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Audio-Technica AT5040 Test

Neue Mikrofone werden laufend vorgestellt, doch selten ist es wie beim Audio-Technica AT5040: Die absolute Besonderheit sind die vier verbauten rechteckigen Membranen. Nein, ich habe im letzten Satz nicht zwei Fehler hintereinander gemacht. Rechteckige Membran. Vier mal. Stimmt alles. Nun sind “nichtrunde” Mikrofonmembranen keine Weltneuheit, denn die Schweden von Milab und Pearlverwenden beide rechteckige Membranen, von Violet gibt es sogar eine “ohrförmige”… und Bändchen sind schließlich auch alles andere als rund.

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Dennoch hat das japanische Unternehmen hier einen “Unique Selling Point” geschaffen, denn die Kombination mehrerer rechteckiger Membranen zu einem Kondensatormikrofon mit fester Nierencharakteristik ist wirklich neu. Und wie man die zurückhaltend designenden und sehr “kühl-ingenieurig” wirkenden Audio-Technicas kennt, wird es sich dabei nicht um Augenwischerei handeln, nur um Aufmerksamkeit zu erlangen. Mit dem explizit als Gesangsmikrofon ausgewiesenen 5040 gibt es auch eine neue Serie im Programm des Herstellers, denn erstmalig gibt es eine Reihe, die mit 50 beginnt – dementsprechend ist das 5040 auch das momentan teuerste AT-Mikrofon.

Details

Koffer mit abgerundeten Ecken, Mikrofon mit eckiger Membran

Über Testgeräte freut man sich als Autor natürlich immer, bei Sonderlingen wie dem 5040 gilt das aber ganz besonders. Bei Audio-Technica Deutschland scheint man Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt zu haben, um uns so früh wie möglich ein Exemplar zukommen lassen zu können – vielen Dank dafür, denn wir waren wirklich sehr gespannt. Geliefert wird jedes 5040 in einem äußerst knuffigen Hartschalenkoffer, in dessen Inneren es jedoch sehr gediegen zugeht – und spartanisch: Dort findet man nebst dem eigentlichen Mikro eine passende Spinne namens AT8480 und die Dokumentation. 

Fotostrecke: 4 Bilder Miep-miep! Der knuffige Koffer für das Audio-Technica AT5040

Die “Eck”-Daten

Das fast 600 Gramm schwere, phantomgespeiste Mikrofon produziert 1% Harmonische bei 142 dB(SPL). Verblüffend ist das Eigenrauschen, welches mit schlanken 5 dB(A) angegeben wird – die Empfindlichkeit liegt bei enormen 56,2 mV/Pa. Da zeigen sich die Vorteile einer großen Membranfläche: 137 dB Signal-Störspannungsabstand muss man erst mal hinbekommen.

Fotostrecke: 4 Bilder Top-Ansicht des Audio-Technica AT5040

Der grafische Frequenzgang weist unter anderem eine kleine Absenkung kurz über 5 kHz auf, die sich bei etwa 8 kHz wieder bekrabbelt. Es gibt weitere leichte Unlinearitäten im Pegelfrequenzgang, aber will man das nicht, nimmt man bekanntlich lieber ein Kleinmembranmikro, möglichst sogar einen Druckempfänger. Die Ausgangsimpedanz beträgt nur 50 Ohm. Das bedeutet einerseits, dass nicht mit stark unterschiedlichem Frequenzgang an verschiedenen Preamps zu rechnen ist, aber eben auch, dass die Impedanzumschaltung, wie sie manche modernen Vorverstärker bieten, nicht so große Auswirkungen haben wird. Wie üblich bildet auch das AT5040 bei 1 kHz eine perfekte Nierencharakteristik, die darüber sehr stark richtend wird und selbst bei 200 Hz noch eher Breitnierencharakteristik denn Kugelform aufweist. Aufgrund des hochkant ausgerichteten Kapselarrays ist die vertikale Richtwirkung etwas größer als die horizontale, doch ist das hier weit weniger ausgeprägt als bei Milab und Pearl oder gar dem Kardioid-Ebenen-Mikrofon von Microtech-Gefell, das jeder aus dem Deutschen Bundestag kennt.

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Praxis

Dem Mutigen gehört die Welt

Zunächst muss man Audio-Technica ein gewaltiges Lob aussprechen: Es gehört viel (nicht zuletzt unternehmerischer) Mut dazu, den besonderen Weg zu suchen und sich nicht mit der x-ten Kopie der götzenhaft verehrten U 47, C12 und Konsorten aufzuhalten. Das AT5040 ist speziell. Es ist anders. Es ist neu. Neue Konzepte einer etablierten Firma, hurra! Allerdings ist das 5040 nicht der erste Ausreißer aus dem Einerlei an Mikrofonen, so überraschen ATM250DE und AE2500 beispielsweise mit einer Doppelkapsel mit sowohl dynamischem als auch Kondensator-Prinzip (und erinnert mich damit an das geniale Western Electric Model 639 mit seiner Bändchen-/DE-Tauchspulen-Kombination).

