Ampeg Portaflex PF-20T / Ampeg PF-112HLF Test

Bereits 1960 erblickte die erste Portaflex-Anlage das Licht der Welt und ebnete zu dieser Zeit schon den Weg für den heutigen Trend, kleine und leichte Bassanlagen zu bauen. Mit der neuen Portaflex-Serie stellt Ampeg nun einmal mehr unter Beweis, dass satter Röhrensound nicht immer gleichbedeutend mit enormer Leistung und Gewicht sein muss. Der amerikanische Traditionshersteller bietet in der neu aufgelegten PF-Serie zwei Amps an – die eine 20 Watt und die andere 50 Watt stark – die sich vor allem an Home- und Profistudios richten. Das passende 1x12er-Cabinet aus der PF-Serie wurde mir für den Test ebenfalls gleich mitgeliefert.

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Eine Besonderheit gleich vorweg: die Vollröhren-Amps lassen sich auch ohne Last betreiben, d.h. sie laufen auch dann, wenn gar keine Lautsprecher angeschlossen sind, was extrem ungewöhnlich für Röhrenverstärker ist. Somit eignen sie sich hervorragend als hochwertige Röhren-DI in der anspruchsvollen Studiosituation, in welcher auf einen besonders warmen und ausgewogenen Sound Wert gelegt wird.

Details

PF-20T (Basstopteil)

Schlicht geht es auf der Frontseite zu: neben der Inputbuchse sitzt der Gainregler, gefolgt von einer Dreiband-Klangregelung mit Bass, Midrange und Treble. Als letzten Regler in der Reihe findet sich schließlich noch ein Poti für das Mastervolumen. In der Preamp-Sektion wurden zwei der beliebten 12AX7-Röhren verbaut, die Endstufe wird mit zwei größeren 6V6-Röhren angetrieben.

Fotostrecke: 5 Bilder Ist es ein Raumschiff? Ein Mixer? Eine Kaffeemaschine? Nein, hinter diesem ungewöhnlichen Look …

Die Rückseite bietet dazu, was der ambitionierte Bassist braucht: neben einem Mainpower-Schalter gibt es auch einen Standby-Schalter. Der “bias control switch” wird dann nötig, wenn einmal die Röhren gewechselt werden – bzw. lässt sich mit der Spannungsausrichtung der Röhren auch Einfluss auf den Sound nehmen, aber dazu später mehr.
Gleich zwei DI-Ausgänge stehen bereit: ein Balanced Line Out und ein Preamp Out, jeweils pre oder post EQ schaltbar – je nachdem, wie man das Signal abgreifen möchte. Hier besteht auch die Möglichkeit, das Signal gleich auf drei Arten in das Pult zu schicken: einmal als symmetrisches Signal vor der Endstufe, dazu über Preamp Out vor der Klangregelung bzw. nach der Klangregelung und Endstufe. Beide DI-Ausgänge sind abhängig vom Mastervolumen, außer der Preamp Out in “pre”-Stellung.

Fotostrecke: 5 Bilder Auch von der Seite wird die Optik des Topteils …

Ein einziger Speakerausgang wurde in Form einer Klinkenbuchse verbaut. Das ist zwar heutzutage nicht mehr ganz zeitgemäß, aber immerhin rundet es das Bild des puristischen Vintage-Ansatzes ab. Ein Schalter, um die Lautsprecher-Impedanz von 4 bzw. 8 Ohm anzuwählen, findet sich noch unter dem Speakerausgang. Um Brummschleifen zu vermeiden, darf natürlich ein Groundlift nicht fehlen. Auf einen Effektschleifenweg wurde allerdings leider verzichtet.
Sollte der Amp häufiger transportiert werden, besorgt man sich am besten gleich ein passendes Flightcase, denn dem Ampeg-Top fehlt jegliche Art von Griffen oder Halterungen.

Fotostrecke: 4 Bilder “Tube or not tube” – die Frage stellt sich bei diesem Ampeg-Topteil nun wirklich nicht!

