Allen & Heath XONE:1D Test

Praxis

Kanal der Wahl
Mancher Laptop-Consollero kennt vielleicht die Probleme mit Steuereinheiten, deren MIDI-Kanal in Stein gemeißelt ist. Bei mir sorgte seinerzeit die erste Auslieferung von Vestax VCI-100 für erhöhten Konfigurationsaufwand im Controller-Team. Erst ein Firmware-Update brachte die Wahlfreiheit von immerhin zwei Kanälen mit sich. Toll, das Xone sich direkt an der Hardware umschalten lässt. Das erleichtert den Einsatz mit weiterem Equipment oder einer zweiten baugleichen Einheit. Hält der DJ POS (Power on Setup) gedrückt und stöpselt dann USB-Power an den Controller, kann er anhand der beigelegten Tabelle per Knopfdruck zwischen 16 Kanälen umschalten und danach zusätzlich festgelegte Traktor oder Ableton Voreinstellungen aufrufen. Schade, dass es keine Mapping-Software gibt, die sämtliche Parameter ändern und in diversen Setups speichern kann, so wie dies Korgs Kontrol-Editor für meine Nanos erledigt.

Fotostrecke: 2 Bilder Power on Setup!

Hart oder weich?
Vor der Anschaffung eines MIDI-Controllers stellt sich manchmal auch die Frage, ob in der Zukunft nach Hard- oder Softwaremixing betrieben werden soll. Beide Varianten bergen Vor- und Nachteile. Die Frage, ob analog oder digital besser klingt, lässt sich nicht eindeutig beantworten und hängt vom persönlichen Empfinden ab. Andere Aspekte liegen da schon deutlicher auf der Hand: Analogmixer haben oft ein großzügigeres Layout und eine ausgefeiltere Monitoring-Sektion. Ein Vier-Kanal-Mischpult wie DJM-600 bietet Direktzugriff auf alle vier EQ-Reihen und Kanalzüge ohne lästiges Umschalten. Allerdings müssen sämtliche Ausgänge verkabelt werden. Wer sein Set aufnehmen will, benötigt weiteres Equipment und noch mehr Kabel. Wird digital gemixt, kommt der DJ meist mit Master und Monitor aus. Harddisk-Recording geschieht auf Knopfdruck. Den Controller und sein Laptop in der Tasche ist er äußerst mobil und stöpselt sich „jederorts“ leicht an das vorhandene Equipment an. Dem Laptop-DJ bieten Systeme ab 24 Bit (Traktor arbeitet mit 32 Bit Floating Point.) zudem einen großen Dynamik-Umfang. Auf Wunsch schützen softwareseitige Master-Limiter vor Clipping, damit er nicht zum Schreckgespenst des Tanzsaales avanciert. Aber natürlich ist der Sound nur gut, wenn auch die Wandler taugen. XONE:1D kommt jedoch ohne Soundinterface und ebenfalls ohne Beipack-Software. Gerade Neueinsteiger haben daher die Qual der Wahl – oder vielleicht doch nicht? Das kommt ganz darauf an. Kompatible Audio-Interfaces gibt es wie Sand am Meer, softwareseitig sieht das etwas anders aus, denn kaum ein Mix-Programm unterstützt den heutigen Testkandidaten nativ. Eigenkonfiguration ist angesagt.

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Kompatibilität mit gängigen DJ-Programmen
Deckadance kommt ohne 1D-Unterstützung, eine Lernfunktion hilft jedoch beim Mappen. Ebenfalls keine Spur von Xone bei PCDJ Dex. Trainiert wird die Steuereinheit manuell und anschießend wird das Mapping im XML-Format gespeichert. Die Liste unterstützter Hersteller ist bei Virtual-DJ wirklich groß. Allen und Heath sind jedoch nicht vertreten. MIDI-Learn ebenfalls nicht, dafür implementiert Atomix eine eigene Scriptsprache. Auch Serato ignoriert den Testkandidaten gänzlich. Rekonfiguration ist traditionell sowieso eher ein Fremdwort für die australische Software-Schmiede. Nix mit Mixxx in Mac OS X – Schneeleopard wies den Kontroller in der Software erst gar nicht aus. Unter Windows läuft er hingegen, hier hilft ein Setup-Wizard beim Einrichten. Weiter im Text: Fehlanzeige bei Mixvibes Cross, vier Steuereinheiten integriert das französische DJ-Tool zum heutigen Zeitpunkt, ein User-Mapping soll mit einem nächsten Update kommen. Native Instruments Traktor bildet die rühmliche Ausnahme und unterstützt den Engländer von Haus aus. Zudem hat Traktor eine umfangreiche Bibliothek an Konfigurations-Befehlssätzen an Bord, die sich bei Bedarf im Handumdrehen, respektive Reglerbewegung, zuweisen lassen.

