Anzeige

Egnater Tourmaster 4100 Test

Neben den großen, legendären Namen des Verstärkerbaus wie Marshall, Fender, Vox oder Peavey gibt es eine ganze Reihe kleinerer, aber nicht minder innovativer Hersteller, die sich mit ihren Kreationen einen festen Platz in der Szene erobert haben. Einer davon ist Bruce Egnater, dessen Name auch bei uns in den letzten Jahren immer populärer wurde. Schon seit 20 Jahren baut und modifiziert er Röhrenverstärker – unter anderem fanden seine Schaltungen bei den Verstärkern von Randall Verwendung – und besonders seine handgefertigten Module gelten unter Soundgourmets als Spezialität. Egnaters Karriere nahm in Detroit ihren Anfang, wo er für die lokale Szene Amps modifiziert und reparierte. Der erste selbst entwickelte Verstärker fand schnell Interesse und bildete den Grundstein für seine Serienfertigung.

Nach der Rebell-Serie, die wir bereits an dieser Stelle getestet haben, steht diesmal das Flaggschiff aus der Tourmaster-Serie im Studio. Dieser ist als 2 x 12“ Combo und als Topteil erhältlich, zum bonedo-Test hat sich Letzteres angemeldet.

EgnaterTourmaster4100_06FIN Bild
Anzeige

Details

Optik
Der Tourmaster 4100 ist ein 100 Watt Röhrenbolide und mit seinen 28 Kilo definitiv kein Leichtgewicht. Ganz in Beige und Schwarz macht der Amp einen edlen Eindruck, und obwohl sich wirklich einiges an Potis und Schaltern auf der Front tummelt, wirkt er aufgeräumt und übersichtlich.

Für den Transport befindet sich ein Tragegriff auf der Kopfseite. Schwarze Plastikecken bewahren das Head vor den unvermeidlichen Folgen des harten Touralltags. Für einen attraktiven Look sorgt der eben bereits angesprochene, robuste schwarz-beigefarbene Bespannstoff, auf dem auch das weiße Egnater-Logo prangt. Festen Halt findet unser Topteil auf seinen vier Gummifüßen, die außerdem dabei helfen Vibrationen zu dämpfen.

Bedienfeld und Anschlüsse
Wie schon erwähnt, ist der Egnater mit Regelmöglichkeiten reichlich bestückt. Die vier unabhängigen Kanäle Clean Vintage 1, Clean Vintage 2, Overdrive 1 und Overdrive 2 sind das Herzstück des Tourmaster Topteils, und obwohl jeder von ihnen sein klangliches Spezialgebiet hat, sind sie im Aufbau alle gleich. Jeder Kanal ist mit jeweils einem Poti für Gain, Bass, Middle, Treble, Contour und Volumen ausgestattet. Wo wir gerade bei den Potis sind: Sie sind alle in cremeweiß gehalten und passen perfekt zum restlichen Erscheinungsbild. Pro Kanal ist außerdem ein Vintage-Modern-Kippschalter an Bord. Dazu kommen im Masterbereich links neben den Kanälen jeweils ein Presence-, ein Reverb-, ein Density- und ein Volumen-Regler. Eine rote Kontroll-Lampe zeigt den Betrieb an und selbstverständlich dürfen auch Power-und Standby-Schalter nicht fehlen. Bevor ich es vergesse: Der Tourmaster besitzt einen Low- und einen High-Input, und der Hall ist röhrengetrieben, eine bei aktuellen Verstärkern eher rare Eigenschaft, die mich auf seinen Sound neugierig macht. Doch dazu später mehr! Zuerst einmal drehe ich den Amp um.

Neben dem obligatorischen Netzanschluss findet sich ein AC-Select Schalter. Mit diesem lässt sich die Betriebsspannung von 115 bis 240 Volt einstellen, was besonders tourenden Musikern die Möglichkeit gibt, den Verstärker quasi in jedem Land betreiben zu können. Zwei Boxen können angeschlossen werden, die eine Impedanz von 4,8 oder 16 Ohm mitbringen dürfen – so soll es sein! Links daneben eröffnet die Tube Biasing Abteilung dem Techniker die Möglichkeit, den Ruhestrom der Endstufenröhren einzustellen, ohne den Verstärker öffnen zu müssen. Dazu möchte ich bemerken, dass diese Arbeit tatsächlich einem Techniker vorbehalten bleiben sollte – macht man hier Fehler, kann das unter Umständen auch zu Schäden am Verstärker führen.

