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Cherry Audio Spirit Test

Cherry Audio holt einen Kult-Synth aus der Moog-Ära zurück – kostengünstig, modernisiert und bereit fürs digitale Produzieren. Der Cherry Audio Spirit ist die weltweit erste Emulation des Crumar Spirit, einem charismatischen, italienischen Analog-Synth von 1983.

Cherry Audio Spirit: Test.
Cherry Audio bringt mit Spirit einen der raffiniertesten analogen Mono-Synthesizer aus Italien zurück – als Plugin mit vielen sinnvollen Extras.

Highlights Cherry Audio Spirit

  • Emulation des Crumar Spirit von 1983
  • 16-stimmige Polyphonie und Voice Modes
  • Extreme Modulationsmöglichkeiten, smarter Arpeggiator
  • Interne FX-Sektion, Aftertouch
  • Library mit über 400 Presets

Cherry Audio emuliert den 1983 erschienen Crumar Spirit. Dahinter verbirgt sich ein ziemlich charismatischer, aber bei Studio- oder Live-Gigs bislang kaum anzutreffender Analog-Synthesizer. Für sein Design waren tatsächlich Bob Moog und Co. verantwortlich. Selbst im Zeitalter des Italo Disco, quasi das Dolce Vita für Vintage Synthesizer, fand er wie viele andere italienische Soundmaschinen keinen Platz.

Eigentlich dachte ich immer, dass Crumar selbst die ersten sein würden, die diesen noch unentdeckten Schatz als Plugin entwickeln werden – so wie schon bei Crumar Performer, einer Vintage Synth/Brass-Maschine. Stattdessen ist es, wenig überraschend, Cherry Audio.

Der Hersteller baut schließlich unermüdlich elektronische Vintage-Instrumente digital nach und bringt sie preiswert unters Volk bringt. Ich mochte schon viele solcher Cherry-Audio-Emulationen – vom Cherry Audio Yellowjacket, über den Cherry Audio Atomika bis hin zum Cherry Audio Elka-X. Aber ein virtueller Crumar Spirit für unter 60 Euro? Daran hätte ich nicht einmal im Traum gedacht.

Ein monofoner Vintage-Synthesizer von Bob Moog und Team

Mystisch und spirituell: Der Spirit war ein Projekt der Firma Crumar aus der italienischen Gemeinde Castelfidardo – mit reichlich US-Support durch Bob Moog, Jim Scott und Tom Rhea. Auf italienischer Seite findet man kaum noch Dokumente – Crumar hat den Betrieb 1986 eingestellt. Man kann heute nur spekulieren, wie der Kontakt zwischen der italienischen Firma und den „US Dream Team“ fürs Synthesizer-Design zustande kam. Eine tragende Rolle dürfte Sante Crucianelli, Sohn des Firmengründers, gespielt haben. Er lebte eine Zeit lang in den USA.

Bob Moog begleitete das Projekt und besuchte die Firma bei Ancona persönlich. Tom Rhea entwarf die Keyboard-Scanning-Konfiguration wie auch das Panel-Layout und kümmerte sich um die technische Dokumentation, während Jim Scott überwiegend die Schaltkreise entwickelte. Das Design des Crumar Spirit wirkte zwar innovativ, konnte Ähnlichkeiten mit anderen Projekten von Jim Scott und Bob Moog aus den späten 70er Jahren aber nicht leugnen. 

Neuauflage 2023: klanglich stark, kommerziell schwach

Der Crumar Spirit war ein charakterstarker Mono-Synth mit zwei flexibel konfigurierbaren Multimode-Filtern und einigen überraschenden Extras. Im Jahr 1983 kam er offiziell auf den Markt – und floppte. Gerade einmal um die 300 Units wurden damals verkauft. Genau wie das italienische Flaggschiff Elka Synthex kam auch der versierte Crumar Spirit einfach zu spät, um kommerziell Fuß zu fassen. Nach dem Erscheinen des Yamaha DX7, drehte sich in den 80er Jahren alles um Digitaltechnik – und monofone Synthesizer galten schnell als Dinosaurier.

Cherry Audio Spirit: Emulation.
Das Plugin orientiert sich sichtlich am originalen Entwurf – das machen zwei Oszillatoren, Multimode-Filter und weitreichende Modulation deutlich.