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Trotz und wegen der Rechteckform eine runde Sache

Das AT5040 ist speziell. Es ist anders. Es ist neu. Ihr habt diese Sätze weiter oben schon einmal gelesen? Richtig, doch diesmal beziehen sie sich nicht auf das Konzept, sondern auf den Klangcharakter – wie zu erwarten. Sofort hat man den Eindruck, es mit einem sehr hochwertigen Vocal-Mikrofon zu tun zu haben.

Audio Samples
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AT5040, 5 cm, 0 Grad AT5040, 5 cm, 45 Grad vertikal AT5040, 5 cm, 90 Grad vertikal AT5040, 5 cm, 45 Grad horizontal AT5040, 40 cm, 0 Grad AT5040, 40 cm, 45 Grad AT5040, 130 cm MA-201FET 5 cm, 0 Grad MA-201FET 5 cm, 45 Grad vertikal MA-201FET 40 cm

Das Mikrofon ist wirklich sehr schnell unterwegs, zeichnet die Texturierungen der Signale sehr gut und gibt Transienten ohne Wimpernzucken weiter, was man an Konsonanten, aber auch an Schmatzgeräuschen von Sängern gut nachvollziehen kann. Die Vierteilung der Membranfläche wirkt also behäbigem Verhalten entgegen. Auch die Rechteckform hat Vorteile, die sich im Fehlen der typischen modalen Verteilung auf einer kreisförmigen Membran äußert. Die parallele Einfassung der Rechteckmembran sorgt ihrerseits wieder für Frequenzen, die weniger bedämpft werden als andere, doch scheinen die Seitenverhältnisse hier schlau gewählt zu sein. Die Moden werden offenbar nicht über die vier Membranen im Spektrum so gleichmäßig gefächert wie möglich, denn diese sind alle exakt gleich groß. Überprüft man das Polar Pattern des AT5040 auf seine Rotationssymmetrie, wird deutlich, dass die vier Membranen nicht unterschiedlich abgestimmt und bedämpft zu sein scheinen. Erstaunlich ist der nur sehr geringe Nahbesprechungseffekt, der das Kondensatormikrofon auch bei geringsten Abständen nicht bassig zukleistert, sondern natürliche Intimität liefert. Bei einem Mikro wie dem 5040 wird wohl niemand ein Hochpassfilter zur Kompensation vermissen.

Fotostrecke: 6 Bilder Ein Pad-Switch hätte das schlichte Erscheinungsbild des AT5040 nicht beeinträchtigt

AT im absoluten Rauschverbot

Es ist schon fast erschreckend, wie wenig das AT5040 rauscht. Da macht es richtig Spaß, den Preamp mal richtig auszufahren und Werte weit jenseits von 60 dB aufzurufen. Es ist schön anzuhören, wenn in der Kompression die Rauminformationen mit hochkommen, nicht das Rauschen. Signale mit einer irren Dynamik aufzunehmen, ist wirklich eine Königsdisziplin für das japanische Kondensatormikrofon. Da es ja ganz klar als Vocal-Mike gelabelt ist, kann man also beispielsweise gerne die Sängerin erst flüsternah und mit fast wegbrechendem Ton in die Kapsel säuseln lassen und später mit vollem Organ das Mikrofon anbrüllen lassen, als sei es das Destillat allen Bösen, das es mit reiner Stimmgewalt zu vernichten gilt – in einem Take, bei gleichbleibendem Abstand. Ganz weit oben in der dynamischen Range gibt es jedoch eine kleine Überraschung: Das Mikro macht zu. Bevor der Klirr aufgrund des Schalldruckpegels an der Kapsel überhand nimmt, findet eine zunehmend starke Kompression statt – wahrscheinlich schaffen es die Bauteile im Mikrofonverstärker des AT nicht, über einen so großen Dynamikbereich linear zu bleiben – das wäre auch eine Glanzleistung. Bei manchen Stimmen und Einsatzzwecken kann das zwar passen, doch will man diese Eingrenzung meist gerne erst im Mix festlegen. Zudem hat es beim 5040 fast schon “Choking”-Charakter und ist weniger sanft als etwa beim Neumann U 87 Ai, das ähnliche Symptome zeigt. Also für den Song mit der hohen Dynamik doch lieber den Besprechungsabstand ändern. Audio-Technica hätten diesem Verhalten entgegenwirken können, wenn sie ein Pad integriert hätten: Dieses wird üblicherweise zwischen der Kapsel (die meist den höheren Dynamikumfang bietet) und der Elektronik eingesetzt, um diese bei Bedarf an einen sehr hohen Kapseloutput anzupassen.

