Antelope Zen Tour Test

Bei manchen Herstellern fragt man sich, ob sie es sich zum Ziel gesetzt haben, im Wochenrhythmus neue Produkte auf den Markt zu bringen.

Antelope_Zen_Tour_15

Antelope haben in kurzer Zeit ein beachtlich umfangreiches Portfolio aufgebaut, welches fast ausnahmslos die unternehmerischen Kernkompetenzen Clocking und Wandlung als Grundstock besitzt. Das Zen Tour ist ein kleines Desktop-Audiointerface zum mobilen Einsatz, welches mit zahlreichen Dreingaben und Sonderfunktionen punkten möchte.

Details

Besonderheiten mit an Bord

Auf den ersten Blick erscheint das Zen Tour geradlinig aufgebaut, hat jedoch so einige Dinge in der „Extras“-Schublade. Da wäre zunächst der farbige Touch-Bildschirm, über den viele wichtige Funktionen gesteuert werden können. Das Jog-Dial kann verschiedene Aufgaben übernehmen, so etwa die Wiedergabepegel und die Gains, auch Mute ist dank der Push-Möglichkeit durchführbar.  

Fotostrecke: 3 Bilder Kleine Kiste, viel drin: Antelope Zen Tour

Zu den vier phantomspeisbaren Preamps, die bis zu 65 dB Gain liefern, gesellen sich auf der Frontseite vier Line-Inputs, die auch auf den Empfang von Instrument-Level gestellt werden können. Über Monitoring-Ausgänge können zwei verschiedene Lautsprecherpaare angeschlossen werden, Summierer, Mischpulte, Surroundabhören oder Inputs von Outboard können per Analog-Out befüttert werden. Dazu ist ein DB25-Breakoutkabel notwendig. Kopfhörerwege und -ausgänge gibt es zwei, was bei typischen Singer-/Producer-Setups absolut sinnvoll erscheint. Nicht nur sinnvoll, sondern in die Kategorie „gut aufgepasst“ fällt die Tatsache, dass es zwei spezielle Reamping-Outputs gibt, deren Signale direkt in Amps (und – hier wird es auch für Nichtgitarristen und -bassisten interessant) und Bodeneffekte geschickt werden können. Zu den weiteren I/Os zählen zwei S/MUX-fähige ADAT-Pärchen und ein S/PDIF-I/O. Good ol’ MIDI sucht man, sicher eher aus Platzgründen denn aus konzeptionellen, leider vergeblich. Die Verbindung zum Computer schafft entweder ein Thunderbolt-Port oder eine USB2.0-Buchse im bekannten B-Format. Quasi auch ein „Input“ ist das kleine in das Gehäuse eingelassene Talkback-Mikrofon des Zen Tour.  

Fotostrecke: 6 Bilder Vorne findet man eine schlaue Besonderheit: Re-Amping-Outputs!

„Ihre Werte sind in Ordnung“

Die Sampleraten des Systems beginnen schon bei 32 kHz, der höchste einstellbare Wert beträgt 192 kHz. Antelope, für sein präzises Clocking bekannt, gibt eine Stabilität von +/- 0,002 ppm („Parts per Million“) an und ein Aging von unter 1 ppm. Dies sind sehr gute Werte. Das gilt auch für die Dynamikumfänge, so können AD und DA mit 120 Dezibel Umfang aufwarten, dem DA des Monitorausgangs wurde ein DAC mit 129 dB Dynamikbereich spendiert.  

Fotostrecke: 5 Bilder Samplerate bis 192 kHz

FPGA-FX

Wichtig wird für viele Nutzer sein, dass Antelopes Zen Tour mit einem leistungsfähigen FPGA ausgestattet ist. Dadurch werden die Audio-Effekte über die üblichen Schnittstellen möglich, die ohne signifikante Belastung des Host-Rechners im Zen Tour berechnet werden. Selbstredend können sie auch für das Direct-Monitoring-Signal verwendet werden. Wer jetzt nur an den Kuschelhall zum Einsingen denkt, der sollte wissen, dass neben diversen Vintage-EQs und -Dynamikeffekten auch Amps und Cabinets bereitstehen, um DI-Signale entsprechend der klanglichen Bestimmung zu verändern.

