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Bugera 1990 Infinium Test

Schon seit einiger Zeit tummelt sich die Marke Bugera auf dem deutschen Markt und das durchaus mit Erfolg. Dabei punktet sie nicht nur mit unglaublich niedrigen Preisen, sondern bietet daran gemessen extrem viel Amp, wie unsere beiden Vorgängertests schon gezeigt haben. Dass es sich trotz des boutiqueverdächtigen Namens nicht um einen amerikanischen Edelhersteller handelt, sieht man am Preis, aber die Herkunft aus China ändert absolut nichts an der Attraktivität.

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Wir sind gespannt, ob diese Attribute tatsächlich auch auf unseren aktuellen Testkandidaten 1990 Infinium zutreffen. Immerhin bietet er zwei Kanäle, 120 Vollröhrenwatt und nicht wenige zusätzliche Schmankerl, die das Gitarristenleben aufwerten sollen. Wir sind gespannt.

DETAILS
Schwer ist er! 22,5 Kilo zerren beim Tragen am Ledergriff, obwohl der 1990 Infinium mit 310 x 690 x 245 mm (B x H x T) nur minimal höher geraten ist als sein britischer Kollege mit dem markanten “M“.
Das schwarze Tolex, mit dem der Verstärker eingekleidet wurde, ist zwar sauber verklebt, aber es gibt keinen Kantenschutz und so dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, wann die ersten unliebsamen Begegnungen mit Ecken und Kanten ihre Spuren hinterlassen werden. Außer dem besagten Griff an der Oberseite und vier Gummifüßen am Boden zeigt sich das Topteil von vorne recht schlicht und aufgeräumt, was auch für das Bedienfeld gilt. Dort befinden sich ganz links – wie sich das für einen klassischen Röhrenverstärker gehört – das übliche Power On/Off und Standby Schalter-Duett.

Umgeschaltet wird das zweikanalige Topteil entweder direkt auf dem Bedienfeld per Channel-Taster, der die Farbe je nach Kanal wechselt (Grün = clean, Rot = Lead), oder aber mithilfe des beiliegenden Fußschalters. Der ist übrigens auch für den Hall zuständig, für den es auf der Front keine separate Aktivierungsmöglichkeit gibt. Weiter geht es mit der Master Lead Sektion und einem Volumen- und einem Reverb-Poti. Auch der daneben liegende Clean Channel ist mit Volumen und Reverb bestückt, sodass sich Lautstärke und Hall für jeden Kanal individuell regeln lassen. Beim Reverb handelt es sich übrigens nicht um einen Federhall, sondern um einen digitalen Vertreter seiner Zunft. Der Equalizer ist für beide Kanäle zuständig und bietet mit Presence, Treble, Mid und Bass ebenfalls klassische Ausstattung. Lead und Clean lassen sich zudem individuell mit einem Gainregler in ihrem Zerrgrad regeln. So viel zur Front, ich drehe das gute Teil um und schaue, was die Rückseite zu bieten hat.
Auch diesmal beginnt meine Erkundung auf der linken Seite und dort befinden sich vier LEDs mit der Aufschrift “Valve Life Monitoring“. Diese dienen als Anzeige für die Überwachung der Endstufenröhren. Per Valve Monitoring wird die Leistung der Röhren überprüft und – wenn nötig – die BIAS-Einstellung automatisch nachgeregelt. So soll die Lebenserwartung der Glaskolben bis zum Zwanzigfachen erhöht werden. Auch defekte Röhren werden per LED signalisiert und können so umgehend ersetzt werden. Zusätzlich bietet der Verstärker sogar die Möglichkeit, verschiedene Röhrentypen und Marken zu kombinieren. Zugegeben, das klingt mehr als interessant! Deshalb habe ich mir ein Quartett 6L6er besorgt, die ich im Laufe des Tests anstelle der ab Werk gelieferten 5881 verwenden werde, nachdem ich mit letzteren einige Beispiele aufgenommen habe.
Wo wir gerade bei den Röhren sind: Vorstufenseitig kommen im Infinium drei ECC83 zum Einsatz. Weiter rechts befindet sich der FX Loop, der parallel ausgeführt ist und dessen Send-Level mit einem Regler angepasst werden kann. Der Amp bietet zwei Line-Outputs, einen mit der Bezeichnung „Recording“, der ein frequenzkorrigiertes Signal ausgibt und einen „Direct“, dessen Signal zum Beispiel eine weitere Endstufe füttern könnte. 4, 8 und 16 Ω Boxen lassen sich anschließen, wobei ein Schieberegler für die richtige Einstellung sorgt. Insgesamt können zwei Lautsprecher zum Einsatz kommen.
Ein Powermode-Schalter bietet die Möglichkeit, den Amp im Triodenmodus mit 60 oder im Pentodenmodus mit 120 Watt Leistung zu betreiben. Selbstverständlich befinden sich auch eine Sicherung und die Kaltgerätebuchse für den Netzanschluss auf der Rückseite.

