkeiten von VCOs und Filter können Layer-Sounds entstehen, die rein technisch bei vielen anderen Analogsynthesizern gar nicht möglich sind. Ich habe beispielsweise die Oszillatoren separat an jeweils einen Filter geschickt, den tiefen Oszillator recht stark gefiltert und den hohen mit einem LFO versehen. Heraus kommt eine lebendige und dennoch druckvolle Bass-Lead-Synthese.

Audio Samples
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Filter Split LFO

Die gleichzeitige Verwendung von VCA- und VCF-LFO ermöglicht außerdem interessante rhythmische Verschiebungen und sequenzerartige Pattern, auch wenn ja eigentlich kein Sequenzer an Bord ist. Durch die Paraphonie können diese Pattern dann auch noch Harmonien andeuten.

Audio Samples
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LFO Pattern

Aber auch „echte“ Sequenzen können mithilfe der Patchbay erzeugt werden, indem externes Equipment zur Hilfe geholt wird. Durch CV/Gate können hier auch Sequenzer älteren Datums zum Einsatz kommen.

Audio Samples
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VCF Sequenz

Als wahres Wunderkind entpuppt der sich der Reverb. Nach kurzer Zeit ist klar, dass ich die Pedal-Version dieses Effektes unbedingt besitzen muss. Träumerische Lead-Melodien mit VCO-Glide erhalten eine angenehme Weite, aber auch Drones und Atmosphäre sind dem „Splash MK3“ keine Fremdwörter. Bei aufgedrehten Reglern mündet er sogar in eine Art Endlos-Hall, was aber bei zu viel Signal-Input leider auch zu vereinzelten digitalen Clippings führt.

Audio Samples
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Reverb Glide Lead Reverb Drone

Wie auch beim Original-Bodentreter ist aufgrund des fehlenden Stereo-Outs kein Stereo-Reverb möglich. Der Hall kann aber mit externen Signalen gespeist werden. Dies ist leider nicht mit dem Filter möglich, was mich dann doch ein wenig enttäuscht. Ich suche nach Lösungen und muss aufgeben: In der schematischen Darstellung in der Anleitung wird deutlich, dass der Audio Input lediglich dem Reverb zugeführt wird. Hier lässt der Nyx Punkte liegen, denn die fehlende Möglichkeit zum Filtern externer Signale überrascht angesichts der ansonsten vielfältigen Routing-Optionen doch etwas. 

Fazit

Der Dreadbox Nyx ist ein kompakter, gut verarbeiteter, analoger Desktop Synthesizer mit einigen unkonventionellen Features und Bedienkonzepten. Die nicht alltägliche, zweistimmig paraphone Struktur und die vielseitigen Routing-Optionen ermöglichen einige Sounds, die mit anderen Synthesizern nicht erreichbar sind. Allerdings mussten dafür elementare Werkzeuge wie etwa ein Noise Generator oder Arpeggiator weichen. Der Nyx ist somit kein weiterer Standard-Synth mit solidem Grundsound, sondern viel mehr ein Avantgardist und Andersdenker, der seinen Nutzer im Idealfall neue Orte der Analog-Synthese erforschen lässt. Kleine Schönheitsfehler wie digitales Clippen beim (ansonsten wunderbaren) Reverb oder ein fehlender externer VCF-Input trüben das Bild ein wenig und lassen den Preis für den Paraphoniker insgesamt recht mutig erscheinen. Unter dem Strich bleibt jedoch, dass Dreadbox mit dem Nyx der nächste eigenwillige und gut klingende Analogsynth gelungen ist, und so unterstreicht die junge griechische Firma einmal mehr, dass sie derzeit zu den Vordenkern der neuen analogen Revolution gehört.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • sehr guter Grundklang
  • interessantes Konzept
  • vielseitige Filter- und VCO-Routings
  • Steckfeld für Modulationen und Einbindung in modulare Systeme
  • gute Verarbeitung
  • atmosphärischer Reverb
Contra
  • externer Audio Input nur für Reverb (nicht Filter)
  • Vibrato-LFO nicht via Mod Wheel steuerbar
  • kein Noise Generator
  • digitales Clippen bei Endlos-Reverb
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Dreadbox Nyx Test
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