Ocean Audio 500 I/P & O/P Test

Wir haben die beiden Ocean-Audio-Module 500 I/P und 500 O/P getestet! Mischpultlösungen für den 500-Standard sind immer noch rar gesät. Zwar bietet der Markt bereits einige Lösungen, aber diese haben doch eher Spezialisten-Charakter. Malcolm Toft und Ocean Audio könnten dies nun ändern. Einige Hersteller bieten bereits 500-Frames mit zusätzlichen Routing- und Summing-Optionen an, beispielsweise Radial mit dem Workhorse. Auch gibt es bereits einen voll ausgewachsenen Mischpult-Frame, der mit 500-Kassetten bestückt werden kann – und muss. Allerdings kostet die Tree Audio Konsole bereits leer, ohne jegliche Modulbestückung, so viel wie ein Mittelklassewagen deutscher Premium-Hersteller. Es handelt sich hier zweifelsohne um ein leckeres Stück Class-A-Technik, viel Verbreitung dürfte das Pult aus naheliegenden Gründen dennoch nicht finden.

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Es scheint, als ob Malcolm Toft mit seiner neuen Firma Ocean Audio diese Lücke nun schließen kann. Und das kommt sicherlich nicht von ungefähr, ist der britische Designer doch ein absolutes Urgestein unter den Mischpult-Erfindern, der seinen technischen Grundstein um 1970 mit der legendären Trident A Range Konsole legte. Viele Generationen von Mischpulten (u.a. Trident 80B und MTA, Malcolm Toft Associates, wobei es sich um den direkten Vorläufer der Ocean-Audio-Kassetten handelt), Musikstilen und Engineers später, scheint die Zeit nun endgültig reif für ausgefeilte Mixing- und Summing-Lösungen für den 500-Standard. Dabei sind Tofts aktuellste Designs tatsächlich geeignet, den Mixdown im 500-Frame aus der absoluten Nischenecke herauszuholen. Und das ist wohl auch überfällig, bieten andere Modulsysteme wie diejenigen von SSL und Tonelux solche Möglichkeiten doch schon längst.
Dabei fährt Ocean Audio zweigleisig. Auf der Musikmesse 2013 wird „The Ark“ das Licht der Welt erblicken, eine bereits eifrig diskutierte Konsole, dessen endgültiges Feature-Set Malcolm Toft wohl erst in den Frankfurter Hallen lüften wird. Soviel ist schon jetzt bekannt: Der Frame wird in der Basisversion über 16 Kanäle verfügen, insgesamt 40 Module aufnehmen können und grundsätzliche Routing-Funktionen bereits an Bord haben – zu einem Preis, der sehr deutlich unter dem von Tree Audio liegen dürfte.
Einige dieser Routing-Funktionen, die jedes Mischpult in der einen oder anderen Form ausmachen, bietet Toft allerdings schon jetzt in Form von zwei 500-Modulen an, die aus jedem beliebigen 500-Träger einen Mischer/Summierer machen können, dessen maximale Kanalzahl lediglich von der Anzahl der verfügbaren Modul-Slots begrenzt wird. Ein vollwertiges Mischpult kann man auf diese Weise nicht zwingend ersetzen, aber dennoch geht der Funktionsumfang über das, was bislang auf dem Markt ist, deutlich hinaus. Wahrscheinlich ist solch eine Lösung in der Praxis am ehesten für ein hybrides Analog-Summing-Rig interessant. In diesem Zusammenhang erscheinen die Routing-Optionen wiederum äußerst interessant.

Details

I/P und O/P müssen kombiniert werden

Ocean Audios 500-Summing-System besteht im Kern aus zwei Modulen, die miteinander kombiniert werden können und müssen. Einer frei wählbaren Anzahl von Input-Modulen (500 I/P) steht das Output-Modul (500 O/P) gegenüber, das die Funktion der Master- und Monitorsektion übernimmt und aufgrund des dazu erforderlichen Funktionsumfanges als einziges der bislang erhältlichen Ocean-Audio-Module zwei Slots breit ist.

Eigene Verbindung erweitert API-Standard

Da der 500-Standard zwar einen Ein- und Ausgang pro Slot vorsieht, aber keine Verbindungen unter den Slots, musste eine andere Lösung her. Und die ist recht einfach: Sämtliche I/P-Module und das O/P-Modul, die zusammen die Mixer-Einheit ergeben, müssen in benachbarten Slots liegen, sie werden dann im Daisy-Chain-Verfahren mit Ribbon-Kabeln untereinander verbunden. Übertragen werden auf diese Weise die Audiokanäle selbst, die Aux-Sends und auch die Steuer-Informationen für die Schaltlogik etwa von Solo und Mute, doch dazu gleich mehr.