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PRAXIS
Die Bedienung des Amps gestaltet sich also ziemlich einfach, aber ich bin gespannt, ob auch das Wechseln der Röhren tatsächlich so leicht von der Hand geht, wie der Hersteller es verspricht. Zuerst sollen natürlich die eingebauten 5881 Kolben beweisen, was sie können. Als Gitarre dient eine Strat mit Jeff Beck Humbucker und Fender Noiseless Single Coils. Die schwere 2×12“ Box mit Vintage 30 Speakern habe ich mit einem Shure SM57 in Verbindung mit einem Neve 8801 Mikrofon-Preamp abgenommen.
Ich beginne wie immer clean.

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5881 Clean Hals Mid Pos Pentode

Ich strumme in der Hals-Mittelposition ein paar Akkorde. Der Amp klingt glasklar und direkt, für meinen Geschmack vielleicht ein wenig kühl, aber Metal- und Hard Rock-Gitarristen wird es gefallen.
Ich schalte jetzt in die Halsposition und drehe den Hall auf 9 Uhr.

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5881 Clean Neck Pentode

Auch hier zeigt sich, dass der Clean-Kanal nicht zu den besonders warm klingenden seiner Zunft gehört. Dafür löst der Hall sehr dicht auf und gibt dem Sound eine gewisse Tiefe. Aber Vorsicht, er geht recht heftig zur Sache. Die Trioden-Einstellung verpasst ihm mit einigen zusätzlichen Mitten etwas mehr Wärme, aber trotzdem wirkt er leicht distanziert.
Jetzt geht’s in den Lead-Kanal, ich bleibe im Pentoden-Modus und der Gainregler, der übrigens bis 22 geht (witziges Gimmick), steht auf 2.

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5881 Crunch Humb Pent

Der leicht kühle Charakter bleibt und meine Spannung, wie er sich mit den 6L6ern machen wird, steigt. Natürlich steht die Klangregelung bei allen Beispielen auf Mittelposition.
Der Trioden-Modus ist an der Reihe, die Einstellungen bleiben ansonsten erhalten und auch der Humbucker bleibt im Einsatz.

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5881 Crunch Humb Triode

Aha! Da tut sich ja richtig was! Der Amp bekommt etwas mehr Mitten und dadurch eine kräftige Portion Wärme, die ihm gut zu Gesicht steht. Der Gain-Gehalt steigt und erzeugt ein sattes Crunch-Brett.
Im nächsten Beispiel darf der Hals Singlecoil ran, sonst bleibt alles wie gehabt.

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5881 Crunch Neck Triode

Der Verstärker geht tatsächlich recht feinfühlig auf die verschiedenen Pickups ein. Sehr gut!
Ich erhöhe den Zerrgrad auf 5 und schalte auf Pentode. Wir hören wieder die Strat mit dem Hals-Singlecoil.

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5881 Heavy Crunch Neck Pentode

Der Sound wird punchiger und dadurch auch direkter.
Zurück auf Triode, Humbucker aktiviert und ein oldschool Heavy Rock Riff abgefeuert. Auch hier steht der Gainregler auf 5.

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5881 Heavy Crunch Humb Triod

Wer sich ein wenig mit der Geschichte des Rock auskennt, und dort besonders mit den Neunzigern, der hört sofort, wie gut der Amp in der Lage ist, eben diesen Sound zu reproduzieren. Die 5881 Röhren liefern ihn!
Abschließend noch ein kleines High Gain Riff mit einer Prise Hall. Es ist gar nicht so einfach, das richtige Maß an Reverb einzustellen, ohne dass es gleich nach Kölner Dom ohne Bestuhlung klingt.

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5881 Max Gain Reverb Triode
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Der Amp hat bei allen Beispielen etwas leicht Sägendes in den oberen Mitten, was damals zum aktuellen Sound gehörte. Mein Ding ist das nicht unbedingt, klingt aber sehr authentisch. Ich bin gespannt, ob das tatsächlich an den Endstufenröhren liegt.
Apropos Röhren… Amp ausschalten, warten, bis sich die Röhren abgekühlt haben, schnell das Lüftungsgitter hinten abgeschraubt, alte Röhren raus und die 6L6er rein. Amp wieder einschalten, warten, Standby deaktivieren und es geht tatsächlich! Ein echtes Erfolgserlebnis. Der Verstärker hat die Justierung von selbst vorgenommen und ich höre jetzt die neuen Röhren. Es kann so einfach sein.
Wieder beginne ich mit dem Clean-Channel. Diesmal wage ich den direkten Vergleich zwischen Pentode und Triode.

