Aguilar Tone Hammer 350 Test

Der amerikanische Edel-Bassequipmenthersteller hat sich mit seinem ersten Class-D Top, dem 2011 eingeführten ToneHammer 500, sehr viel Zeit gelassen – und ist damit vergleichsweise spät auf den Microtopteil-Trendzug aufgesprungen. Für den Firmenchef David Boonshoft war es erste Priorität, bezüglich der Soundqualität keine Abstriche zugunsten des Transportfaktors zu machen. Die kleinen Amps sollten den fetten und geschmeidigen Signature-Sound der “großen Aguilars” liefern, den Bassisten rund um den Erdball so schätzen. Und mit dem ToneHammer 500 ist das definitiv gelungen. Das Warten hatte sich also gelohnt!

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Ein Jahr später folgt jetzt der zweite Streich der New Yorker Firma. Mit dem ToneHammer 350 bringen Aguilar eine in Leistung und Ausstattung etwas reduzierte Variante des ToneHammer 500 auf den Markt, um so auch Bassisten mit etwas kleinerem Budget oder weniger “Watt-Bedarf” mit dem Aguilar-Sound bedienen zu können. Der ToneHammer 500 hatte mich in einem früheren bonedo-Test bereits komplett überzeugt und die volle Punktzahl erhalten. Ich bin gespannt, ob der kleine Bruder hier mithalten kann.

DETAILS

Der TH350 ist in der Tat noch kompakter und um einiges leichter als der Erstgeborene TH500. Mit einem “Fußabdruck” von gerade mal 20,9 auf 19,1 cm und läppischen 1,4 kg Gewicht gehört er sicherlich zu den kleinsten und transportabelsten Amps seiner Leistungsklasse. Erstaunlicherweise muss man in Sachen Ausstattung aber auf nichts Wesentliches verzichten, wenn man sich für den kleineren ToneHammer entscheidet. Aguilar hat lediglich den Effekt-Loop auf der Front und den zweiten Speakon-Lautsprecherausgang auf der Rückseite weggelassen. Daneben wurde die Endstufenleistung von 500 Watt auf 350 Watt reduziert, was sich ja bereits aus der Typenbezeichnung leicht ableiten lässt.

Auch der kleine TH350 ist in Sachen Materialqualität und Verarbeitung, wie übrigens alle Aguilar-Produkte, über jeden Zweifel erhaben und verfügt mit der silbernen Frontplatte und den aufgeräumten Bedienelementen über dieselbe, etwas nüchterne Eleganz wie die anderen Verstärker der Amp-Schmiede. Dabei legt man im Hause Aguilar besonderen Wert auf die Feststellung, dass sich der preisgünstigste TH350 in puncto Optik, Qualität und Sound nicht hinter ihren legendären Hybrid-Verstärkern verstecken muss. Denn auch der “Kleine” stammt aus dem New Yorker Werk und wird nicht etwa im Fernen Osten zusammengeschraubt.
Die Bedienung des neuen Aguilar Micro-Heads ist für jeden, der schon einmal ein modernes Basstop unter den Fingern hatte, absolut selbsterklärend und logisch. Der ToneHammer-Preamp verfügt über nur eine Eingangsklinke für das Instrument. Darüber sitzt ein kleiner Pad-Switch, mit dem sich die Empfindlichkeit um 10 dB reduzieren lässt – auch mit besonders “heißen Bässen” sollte es also keine Probleme geben. Hinter dem “Drive”-Regler verbirgt sich, wie schon beim TH500, die AGS-Schaltung (Adaptive Gain Shaping) aus dem ToneHammer-Pedal bzw. dem AG500-Topteil. Die AGS-Schaltung ist in den ToneHammer-Heads graduell regelbar und bringt eine zusätzliche Gain-Struktur und etwas EQing ins Spiel. Der Sound kann so angeraut werden, mit zunehmender Dosierung sind sogar ordentliche Zerrsound möglich.

