Wer inzwischen dem Teenageralter entwachsen ist und deshalb vielleicht schon in den Achtzigern mit Kassettenrekorder oder Bandmaschine seine ersten Homerecording-Erfahrungen machen durfte, dem wird auch das Kürzel MFB nicht unbekannt sein. Denn mit dem MFB-501 entwickelten Manfred Fricke und seine Mannen in ihrem Ingenieurbüro in Berlin schon 1980 einen äußerst erfolgreichen kleinen Drumcomputer, der nicht nur unzählige Demo-Aufnahmen zierte, sondern auch in der damaligen elektronischen Popmusik und Neuen Deutschen Welle Karriere machte. Und bis heute verlassen immer wieder kleine, mit Elektronik gefüllte Kisten die Werkstätten der 1976 gegründeten Firma, und bereiten vor allem ambitionierten Klangschraubern glückliche Stunden.
Dabei werden Sounds für Umz–Umz-Geballer genauso angeboten wie für die feineren Spielarten der elektronischen Musik wie Hip-Hop und Pop – in diesem Metier zeigt sich das Ingenieurbüro M. Fricke breit aufgestellt. Genauso verhält es sich auch mit dem Schlagzwerg, einem Drumcomputer, der den Untertitel „vielseitig“ mehr als verdient hat. Ob es sich lohnt, den Schlagzwerg auf die Weihnachtswunschliste zu setzen, das soll uns dieser Test verraten.
DETAILS
Der MFB Schlagzwerg ist ein halbmodularer, vollständig analoger Klangerzeuger mit integriertem 16-fach Step-Sequenzer. Der bietet 16 Speicherplätze, in denen je zwei Pattern gespeichert und miteinander verknüpft werden können (A/AB/B). Zusätzlich zu den Spuren für die integrierten Klangmodule bietet der Sequenzer sechs weitere Tracks, die eine Gate- und sechs CV-Buchsen steuern. Der analoge Klangteil besteht aus den integrierten, bereits aus dem Fricke-Sortiment bekannten Drum-Modulen DRUM-04 (Kick), -05 (Snare), -06 (Tom Tom) und -07/(Cymbal und Hihat), die teilweise noch modifiziert wurden.
Die gesamte Oberfläche ist mit 44 Miniklinkenbuchsen ausgestattet, die es ermöglichen, den vorverschalteten Signalfluss aufzubrechen und nach Belieben umzugestalten. Der Kraftzwerg kann so mit beliebigen anderen Geräten verknüpft werden, solange diese sich das CV/Gate-Prinzip zunutze machen. Dazu gehört zum Beispiel der MFB Kraftzwerg, der dem Schlagzwerg nicht nur im Namen ähnelt, sondern mit ihm auch optisch ein Dream-Team bildet. Deshalb haben wir für unseren Test gleich beide herangezogen. Doch alles der Reihe nach …
Da der Schlagzwerg halbmodular aufgebaut ist und sich seine einzelnen Module vollständig neu verkabeln lassen, werden wir uns diese zuerst einzeln vornehmen und erst dann im Kontext beleuchten.
Sequenzer/MIDI Interface Der Sequenzer ist mittels CV-Impuls voll fernsteuerbar und verfügt über Buchsen zur Pattern-Weiterschaltung (Plus und Minus), für Start/Stop und Reset. Die Triggereingänge reagieren auf unterschiedliche Intensitäten, sodass auch Drumpads, Piezos oder Mikrofone zur Steuerung herangezogen werden können.
Der Schlagzwerg bietet vier verschiedene Betriebsarten. Zwei von ihnen nutzen den internen Sequenzer, die anderen ermöglichen das Triggern via MIDI.
Der Sequenzer bietet je Speicherplatz 16 Steps mit A/B Variation für 12 Tracks. Jeder Track kann pro Step je einen CV-Wert proportional zur MIDI-Range von 0-127 erzeugen. Den Wert stellt man über den DATA-Regler ein, während man den entsprechenden Stepptaster gedrückt hält.