PF-112HLF (Bassbox)

Stylisch sieht sie aus mit ihrem “black diamond”-Tolexüberzug und der Vintage-Frontbespannung. Ein mit 200 Watt an 8 Ohm belastbarer Ceramic Eminence-Lautsprecher sitzt in einem Bassreflexgehäuse mit Abstrahlung nach vorne. Für die Höhenschmatzer kommt ein 1″-Hochtöner zum Einsatz. Dieser kann per Schalter ein- oder ausgeschaltet werden. Hier werden also nicht nur Vintagefreunde bedient, sondern auch moderne Sounds ermöglicht!
Um die Box mit dem Amp zu verbinden, stehen zwei Klinkenbuchsen zur Verfügung, was auch nötig ist, um eine zweite 8-Ohm-Box durchzuschleifen. In diesem Falle kann man dann beide Cabs mit einer finalen Gesamtimpendanz von 4 Ohm am Amp betreiben. Mit 14 kg zählt die Bassbox zu den Normal- bis Leichtgewichten unter den 1x12er-Cabinets, daher wurde auch lediglich ein massiver Griff in die Seite eingelassen, um sie einhändig tragen zu können. Für das angenehme Gewicht ist sicher auch das 15 mm starke Pappelholz verantwortlich. Diese Holzsorte des amerikanischen Tulpenbaums, eher als “American Whitewood” bekannt, wird aufgrund seiner günstigen Eigenschaften übrigens auch gerne im Instrumentenbau verwendet.
Mit einem Neodymspeaker ließe sich sicher noch etwas an Gewicht einsparen, jedoch hätte das wieder klangliche und – weil es mit der Beschaffung von Neodym zunehmend schwieriger wird – auch preisliche Auswirkungen.

Fotostrecke: 7 Bilder So schön wie damals: der Look des Cabinets …

Praxis

Gleich beim ersten gespielten Ton wird klar, wo die Reise hingeht: die Röhrentechnik stellt einen transparenten, fast schon 3D-haften Klang in den Raum, der einfach immer “groß” klingt, egal bei welcher Lautstärke! Zugegeben: Mit den 20 Watt (die natürlich auf keinen Fall mit “mickrigen” 20 Watt eines Transistor- oder gar Digital-Amps verglichen werden können!) kommt man letztlich selbst bei Vollröhrentechnik nicht sehr weit. In einer nicht allzu lauten Umgebung aber, also einem Jazzclub oder mit einem Akustik-Trio sowie als hochwertige Übungsanlage für Klangästheten, kann ich mir diese kleine Ampeg-Anlage ganz hervorragend vorstellen. Auch im Studio und der Recordingsituation kann sie so richtig auftrumpfen, denn hier darf es ja in Sachen Lautstärke durchaus etwas gediegener zugehen, ohne dass man Klangeinbußen erleiden müsste.

Die Eingangssektion ist sehr empfindlich ausgelegt, sodass ich mit dem Kontrabass und einem Piezotonabnehmersystem (David Gage “The Realist”) wirklich fantastische Klangergebnisse erzielen konnte. Das Set klang hier sehr natürlich und unterstütze ganz unauffällig, aber mit ausreichender Lautstärke, den Sound des Kontrabasses.
Aus einem anderen Blickwinkel ist die empfindliche Eingangssektion jedoch leider auch der einzige Wermutstropfen. Es gibt zwar einen Gainregler, jedoch ist der Eingang bereits derart empfindlich ausgelegt, dass ich mit meinen modernen pegelstarken Aktivbässen (Marleaux Votan, M-Bass und Consat, aber auch einem LeFay) im Grunde gar keinen cleanen Sound erzeugen konnte, da die Vorstufe bereits vom Gain überfahren wurde und eine Übersteuerung zu hören war. Hier würde ich mir also durchaus eine zusätzliche Möglichkeit zur Pegelabsenkung wünschen, gerade weil der Amp ja auch als Luxus Bass-DI-Box gedacht ist. Aus diesem Grund habe ich für den weiteren Test und die Klangbeispiele meinen Jazz Bass von 1974 zur Hand genommen. Dieser Bass wurde von mir zwar auch mit modernen Delano-Pickups bestückt, arbeitet aber immerhin rein passiv. Kommen wir also zu den Soundbeispielen!

Aus dieser Perspektive erinnert das Ampeg-Stack fast an eine futuristische Skyline.
Aus dieser Perspektive erinnert das Ampeg-Stack fast an eine futuristische Skyline.

