Boss BB-1X Bass Driver Test

Der Boss BB-1X soll Stompbox, Vorverstärker, Equalizer und DI-Box in einem Gehäuse vereinen – und das im altbekannten handlichen Boss-Bodentreterformat! Bei ihrem neuen Zögling haben es sich die Boss-Entwickler zur Aufgabe gemacht, Bassisten den Arbeitsalltag zu erleichtern, damit diese sich auf das konzentrieren können, worauf es ankommt: das Bassspielen!


Klingt doch auf den ersten Blick nicht verkehrt, oder? Aber ist die Kombination dieser Vielzahl verschiedener Eigenschaften nicht ein etwas zu hoch gestecktes Ziel, an dem man als Company zwangsläufig scheitern muss? Da schauen wir dem kleinen Treter doch gerne mal etwas genauer unter die Motorhaube …

Details

Zum altbekannten und wahrscheinlich millionenfach bewährten Bodentreterformat von Boss braucht man wohl keine großen Worte zu verlieren. Das Druckguss-Gehäuse wurde im Falle des BB-1X mit einer schicken dunkelblauen Sparkle-Lackierung versehen. Das Druckfeld, auf das man mit dem Fuß tritt, um das Pedal zu aktivieren, verfügt über eine rutschfeste Gummiauflage – ebenso wie die Unterseite des Gehäuses. Die Schaltzentrale des Bass Drivers mit ihren fünf Reglern ist komplett verchromt, was sehr edel aussieht. Ganz links befindet sich ein doppelstöckiger Regler. Der obere Ring ist für die Gesamtlautstärke des Pedals zuständig, der darunter liegende für das stufenlos mischbare Verhältnis des cleanen und des Effektsignals. Rechts daneben liegt der Regler für den Bassbereich, gefolgt vom Höhenpoti, und last, but not least dem Drive-Regler, mit dem sich der Grad der Verzerrung einstellen lässt.

Fotostrecke: 2 Bilder Dunkelblaue Sparkle-Lackierung und verchromtes Bedienfeld – ziemlich schick

Auf der hinteren Seite finden wir den Eingang für einen 9V-Boss PSA-Adapter und rechts den Klinkeneingang. Linksseitig befinden sich der übliche Klinkenausgang sowie direkt daneben der symmetrische Line-Ausgang – ausgelegt als Stereoklinkenbuchse. Wie bereits erwähnt, kann der BB-1X Bass Driver auch als DI-Box auf der Bühne oder im Studio genutzt werden, um damit beispielsweise ein Mischpult zu speisen. Falls der Treter klanglich zu halten vermag, was die Vorschusslorbeeren im Internet versprechen, wäre das ein sinnvolles Feature, zumal der Line-Ausgang laut Hersteller speziell für den Bass Driver in Sachen Klangqualität und -direktheit überarbeitet wurde. Allerdings ist es angesichts einer solchen Akribie fast schon schade, dass man nicht gleich in einen XLR-Ausgang investiert hat. Doch das mag natürlich auch ganz einfach nur Platzgründe haben, denn ein XLR-Stecker ist ja viel größer als ein Klinkenstecker.

Fotostrecke: 3 Bilder Auf der Ru00fcckseite sitzt der Anschluss fu00fcr ein externes Netzteil

Möchte man den Bass Driver mit Batterie betreiben, so lässt die Helligkeit einer kleinen roten LED auf der Stirn des Pedals Rückschlüsse über die verbleibende Lebensdauer des Saftspenders zu. Dabei finde ich es klasse, dass dieses Feature so angelegt wurde, dass ERST die LED aufhört zu leuchten, und dann die Batterie den Geist aufgibt! Die Lebensdauer eines 9V-Blocks von durchschnittlicher Qualität wird mit ca. sechs Stunden angegeben. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, investiert daher besser sofort auch in ein entsprechendes Netzteil. Sinnvoll ist es in diesem Zusammenhang übrigens, trotz Netzteil eine nicht zu alte Batterie immer im Pedal zu lassen. Falls nämlich im Eifer des Bühnengefechts mal jemand versehentlich über das Kabel stolpert, kann die Batterie sofort die Versorgung des Pedals übernehmen und es herrscht nicht plötzlich Stille in der Bassanlage – und Erstaunen in den Gesichtern aller Beteiligten!
Muss der 9V-Block doch einmal getauscht werden, wird einem dieser Schritt wie gewohnt von Boss sehr leicht gemacht: Einfach die kleine Rändelschraube an der Vorderseite des Pedals lösen, dann schnappt einem das Gehäusefach irgendwann durch eine innen liegende Feder entgegen und man hat Zugriff auf das Innenleben.