Ergeben zusammen ein einkanaliges, aber vollwertiges Mischpult: Mic Pre, EQ, I/P, und O/P
Ergeben zusammen ein einkanaliges, aber vollwertiges Mischpult: Mic Pre, EQ, I/P, und O/P

Mixer-Input ohne Mic Pre

Das Input-Modul 500 I/P bietet im Grunde all die Funktionen eines typischen Mischpult-Eingangs. Es muss allerdings ohne dedizierten Mic-Pre auskommen, denn dafür hat Ocean Audio mit dem 500 Mic ja einen Spezialisten im Angebot. Als Line-Input kommt 500 I/P aber mit einer Ausstattung daher, die den Rahmen bislang erhältlicher 500-Mixsysteme sprengt und die in der Praxis in vielen Anwendungssituationen mehr als genügen dürfte. Ein 19“-Frame mit zehn Slots könnte beispielsweise acht I/P-Kassetten und das Master-Modul aufnehmen – und solch ein System benötigt ganz gewiss nicht ein ein rundes Dutzend Aux-Sends.

Einfacher EQ im 500 I/P

Aber nun der Reihe nach: 500 I/P bietet zunächst einen simplen Zweiband-EQ. Dieser besteht aus zwei Shelving-Filtern mit einer Amplitude von ±15 dB, welche als Baxandall-Filter etwa an den Eckfrequenzen 80 Hz und 12 kHz ansetzen. Die Potis besitzen eine Mittenrastung, aber trotzdem kann der EQ mit einem zusätzlichen Schalter inklusive Status-LED komplett aus dem Signalweg genommen werden. Das ist ein Profi-Feature, das den audiophilen Anwender freut, der bemüht ist, die Signalwege immer so kurz wie eben möglich zu halten. Ein Panpot sowie Mute- und Solo-Schalter komplettieren die grundsätzlichen Routing-Funktionen, die aus dem 500 I/P bereits einen vollwertigen Pult-Input machen. Auch letztere Schalter werden durch LEDs unterstützt, so dass man auch visuell über alle Schaltfunktionen stets auf dem Laufenden bleibt. Eine einzige LED gibt Aufschluss darüber, ob am Eingang ein Pegel anliegt. Das ist nicht üppig, aber für eine etwaige Routing-Fehlersuche bereits sehr hilfreich. Wie es sich für einen Kanalzug gehört, gibt es auch einen Output-Fader, den wir ganz oben auf der Frontplatte finden.

Fotostrecke: 4 Bilder 500 I/P: Üppig ausgestatteter Input für Line-Signale

Aux Sends

Das I/P-Modul verfügt über eine ziemlich üppig ausgestattete Aux-Sektion. Diese umfasst insgesamt vier Aux-Sends, die jeweils unterschiedliche Funktionen übernehmen können. Aux 1 und 2 sind Mono-Sends, wobei Aux 1 zwischen Pre und Post umgeschaltet werden kann. Aux 3 und 4 hingegen treten als Stereo-Paar auf; sie verfügen über ein gemeinsames Send-Level-Poti, dazu aber auch über ein Panpot. Auch dieser Stereo-Auxweg kann Pre und Post geschaltet werden. “Post” bedeutet in diesem Modul, dass der Abgriff hinter Output-Level und Mute liegt; auch “Pre” liegt aber hinter dem EQ.

Monitor- und Main Out dank doppelter Modulbreite

Die Eingangskanäle laufen via Ribbon-Kabel allesamt im 500-O/P-Modul zusammen. Dieses bietet Potis für Master- und Monitorpegel sowie für den relativen Pegel des Solo-Busses. Dazu gesellt sich ein Kopfhörerausgang, dessen Pegel ebenfalls individuell justiert werden kann. Da das Modul zwei Slots breit ist, befinden sich auf der Rückseite dann zwei Anschlusspaare – eines für den Main-Out, das andere für das Monitor-Signal. Der Kopfhörerausgang kann allerdings ebenfalls als alternativer Monitor-Output genutzt werden.

Fotostrecke: 3 Bilder Schaltzentrale: Ocean Audio 500 O/P Mastermodul

Keine Aux-Returns

Der größte Teil der Frontplatte bleibt für die Aux-Master-Sektion reserviert. Diese umfasst die vier Aux-Send-Master-Potis genau so wie die vier frontseitigen Aux-Ausgänge, die in Form von symmetrischen Klinkenbuchsen ausgeführt wurden. Zusätzliche Kabel auf der Frontseite – das ist natürlich nicht ganz so elegant, lässt sich aber im 500-Frame nicht anders lösen. Aus naheliegenden Gründen verfügt das Mastermodul über keine Aux-Return-Sektion, diese hätte schlicht und ergreifend keinen Platz gefunden. Wir haben bei Ocean Audio nachgefragt: Gegenwärtig ist kein dediziertes Aux-Return-Modul in der konkreten Planung, aber auch aufgrund unserer Nachfrage überlegt der Hersteller nun, ein solches zu konzipieren.