Zuerst habe ich einen Loop eingespielt, um die drei unterschiedlichen DI-Abnahmemöglichkeiten zu testen. Dabei fiel auf, dass der Balanced Out den Ton des Basses sehr offen und edel wiedergibt (Beispiel 1). Beim Preamp Out post EQ, also den Ton nach Klangregelung und Endstufe abgegriffen, verdichtet sich der Klang deutlich, verliert aber auch in den Höhen (Beispiel 2). Bei Beispiel 3, also Preamp Out pre EQ, erfahren wir nur eine leichte Verdichtung im Ton verglichen mit dem Balanced Out-Sound. Ich habe absichtlich die Drumbegleitung des Loopers mit aufgenommen, damit der Klangunterschied gerade im Höhenbereich anhand der HiHat deutlicher wird. Alle Regler hatte ich bei diesem Testlauf auf Mittelstellung stehen.

Audio Samples
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DI Balanced Out – post EQ Preamp Out – post EQ Preamp Out – pre EQ

Jetzt geht es mir um einen rockigen Fingersound. Die Einstellung am Amp war:
Gain 12 Uhr, Bass- und Mittenanhebung auf 2 Uhr, Höhenabsenkung auf 7 Uhr, Mastervolume-Mittelstellung (12 Uhr). Für diese Aufnahme habe ich den Balanced DI genommen und dazu ein Mikro vor die Box gestellt. Der Unterschied ist enorm, denn man bekommt zwei völlig eigene Ergebnisse mit dennoch gleichem, erdigen Grundcharakter. Der DI erzeugt einen aufgeräumten, sehr direkten und modernen Sound (Beispiel 4), während über die 12″-Box der beliebte Vintage-Hauch deutlich hervortritt (Beispiel 5).

Audio Samples
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Fingerstyle (Rock): DI Balanced Out Fingerstyle (Rock): Mikrofon-Abnahme über Box

Im nächsten Beispiel ging es mir um einen cleaneren Slapsound. Die Klangregler standen dabei wie folgt: Gain auf 12, Bassboost bei 3 Uhr, Mittenabsenkung bei 9 Uhr, Höhenanhebung bei 1 Uhr, Mastervolume auf 12 Uhr. Die kernige Röhre lässt sich nie leugnen und so bekomme ich stets einen warmen und großen Ton. Das Cabinet (Beispiel 6) färbt auch hier wieder deutlich den Sound mehr in Richtung Vintage als der DI Out (Beispiel 7).

Audio Samples
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Slapstyle: DI Balanced Out Slapstyle: Mikrofon-Abnahme über Box

Bei einem Röhrenamp muss ich aber natürlich auch einfach mal probieren, den Gain noch etwas weiter aufzureißen, um in die typische Röhrenkompression und -zerre zu kommen. Hierfür schalte ich nun den Hochtöner am Cabinet aus. Der DI kommt wieder sehr aufgeräumt rüber (Beispiel 8) und die Box kann das ganze Zerrspektrum ausspielen, da ja auch die Röhrenendstufe nicht ganz unbeteiligt am Klangverhalten an und mit der Box ist (Beispiel 9). Die Klangregelung war hierbei folgendermaßen eingestellt: Gain auf 3 Uhr, Bassanhebung auf 3 Uhr, Mittenanhebung auf 3 Uhr, leichte Zurücknahme der Höhen auf 11 Uhr, Master auf 9 Uhr.

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Overdrive: DI Balanced Out Overdrive: Mikrofon-Abnahme über Box

Zu guter Letzt habe ich den Kontrabass mal an den Ampeg gehängt und über den Balanced DI aufgenommen. Ich bin sehr begeistert, wie großartig der Ton und vor allem der Anschlagsattack hierbei übertragen werden. Mit Gain auf 10 Uhr, Bass mittig 12 Uhr, ein leichter Mittenboost auf 2 Uhr, Höhen mittig bei 12 Uhr und Master ebenfalls auf 12 Uhr kommt der Sound absolut natürlich rüber und schmeichelt warm dem Ohr.

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Kontrabass: DI Balanced Out

Am Ende meines Tests habe ich es mir auch nicht nehmen lassen, etwas mit der Endstufenspannung, sprich der Arbeitspunkteinstellung der Röhren, zu experimentieren. In der ausführlichen Online-Beschreibung wird erklärt, dass man mit unterschiedlicher Einstellung des Bias-Reglers den Sound massiv beeinflussen kann. Und tatsächlich: fährt man die Röhren etwas heißer an, d.h. mit der Bias kurz bevor die Kontrollleuchte im Ruhezustand rot leuchtet, klingt der Amp noch einmal fetter und bassiger. Beansprucht man die Röhren auf diese Weise nun heftiger, ist jedoch gleichzeitig ein höherer Verschleiß zu erwarten. Stellt man den Bias so ein, dass er noch weit unterhalb des roten Bereiches bleibt, klingt es detailreicher und transparenter, was mir persönlich besser gefallen hat. Doch das ist natürlich reine Geschmacksache!

