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Arturia MicroBrute Test

Mit dem MicroBrute hat Arturia die Synthesizerwelt ein weiteres Mal überrascht. Nachdem der ursprünglich als Softwarefirma gestartete Hersteller vor zwei Jahren mit dem MiniBrute ein eindrucksvolles Gesellenstück im Bereich analoger Synthesizer vorgelegt hatte, lassen die Franzosen die Schaltkreise nun im Micro-Format glühen. Dass der Synth aus der gleichen DNA wie der erfolgreiche und überaus eigenständige MiniBrute geschnitzt ist, erkennt man schon am Namen und am Design. Aber soviel kann ich schon verraten: Wer jetzt mit den Schultern zuckt und einfach einen geschrumpften MiniBrute mit weniger Features erwartet, wird sich eines Besseren belehren lassen müssen.

Angriff der Analogzwerge: Der Arturia MicroBrute ist ganz vorne mit dabei
Angriff der Analogzwerge: Der Arturia MicroBrute ist ganz vorne mit dabei


Der MicroBrute verleugnet seine Herkunft nicht: Die Oszillator- und Filtersektionen basieren auf jenen des MiniBrute, dem sie mit ihren nicht alltäglichen Schaltungen seinen unverkennbaren Charakter gaben. Auch äußerlich ist die Nähe zum großen Bruder nicht zu übersehen. Aber wer genauer hinsieht, entdeckt schnell einige Panel-Beschriftungen, die es beim MiniBrute noch nicht gab, und dann ist da ja noch das kleine Patchfeld rechts oben. Was hat der MicroBrute, was der MiniBrute nicht hat, und braucht man am Ende vielleicht sogar beide?

Details

Konzept

Der monophone, subtraktive MicroBrute ist wie sein größerer Kollege durch und durch analog. Es gibt keine Presets, keine Speicherplätze und keine MIDI-Übermittlung von Reglerstellungen (von Pitchbend und Modulation einmal abgesehen). Stattdessen bekommt man pures Schraubvergnügen – „What-you-see-is-what-you-hear“ in Reinkultur. Statt Speicherplätzen liegen dem Synth eine Reihe von Overlay-Karten bei, die man auf die Bedienoberfläche legt, um Reglerstellungen darauf zu markieren. Auch einige „Preset“-Sheets sind enthalten, die bei der Programmierung der ersten Sounds helfen, einen Überblick über die Möglichkeiten bieten und einen Startpunkt für eigene Klangkreationen bilden können. Ganz ohne Presets kommt der Synth also doch nicht, das nehme ich zurück… Jenseits aller Nostalgie halte ich das Prinzip „Handyfoto“ aber für die praktikablere Variante der Preset-“Speicherung“.

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Arturia MicroBrute Demovideo

Gehäuse

Ganz dem aktuellen Trend folgend, ist der MicroBrute klein, kompakt und handlich. Der Synthesizer nimmt ungefähr die Grundfläche eines DIN-A4-Blattes ein und passt damit in jeden Rucksack. Allerdings ist das Gehäuse bis auf die Metall-Bodenplatte aus Kunststoff gefertigt – beim größeren MiniBrute ist hier abgesehen von den Seitenteilen alles aus Alu. Dennoch wirkt der Synth robust und stabil, das Gehäuse lässt sich nicht in sich verdrehen und zumindest unser Testexemplar kippelt auch nicht – beim MiniBrute war das ein gelegentlich geäußerter Kritikpunkt. Die Potis, Schalter, Taster und Fader sind baulich identisch mit denen des MiniBrute, wobei vor allem die Drehregler durch einen angenehm festen, Vertrauen erweckenden Drehwiderstand auffallen. Man läuft beim MicroBrute jedenfalls nicht Gefahr, ein Drehpoti durch bloßes Berühren versehentlich zu verstellen. Wie der MiniBrute besitzt der Micro eine Tastatur mit zwei Oktaven Umfang, die hier allerdings aus Minitasten besteht, ein Pitchbend- und ein Modulationsrad sowie zwei Taster zur Oktavumschaltung samt LED-Kette. Der ganze Synth wirkt trotz seiner Kompaktheit solide gebaut und dürfte auch den einen oder anderen Rucksacktransport unbeschadet überstehen.  