Fotostrecke: 3 Bilder Wie u00fcblich bei Boss-Pedalen: vorne befindet sich eine kleine Ru00e4ndelschraube…

Apropos Innenleben: Auch tief verborgen im Inneren des Gehäuses hat sich viel getan. Der Bass Driver gehört einer neuen Generation von Boss-Pedalen an, die mit MDP-Technologie ausgestattet sind. Hinter dieser Abkürzung, die für “Multi-Dimensional Processing” steht, steckt eine innovative firmeneigene Entwicklung. Das Signal, welches das Pedal durchläuft, wird intern in mehrere Bestandteile aufgesplittet: die sogenannten “Dimensionen”. Das Gerät analysiert und ordnet diese Bestandteile hinsichtlich der verwendeten Frequenzen und Dynamik und passt den Effektanteil automatisch vollkommen individuell an die Gegebenheiten an. In gewisser Hinsicht hat man es also bei einem MDP-Gerät mit mehreren unterschiedlich arbeitenden Geräten in einem Gehäuse zu tun. Spannend! Wie sich dies im Spiel bemerkbar macht, werden wir hoffentlich gleich erfahren.

Wollt ihr wissen, wie der BB-1X klingt? Dann einfach weiterlesen…

Praxis

Dann wollen wir doch sofort mal checken, wie sich das BB-1X in der Praxis schlägt. Generell muss ich gestehen, dass ich nicht wirklich auf konzentrische Regler stehe. Im Eifer des Gefechts auf der dunklen Bühne läuft man letztlich doch immer Gefahr, das nicht gemeinte Poti aus Versehen mit zu bewegen. Fairerweise muss man aber sagen, dass ein fünfter individueller Regler wahrscheinlich auf der doch recht knapp bemessenen Bedienfläche des Pedals keinen Platz mehr gefunden hätte, was nichts anderes bedeutet, als dass man wohl oder übel mit der Lösung leben muss, dass sich Level- und Blend Control dieselbe Achse teilen.
Der Bass Driver BB-1X soll ja tatsächlich für Bassisten so etwas wie eine “eierlegende Wollmilchsau” sein und Stompbox, Preamp, Equalizer und DI-Box in einem Gerät kombinieren. Zunächst entschließe ich mich daher, den Boss als reinen (Clean-)Vorverstärker zu benutzen, um das Signal meines geliebten 63er Jazz-Basses aufzupeppen. Nachfolgend hört ihr das reine unbearbeitete Basssignal des Fenders, ohne Umwege in meine Avid M-Box gespielt. Da es bei den folgenden Klangbeispielen um zum Teil sehr feine klangliche Details geht, habe ich bei diesem Test übrigens auf Backings verzichtet. Beim Abhören Kopfhörer zu verwenden, kann darüber hinaus durchaus hilfreich sein!

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Jazz Bass Clean

Hm, das klingt irgendwie schon ok, aber auch noch ein wenig eindimensional und langweilig – eben so, wie ein Instrument klingt, wenn man es direkt und ohne Umweg über einen Channel Strip oder einen Preamp in ein Audio Interface steckt. Schauen wir also, was passiert, wenn ich den BB-1X aktiviere. Dazu drehe ich den Blend-Regler auf 100%, denn wir wollen ja das reine Effektsignal hören. Der Drive-Regler bleibt zu und lediglich der Bass- und Höhenregler werden bewegt. Da das Effektsignal mit den Potis in 12-Uhr-Stellung dem cleanen Signal entspricht, drehe ich beide auf ca. 3 Uhr. Da Bewegungen der Regler auch zwangsläufig mit Veränderungen der Lautstärke einhergehen, muss ich den Level-Regler nun leicht zurücknehmen.

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BB-1X ohne Drive, EQ-Potis auf ca. 3 Uhr

Das ist ja wirklich ein himmelweiter Unterschied! Die leichte Topfigkeit aus dem ersten Klangbeispiel ist einem direkten, klaren Basssignal mit viel Punch und perligen Höhen gewichen. Schauen wir, was passiert, wenn ich beide EQ-Regler voll aufdrehe.