12-Segment-Metering

Das Metering des Mix-Busses besteht aus zwei LED-Ketten mit jeweils 12 Segmenten. Das ist mehr als ausreichend, und außerdem schlicht und ergreifend schön anzusehen – wie übrigens die gesamte Modulreihe, deren graue Frontplatten und bunten Potis in ihrem Understatement durchaus etwas hermachen.

TL072 in beiden Modulen am Werk

In technischer Hinsicht verlassen sich sowohl 500 I/P als auch 500 O/P auf die gleichen technischen Merkmale, die wir schon von Micpreamp und EQ kennen, und die letztlich eine behutsame Weiterentwicklung der Trident-80B-Technik darstellen. Malcolm Toft hat die aktiven Stufen der IC-basierten Schaltungen mit TL072-OpAmps realisiert, wobei die Ein- und Ausgänge der Mixermodule allesamt elektronisch symmetriert werden. Für Audio-Übertrager wäre hier schlicht kein Platz, weder rein physisch in den Modulen, noch im Produktionsbudget der recht erschwinglichen Kassetten.

Fotostrecke: 3 Bilder Offene Bauform hilft Fertigunsgkosten zu sparen: Ocean Audio 500 I/P

Preisbewusst und servicefreundlich

Die I/P- und O/P-Module verfügen nicht über geschlossene Gehäuse. Dabei kommt 500 O/P als Sandwich aus nicht weniger als vier Platinen daher, welche randvoll mit Bauteilen in klassischer, servicefreundlicher Through-the-hole-Technik bestückt sind. Auch die OpAmps sitzen allesamt in Sockeln und wurden nicht direkt mit den Platinen verlötet – alte Schule eben…

Praxis

Die Dokumentation, die Ocean Audio derzeit mitliefert, fällt nicht gerade üppig aus. Informationen etwa über die EQ-Eckfrequenzen der Filter des 500-I/P-Moduls konnten wir dem Faltblatt nicht entnehmen, sondern mussten sie direkt beim Hersteller erfragen. In dem Zeitraum, in dem dieser Text entsteht, lässt Malcolm Toft allerdings unter Hochdruck den Lötkolben rotieren, um die Ark-Konsole messefertig zu bekommen. Man darf also davon ausgehen, dass eine umfangreichere Dokumentation nachgeliefert wird, sobald die richtige Serienfertigung angelaufen ist – wir haben zum Test exklusiv ein paar Exemplare der von Toft handsignierten und handgefertigten und auf 100 Exemplare limitierten Vorserie erhalten. Doch dies also nur am Rande.
Ansonsten wird jeder, der sich schon einmal mit einem Mischpult beschäftigt hat, ohne große Anlaufschwierigkeiten warm werden mit diesem System. Die Funktionen erklären sich allesamt von selbst, und obwohl sie den Rahmen der Routing-Funktionen sprengen, den wir bislang im 500-Standard kannten, bieten Ocean Audios 500-I/P- und 500-O/P-Module keinerlei fancy Schnickschnack, sondern eine sinnvoll gewählte Basis-Funktionalität.

Natürlich nicht riesig umfangreich, doch die wesentlichen Funktionen sind da: Output-/Mastermodul der Ocean Audio 500er-Serie
Natürlich nicht riesig umfangreich, doch die wesentlichen Funktionen sind da: Output-/Mastermodul der Ocean Audio 500er-Serie

Wahrscheinlich wird man solch ein System am Ende zu einem Mischer/Summierer mit 8-16 Inputs plus Aux-Returns und Mastersektion ausbauen. In diesem Kontext ist die Anzahl von vier Aux-Sends gut gewählt. In einem hybriden Summing-Setup wird man viele Effekte DAW-intern realisieren und hat dann mit dem Ocean-Audio-Mixer trotzdem die Möglichkeit, den Hardware-Flaggschiff-Hall über analoge Sends einzusetzen, dazu vielleicht noch ein charismatisches Outboard-Delay sowie ein bisschen Parallel-Kompression via Aux-Send.
Diesen Anspruch untermauert das Ocean-Audio-System mit guten Klangeigenschaften. Das Setup arbeitet rauscharm und ziemlich transparent, wobei der Klang passend zum Preamp eher auf der schlanken, knackigen Seite liegt. Ein gewisser „Vorwärts“-Effekt, den wir beim Preamp beobachtet haben, lässt sich auch beim Mix-System beobachten. Das liegt ganz auf Linie der Rock-Provenienz, die bei Tofts Designs stets eine Rolle gespielt hat, und es umfasst auch den Klangcharakter des Zweiband-EQs beim 500-I/P-Modul. Dieser kann unglaublich kraftvoll und effektiv eingreifen, aber er ist von eher robusterer Natur und kein feingeistig-seidiger Höhenschmeichler.