Fazit

Die kleine Portaflex-Anlage aus dem Hause Ampeg hat mich sehr begeistert! Man bekommt hier mit kleinstem Besteck einen wirklich authentischen und charaktervollen Röhrensound geboten. Dabei reagiert der Amp sehr dynamisch und klingt immer “groß” – ja, es tritt schon fast schon eine Art 3D-Klangeffekt in den Raum, derart detailreich wird der Ton abgebildet. Kräftige Muskeln spielen lassen kann der Kleine nicht, aber dafür wurde er auch nicht konzipiert. Stattdessen liegt seine wahre Stärke darin, in anspruchsvollen Recordingsituationen als hochwertige DI-Box zu glänzen, oder bei einer leisen Session einen edlen und dabei transportablen Röhrenton zu bieten. Schade finde ich das Fehlen eines Pegelabsenkers am Input für laute Aktivbässe. Zugegeben, hier wird natürlich der Vintage-Gedanke deutlich: am besten verträgt sich der PF-20T nun mal mit passiven Bässen.
Bei den DI Outs hätte ich mir ebenfalls ein Pad oder ein stufenloses Volumepoti zur Pegelabsenkung gewünscht, denn was der Preamp in der “pre”-Stellung rausschiebt, ist schon enorm. Möchte man dazu die Endstufe heißer anfahren und “post” abgreifen, so läuft man Gefahr, den Eingang des Recording-Pults ordentlich zu überfahren. Am Kontrabass hat mir das Setup übrigens fast am besten gefallen, daher geht meine klare Empfehlung auch in diese Richtung! Die Preisgestaltung geht bei dieser Sound- und Verarbeitungsqualität völlig in Ordnung.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • transparenter und charaktervoller Röhrensound
  • hervorragende Studio DI-Box
  • zwei DI Outs mit drei Möglichkeiten der Abnahme (balanced/pre/post)
  • hervorragend geeignet für Kontrabass mit Piezotonabnehmer
  • geringes Gewicht
  • einfache Kontrolle über die Röhrenspannung durch Bias Control
  • sehr gute Abstimmung Amp-Box
  • cooles Design
Contra
  • keine db-Absenkung am Input möglich, daher nicht sehr gut für pegelstarke Aktivbässe geeignet
  • keine regelbaren DI Outs
  • Amp etwas umständlich zu transportieren
Artikelbild
Ampeg Portaflex PF-20T / Ampeg PF-112HLF Test
Für 1.189,00€ bei
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Technische Spezifikationen
  • Amp
  • Hersteller: Ampeg
  • Modell: PF-20T
  • Leistung: 20 Watt
  • Vorstufe: 2 x 12AX7-Röhren
  • Endstufe: 2 x 6V6-Röhren
  • Regler: Gain, Bass, Midrange, Treble, Mastervolume
  • Schalter: Mainpower, Standby, Bias-Control, Impedanz-Umschalter
  • Anschlüße: 1 x Input, 1 x Speaker-Out, 2 x DI-Out
  • Maße: 185 x 330 x 264 mm (H x B x T)
  • Gewicht: 6,9 kg
  • Zubehör: Stromkabel
  • Preis: 831,81 Euro (UVP)
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Technische Spezifikationen
  • Box
  • Modell: PF-112HLF
  • Hersteller: Ampeg
  • Bauprinzip: Bassreflexgehäuse
  • Impedanz: 8 Ohm
  • Belastbarkeit: 200 Watt RMS
  • Lautsprecher: 1×12“ Ceramic Eminence, 1“-Hochtöner
  • Anschlüße: 2 x Klinke
  • Schalter: Hochtöner an/aus
  • Frequenzgang: 68 Hz – 14 kHz
  • Wirkunsgrad: 96 db
  • Maße: 503 x 434 x 333 mm (H x B x T)
  • Gewicht: 14 kg
  • Preis: 593,81 Euro (UVP)
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