Auch ein Recording-Ausgang ist an Bord, der einen 12“ Speaker simuliert. So lässt sich das Signal direkt zur PA schicken oder im Studio verwenden, ohne die tatsächlich angeschlossene Box per Mikrofon abnehmen zu müssen. Neben diesen guten Eigenschaften kann der Egnater Tourmaster mit einem Feature aufwarten, das seinesgleichen sucht. Es nennt sich Power Grid und per Schieberegler kann mit seiner Hilfe jeder einzelne der vier Kanäle individuell in seiner Leistung eingestellt werden. Zur Wahl steht entweder die volle Leistung von 100 Watt oder eine Reduzierung auf 50 oder sogar 20 Watt. Ein weiterer kleiner Schieberegler schaltet zwischen Half- und Full Power und bedeutet nichts anderes, als dass im Halfpower-Modus die generelle Leistung des Amps halbiert wird und die einzelnen Kanäle dann zwischen 50, 25 und 10 Watt justiert werden können. Auf diese Weise kann jedem Kanal durch die gewählte Leistung individuell eine spezielle Klangcharakteristik zugeordnet werden. Natürlich erwartet man bei einem Amp mit dieser Ausstattung auch einen Effekteinschleifweg, und den hat auch der Tourmaster. Aber was für einen! Der Hall ist röhrenbetrieben, und lässt sich parallel oder seriell anwenden. Die Auswahl geschieht per Taster. Ein Vierfach-Schieberegler mit der Aufschrift Remote/off, Master, Clean/Vin 1&2 und Overdrive 1&2 gibt die Betriebsart vor, und mit den zwei Potis für Return und Send wird der Pegel des Signals individuell eingestellt. Mit der Einstellung auf Remote/off wird der eingeschliffene Effekt per Fußboard geschaltet, Master lässt ihn auf allen Kanälen arbeiten, Clean/Vin 1&2 nur auf den cleanen Kanälen und Overdrive 1&2 entsprechend nur dort.

Auch das mitgelieferte Fußboard findet auf der Rückseite seinen Anschluss. Dieses kommt übrigen sehr stabil im Metallgewand daher und präsentiert sich so schmal, dass es problemlos auch noch bei den übrigen Effekten im Pedalboard Platz findet. Alle vier Kanäle lassen sich selbstverständlich von hier aus fernbedienen, aber auch der Hall und, wie bereits erwähnt, bei Bedarf auch die FX-Loop.

Anzeige

Praxis

Für die Aufnahmen schließe ich den Amp an eine 2 x 12“ Box mit Vintage 30 Speakern an. Wie immer lasse ich die Klangregelung in der Mittelstellung, um zu hören, wie der Grundsound des Amps mit verschiedenen Gitarren klingt. Der besagte Powergrid steht auf vollen 100 Watt. Auf die Leistungsreduzierung werde ich später eingehen. Beginnen möchte ich mit dem Clean 1 Kanal, der die vier Pickup-Stellungen meiner Tele wiedergeben soll.

Hier alle PU-Schaltungen im Classic-Mode:

Audio Samples
0:00
Clean 1 Classic Tele Hals Clean 1 Classic Tele Mid 1 Clean 1 Classic Tele Mid 2 Clean 1 Classic Tele Steg

Der Sound hat tatsächlich Vintage-Qualitäten. Direkt und etwas kantig wird hier die Tele verstärkt. Wunderbar, wie die verschiedenen Pickup-Stellungen herausgearbeitet werden.

Und nun im Modern-Mode:

Audio Samples
0:00
Clean 1 Modern Tele Hals Clean 1 Modern Tele Mid 1 Clean 1 Modern Tele Mid 2 Clean 1 Modern Tele Steg

Sofort wird der Klang der Gitarre runder und größer. Die Mitten treten etwas in den Hintergrund und der Amp klingt amerikanischer. Das lässt auf einiges hoffen, denn auf die Mischung aus traditionellen englischen und amerikanischen Charakteristiken in einem Amp trifft man ja eher selten.