2023 folgte eine Neuauflage des Crumar Spirit durch Andrea Agnoletto, der das Unternehmen Crumar 2008 wiederbelebt hatte. Es blieb hier allerdings bei 100 Exemplaren, deren Erlös teilweise ans Museo Del Synth Marchigiano ging. Mit dem Cherry Audio Spirit bahnt sich das seltene Instrument nun endlich seinen Weg in die Synthesizer-Community.

DETAILS

Cherry Audio Spirit – mehr Features als der Vintage-Synth

Auf den ersten Blick gibt sich der Crumar Spirit wie ein gewöhnlicher Monosynth. Es gibt jeweils zwei Oszillatoren, Filter und Hüllkurven – doch das täuscht. Cherry Audio bildet mit dem Spirit nicht nur jede bizarre Eigenart des Analog-Synthesizers nach, sondern erweitert ihn auch mit zeitgemäßen Features. 

Der virtuelle Crumar Spirit überrascht mit bis zu 16-facher Polyfonie, einer umfassenden Modulationsmatrix, viel Speicherplatz, mehreren internen Effekte und polyfoner Aftertouch-Unterstützung.
Cherry Audio Spirit: Multi Voice.
Der Multi Voice Mode beim Cherry Audio Spirit eröffnet kreativen Designern ganz neue Möglichkeiten.

Die spannendsten Features des Spirits möchte ich an dieser Stelle gern einmal hervorheben. Besonders fasziniert haben mich nämlich die Voice Modes. Damit meine ich nicht den speziellen Mono-Mode mit Last-Note-Piority oder Unisono und Cycle, sondern insbesondere den inspirierenden Multi Voice Mode. Dieser Mode variiert die Parameter Pitch, Pan, Filter oder Hüllkurve pro Note. Von Stereo-Panning-Texturen über lebhafte tonale Phrasen per Arpeggiator bis zu Single-Finger-Chords reichen die Einsatzmöglichkeiten.

Mod X, Shaper Y und Matrix Z – Modulations-Abenteuer

Die Modulationsoptionen sind beim Cherry Audio Spirit nahezu „waffenscheinpflichtig“. Mit Mod X und Shaper Y verfügt das Plugin gleich über zwei Modulationssektionen. Mod X ist eine LFO/Clock-Quelle mit wählbaren Parametern, die sowohl den Sample-and-Hold-Generator als auch den Arpggiator steuern.

Cherry Audio Spirit: Modulation.
Hinter Matrix Z verbirgt sich eine ausgeklügelte Modulationsmatrix, die auch den Arpeggiator berücksichtigt.

Der Shaper Y fungiert wahlweise als zweiter Modulationsgenerator oder VCA-Controller. Für lebendige musikalische Echtzeit-Performances ist der Cherry Audio Spirit mit drei Handrädern Pitch, Mod X und Shaper Y ausgestattet. Der Shaper Y Path ist ein richtig gutes Extra-Feature, da er die gleichen Oszillatoren und Noises plus Ringmodulation über den Audio-Mixer routet, ohne das Filter passieren zu müssen. So kreiert ihr ungewöhnliche Layerings oder Splits.

Per Matrix Z lassen sich bis zu 25 Quell- und 45 Zielparameter in einer Modulationsmatrix mit vier Slots verbinden.

Cherry Audio Spirit – Arpeggiator und Effekte 

Der dynamische Arpeggiator des Cherry Audio Spirit wartet mit drei Modes auf: Ripple, Arp und Leap. Als Parameter kommen Swing, Chance und Feel hinzu – und fertig ist eine musikalische Inspirationsquelle, die ich bei leicht zufälligen Mustern schätze, aber auch gern für ein klassisches Auf und Ab verwende.

Cherry Audio Spirit: Effekte.
Der Cherry Audio Spirit ist mit Effekten ausgestattet, die klanglich überzeigen und auch noch ziemlich praktisch sind.

Anders als bei der originalen Hardware gibt es beim Plugin zwei verschiedene Effektketten mit einem globalen Effektmodulator. Zu den Filter/ADSR-Effekten gehören Distortion, Flanger und Chorus, Echo und Reverb. Envelope Filter, Dual Phaser, Flanger, Chorus und Echo stehen als Shaper-Y-Effekte zur Auswahl – übrigens reicht aktivieren hier nicht aus. Man muss den Audio-Mixer bemühen, um die Shaper-Y-Effekte hörbar zu machen.