Für das Toneshaping gibt es einen EQ mit vier Reglern, der Bassregler greift bei 40 Hz, die Höhen können um 4 kHz angepasst werden, und die Mitten verfügen über einen variablen Frequenzbereich von 180 Hz bis 1 kHz. Der Frequenzbereich wird mit dem “Mid Freq”-Poti angepeilt und dann mittels “Mid Level” wahlweise angehoben oder abgesenkt. Der letzte aber deshalb nicht unwichtigste Regler auf der Front ist der “Master” für die Endlautstärke des Verstärkers. Rechts davon parkt eine Neutrik XLR-Buchse, mit der das Signal aufgenommen oder an den Saalmischer geschickt werden kann. Und auch am Groundlift-Switch gegen Brummschleifen und Pre/Post EQ-Schalter hat Aguilar beim kleinsten Tonehammer nicht gespart. Viel mehr passt dann aber auch nicht auf die kleine Front. Ganz rechts ist nur noch Platz für einen Mute-Schalter zum Stummschalten des Ausgangs bei Spielpausen und zwei blaue LEDs. “Status” leuchtet, wenn der Amp eingeschaltet ist, “Operate” signalisiert, ob die Mute-Funktion aktiv ist.

Wenn man an den neuesten Aguilar-Sprössling zwei Boxen anschließen möchte, sollten diese eine zweite Buchse zum Ankoppeln haben, denn wie oben schon erwähnt, hat der TH350 aus Platzgründen nur einen Lautsprecheranschluss in Form einer Speakonbuchse. Der sitzt natürlich auf der Rückseite, wo wir auch den letzten Anschluss des Amps finden, eine Klinke für das Stimmgerät, damit man den Bass ohne Umstöpselei nachstimmen kann. Daneben ist noch Platz für einen kleinen Lüfter, der temperaturgesteuert nur anspringen sollte, wenn es dem kleinen Amp zu heiß wird.

PRAXIS

Von einem Verstärker, der den eleganten “Aguilar” Schriftzug trägt, darf man einen voluminösen, warmen und runden Klang erwarten. Zumindest liefern die “großen” Hybrid-Verstärker der New Yorker Firma diesen geschmeidigen Signature-Sound bisher absolut überzeugend. Herr Boonshoft behauptet in der Werbung, dass auch die neuen Class-D Vertreter aus der ToneHammer-Serie mit diesem klassischen Sound überzeugen – und das, obwohl sie komplett anders aufgebaut sind. Ich finde, dass er Recht hat, und dies gilt auch für den neuen, noch kompakteren TH350. Natürlich kann der TH350 nicht ganz mit dem ultrasatten und gewichtigen Sound des Hybrid-Amps Schritt halten, dennoch ist erstaunlich, was die kleine Kiste zu leisten imstande ist. Soundmäßig ist deutlich zu erkennen, aus welchem Stall der Amp kommt. Der Tiefenbereich ist ungeheuer tragfähig und solide, die Mitten sorgen auf eine geschmeidige Art, für sehr schöne Transparenz, sind aber nicht überrepräsentiert. Wie bei den “großen” Aguilars kommen die Höhen beim digitalen Tonehammer 350 sehr seidig und eher zurückhaltend. Scharf zeichnende und super crispe Höhen sind nicht die Baustelle dieser Amps, was den Vorteil hat, dass der Sound selbst mit aufgedrehtem Treble-Regler nie aufdringlich oder harsch wird. Die Grundabstimmung dieser Amps ist äußerst geschmackvoll und praxistauglich. Ein universell einsetzbarer, aber dennoch markanter, klassischer Bass-Sound, der kein extremes Voicing in eine bestimmte Richtung hat.