Bulit to last

Dass die Top-Serie eines Mikrofonherstellers auch top verarbeitet sein sollte, versteht sich von selbst. Anderslautendes will ich auch nicht verlautbaren: Das AT5040 ist absolut präzise gearbeitet, an Materialmengen und -qualität wurde offensichtlich nicht gespart, die Bearbeitung ist an jeder Stelle absolut astrein: Keine Ungenauigkeiten, Farbfehler, Maßabweichungen – nichts. In Japan ist man sicher sehr stolz darauf – aus gutem Grund. Genauso stolz kann auch derjenige Ingenieur sein, der für die absolut hervorragende Spinne verantwortlich ist. Diese funktioniert nicht nur sehr vorbildlich, sondern verfügt auch über eine sehr praktikable “Lock”-Funktion.

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Fazit

Der neueste Wurf des vor allem in den USA sehr beliebten Mikrofonherstellers Audio-Technica ist meines Erachtens der bislang weiteste: Das AT5040 ist ein würdiges Topmodell unter den Mikrofonen im Portfolio der Japaner. Verarbeitungs- und Klangqualität sind geradezu erhaben, besonders hervorzuheben ist die konstruktive und dadurch resultierende klangliche Eigenständigkeit des Vocal-Mikrofons – ich habe während des Tests vor Erstaunen fast “rechteckige Ohren” bekommen. Etwas trübt aber leider das klare Bild: Bei sehr, sehr hohen Pegeln kann die Elektronik mit der Kapsel-Dynamik nicht mehr mithalten – die Bauteile verlassen ihre linearen Kennlinien, was sich in einer schnell zunehmenden Kompression äußert. AT hätten daher gut daran getan, dem 5040 ein Pad mitzugeben, -10 dB hätten wahrscheinlich völlig ausgereicht.
Zwar ist der Preis durchaus ordentlich, doch kommt mit dem Viermembran-Mikrofon ein Charakterkopf ins Spiel, der die übliche Range gut ausgestatteter Studios (also beispielsweise gesegnet mit U 47, U 67, C12, R44, SM 7B, RE20 und MK4 samt ihrer Klone und Nachfolger) um eine weitere klangliche Nuance erweitern kann.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • generelle Dynamik
  • sehr eigenständiges, hochwertiges Klangbild
  • schnelle Transienten
Contra
  • Dynamikverhalten bei hohen Pegeln
Artikelbild
Audio-Technica AT5040 Test
Für 3.149,00€ bei
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TECHNISCHE SPEZIFIKATIONEN
  • Membranen: vier rechteckige, hochkant zu zwei Pärchen ausgerichtete Membranen,
  • Durchmesseräquivalent Rundmembran: 1,4″
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 56,2 mV/PA
  • THD+N: 5 dB (A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 142 dB SPL (1% THD)
  • Ausgang: XLR male
  • Preis: € 3558,10 (UVP)
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Profilbild von Vasko Bulgarelli

Vasko Bulgarelli sagt:

#1 - 01.07.2021 um 17:25 Uhr

0

Habe das mikrofon gekauft und dann zurückgesendet...könnte nicht finden vorverstärker der zu ihm passt.. ausgang impedanz um 50 Ohm macht grosse probleme...

    Profilbild von Nick (Redaktion Recording)

    Nick (Redaktion Recording) sagt:

    #1.1 - 05.07.2021 um 06:30 Uhr

    0

    Hallo Vasko Bulgarelli,in den aktuellen Unterlagen finde ich keine Angabe zur Ausgangsimpedanz, der Test ist auch acht Jahre her. Ist die Impedanz von 50 Ohm gemeint oder ein Impedanzverlauf, der bei 50 Hertz auffällig ist? 50 Ohm wären gar nicht so unüblich, viele Mikrofone, die "unter 200 Ohm" angeben, besitzen eine Impedanz von unter 100 Hertz. Zum Testzeitpunkt hatte ich keinen Vorverstärker mit umschaltbarer Impedanz zur Verfügung, es wäre sicher interessant, die Überanpassung deutlich zu verringern. Übrigens gibt es noch eine Übertragerversion AT5057, die hier ebenfalls getestet wurde: https://www.bonedo.de/artik... Ansonsten wird der Vertrieb sicher weitere Informationen bereitstellen können.Mit besten Grüßen
    Nick Mavridis

    Antwort auf #1 von Vasko Bulgarelli

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