Handling und Performance mit Traktor
Ergonomie, Workflow und Effizienz sind ein Zusammenwirken von Haptik, Controller-Layout, angewandter Software und eigenen Arbeitsabläufen. Im Idealfall wird die DJ-Software weitestgehend auf die Hardware abgebildet. Zwar werden insgesamt drei unterschiedliche Traktor-Konfigurationsdateien auf A&Hs Internetpräsenz angeboten, doch konnten mich keines der Mappings bis ins Detail überzeugen. Mein DJ-Kollege David war teilweise anderer Meinung und so hatten wir eine ausgiebige Diskussion über den Sinn und Unsinn diverser vorgefertigter Controller-Belegungen, die den Rahmen des Artikels aber definitiv sprengen würde. In einer Sache herrschte jedoch Einigkeit: Ein Grundpfeiler einer DJ-Software sollte eine unkomplizierte Lern-Funktion für Steuerbefehle sein, die nicht nur Einsteigern eine unkomplizierte Controller-Programmierung ermöglicht. Traktor hat weiterhin Modifier unter der Haube, die Mehrfachbelegungen der Bedienelemente (Shift/Alt) zulassen. In dieser Hinsicht kann sich manch anderes Softwarehaus ein Scheibchen abschneiden und solange, zumindest Xone-technisch, in der zweiten Reihe parken.

traktoreditor

Die vorgefertigten A&H Mappings sind eher für den Betrieb in einem klassischen Turntable-Setup ausgelegt. Ein externer Mixer übernimmt die Klangsteuerung, Xone dirigiert hauptsächlich Traktors Loop-und Effekteinheiten. Die oberen vier Encoder aktivieren und verschieben Loops für Deck A und B, zusätzlich verändern sie die Größe der Schleifen. Prima. Das macht deutlich mehr Laune als mit Buttons. Die beiden nachfolgenden Reihen stehen ganz im Zeichen von Effekten.

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Je nachdem welches der drei Config-Files geladen ist, steuern die Linefader Lautstärke und Filter der einzelnen Decks oder den Dry/Wet-Anteil der FX-Units. D/W oder Filter über einen Schieber zu bedienen ist aus DJ-Sicht sicher etwas ungewöhnlich, aber schnell adaptiert. Auch die Button-Matrix widmet sich der Effektsteuerung. Shift aktiviert außerdem Cuepunkt-Verwaltung und Filterswitch. ALT ermöglicht zugriff auf vier virtuelle Track-Markierungen.

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Das Multifunktionswheel kommt ebenfalls nicht um Mehrfachbelegungen herum. Jogging, Scanning und Browsing schlägt der Hersteller vor. Sämtliche Overlays der Produzenten stehen auf der Website zum Download bereit und zwar im Photoshop, Illustrator und PDF-Format. Somit lassen sich die Layout-Dateien jederzeit an die eigene Konfiguration anpassen. Den nötigen A3-Print sollte der DJ in jedem Copyshop für ein paar Cent erstehen können. Ausgedruckt auf Karton oder Fotopapier, laminiert und mit einem Locheisen-Set ausgestanzt, bekommt er so seine individuelle Controller-Optik. Hut ab!

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Ableton-DJ
Neben seines Produktions-Schwerpunktes ist Live auch für den digitalen DJ eine Option, besonders wenn on-the-fly Remixe ins Spiel kommen. Zu diesem Zweck bietet es unter anderem Crossfader, Vorhöre und Equalizing. In den einzelnen Tracks können Cuepunkte gesetzt werden, sodass der DJ jederzeit an eine bestimmte Songposition springen kann. Sogar Beatjuggling mit mehrfachen Track-Instanzen oder völlig unterschiedlichen Songs ist möglich. Zahlreiche (VST-) Effekte lassen sich auf das Audiomaterial anwenden, verketten oder gemeinschaftlich mit einer Reglerbewegung abfeuern. Warp ermöglicht Beatmatching durch Timestretching, selbst eine Nudge-Funktion ist mit an Bord. Doch ganz so einfach wie Treckerfahrern wird es den Live-Performern nicht gemacht. Weder auf A&Hs Internetpräsenz, noch auf Abletons Website gibt es fertige Belegungen für XONE:1D. Die sind aber schnell selbst erledigt und wie bei Traktor gilt: Am besten, man richtet sich seine Arbeitsumgebung selbst ein. Da weiß man, was man hat! Beispielsweise könnte die Scene- und Clip-Selektion mit dem Jogdial und seinen vier Richtungsbuttons vollzogen werden oder DJ browst mit dem Wheel durch Loops, Instrumente und PlugIns. Die großen beleuchteten Buttons laden das Futter in die Kanäle. Drei Potis in vertikaler Reihe steuern die EQs oder auch Effekte und Filter. Die Linefader pegeln Kanal-Lautstärken ein, die Buttons ermöglichen Transportsteuerung oder Channel-Mutes. Denkbar wäre hier auch ein Mini-Launchpad, das auf einem zweiten Layer ganze Szenen abspielt. Mein Testsetup für vier Kanäle bestätigte Xones-Livetauglichkeit, obwohl ich auch hier wieder die fehlende vierte Potireihe schmerzlich vermisste. Es klingelt an der Tür.

