Audient ASP880 Test

Der Achtfach-Mic-Preamp Audient ASP880 bei bonedo im Test – Mit zahlreichen Outboard- und Desktop-Geräten baut sich der Mischpulthersteller Audient aus England eine Brücke in die Jetztzeit. Der achtkanalige ASP880 ist auf diesem Weg ein wichtiges Meilenstein.

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Im Prinzip sind all diese Schritte unvermeidlich: Alle klassischen Mischpultanbieter, die heute noch am Markt aktiv sind, haben mittlerweile ein stattliches Portfolio an Projektstudio-Tools im Angebot, die im Idealfall den Soundcharakter und die Qualität der alten Flaggschiffe mit verfügbar machen, bei kleinerem Fußabdruck. Zeitgemäß sind heute kleine, bewegliche und preisgünstige Setups – das klassische Recordingstudio mit großer Analogkonsole gibt es zwar noch, aber ein Großteil der Musik spielt heute in ganz anderen, meist DAW-basierten Arbeitsplätzen. Ganz abgesehen davon, dass heute nicht mehr zwingend alle Beteiligten zeitgleich ihre Parts einspielen müssen, sind nicht nur in Mixing- sondern auch in Recording-Situationen heute viele Routing-Funktionen einer klassischen Konsole vielleicht nicht obsolet, aber doch zumindest auch anders realisierbar. Und an genau diese Klientel richtet sich der Audient ASP880, ein achtkanaliges Frontend mit Vorverstärkern, Routing-Optionen und einer A/D-Wandlereinheit. Als technisches Bindeglied zwischen Band im Aufnahmeraum und DAW in der Regie ist kein weiteres (analoges) Tool im Signalweg vonnöten, um die Aufnahme zu durchzuführen. Konsolentechnik in ein kleines 19“-Gerät mit einer Höheneinheit geschrumpft? Das ist eine super Sache, wenn denn die Qualität stimmt. Und das klärt dieser Test – weiterlesen!

Details

Funktionsumfang: groß. Baugröße : klein.

Audient-Pulte standen nie für den sämigen Sound der typischen Class-A-Schiffe aus den frühen 70ern. Das ist auch kein Wunder: Technologisch vergleichbar etwa mit der aktuellen Generation von SSL setzt auch Audient auf Routing-Funktionen, auf Bandbreite und Transparenz – somit also auf die Parameter, die einem heute die Produktion nach Hause bringen, während die klanglichen Sahnehäubchen heute gezielt mit Spezialtools gesetzt werden. Aus diesem Blickwinkel gilt es auch den ASP880 zu betrachten. Es ist schon erstaunlich, was das Gerät funktional alles mitbringt: Acht sehr komplett ausgestattete Micpreamps, zwei DI-Inputs, acht A/D-Wandler, dazu eine umfangreiche Konnektivität: Lässt man sich diese Funktionen auf der Zunge zergehen, so denkt man nicht unbedingt an ein Gerät mit nur einer Höheneinheit. Aber Audient hat nicht nur geschafft, all dies auf und hinter der 1-HE-Frontplatte unterzubringen, sondern die Einzelteile auch übersichtlich anzuordnen und gut aussehen zu lassen. Da macht es Spaß, einen Blick auf die Details zu werfen. 

Fotostrecke: 3 Bilder Übersichtliches Layout: Auf der Frontplatte des ASP 880 findet man sich auf Anhieb gut zurecht.

