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SSL Sigma Test

Solid State Logic (kurz SSL) ist nun bei weitem keine unbekannte Marke in der Audiowelt. Die Geschichtsbücher wollen wir aber lieber geschlossen halten und uns auf die Hauptfrage konzentrieren: Gibt es hier den großen Sound der Konsolen-Schlachtschiffe für „kleines“ Geld? Immerhin wirbt SSL selbst mit dem „Super Analogue Sound“ von AWS und Duality, was sicherlich technisch auch richtig ist, wenn man von fehlenden EQs, Kompressoren und „anderem Schnickschnack“ einmal absieht.

SSL_Sigma_01_Aufmacher


Zugegebenermaßen haben sich die Anforderungen an das „Hirn“ eines Studios in den letzten 20 Jahren aber auch dramatisch geändert, und so wird heutzutage eher der Computer respektive die DAW anstelle des Mischpults als der zentrale Punkt im Studio angesehen. Klar, so eine SSL 4000G passt allein schon aus Platzgründen nicht in jedes Schlafzimmer, von Stromverbrauch und Hitzeentwicklung einmal ganz abgesehen. Insofern ist eine 2 HE große Adaption mit Fernsteuerungs- und Total-Recall-Möglichkeiten auf jeden Fall der richtige Weg, der modernen DAW wieder analogen Sound, besser „Super Analogue Sound“, zu verpassen. Und das schauen wir uns jetzt einmal genauer an.

Details

Der SSL Sigma ist ein analoger und über MIDI fernsteuerbarer Mixer im pragmatisch-verarbeiteten 2 HE 19-Zoll-Rackformat mit 16 Eingangskanälen sowie zwei parallelen Ausgangsbussen und zwei individuellen Abhörpfaden (H/P und MON). Die 16 Eingänge können dabei sowohl Mono mit Panorama-Regler als auch Stereo verwendet werden, weshalb man bis zu 32 Eingangskanäle nutzen kann und in diesem Zusammenhang auch von einem 32-Kanal Summierer spricht.

Der Sigma ist SSL-pragmatisch verarbeitet und auch ausgestattet: Das internationale, externe Netzteil, das kurze Ethernet bzw. LAN-Kabel sowie das Handbuch gehören zum Lieferumfang.
Der Sigma ist SSL-pragmatisch verarbeitet und auch ausgestattet: Das internationale, externe Netzteil, das kurze Ethernet bzw. LAN-Kabel sowie das Handbuch gehören zum Lieferumfang.

Im Gegensatz zu den meisten anderen Mitbewerbern, die meist nur „passiv“, weil günstig,  summieren, verfügt hier jeder Kanal über eigene analoge Aufholverstärker bzw. Line-Stufen. Diese werden im SSL Marketing-Jargon gern mit „Super Analogue“ umschrieben, sind hier im Speziellen in ihrem Gain digital über MIDI, und zwar jeweils von -∞ bis + 10dBu, regel- bzw. steuerbar.  

Diese 16 bzw. 32 Kanäle können bis zu zwei parallelen Bussen – namentlich Mix A und Mix B – zugewiesen werden, und auf diesen selbstverständlich summiert sowie über die beiden Abhörpfade H/P und MON selektiv abgehört werden. Beide Abhörpfade sind also unabhängig voneinander belegbar sowie in ihrer Intensität regelbar. Somit kann der Künstler also auch etwas anderes hören, als der Produzent über die Boxen.

Sechsmal 32 LEDS in den Farben grün, gelb und rot informieren über die Eingangsaktivität, nicht den Gain. Das gelbe A und das rote B wiederum verraten das Ausgangsrouting. Leuchtet außerdem die Kanalnummer auf, ist der Kanal im Mono-Modus und bietet auch einen Panorama-Regler.
Sechsmal 32 LEDS in den Farben grün, gelb und rot informieren über die Eingangsaktivität, nicht den Gain. Das gelbe A und das rote B wiederum verraten das Ausgangsrouting. Leuchtet außerdem die Kanalnummer auf, ist der Kanal im Mono-Modus und bietet auch einen Panorama-Regler.