Im Modus 1 triggern die ersten fünf Tracks BD, SD, TT, HH und CY die vorverkabelten Instrumenten-Module. Track CV1 bis Track CV6 erzeugen Steuerspannungen an den jeweiligen CV-Out-Buchsen 1 bis 6, die zum Modulieren anderer Parameter benutzt werden können. Ein Gate1 genannter Track erzeugt ein zusätzliches Gate1. Dieser Track ist in Verbindung mit CV1 besonders dazu geeignet, einen optionalen Synth zu steuern.
Im Modus 2 stellen die Tracks vollwertige CV/Gate-Pärchen zur Verfügung. Der Schlagzwerg ist also auch als vollwertiger 6-Track-CV/Gate-Sequenzer zu verstehen. Entweder läuft er im Takt zur internen oder aber zu einer externen MIDI-Clock. Es stehen sogar CV Ein- und Ausgänge für eine analoge Clock zur Verfügung. Als Taktbasis können 96 oder 16 Impulse gewählt werden – ideal, um beispielsweise den Arpeggiator eines Vintage-Synths zu triggern.
Bei einer Steuerung über MIDI (Modus 3 und 4) werden MIDI-Notenbefehle anstelle des internen Sequenzers zum Triggern verwendet. Im Modus 3 stehen wie bei Modus 1 die Instrumententracks plus CV-Tracks zur Verfügung. Im Modus 4 hingegen wird der Schlagzwerg (wie auch im Modus 2) zum vollwertigen 6-Track-CV/Gate MIDI-Interface. Jedem CV/Gate-Ausgangspaar wird dann ein eigener MIDI-Kanal zugewiesen.
KICK
Die Bassdrum kennt man schon. Sie stammt aus dem MFB-503 beziehungsweise dem MFB Drummodul DRUM-04. Der Klang der Bassdrum besteht aus drei verschiedenen Elementen: einem Grundton, ähnlich einer Dreieckswelle, einem Impuls und einem Rauschanteil. Über Tune wird die Grundfrequenz eingestellt und mit Attack eine Mischung aus Impuls und Rauschanteil hinzugemischt. Pitch dient zur Tonhöhenmodulation und legt deren Dauer fest. MIt Decay wird die Abklingzeit der Bassdrum bestimmt und mit Drive steht auch noch ein in seiner Intensität regelbarer Overdrive zur Verfügung. Jeder dieser Parameter ist natürlich über seinen dedizierten CV-Eingang modulierbar. Zeit, die Kabel auszupacken!
SNARE
Auch die Snare stammt aus dem MFB-503 beziehungsweise dem DRUM-05 Modul und besteht aus drei Bestandteilen. Zwei Dreiecke und ein Rauschanteil tragen hier zur Formung bei. Tune regelt die Tonhöhe und Pitch dient abermals der Tonhöhenbeugung. Snap steuert das Abklingverhalten des Rauschanteils und Noise färbt ihn. Über Decay wird das Gesamtabklingverhalten bestimmt. Bis auf die Rauschfarbe kann auch hier wieder jeder Parameter mittels CV-Buchsen an eine beliebige Modulationsquelle angedockt werden. Noch hab ich genug Kabel!
HIHAT und CYMBAL
HiHat und Cymbal stammen aus dem MFB-522 beziehungsweise dem DRUM-07 Modul und greifen auf dieselben sechs unterschiedlich gestimmten Rechteckoszillatoren zu. Sie bekommen ihre Klangfarben durch unterschiedliche Filterung und Tonhöhe mittels Miniregler Tune. Die HiHat kommt aus einem Bandpass und das Becken aus zwei verschieden gestimmten Bandpässen. Die Balance beider Bänder kann mit dem Regler Tone CY festgelegt werden. Decay regelt in beiden Fällen das Abklingverhalten. Die HiHat besitzt mit CV5 schon eine vorverkabelte Modulation, die ihr Decay steuert. Je nach Wert des programmierten Steps klingt die HiHat entweder offen oder geschlossen.