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PRAXIS

So klingt die Emulation des Crumar Spirit

Cherry Audio hat sechs Designer für die 430 Presets beauftragt – eine beeindruckende Menge. Überzeugt oder gar inspiriert hat mich die große Factory Library bei meinem ersten Check aber leider nicht. Die Presets decken fast nur Standards aus den üblichen Klangsparten wie Arp, Bass, Lead, Pad oder Strings ab – typischer Mainstream, den Cherry Audio bei vielen anderen Emulation schon mal bunter serviert hat. Mein Eindruck hat sich allerdings geändert, als ich mit dem Spirit ein bisschen selbst herumgespielt und seine individuellen Stärken herauskitzelt habe. Plötzlich klingt das Plugin forscher und spannender – man driftet hier schnell ab ins Experimentelle.

Cherry Audio Spirit: Presets.
Eigentlich gut, aber zu glatt und freundlich: Der Cherry Audio Spirit klingt schmutziger, als die Preset Library vermuten lässt.

Ehrlich, diesmal fühlte es sich eher wie eine zusätzliche Hausaufgabe an, aus der Factory Library ein Dutzend Presets herauszupicken und sie in kurzen Demos zu präsentieren. Letzten Endes hab ich’s aber geschafft. Die Soundbeispiele offenbaren den für Cherry Audio doch eher modernen Charakter. Ob das authentisch ist? Wohl kaum! Ohne den Crumar Spirit jemals selbst angespielt zu haben, bin ich mir sicher, dass das Original anders klingt. Die zusätzlichen Features sind trotzdem nicht zu verachten. Allein schon die Polyfonie macht den digitalen Spirit viel ergiebiger für das Musikproduzieren als ein analoger Crumar Spirit. 

Audio Samples
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Big Fizzy Echo Keys Power Leads Ramped Up Chords Spectral Pad Time Traveler Very Big Bottom Flight Of Angels Industrial Noises Smooth String Ensemble Viral Movements Skinny Pups
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FAZIT – Crumar Spirit Emulation Test

Complimento – endlich gibt es den Crumar Spirit als Emulation. Mit ihrem eigenständigen Klang eröffnet die Cherry Audio-Emulation abgefahrene Modulationsmöglichkeiten, bei denen klassische Moog-, Sequential- oder Oberheim-Sounds blass aussehen. Auch wenn Bob Moog beim originalen Design noch involviert war, sind der Crumar Spirit und die Emulation erst recht weit mehr als ein simpler „Minimoog made in Italy.“ Natürlich ersetzt das Plugin nicht die historisch gewachsene Originalvorlage, dafür stellt sie für die allermeisten Producer aber die einzige Chance dar, sich das Instrument ins Studio zu holen. 

Wer sich den Cherry Audio Spirit als Demo herunterlädt oder direkt kauft, sollte die Preset Library vorerst besser ignorieren und den Synthesizer sowie seine teilweise neuartigen Möglichkeiten erst mal selbst erforschen – auch wenn man dazu viel Zeit und Geduld mitbringen muss. Selbsterklärend ist das kleine Biest nämlich leider nicht.

Mille Grazie Cherry Audio! Der digitale Spirit lädt dazu ein, über viele Jahre immer wieder neu entdeckt zu werden.

Cherry Audio Spirit: Test.
Cherry Audio bringt mit Spirit einen der raffiniertesten analogen Mono-Synthesizer aus Italien zurück – als Plugin mit vielen sinnvollen Extras.

Features

  • Emulation des Crumar Spirit
  • 16 Stimmen, viele Erweiterungen
  • Arpeggiator und Effekte
  • Skalierbares GUI mit Zoom-Feature
  • Library mit über 340 Presets
  • Ab Windows 7, Mac OS X 10.13 (M1 Support), Online-Aktivierung, VST, VST3, AU, AAX, Standalone.
  • WEBSEITE:
  • PREIS: 59 Euro (Straßenpreis vom 19.08.2025
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Voice Modes
  • Extreme Modulation
  • Dynamischer Arpeggiator
  • Effektmodulator
  • Viele Presets
  • Extrem preiswert
Contra
  • kein Contra
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Cherry Audio Spirit Test
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