Fotostrecke: 3 Bilder Altec-Kompressor

Praxis

Flache Sache

Das Antelope Zen Tour ist flach, passt in viele Laptop-Rucksäcke und -Taschen und ist schnell ein- und ausgepackt – das gefällt natürlich. Schon eine erste Überprüfung zeigte, dass das Jog Wheel eher leichtgängig ist und auch ein wenig Spiel besitzt. Das ist nicht optimal, aber sicher auch kein Weltuntergang. Ansonsten gibt es an der Verarbeitungsqualität nichts zu kritisieren. Als reines Desktopgerät ohne die Option zur Festinstallation ist es kein Problem, dass es von allen Seiten mit Buchsen ausgestattet ist, wenngleich die Vorderseite dann gerne frei bleiben dürfte, wenn man regen Gebrauch von der Monitorcontroller-Funktionalität macht, um den Handballen nicht auf Klinkensteckergehäusen der Line-/Hi-Z-Inputs parken zu müssen.  

Flach, klein, schlau und leistungsfähig: Zen Tour
Flach, klein, schlau und leistungsfähig: Zen Tour

„Oven Controlled“ in Bezug auf die Clock ist mit Sicherheit keine falsche Bezeichnung für die temperaturgesteuerte Oszillation, doch wird auch der Signalprozessor seinen Anteil daran haben, dass das Zen Tour ordentlich warm wird. Die Softwareinstallation zeigte sich auf dem Mac als problemlos, auch bezüglich der Verzögerungen ist Antelopes Flachling absolut auf der Höhe der Zeit: Auf zwei Yosemite-Systemen konnten Latenzen leicht unter 5 ms erreicht werden, damit zeigte sich das Zen Tour diesbezüglich etwas performanter als ein MotU 896 mk3.

Die Antilope bekommt eine Körpertemperatur von deutlich über 38 Grad Celsius.
Die Antilope bekommt eine Körpertemperatur von deutlich über 38 Grad Celsius.

Kontrolle behalten mit der Control-Software

Schön aufgeräumt und im positiven Sinne bunt wirkt das Softwarepanel, welches stimmig über die wichtigsten Settings und Optionen informiert. Will man etwas komplexere Setups erstellen, ist es aber angebracht oder sogar nötig, sich mit dem Manual und ein wenig Einarbeitungszeit auf einen Stand zu bringen, von dem aus man problemlos größere Sessions mit verschiedenem Monitoring und dergleichen bewerkstelligen kann. Einer Steuerung für ein nicht gerade einfach gestricktes technisches Gerät sei das aber nachzufühlen und damit zu verdenken. Dass man in der aktuellen Version Phantom für die Preamps nur hier und nicht direkt am Gerät schalten kann, hat mich in einer Testaufnahme durchaus verwundert, da ich gewohnt bin, erst die zunächst notwendigen Settings an Mikrofonen und Frontends einzustellen und mich dann so spät wie möglich in die Welt der Software zu begeben. Und ein Faux-Pas ist mir glücklicherweise in einer Stellprobe bei einem Konzertmitschnitt passiert, denn ich habe das Gain im S-Signal des Hauptmikrofons verändert und es war kurzzeitig so hoch, dass es geclippt hat. Statt eines Resets habe ich aus Versehen die Phantomspeisung ausgeschaltet – das liegt doch sehr nah beieinander. Gerade bei mobilem Gebrauch ist es aber ein Segen, dass der Netzteilanschluss mittels Feststellmutter arretiert.