Fotostrecke: 4 Bilder Der MicroBrute orientiert sich beim Design am MiniBrute

Anschlüsse

Das Anschlussfeld an der Rückseite beherbergt neben dem Netzschalter und der Buchse für das externe Netzteil einen Mono-Ausgang (Klinke), einen Kopfhörerausgang (Miniklinke) und einen Mono-Audioeingang (Klinke) nebst versenktem „Input Level“-Poti. Dieses fährt beim Druck darauf aus und kann dann eingestellt und wieder im Gehäuse geparkt werden. Sehr edel und Rucksack-freundlich. Außerdem gibt es drei Miniklinkenbuchsen für CV/Gate, und zwar Gate In/Out (+5V) und Pitch CV Out (1V/Okt.). Weitere CV-Verbindungen lassen sich über das Patchfeld auf dem Panel realisieren, das wir uns gleich noch genauer ansehen werden. Zu guter Letzt besitzt der MicroBrute einen MIDI-Eingang (der Ausgang wurde hier eingespart, aber als Masterkeyboard bietet sich der Synth wegen der Minitasten ohnehin nicht wirklich an) und eine USB-Buchse. Letztere überträgt MIDI-Daten (hier auch hinaus) und ermöglicht die Verwendung der kostenlosen MicroBrute Connection Software, über die man Zugriff auf einige speziellere Parameter bekommt (mehr dazu im Praxisteil). Auch ein Finetune-Poti ist hinten zu finden, das sch ebenfalls im Gehäuse versenken lässt.

Fotostrecke: 2 Bilder Viele Anschlüsse für einen kleinen Synth

Oszillator

Der MicroBrute verfügt über einen analogen Oszillator. Das klingt zunächst nach wenig – die meisten „richtigen“ Analogsynths können mit mindestens zwei VCOs aufwarten und brauchen diese auch, um hörenswerte Klänge zu erzeugen. Doch der Oszillator des MicroBrute hat es in sich und sollte auf keinen Fall unterschätzt werden. Die Oszillatorsektion ähnelt der des MiniBrute, die mit ihrem nicht alltäglichen Konzept zu einem großen Teil für dessen eigenständigen Klangcharakter verantwortlich ist. Wo man sich andernorts zwischen den Schwingungsformen entscheiden muss, kann man hier Dreieck, Rechteck und Sägezahn gleichzeitig verwenden und jeweils in der Lautstärke regeln. Der MicroBrute besitzt Drehregler statt Fader für das Mischungsverhältnis. Wie beim MiniBrute verfügt jede der drei Grundschwingungsformen über ihre eigene Shaping-Funktion, die das klangliche Potenzial drastisch erweitert und jeweils mit einem Drehregler gesteuert wird. Beim Sägezahn regelt ein Poti den sogenannten „Ultrasaw“, namentlich eine Hommage an die legendäre „Supersaw“-Wellenform des virtuell-analogen Roland JP-8000, dem wir so manchen klassischen Trance-Anthem-Leadsound verdanken. Der Sound geht in Richtung mehrerer Sägezähne im Unison-Mode. Beim Rechteck gibt es einen Regler für die Pulsbreite, die per Patchfeld auch vom LFO oder der Hüllkurve moduliert werden kann. Beim Dreieck wartet schließlich ein Poti namens „Metalizer“. Was diese Funktion genau macht, lässt sich schwer in Worte fassen und war schon beim MiniBrute Gegenstand mancher Spekulationen. Fakt ist, das Ergebnis klingt glockig-brillant bis aggressiv – bisweilen sogar in Richtung digitaler Syntheseverfahren wie Yamahas FM oder Casios Phase Distortion – und sorgt für Klangspektren, hinter denen man nicht unbedingt einen subtraktiven, analogen Synthesizer vermuten würde.
Während der MiniBrute einen recht klassischen Suboszillator bietet, der sich zwischen Rechteck und Sinus umschalten lässt und eine oder zwei Oktaven unter dem VCO klingt, gibt es beim MicroBrute einen sogenannten „Overtone“-Oszillator mit einer Rechteckschwingung. Wie ein Sub ist er fest an den VCO gekoppelt. Allerdings klingt er eine Oktave unter und gleichzeitig (!) eine Quinte über dem VCO und man kann dazwischen stufenlos überblenden und diese Überblendung modulieren. Die Quinte erinnert dabei klanglich ein bisschen an einen per Hardsync an den VCO gekoppelten Oszillator. Damit haben wir das erste Feature des MicroBrute zu fassen, das man beim MiniBrute vergeblich sucht. Zwar muss man beim Micro auf die Sinusschwingung und die zweite Oktave unter dem VCO verzichten, aber diese „Overtone“-Abteilung verspricht eine erfreuliche Erweiterung des Klangspektrums.

Filter

Die fünf Klangquellen (Sägezahn, Rechteck, Dreieck, Overtone und der externe Eingang – auf den Rauschgenerator des MiniBrute wurde beim Micro leider verzichtet) werden dann zusammengemischt und dem Filter zugeführt. Auch hier orientiert sich der Synthesizer am großen Bruder. Verbaut ist ein eher ungewöhnliches Steiner-Parker-Multimodefilter mit 12 db/Okt. Flankensteilheit, das als Tiefpass, Hochpass oder Bandpass arbeitet. Den vierten Filtertyp des MiniBrute („Notch“) bietet der MicroBrute nicht. Das Filter verfügt über Potis für Cutoff, Resonanz, EG Amount und Keytracking und lässt sich darüber hinaus per Modulationsmatrix beeinflussen. Außerdem hat der MicroBrute natürlich auch ein Poti für den „Brute Factor“ – ein Filter-Feedback-Loop, der schon beim MiniBrute für fiese Klangverbiegungen verantwortlich war.