EgnaterTourmaster4100_19FIN-1024873 Bild

Ich schalte jetzt in den Clean 2 Kanal und stelle fest, dass er fast genau so klingt wie der erste, mit dem einzigen Unterschied, dass er mehr Gain hat. Daher drehe ich den Gain-Regler mehr auf und das klingt dann so:

Zuerst im Classic-Modus mit der Tele:

Audio Samples
0:00
Clean 2 Classic Tele Steg

Alle Achtung, das ist schon ein ganz schönes Brett! Rotzfrech drücken die Chords aus den Speakern. Auch hier ist der englische Einschlag deutlich hörbar.

Und jetzt der Modern-Mode mit einer Les Paul Junior mit P90.

Audio Samples
0:00
Clean 2 Modern Les Paul Junior

Auch hier treten die Mitten in den Hintergrund und der Bassbereich nimmt zu. Fette Rockriffs sind mit diesem Kanal definitiv kein Problem.

Dann wollen wir hören, was der Overdrive 1 Kanal zu bieten hat.

Im Classic-Mode mit einer modifizierten Strat mit Jeff Beck Humbucker im Steg klingts so:

Audio Samples
0:00
Overdrive 1 Classic Strat

Der Kanal macht genau da weiter, wo Clean 2 im Classic-Mode aufgehört hat. Freche klassische Riffs mit Kante sind hier genau richtig.

Und jetzt im Modern-Mode mit derselben Gitarre.

Audio Samples
0:00
Overdrive 1 Modern Strat

Kaum zu glauben, aber ich habe nichts verändert, außer in den Modern-Mode zu schalten. Die Verzerrung nimmt spürbar zu und der Bass pumpt sich auf, um mächtige Riffs möglich zu machen. Sehr beeindruckend!

EgnaterTourmaster4100_08FIN-1024900 Bild

Kommen wir zum vierten und damit auch letzten Kanal, dem Overdrive 2. Der ist von Haus aus mit der stärksten Verzerrung gesegnet.

Für die folgenden zwei Soundbeispiele habe ich eine Tom Anderson Gitarre verwendet.

Audio Samples
0:00
Overdrive 2 Classic Anderson Riff Reverb

Akkorde bleiben durchsichtig und haben Charakter. Das gefällt mir sehr gut. Das Mittenbild hat genau den richtigen Anteil, um sich im Bandgefüge durchzusetzen, ohne sich dabei in den Vordergrund zu spielen.

Jetzt in den Modern-Mode geschaltet, und die Gitarre klingt so:

Audio Samples
0:00
Overdrive 2 Modern Anderson Riff Reverb

Das lässt das Shredder-Herz auf jeden Fall vor Freude hüpfen. Jeder Anschlag wird mit einem fetten Schmatzen quittiert und schnelle Linien bleiben differenziert.

Jetzt begeben wir uns auf die etwas bösere Seite, es geht in den Keller, und dafür musste die auf D tiefer gestimmte Drop C Les Paul herhalten, ich bleibe jetzt im Modern-Mode.

Audio Samples
0:00
Overdrive 2 Modern Les Paul Drop C Overdrive 2 Modern Les Paul

Hier bleibt kein Auge trocken! Moderne Spielweisen sind in diesem Kanal definitiv kein Problem. Die Gain-Reserven, die der Tourmaster 4100 hier vorlegt, sind schon sehr beeindruckend.

Insgesamt fällt auf, dass der Amp im Modern-Mode eine eigene Stimme hat, die ich am besten mit “tiefkehlig“ beschreiben möchte. Er klingt immer etwas belegt, was aber durchaus reizvoll ist und im Bandgefüge oder in Produktionen durchaus seinen Platz findet, da er sich angenehm zurückhält und stattdessen lieber ein stabiles, fettes Fundament legt. Im Vintage-Mode allerdings wird er wesentlich agiler und natürlich auch dünner, aber so muss es ja auch sein.

Aber jetzt zu einer der Eigenschaften, die den Tourmaster aus der Reihe der übrigen Amps seiner Klasse hervorheben, dem Power Grid. Mit diesem bereits erwähnten Feature lässt sich die Leistung der Endstufe auf verschiedene Level begrenzen. Wie sich das auf den Ton auswirkt, hören wir uns in den folgenden Beispielen an.

Hierzu schalte ich in den Overdrive 1 Mode und wähle Vintage. Meiner Meinung nach lässt sich der Unterschied am besten bei einem nicht allzu verzerrten Signal heraushören.