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6L6 Clean Neck Pentode 6L6 Clean Neck Triode

Hier lässt sich recht gut heraushören, was die Umrüstung tatsächlich ausmacht. Die Pentoden-Einstellung klingt knalliger und etwas aufgeräumter, im Trioden-Modus verschiebt sich das Mittenbild und wird insgesamt “fleischiger“. In beiden Beispielen habe ich den Hals Single Coil verwendet.
Dasselbe Spielchen jetzt mit einem Crunchsound.

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6L6 Crunch Humb Pentode 6L6 Crunch Humb Triode

Im Pentoden-Mode wirkt der Amp frischer, da sich eine ganze Menge in den Höhen tut. Dadurch strahlt er mehr als im Trioden-Modus. Hier wiederum treten die wichtigen Mitten mehr in den Vordergrund und packen die (Sound) Faust ins Riff.
Ich ändere nichts an den Einstellungen und schalte in den Hals-PU.

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6L6 Crunch Neck Triode

Ich muss zugeben, dass mir der Amp mit den 6L6ern bis jetzt wirklich gut gefällt. Auch bei diesem Beispiel kommen die Mitten schön heraus, ohne sich in den Vordergrund zu spielen.
Es wird Zeit für mehr Gain. Ich erhöhe auf 9 Uhr, aktiviere den Humbucker und lasse den Schalter auf Triode stehen.

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6L6 Heavy Crunch Triode

Der Sound federt schön bei abgedämpften Getacker und bietet ein sehr amtliches Hardrock-Brett.
Da der 1990 Infinium auch einen Recording-Out bietet, ändere ich nichts an der Einstellung und schließe den Ausgang direkt an.

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6L6 Crunch Recording Out

Ich denke, das Beispiel bedarf keines weiteren Kommentars. In dieser Ausführung ist der Recording-Ausgang leider nicht zu gebrauchen.
Also Kabel wieder raus, auf Pentode geschaltet und den Gain maximal erhöht. Eine kleine Portion Hall obendrauf und los geht’s.

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6L6 Max Gain Humb Pentode

Auch dieser Sound macht richtig Spaß. Er zeigt sich angenehm direkt und klar in der Ansprache.
Wie gesagt, die 6L6er stehen dem Amp meiner Meinung nach besser und geben ihm die Wärme, die er in der ursprünglichen Bestückung vermissen ließ. Aber das ist reine Geschmackssache, denn auch mit der 5881er Bestückung liefert er einen charakteristischen Sound, mit dem man vor allem im Metal und Hard Rock absolut zu Hause ist.

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FAZIT
Mehr Amp für unter 400 Euro geht nicht. Die Ausstattung ist wirklich gut, der Amp klingt wie ein guter alter Bekannter und bietet zwei wirklich vernünftige Kanäle. Der Knaller ist für mich jedoch das Verwenden verschiedener Röhren und das Tube Biasing, das der Amp von selbst übernimmt. Obwohl es wirklich kaum zu glauben ist, wie ein solcher Amp zu einem solchen Preis hergestellt werden kann, bekommt er 4,5 Punkte. Das, weil er wirklich gut klingt, gut verarbeitet ist und Ausstattungsmerkmale mitbringt, die man sonst erst bei wesentlich teureren Verstärkern findet. Lediglich der Sound des Recording Out lässt zu wünschen übrig.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Valve Monitoring
  • Ausstattung
  • Verarbeitung mit kleinen Einschränkungen
  • Preis
  • Sound
Contra
  • kein Kantenschutz
  • Recording Out Sound
Artikelbild
Bugera 1990 Infinium Test
Für 489,00€ bei
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Facts
  • Hersteller: Bugera
  • Bezeichnung: 1990 Infinium
  • Herstellungsort: China
  • Gewicht: 22,5 kg
  • Maße: (BxHxT) 310 x 690 x 245mm
  • Leistung: Pentode 120 Watt, Triode 60 Watt
  • Reverb: digital, pro Kanal individuell regelbar
  • FX Loop: parallel
  • Werkseitige Röhrenbestückung: 4 x 5881 Endstufe, 3 x ECC83 Vorstufe
  • Besonderheiten: mitgelieferter Fußschalter, beliebige Endstufenröhren-Kombination, selbst einmessend durch Valve Life Monitoring, Umschaltung Triode/Pentode
  • Preis: 399,00 Euro
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