Joe Dau bringt unerwartete Interferenzen ins Geschehen…
Joe Dau hat in diesem Sommer seine ersten digitalen Gehversuche mit Vestax VCM-100 eingeleitet. Seine bessere Hälfte Jenny ist inzwischen freudiger Erwartung und Joe will sich nun aus Platzgründen von seinen analogen Plattenspielern zugunsten einer kompakteren, kreativen MIDI-Komplettlösung trennen. Das könnte ein Fall für Xone:1D neben seinem PCM06 sein. Als ich ihm den Controller und die vorgefertigten Mappings erkläre, unterbricht er mich bereits nach kurzer Zeit.

„Dit is ma zu komplex, drei Ebenen und mehrere Knöpfe uf eenmal drücken, nee danke! Übersichtlich sindse ja eigentlich. Und jut anfühlen tun se sich ooch. Denn nehm ick lieba zwee von di Dinga, wa. Eeena rechts, eeena links“. Gesagt, getan. Drei Tage später klingelte es erneut an meiner Tür und das Unheil nahm seinen Lauf.

„Geht nich..“ waren seine ersten Worte, als er die Kistchen auf dem Tisch abstellt. „Gibs nich“ war meine ebenso knappe Antwort. Den gesamten Nachmittag im Dialog zu schildern würde nun den Rahmen des Artikels sprengen. Ich machs kürzer. Tatsächlich gibt es vorm Doppeldecker-Spaß einige hard- und softwarebedingte Hürden zu meistern. Zunächst benötigt der DJ für den USB-Betrieb mindestens zwei bis drei Schnittstellen. Jeweils eine pro Controller und eine zusätzliche Buchse für die externe Soundkarte. Das bedeutet für viele Macbooks einen zusätzlichen USB-Hub und damit weitere Fehlerquellen. Hat der DJ seine Musikbibliothek auf einer externen Festplatte, wird’s noch enger. Ein Firewire-Interface ist eine Alternative aber aktuell nur den Pro-Modellen vorbehalten. Lediglich das 17-Zoll-Spitzenfabrikat besitzt drei USB-Anschlüsse (Stand Dezember 2009). Dann ist der Betrieb allerdings kein Problem. Im MIDI-Fenster werden beide Einheiten aufgelistet. Die Konfigurationsdatei lässt sich im Editor per One-Klick kopieren und danach dem zweiten Gerät zuweisen. Danach wird XoneA Deck A und XoneB Deck B zugewiesen. Fertig. Unter Windows ist der simultane Betrieb an zwei USB-Ports nicht möglich. Besonders unangenehm viel unter Vista der musikalische Supergau „Bluescreen“ auf, als das Kabel während des Tests probehalber rausgezogen wurde. Als Fehlerquelle nannte der Rechner die Datei xonemidi.sys. Joe Dau ist zunächst entsetzt. Der XP-Fan braucht sich aber keine Sorgen zu machen. Sein Betriebssystem erzeugte keinen Absturz. Traktor und XP erkannten den Controller selbst nach einem Hotplug erneut. Allerdings nur den einen.

Fotostrecke: 2 Bilder Blue Screen unter Vista dank “xonemidi.sys”

Der Weg sollte daher über die MIDI-Schnittstelle führen. Zu meinem Bedauern musste ich feststellen, dass die Xone-Konsolen nicht kaskadieren. Es wird immer nur das Midi-Signal des letzten Gerätes in der Kette an die Software weitergeleitet. Das bedeutet die zusätzliche Anschaffung eines MIDI-Mergers, der die Signale an das Audio-Interface weitergibt. Was nun? Noch einmal hundert Euro investieren? Nein.

Der Kombi-Trick: Zuerst benötigt der Nutzer ein USB-Adapter-Netzteil, um eines der Geräte über diese mit Spannung zu versorgen. Der MIDI-Out dieser Einheit wird mit dem MIDI-In des zweiten Gerätes verbunden und dieses dann an einen USB-Port des Computers angestöpselt. Sollten beide Konsolen auf Kanal 16 senden (Auslieferungszustand), muss eine Maschine manuell auf einen anderen Kanal umgeschaltet und eine gemeinschaftliche Konfigurationsdatei angelegt werden. Dann wiederum funktionieren aber leider nur die LEDs einer Einheit. Diese Lösung ist für XP-Fan Joe Dau zwar nicht ideal, dem Doppeldecker-Vergnügen steht nun aber nichts mehr im Weg. Ob dies seine endgültige
Controller-Lösung bleiben wird, will er adhoc nicht beantworten.

Fotostrecke: 3 Bilder Der gute alte iPod-Adapter – ein wenig zweckentfremdet…
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