Tom Tom
Das Tom besteht wieder aus drei Bestandteilen und basiert auf dem MFB 503 beziehungsweise dem DRUM-06 Modul. Dabei handelt es sich um einen Dreieckswellen-Grundton, ein schneller abklingendes Dreieck und einen Impuls. Tune regelt die Tonhöhe der Dreiecke, während Pitch die Tonhöhenbeugung vornimmt. Attack mischt den Impuls hinzu und ist als einziger Parameter nicht automatisierbar. Decay und Panorama erledigen, was ihr Name verspricht. Panorama kann im Übrigen auch mit Tune verknüpft werden, um so High-, Mid- und Low-Toms im Panorama zu verteilen.
MIXER
An letzter Stelle der Signalkette werden alle Signale zu einem Stereomix summiert. Alle Signale können in Volume und Pan geregelt werden. Nur bei den Toms muss man sich mit einer Lautstärkenregelung im Miniformat begnügen. Die restlichen Miniregler dienen als Panregler für die verbleibenden Signale. Man erinnere sich: Den Panregler für die Toms findet man im Tom-Modul. Alternativ können alle Signale über die Einzelausgänge abgegriffen werden. Und so klingen letztendlich die Module:
An letzter Stelle der Signalkette werden alle Signale zu einem Stereomix summiert. Alle Signale können in Volume und Pan geregelt werden. Nur bei den Toms muss man sich mit einer Lautstärkenregelung im Miniformat begnügen. Die restlichen Miniregler dienen als Panregler für die verbleibenden Signale. Man erinnere sich: Den Panregler für die Toms findet man im Tom-Modul. Alternativ können alle Signale über die Einzelausgänge abgegriffen werden. Und so klingen letztendlich die Module:
Kontext
Im beiliegenden Manual ist der KRAFTZWERG als idealer SCHLAGZWERG-Partner oft vermerkt, sodass wir uns kurzerhand auch einen solchen besorgt haben. Der Kraftzwerg wird über den Gate1 und den CV1 Track getriggert. Mit Hilfe der Modi 3 und 4 kann dieser separate Kanal den Synthesizer sogar im Umfang von fünf Oktaven ansprechen. Der Sequenzer ist dann allerdings deaktiviert.
Der Schlagzwerg ist ein waschechter Fricke: Ausgeklügelte Doppelbelegungen statten den kleinen Reisebegleiter mit allerhand Features aus, die man ihm zumindest auf den ersten Blick nicht zutrauen würde. Die analoge Klangerzeugung kennt man schon aus den einzeln erhältlichen DRUM-Modulen, die nach meinem Geschmack teilweise zu sehr nach “90s” klingen. Die Steuerung ist allerdings “very 80ies”, erinnert an die gute alte 808 und lässt flüssiges Programmieren zu.
Das halbmodulare Konzept geht auf: Die Standardverschaltungen sind praktisch, sodass man auch ohne Patchkabel schon sehr weit kommt. Nur für erweiterte Modulation benötigt man diese, wobei sie, erst einmal eingesteckt, kaum beim „Schrauben“ stören. Die Buchsen der Drum-Module sind vertikal angeordnet, sodass man alle Kabel sauber nach oben führen kann.
Anders sieht es aus, wenn man den Zwerg auch mit anderen Geräten “verpatcht”: Hier stört die Anordnung der CV/Gate-Buchsen! Wenn einige Kabel gesteckt sind, ist der Sequenzer schwieriger zu bedienen. Ein vertikales Vertauschen der Step Buttons gegen das CV/Gate Patchfeld würde durchaus Sinn machen.
Schlussendlich entscheiden aber der Sound und die persönlichen Vorlieben. Wer diesen Sound mag, bekommt hier ein mehr als günstiges Package, das weit über die Summe seiner Einzelteile hinausgeht. Dem Weihnachtsbaum schüttelt man mit dem Schlagzwerg allemal die Nadeln vom Stamm …
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