Jedem einzelnen der 32 Eingänge steht außerdem ein permanent aktiver Direct-Out „Post-Fader“ zur Seite, der natürlich ebenfalls von dem über MIDI-bereitgestellten Line-Gain abhängig ist. Darüber hinaus lässt sich Mix B auf Mix A routen (A to B), was insofern sinnvoll ist, da jedem der beiden Mix-Busse ein Relais-geschalteter Stereo-Insert zur Verfügung steht, womit auch komplexere SubMix/Stem-Arbeiten möglich sind. Der Insert lässt sich aber auch mit dem Mixbus mischen, was einerseits Parallelkompressionen ermöglicht, andererseits auch das Kaskadieren mehrerer Sigma-Einheiten erlaubt. Weiterhin lässt sich jeder der Busse in seiner Ausgangslautstärke individuell anpassen, was nahelegt, dass hier nochmals SSL Gain-Stufen zum Einsatz kommen.

„H/P“ ist - unabhängig von dem „MON“ genannten Ausgangsweg für die Speaker - beleg- und regelbar. Er verfügt neben dem Kopfhörerverstärker mit Front-Ausgang auch über einen Stereo-Line-Ausgang auf der Rückseite.
„H/P“ ist – unabhängig von dem „MON“ genannten Ausgangsweg für die Speaker – beleg- und regelbar. Er verfügt neben dem Kopfhörerverstärker mit Front-Ausgang auch über einen Stereo-Line-Ausgang auf der Rückseite.

Abgerundet wird das Ganze von einer Monitorcontroller-Sektion mit Monoswitch für bis zu zwei Paar umschaltbare Speaker auf XLR-Basis inklusive frontseitigem 3,5mm External-In für iPod und Co. sowie einem Fußschalter-Eingang, Talkbackschaltung und einem entsprechenden Kopfhörerausgang für die Kommunikation mit dem Künstler.
Gesteuert wird entweder von dem multifunktionalen Push-Encoder und den zwei frei belegbaren Hot-Key Tastern auf der folierten, teilbeleuchteten Frontseite oder aber über das HTML-Interface mit einem Browser innerhalb der DAW. Es ist aber auch außerdem möglich, Touch OSC zu nutzen, um so den SSL Sigma mit dem iPad/iPhone kabellos über WLAN steuern zu können.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Master-Sektion im Browser …

Ein Talkback-Mic findet sich nicht an Board, was zugegebenermaßen bei einem fernbedienbaren Gerät aber auch relativ wenig Sinn macht, allerdings wurde an einen weiteren Line-In für ein optionales (Talkback-)Mic plus Preamp gedacht. Dieser steht auf der Rückseite bereit, wo sich auch alle anderen Anschlüsse, überwiegend auf Sub-D Belegung, wiederfinden.
Und so finden sich hier also zehn symmetrische Sub-D-25 Buchsen ein, wovon die oberste Reihe die Eingänge und die unterste Reihe die Ausgänge beherbergt. Die vier obersten, rechten und mit CHIP beschrifteten Buchsen sind also unsere 32 Eingänge (Channel Input) und die vier CHOP-Buchsen darunter die 32 Direct-Outs (Channel Output).

Die überwiegenden Ein- und Ausgänge sind auf zwei Reihen zu je fünf Sub-D-25 Anschlüssen aufgeteilt. Darüber hinaus gibt es drei, im Prinzip frei belegbare XLR-Ausgänge, die für den Mix-Out A und bis zu zwei Paar Speaker gedacht sind.
Die überwiegenden Ein- und Ausgänge sind auf zwei Reihen zu je fünf Sub-D-25 Anschlüssen aufgeteilt. Darüber hinaus gibt es drei, im Prinzip frei belegbare XLR-Ausgänge, die für den Mix-Out A und bis zu zwei Paar Speaker gedacht sind.