Audio Samples
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Mixdown original (DAW-intern) Mixdown I/P und O/P neutral eingestellt EQ-Boost am I/P-Modul: ca. 3 dB High, ca. 5 dB Low

Fazit

Nun müssen wir mal eine Rechnung aufmachen: Acht Input-Module und ein Mastermodul, was vermutlich der Minimal-Konfiguration eines solchen Systems entsprechen dürfte, schlagen bereits mit knapp 4000 Euro zu Buche – das ist nicht wenig Geld, zumal man für den 500-Frame samt Netzteil nochmals ein paar Hunderter draufschlagen muss. Das ist eine substanzielle Investition in einem Preisbereich, in welchem es durchaus auch andere Alternativen gibt, darunter nicht zuletzt die Konsolen von Malcolm Tofts früherer Firma Toft Audio Designs. Und budgetiert man einmal die 16-Kanal-Variante eines Ocean-Audio-Systems, dann sind nicht nur SSL-Xrack-System in Reichweite, sondern beispielsweise auch eine Speck-LiLo-Konsole, die bei ähnlichen Routingmöglichkeiten zwar keine Filter bietet, dafür aber 100mm-Fader und einen saubereren Klang mit mehr Headroom. Als weiterer „Konkurrent“ dürfte dann auch die Ocean-Audio-Konsole „The Ark“ auf den Plan treten. Es ist davon auszugehen, dass dieses Pult bei einer höheren Kanalzahl im Vergleich erschwinglicher sein wird als ein entsprechendes Setup auf Basis dieser beiden Module.
Insgesamt dürfte also deutlich werden: Hochwertige Systeme haben auch im 500-Format ihren Preis. Daher kann es sich lohnen, über Alternativen nachzudenken. Während Preamp und EQ gute Chancen zum Kassenschlager haben, ist dieses Mix-System sicherlich eine etwas speziellere Lösung. Besteht man aber auf eine Lösung innerhalb des 500-Standards, etwa aus Gründen der Portabilität und Kompatibilität, dann gibt es zu diesem Ocean-Audio-Rig derzeit wenig Alternativen. Und Qualität hat eben ihren Preis!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • umfangreich ausgestattetes Input-Modul
  • Zweiband-EQ
  • flexible Aux-Sektion
  • gutes Metering am Master-Modul
Contra
  • Preis-Leistungsverhältnis weniger günstig als bei Mic Pre und EQ
Artikelbild
Ocean Audio 500 I/P & O/P Test
Praktisch beliebig viele Input-Module lassen sich mit der Mastersektion kombinieren – somit erhält man ein komplettes, einfaches Mischpult aus 500er-Modulen
Praktisch beliebig viele Input-Module lassen sich mit der Mastersektion kombinieren – somit erhält man ein komplettes, einfaches Mischpult aus 500er-Modulen
Technische Spezifikationen 500 I/P
  • Mix-Architektur für das 500-System
  • Fader- und Pan-Potis
  • Solo- und Mute-Schalter
  • 4 Aux-Sends (1 schaltbar Pre/Post, 3+4 als Stereopaar schaltbar Pre/Post)
  • Preis: € 421,- (UVP)
Technische Spezifikationen 500 O/P
  • Mix-Architektur für das 500-System
  • Master- und Monitor-Level-Potis
  • 4 Aux-Send-Master-Potis
  • 4 Aux-Send-Buchsen auf der Frontplatte
  • Kopfhörer-Ausgang kann als zusätzlicher Monitor-Ausgang genutzt werden
  • LED-Bargraph-Anzeige mit 12 Segmenten pro Kanal
  • Preis: € 712,- (UVP)
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Praktisch beliebig viele Input-Module lassen sich mit der Mastersektion kombinieren – somit erhält man ein komplettes, einfaches Mischpult aus 500er-Modulen

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essence studio sagt:

#1 - 20.03.2019 um 08:06 Uhr

0

HI, please how can I set up the Pres, eqs i/p and op as a 16 channel mixer?

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