Audio Samples
0:00
Overdrive 1 Vintage Strat 100 W Overdrive 1 Vintage Strat 50 W Overdrive 1 Vintage Strat 20 W Overdrive 1 Vintage Strat 10 W

Deutlich ist zu erkennen, wie der Gitarrensound bei abnehmender Leistung immer dichter wird. Aus diesem Grund schwören Studioprofis auf leistungsschwächere Amps, da sie diesen Sound sehr schnell und ohne (Lautstärke-) Probleme erreichen können.
Natürlich wird der Amp bei weniger Leistung auch leiser, das lässt sich aber gut pro Kanal nachregeln. Damit ein Vergleich möglich ist, habe ich die Audiofiles insgesamt aber in der Lautstärke angepasst.

EgnaterTourmaster4100_20FIN-1024951 Bild

Der Recording-Out des Amps funktioniert übrigens immer nur in Verbindung mit einer angeschlossenen Box, da Röhren immer einen Widerstand brauchen und der Power Grid nicht wie ein klassischer Power Soak die Box komplett ersetzen kann. An besagtem Recording-Out gibt der Egnater zwar ein solides Signal heraus, das aber (erwartungsgemäß) nicht wirklich viel mit dem ansonsten tollen Sound des Verstärkers zu tun hat, aber hört am besten selbst.

Audio Samples
0:00
Rec-Out Rock-Riff

Zum Schluss möchte ich noch gerne auf den oben erwähnten Röhrenhall zu sprechen kommen. Er wird für alle Kanäle global eingestellt.

Audio Samples
0:00
Tele Reverb Chords

Der Hall bettet die Gitarre angenehm ein und macht sie größer, spielt sich aber nie in den Vordergrund.

Audio Samples
0:00
Tele Reverb Lick

Auch hier, bei etwas kürzeren funky Licks, spielt sich der Hall nicht unnötig auf. Natürlich gehört so ein Hall in der Regel nicht zu einem solchen Lick, aber es ist gutes Beispiel dafür, wie unaufdringlich er ist.

EgnaterTourmaster4100_12FIN_01-1024972 Bild
Anzeige

Das nenne ich mal einen Volltreffer, denn das Topteil weiß auf ganzer Linie zu überzeugen. Zwei Soundwelten vereint in einem Verstärker, sehr gute Verarbeitung und eine tolle Ausstattung machen den Tourmaster 4100 zu einem echten Leckerbissen für Gitarristen, die gerne flexibel bleiben möchten. Zumal mit dem Power Grid ein Feature an Bord ist, das man bei anderen Verstärkern vergeblich sucht und das zusammen mit den vier separaten Kanälen die Grenzen der Einsatzmöglichkeiten sprengt. Das Ganze gibt es dann auch noch zu einem überraschend niedrigen Preis – für qualitativ ähnliche sogenannte Boutique-Amps legt man gerne auch schon mal das Doppelte auf die Ladentheke.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Ausstattung
  • Sound
  • Power Grid
  • Flexibilität
  • Bedienung
  • Preis
Contra
  • Gewicht
Artikelbild
Egnater Tourmaster 4100 Test
Für 1.398,00€ bei
EgnaterTourmaster4100_08FIN-1024975 Bild
Facts
  • Hersteller: Egnater
  • Bezeichnung: Tourmaster 4100
  • Bauweise: Vollröhren Topteil
  • Herstellungsort: China
  • Röhrenbestückung: 8x ECC83S, 4x 6L6
  • Kanäle: 4
  • Reverb: Röhrenhall
  • Abmessungen: (L x B x H) 699 x 279 x 267 mm
  • Gewicht: 28 kg
  • Besonderheiten: röhrengepufferter Effekteinschleifweg, parallel oder seriell nutzbar. Frequenzkorrigierter DI-Ausgang, einfache BIAS-Einstellung, Master Presence/ Density, Power Grid- 6 Presets (10/25/50/100 Watt)
  • Lieferumfang: 6-fach Fußschalter
  • Preis: 1549 Euro (UVP)
Hot or Not
?
EgnaterTourmaster4100_06FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Fender American Professional Classic Stratocaster HSS | First Look
  • Quilter Labs Elevate – Review & Sound Demo | Modeling reimagined?
  • Some Bluesy Sounds with the Quilter Elevate!