Avid Pro Tools 12 (HD) Test

Praxis

Der erste Eindruck

Pro Tools 12 ist von Version 11 optisch nicht zu unterscheiden. Insgesamt ist das Look and Feel unverändert, den Unterschied machen die Funktionen. Während meiner Testphase von etwa einer Woche konnte ich aber keine bemerkenswerten Unterschiede zwischen Pro Tools 11 und 12 feststellen. Auch die vielgescholtene Video Engine lief in beiden Programmen ohne größere Schwierigkeiten. Für mich hat sich schon in der Arbeit mit Pro Tools 11 herausgestellt, dass eine Minimal-Ausstattung mit vier Gigabyte RAM für den Einsatz der Video Engine zu wenig ist. Das hat sich auch mit Pro Tools 12 nicht verändert. Auf anderem Gebiet scheint aber der Leistungsbedarf ein wenig gestiegen zu sein, denn mein guter alter Mac mini von 2009 schafft es nicht mehr, Pro Tools 12 zu starten, was ihm mit Version 11 gerade noch gelingt. Zum Arbeiten sind solche alten Maschinen mit Core 2 Duo Prozessoren aber schon seit Avid Pro Tools 11 nicht mehr zu empfehlen.

Upps... Das sollte nicht passieren!
Upps… Das sollte nicht passieren!

Der zweite Eindruck

Mein zweiter Blick auf das Programm fällt etwas persönlicher aus. Ich benutze seit knapp 20 Jahren Pro Tools HD, das anfänglich natürlich noch nicht so hieß. Aber: Es war immer ein professionelles Produkt zu einem Profi-Preis. Und das ist es auch heute noch. Allerdings mit einer Einschränkung: Neue Features für Pro Tools HD sind in Pro Tools 12 bisher Mangelware – und das, obwohl die HD-Nutzer erheblich mehr für ihre Lizenz zahlen. Zu den HD-exklusiven Features gehören mittlerweile vorwiegend Surround-Mixing und der bessere Umgang mit Video (mehrere Tracks, Playlists, einfacher Videoschnitt). Wie ich hörte, soll es bald auch wieder ein Upgrade geben, das den HD-Usern neue Features spendiert. Ich bin gespannt…
Zum persönlichen Eindruck gehört aber auch die Wahrnehmung des Pro-Tools-Systems als ganzes. Das von mir überwiegend benutze HD Native arbeitete sehr flüssig, das zweite Arbeitssystem mit einem Fireface 802 aber auch. Problem: Hätte ich keine HD-Hardware von Avid oder eine alte CPTK-Lizenz („Complete Production Toolkit“), hätte ich keine Möglichkeit, die HD-Software zu erwerben. Das kann im Alltag unpraktisch sein, etwa wenn man in einer Aufnahme-Session mehrere kurze Filme vertonen soll. Und das bedeutet vor allen Dingen: Wer das volle Pro-Tools-Paket möchte, kommt um die Anschaffung von Avid-Hardware nicht herum. Das war auch früher schon immer so. Mit Avid Pro Tools 9 dachte man, diese Hardware-Beschränkung würde vergehen, de facto ist sie jedoch geblieben. 
Die Ein- und Beschränkungen in Pro Tools fühlen sich aus meiner Sicht immer etwas „künstlich“ an, auch wenn ich verstehe, dass man zwischen der HD- und der Standard-Variante differenzieren muss. Beispiele gefällig? Nun, früher wurde immer gesagt, dass Pro Tools LE deshalb auf 32 Spuren beschränkt sei, weil ein Rechner nativ nicht mehr zustande bekäme. Das stimmte anfänglich sicherlich, zum Ende der Pro-Tools-LE-Phase war dieses Argument aber schon ziemlich lächerlich geworden. Erst mit Pro Tools 12 wurde Heat nativ, wenn auch nur für Pro Tools HD Native. Jahrelang vorher hatte es geheißen, dass der komplexe Heat-Algorithmus native Prozessoren überlaste und nur auf DSPs zu berechnen sei. Dann ging es doch, aber eben nur für Premium-Zahler. Schade nur, dass es seit geraumer Zeit gar nicht mehr für jeden möglich ist, in die Riege der Premium-Zahler aufzusteigen – zumindest nicht als Software-only Upgrade. 

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