Audio Samples
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BB-1X ohne Drive, EQ-Potis auf 100%

Wow, fantastisch! Zur Erinnerung: Wir haben es hier mit einem Vollanschlag der beiden EQ-Regler zu tun! Das Signal bleibt jedoch frei von Zirpen, Rauschen, Wummern im Bassbereich oder Zisseln in den Höhen. Die MDP-Technologie scheint also in der Tat mehr als Voodoo zu sein, denn das Signal bleibt absolut brauchbar, berechenbar und – im positiven Sinne – vorhersehbar.
Als Vorverstärker mit EQ zur generellen Klangaufwertung eignet sich der BB-1X also schon mal vorzüglich. Um vollends als sehr wandlungsfähiger Preamp durchzugehen, wäre vielleicht noch ein Mittenregler vonnöten gewesen – am besten sogar mit Semiparametrik – doch erstens hätten wir dann wieder das schon angesprochene Platzproblem (“Wohin mit den vielen Reglern?”) und zweitens ist dies ja auch nicht das einzige Einsatzgebiet des BB-1X.
Übrigens zeigt sich bei meinen ersten Versuchen auch ein weiterer prädestinierter Einsatzbereich: die Benutzung als Booster. Je weiter ich nämlich die EQ-Regler aufdrehe, desto mehr muss ich den Level-Regler zurücknehmen. Wer das gegenteilige Ergebnis wünscht, der lässt den Volumenregler einfach in der Anfangsstellung oder dreht ihn sogar noch weiter auf. Das ist zum Beispiel ideal für ein Bass-Spotlight mitten in einem Song.
Hören wir uns als nächstes an, welche Klänge man aus dem Bass Driver herauskitzeln kann, wenn man eine weitere wesentliche Komponente ins Spiel bringt: den Drive-Regler. Hierzu bediene ich mich eines neuen Riffs auf dem Jazz Bass, gespielt nur auf dem Halstonabnehmer. Das Bassriff entstammt übrigens dem Song “Mojo Town” des britischen Hardrock-Dinosauriers U.F.O., auf dessen Album “Seven Deadly” ich mich vor einigen Jahren bassistisch verewigen durfte. Damit ihr wisst, wie diese Bassline ohne den Boss klingt, hier zunächst die cleane Version, wieder direkt ins Interface gespielt:

Audio Samples
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Jazz Bass Rock clean
Wow, der BB-1X konnte als Multitalent im Test voll überzeugen

Nun hole ich aber schnell den Boss zurück ins Klanggeschehen! Hierzu pegele ich die beiden EQ-Potis auf ein normaleres Maß zurück (ca. 1-2 Uhr) und bringe die Verzerrung zunächst auf ca. 9 Uhr noch eher zurückhaltend ins Spiel:

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BB-1X mit Drive auf 9 Uhr

Herrlich bitterböser Bass dringt an mein Ohr! Ich finde, in dieser Einstellung klingt der BB-1X nicht wie ein Verzerrer-Pedal, sondern eher wie ein abgenommener crunchy Röhrenamp mit butterweichen und warmen Overdrive-Zerranteilen. So ein Sound ist im höchsten Maße praxistauglich – im Grunde kann man den Treter einfach während des gesamten Sets anlassen und kann sich eines röhrenähnlichen Tons erfreuen, auch wenn man nur einen Transistoramp sein Eigen nennt!
Aber spielen wir das Spielchen doch noch etwas weiter: Im nächsten Klangbeispiel hört ihr den Drive-Regler auf 12 Uhr, die EQ-Regler haben wieder das vorherige Setting:

Audio Samples
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BB-1X mit Drive auf 12 Uhr

Die Richtung ist klar: Hier wird es richtig rockig, wobei das Signal in keiner Weise zu verwässern oder zu mulmen droht. Bei solch einem Livesound in der Rockband sollten einem gute Kritiken sicher sein!
Take it to the max: Im nächsten Beispiel präsentiere ich euch den Drive-Regler im Vollanschlag.

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BB-1X mit Drive auf Vollanschlag