Schraubmöglichkeit beim Netzteilanschluss
Schraubmöglichkeit beim Netzteilanschluss

Soundmäßig alles da, wo es hingehört

Klanglich ordnet sich Antelopes Zen Tour genau dort ein, wo man das Gerät aufgrund des Preises auch verorten würde. Mit Line-Levels beschickt, ist die Auflösung und Transientendarstellung deutlich vor der von Focusrite Scarlett 6i6 und MotU 896 mkIII. Gegen einen Lavry AD11 (Black) und einen Merging Technologies HAPI mit AD8P-Karte zeigte sich in beiden Fällen eine minimal geringere Auflösung. Der Lavry wirkte ein wenig kerniger, die Premiumkarten des Merging-Systems sind unter den Versuchstierchen die transparentesten und analytischsten, und das nicht nur bei hohen Auflösungen, sondern auch bei klassischen 44,1 oder 48 kHz. Die Mikrofonvorverstärker scheinen denen des Standalone-GerätsMP8d auch klanglich sehr ähnlich, ich konnte zumindest die gleichen Vergleichsgeräte wie bei dem Antelope-Achtfach-Pre zu Rate ziehen. In jedem Fall ist Antelope auch beim Zen Tour der Idee gefolgt, ein sehr transparentes Signal als Grundlage für weitere Bearbeitung sei ein guter Weg. Dem kann ich zustimmen. Ich hatte dementsprechend auch alles andere als Bauchschmerzen, die internen Amps zur Verstärkung eines Hauptmikrofonsystems aus Großmembran-Kondensatormikros bei der Abnahme eines knapp 50-köpfigen Klangkörpers in einem akustisch schwierigen Raum zu nutzen.

Audio Samples
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Antelope Zen Tour Focusrite Saffire 6i6 Merging Technologies HAPI AD8P Lavry AD11

Nicht nur als Add-Ons zu verstehen: Effekte

Die Effekte machen Spaß und klingen wirklich gut. Die stetig wachsende Auswahl ist aktuell schon so groß, dass man mit DAW-Bordmitteln und den FPGA-Effekten für Recording und Mixing gut ausgestattet ist. Schön auch, dass das System latenzarm agieren kann, wodurch der Einsatz diverser Effekte im Monitoringweg möglich ist.  

Audio Samples
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Processed Vocals

Fazit

Für etwa 1500 Euro erhält der Käufer eines Antelope Zen Tour eine Produktionshardware, die in vielen Situationen alles das liefert, was man benötigt. Vier Preamps an Bord reichen für die typischen Aufgaben, die Erweiterbarkeit ist dennoch ausreichend gegeben. Mit Monitoringfunktionen und Hardware-Effekten ausgestattet, wird man sich nur selten mehr wünschen. Besonders die Reamping-Option macht den Zen Tour für Gitarristen (aber nicht nur) interessant. Und technisch wie klanglich ist man mit einer derartigen Hardware auf der sicheren Seite – im Mobilbetrieb ist man damit absolut auf Augenhöhe mit modernstem stationärem Gerät.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • guter Klang
  • All-in-one-Konzept
  • umfangreiche Ausstattung mit Inputs und Outputs
  • eigene Re-Amping-Outputs
  • Thunderbolt- und USB-Anbindung
Contra
Artikelbild
Antelope Zen Tour Test
Für 1.599,00€ bei
Antelope_Zen_Tour_16
Features und Spezifikationen
  • USB- und Thunderbolt-Interface mit Touchscreen
  • 4 Mic Preamps
  • 8 Line-Inputs, davon 4 als DI schaltbar
  • 8 Line-Outputs (D-Sub 25)
  • 2 spezielle Reamping-Ausgänge
  • 2 Monitoring-Outputs
  • 2 x ADAT I/O
  • S/PDIF coax. I/O
  • Steuerungssoftware mit Routinmatrix
  • FGPA-Effekte, auch als Plug-Ins nutzbar
  • umfangreiches Bundle an Vintage-Effekten, Gitarrenamps etc.
  • Maße: 255 x 166 x 59 mm
  • externes Netzteil, verschraubbar
  • Kompatibilität: Windows ab 7, OS X ab 10.9
  • Preis: € 1495,– (Straßenpreis am 5.7.2017)
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