Audio Samples
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Flat Slap

In der Class-D Micro Amp Konkurrenz liegen die ToneHammer-Amps für meine Ohren irgendwo in der Mitte zwischen einigen sehr offen und direkt klingenden, HiFi-mäßigen Modellen und den eher Vintage-orientierten und gedeckt abzeichnenden “Minis” der neueren Zeit. So harmlos, wie das jetzt klingt, ist der kleine 350er aber längst nicht, denn mit dem “Drive”-Regler kann man aus ihm einen waschechten Rocker machen. Die AGS-Schaltung hat mich schon beim TH500 überzeugt. Bei den beiden ToneHammer-Tops kann man den Grad der Verzerrung nämlich von leicht crunchig angezerrt bis zum satten Overdrive-Sound stufenlos regeln, was beim ToneHammer-Pedal und den AG-Tops nicht möglich ist. In Verbindung mit dem flexiblen Mittenbereich des ToneHammer-EQ, der Frequenzen von 180 Hz bis 1 kHz bereitstellt, lassen sich der kleinen Kiste rockige und röhrenartige Sounds in allen Schattierungen entlocken. Die Verzerrung klingt wirklich griffig und schön warm.

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Drive

Jetzt werden sich einige sicherlich fragen, ob der der TH350 denn überhaupt genug “Puste” hat, um in einer Rockband das Fundament legen zu können, denn 350 Watt (und dann noch digital) reißen heutzutage schließlich keinen mehr vom Hocker (einige Hersteller hantieren ja mittlerweile schon im Kilowatt-Bereich). Auf nackte Zahlen sollte man aber nicht soviel geben, das Zustandekommen der Leistungsangaben ist meist sowieso nicht nachzuvollziehen und dementsprechend für die Praxis nicht allzu relevant. Aguilar geht mit seinen Angaben vermutlich eher konservativ um, denn der kleine TH350 fühlt sich für mich eher wie ein mit 500 Watt ausgewiesener Class-D Amp einiger anderer Hersteller an. Die Lautstärke reicht mit einer optimalen, 4-ohmigen Boxenbestückung locker, um auch mit einer deftigeren Band im Club Gigs zu spielen. Der Sound bleibt auch an der Leistungsgrenze superstabil, transparent und fett, die Performance ist wirklich hervorragend.

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FAZIT

Der einzige Kritikpunkt, den ich dem neuen Aguilar-Sprössling ToneHammer 350 anlasten könnte, wäre das Fehlen von Kopfhörer- und Aux-Anschlüssen. So ein kleiner und transportfreundlicher Verstärker ist überall schnell zur Hand und würde sich deshalb auch für nächtliche Jam-Einheiten im Wohnzimmer anbieten. Ich gebe ihm aber trotzdem die volle Punktzahl, weil er für einen wirklich fairen Preis soviel Sound, Leistung und Qualität liefert, dass man hier ruhig mal ein Auge zudrücken kann. Davon abgesehen ist der TH350 ein absolut gelungenes “Downsizing” des erfolgreichen TH500 mit demselben großartigen, Aguilar-mäßigen Seiden-Sound, bester Verarbeitung und intuitiv logischer Bedienung. Wer einen kleinen Amp sucht, der im Gigbag Platz hat und dabei auf einen Effekt-Loop und ein paar Watt Ausgangsleistung (aber nicht auf den geschmackvollen Aguilar-Sound) verzichten kann, der sollte beim ToneHammer350 beherzt zugreifen, solange er noch frisch ist.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • Sound
  • Optik
  • Formfaktor
  • Leistung/Performance
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung
Contra
    Artikelbild
    Aguilar Tone Hammer 350 Test
    Für 799,00€ bei
    Aguilar_ToneHammer350_007FIN
    SPECS
    • Hersteller: Aguilar
    • Model: Tonehammer 350, Basstop mit Class – D Endstufe
    • Leistung: 350Watt@4Ohm, 175Watt@8Ohm
    • EQ: Bass: +/- 17 dB @ 40 Hz, Mid Level: +/- 16 dB, Mid Frequency: 180 Hz – 1 kHz Treble: +/- 14 dB @ 4 kHz
    • Anschlüsse: Input 1xKlinke (-10dB Pad), 1x Speakon Lautsprecher, 1x Klinke Stimmgerät
    • XLR Di Out symmetrisch (mit Groundlift und Pre/Post Funktion)
    • Sonstiges: Drive (Aguilar AGS Schaltung), voll regelbar, Lüfter temperaturgesteuert
    • Masse: 20,9 x 19,1 x 7 cm
    • Gewicht: 1,4kg
    • Preis: 594.- EUR (UVP), 499.- EUR (Street)
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