Fotostrecke: 3 Bilder Aufgeräumte Schaltzentrale: Bedienfeld des MicroBrute

LFO und Hüllkurve

Zu Modulationszwecken gibt es einen LFO und eine Hüllkurve. Ersterer verfügt über die Schwingungsformen Rechteck, Sägezahn fallend und Dreieck und lässt sich auf Wunsch zum Sequencer synchronisieren. Damit läuft er bei Bedarf im Gleichschritt mit einer MIDI-Clock oder einem getappten Tempo, was Studio-Bastler und Live-Performer gleichermaßen freuen wird.
Ein mit vier Fadern einstellbarer ADSR-EG ist einer weniger als beim MiniBrute, und auch auf dessen „ENV Speed“-Umschaltung (Slow/Fast) muss man hier verzichten – im direkten Vergleich ist die Hüllkurvengeschwindigkeit irgendwo zwischen den beiden Einstellungen des MiniBrute angesiedelt. Mit einem Schalter kann man den VCA auf „Gate“ schalten und dem Einfluss der Envelope entziehen, wodurch sich das Fehlen des zweiten EG in vielen Fällen kompensieren lässt. Eine grüne LED visualisiert den Verlauf der Hüllkurve.

Modulationsmatrix, Patchfeld, CV/Gate

Anders als der MiniBrute, bei dem die Modulationsroutings fest verdrahtet sind, besitzt der MicroBrute eine kleine Steck-Matrix aus acht Miniklinkenbuchsen. Zwei kurze, knall-orangene Patchkabel liegen dem Synth bei. Das verhält sich in Ansätzen so wie beim halb-modularen Korg MS-20 (mini), bei dem man die fest verdrahteten Routings mit Steckverbindungen „überschreiben“ bzw. ergänzen kann. Einige wichtige Modulationen sind auch beim MicroBrute fest verbunden und lassen sich einfach per Poti hineindrehen bzw. schalten: Filter-Hüllkurvenintensität, Filter-Keytracking, VCA-Envelope über Schalter Env/Gate und LFO-Amount oder Cutoff über Modulationsrad). Zwei weitere Routings sind auf der Platine „vordefiniert“ und werden erst durch das Einstecken von Patchkabeln unterbrochen: Wenn keine Kabel gesteckt sind, wirkt die Hüllkurve auf den Metalizer und der LFO auf die Tonhöhe – vorausgesetzt, die entsprechenden „Amount“-Regler in der EG- bzw. LFO-Abteilung sind aufgedreht. Per Patchkabel kann man diese Verbindungen kappen und die beiden Modulationsquellen flexibel zu den sechs Zielen Metalizer, Ultrasaw, Sub/Overtone-Überblendung (s.o.), Pitch, Filter und Pulsbreite schicken. Die Intensität der Patchfeld-Modulationen wird mit den jeweilgen „Amount“-Potis in den LFO- und Envelope-Sektionen geregelt, wobei sich der LFO Amount auch auf das Modulationsrad legen lässt.
Nebenbei verfügt der MicroBrute damit über CV-Eingänge nicht nur für Pitch und Filter, sondern auch für die drei Shaping-Funktionen des Oszillators sowie die Overtone-Überblendung, und CV-Ausgänge für LFO und EG. Damit wird der Synth zu einer interessanten Erweiterung für ein bestehendes modulares CV/Gate-Setup (einen Gate Ein- und Ausgang und Pitch CV Out gibt’s ja auf der Rückseite). In Sachen CV/Gate überholt der MicroBrute den größeren MiniBrute jedenfalls mühelos und fühlt sich im Kabelsalat eines Analogfricklers mindestens genauso wohl wie in einem modernen DAW-Setup. Vielleicht sogar wohler, denn per CV kann man deutlich mehr Klangparameter extern steuern als über MIDI (über MIDI lassen sich lediglich LFO-Depth oder Cutoff steuern, indem man sie dem Modulationsrad zuweist).

Sequencer

Anstelle des klassischen Arpeggiators des MiniBrute verfügt der MicroBrute über einen programmierbaren Stepsequencer mit acht per Drehregler anwählbaren Pattern-Speicherplätzen. Er synchronisiert sich automatisch zu einer eingehenden MIDI-Clock oder lässt sich per Tap-Tempo oder Rate-Poti auf das gewünschte Tempo einstellen. Beim Abspielen können die Patterns durch Drücken von Tasten auf der Tastatur transponiert werden. Auf weitere Parameter des Sequencers kann man mit der Editor-Software Einfluss nehmen, die auch das Archivieren von Patterns auf dem Computer erlaubt.

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