Ok, das ist jetzt aber der Hammer! Spätestens an diesem Punkt wird klar, dass der BB-1X ebenso gut als Stompbox eingesetzt werden kann, als reines Effektpedal und eben nicht nur als Vorverstärker. Der Sound, den der Bass Driver in dieser Einstellung produziert, hat nun nichts mehr mit angenehmer, sahniger Röhrenverzerrung zu tun. Das sind schon waschechte Distortion-Klänge, die ja obendrein auch noch mit dem EQ in verschiedene Richtungen gelenkt werden können. Einmal mehr bin ich baff angesichts einer derartigen Vielseitigkeit! Und selbst in dieser extremen Einstellung matscht der Bass Drive kein bisschen. Töne und Rhythmus sind nach wie vor eindeutig hörbar – der Begriff “saubere Verzerrung” kommt mir in den Sinn. Langsam aber sicher habe ich wirklich das Gefühl, mit dem BB-1X braucht man sich vor keinem Sansamp, keinem Bass-Zerrpedal und keinem Amp-Plugin zu fürchten!
Nun haben wir ja bereits mehrere denkbare Einsatzgebiete des neuen Boss-Pedals ausgelotet. Was uns noch fehlt, sind jedoch die feinen Nuancen, die sich ergeben, wenn man den Blend-Regler hinzunimmt. Wie erwähnt können hier die Anteile des originalen und des Effektsignals zu beliebigen Anteilen gemischt werden. Zu diesem Zweck versuche ich, einen waschechten James Jamerson-/Motown-Basssound nachzubauen – die Reise soll also ein wenig in Richtung Ampeg B-15 gehen. Klar, dass hier die ultraharte Verzerrung von eben völlig fehl am Platz wäre. Ein bisschen Röhrenwärme hingegen würde ganz gut passen. Gleichzeitig brauche ich aber auch den ultratiefen, aber doch aufgeräumten Punch. Mit einem “Hybriden” aus dem originalen und dem Effektsound sollte man ein entsprechendes Ergebnis eigentlich hinbekommen. Und tatsächlich: Mit dieser folgenden Einstellung hat es ganz gut geklappt, wie ich finde. (Als Saitendämpfer an der Bridge fungierten übrigens zwei Babysöckchen meiner sieben Monate alten Tochter!)

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BB-1X mit Drive auf 10 Uhr, Blend auf 12 Uhr, Bass 100%, High auf 8 Uhr

Zuletzt probiere ich noch, einen runden Allround-Popsound zu kreieren. Auch dies ist kein Problem für den Boss Bass Driver. Hier die Einstellungen:

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BB-1X mit Blend 11 Uhr, Low 1 Uhr, High 10 Uhr, Drive 12 Uhr

Fazit

Es passiert nicht alle Tage, dass ich wirklich restlos begeistert von einem Effektpedal bin! “Das ‘1X’ im Namen steht für Premium-Design, Premium-Sound und Premium-Spielgefühl”, heißt es im Produktinfo auf der deutschen Roland/Boss-Homepage. Dem kann ich nur zustimmen: Dieser Bass Driver hält, was die Vorschusslorbeeren im Netz versprachen! Er ist in der Tat ein kleines Wunderwerkzeug für den harten Bassisten-Arbeitsalltag und vereint gekonnt diverse Eigenschaften gleich mehrerer Geräte. Als (Röhren-)Vorverstärker, Zerrpedal, Equalizer, DI-Box und als Booster schindet er richtig Eindruck!
Mit einem Preis von 168 Euro (UVP) ist der Boss BB-1X zwar deutlich teurer als die meisten anderen Boss-Pedale im gleichen Format. Doch seine Wandelbarkeit und seine Souveränität in einer Vielzahl stilistischer Einsatzgebiete rechtfertigen diesen Preis nicht nur – sie lassen ihn geradezu günstig erscheinen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr gute Klangqualität durch neue MDP-Technologie
  • sehr flexibel in verschiedenen Einsatzgebieten
  • geringes Gewicht und Maße
  • gute Verarbeitung
  • Batterie- und Netzbetrieb
  • sehr gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • Gefahr, beim Doppelstock-Regler das falsche Poti mitzudrehen
  • kein Mittenregler beim EQ
Artikelbild
Boss BB-1X Bass Driver Test
Für 179,00€ bei
Wirklich beeindruckend, welche Möglichkeiten dieser kompakte Treter bietet!
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Boss
  • Modell: BB-1X Bass Driver
  • Regler: Level, Blend, Low, High, Drive
  • Schalter: On/Off
  • Ein-/Ausgänge: Input, Output, Line Out (Klinke), Netzteil
  • Stromversorgung: 9V-Batterie oder Netz
  • Größe: 59 x 73 x 129 mm (H x B x T)
  • Gewicht: 450 g
  • Preis: UVP 168,- Euro
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Mike sagt:

#1 - 25.03.2015 um 01:24 Uhr

0

Da ich schon jahre jetzt den ODB-3 benutze und er für meinen Geschmack immer noch der Beste ist , hätte ich mir einen Vergleich zum BB-1X gewünscht. Die beiden haben ja schon einen erheblichen Preisunterschied. Und optisch ist ja nur der Line Out beim BB-1X zu erkennen. Schiebt doch da mal was nach, würde Sinn machen !

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