Nicht alle acht Preamps identisch ausgestattet

Jeder Preamp bietet eine Verstärkung von 0-60 dB, einzustellen über ein angenehm schwergängiges Poti. Daneben bietet der Vorverstärker eine Reihe von teilweise obligatorischen, teilweise über ein Basis-Setup hinausgehenden Schaltfunktionen. Für jeden Kanal kann die Phantomspeisung separat aktiviert werden, dazu gibt es ein Trittschallfilter und eine Routing-Option. Zudem lässt sich die Eingangsimpedanz des Micpreamps zwischen 220, 1200 und 2800 Ohm umschalten, was von Audient etwas vollmundig „Triangle of Tone“ genannt wird. Der Begriff „Trittschallfilter“ beschreibt allerdings die Leistungsfähigkeit dieser Funktion nur unzureichend: Zwischen 25 und 250 Hz per Poti stufenlos durchstimmbar, lässt sich hier nicht nur tieffrequenter Körperschall ausblenden, sondern man kann auch bis weit in die Mittenfrequenzen hinein in den Klang eingreifen und damit beispielsweise dröhnende A-Gitarren oder allzu mollige E-Piano-Chords verschlanken. Mit einer Flankensteilheit von 12 dB pro Oktave wurde dabei ein guter Kompromiss zwischen effektivem Zugriff und angemessen dezentem Klang gefunden. Ein weiterer Schalter aktiviert die Routing-Option: Entweder, das Signal wird direkt auf den internen A/D-Wandler geschickt, oder aber der Send-/Returnweg wird aktiviert. Dieser erlaubt einerseits das Einschleifen von externen Analogprozessoren vor der Wandlung, andererseits können Vorverstärker und Wandlersektion so auch separat genutzt werden, letzere dann mit Inputs auf standardmäßigem Line-Level. Im Prinzip sind die Funktionen aller Kanäle identisch, Kanal 1 und 2 bieten jedoch noch zwei zusätzliche Funktionen – diese kommen in Gestalt eines -10-dB-Pads, das sich bei sehr heißen Signalen wie Bassdrum und Snare anbieten kann sowie zweier DI-Inputs auf JFET-Basis. Schön wäre es gewesen, wenn man diese Optionen auf verschiedene Eingangspaare verteilt hätte (damit man etwa Kick und Snare mit den Pads sowie zwei DI-Instrumente gleichzeitig hätte aufnehmen können), aber das hat wohl das Platzangebot auf der Frontplatte nicht zugelassen, folglich dieser Kompromiss.

Fotostrecke: 3 Bilder Praktisch jeder Zentimeter der Rückseite wurde mit Anschlussbuchsen bestückt.

Kein Netzschalter

Dafür gibt sich der technische Aufbau des ASP880 praktisch keine Blöße. In jeden Eingangskanal ist ein rudimentäres Metering mit Signal- und Peak-LEDs integriert, sämtliche Druckschalter sind farbig hintergrundbeleuchtet und das Gehäuse präsentiert sich auf dem höchsten Niveau, das in rein technischer Hinsicht vertretbar erscheint: Ganzmetallgehäuse und gefräste Aluminiumfrontplatte, Gesamtgewicht satte 4 kg. Hier wurde konstruktiv nicht gespart, ein höherer Hardware-Aufwand wäre reiner Luxus ohne praktische Notwendigkeit gewesen. Es spricht für die Audient-Ingenieure, dass das Gerät rein passiv gekühlt wird, also kein Lüfter notwendig ist. Allerdings hat man den Netzschalter eingespart. Trotz einer vergleichsweise geringen maximalen Leistungsaufnahme von 40 W ist das nicht zeitgemäß! Zum Ausgleich ist die Rückseite vollgepackt mit Anschlüssen. Es finden sich hier die XLR/TRS-Kombibuchsen für die acht Inputs, die Kaltgerätezuleitung sowie die Insertwege über zwei DB25-Buchsen. Daneben liegen die Anschlüsse der Wandlersektion, und zwar die digitalen Ausgänge in Form von zwei optischen ADAT-Ports sowie eine 9-polige Sub-D-Buchse, an der wahlweise S/PDIF- oder AES-Signale anliegen. Schließlich kann der ASP880 intern geclockt oder aber über einen BNC-Port mit einem externen Clocksignal versorgt werden, wobei diese Sektion unabhängig von der internen oder externen Taktung Raten von 44,1 bis 96 kHz unterstützt.

Fotostrecke: 3 Bilder Platz ausgenutzt: Die Audient-Ingenieure haben es geschafft, diesen Funktionsumfang auf einer einzigen (passiv gekühlten!) 19“-Höheneinheit unterzubringen.

ADC: Burr-Brown

Auch der eigentliche Signalweg wurde mit hochwertigen Komponenten ausgestattet. Dass die Ein- und Ausgänge elektronisch und übertragerlos symmetriert werden, ergibt sich aus der klanglichen Zielsetzung von Audient, aus dem Preispunkt des Gerätes sowie aus dem Platzbedarf im Gehäuse. In den Micpreamps findet sich Audients bewährte Class-A-Hybridschaltung, die zumindest teilweise auch auf Einzeltransistoren in Through-the-Hole-Bauweise setzt, während der Löwenanteil der Schaltungen in SMD-Technik umgesetzt wurde. Ein zeitgemäßes Schaltnetzteil versorgt das Gerät mit Strom, und die Wandlereinheit wurde mit hochwertigen Chips von Burr Brown ausgestattet.

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