Das Sub-D-25 Pärchen außen links wiederum stellt im oberen Bereich einen weiteren, diesmal aber symmetrischen Stereo-Alternativeingang (EXT), die beiden Stereo-Returns und den Talkback-Line-In zur Verfügung. Der achte Kanal bleibt also unbenutzt. Am unteren Sub-D-25-Anschluss finden sich dann der Mix B Ausgang, die beiden Stereo Insert-Sends und ein weiterer Stereo-Ausgang des „HP“ genannten (Kopfhörer-)Abhörpfades, welcher beispielsweise für den oder die Künstler, sprich weitere Kopfhörerverstärker, gedacht ist.

Fotostrecke: 3 Bilder Die linke Rückseite des Sigmas.

Darüber liegt eine Klinkenbuchse für den Fußschalter, der frei belegbar ist, wobei eine Verwendung im Zusammenhang mit der Talkback-Aktivierung oder der Speaker-Umschaltung natürlich den meisten Sinn ergibt. Direkt daneben versammeln sich die XLR-Ausgänge: Auf der rechten Seite ist Mix A Ausgang (MIX A R/L), daneben der Ausgang für die Hauptlautsprecher (MON R/L) sowie links der Anschluss für das zweite „alternative“ Paar Speaker (ALT R/L). Diese Ausgänge sind hinsichtlich ihrer Belegungs-Flexibilität natürlich auch anderweitig nutzbar.
Abschließend zeigt sich rechts außen der DC-Anschluss für das mitgelieferte externe und 100-240V taugliche Netzteil (12V/5A) sowie die RJ-45 „Netzwerkbuchse“ für die etwas spezielle Ethernet-basierte MIDI-Kommunikation. Die USB-Buchse und der kleine Prog Taster indes sind nur für Service-Zwecke gedacht und somit nicht weiter für uns relevant. Was ohnehin viel interessanter ist, ist wie die ganze MIDI-Kommunikation in Verbindung mit der DAW klappt – und das schauen wir uns doch am besten im Praxis-Teil einmal genauer an!

Die rechte Rückseite des Sigmas mit dem Netzwerkanschluss.
Die rechte Rückseite des Sigmas mit dem Netzwerkanschluss.
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Praxis

Über den Sinn oder Unsinn von analoger Summierung möchte ich an dieser Stelle nicht tiefergehend philosophieren, die Vorteile eines analogen Mixers bei Verwendung von analogem Outboard lassen sich allerdings schwer leugnen. Und heiß gefahren hat der Sigma auch ganz klar klanggestalterische Fähigkeiten, die man nicht nur hören, sondern auch sehen kann!
Folgende Hörbeispiele sollen aber erstmal den Unterschied zwischen verschiedenen Arten der Summierung zeigen. Als DAW wurde dabei AVID Pro Tools 11 HD und als Wandler/Interface ein Avid HD I/O 16×16 benutzt.

Audio Samples
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Backing Track – ITB Mix Backing Track – ITB Mix + SSL Sigma / Stereo Backing Track – SSL Sigma + Avid HD16 IO / 16 Channels Summing Full Track – ITB Mix Full Track – ITB Mix + SSL Sigma / Stereo Full Track – SSL Sigma + Avid HD16 IO / 16 Channels Summing

Meiner Einschätzung nach führt das Routing durch den Sigma zu einer deutlichen Signalaufwertung, die ganz Allgemein betrachtet aber dennoch eher subtil ist. Vor allem die Drums der obigen Beispiele wirken plastischer und “rockiger”, obwohl sie aus der “Dose” kommen.
Je mehr ich den Sigma dabei „überfahre“, umso mehr „Sounddesign“ kann ich natürlich betreiben, wobei anzumerken ist, dass der Sigma selbst in den übertriebenen Extremeinstellungen nicht schlecht klingt.

Audio Samples
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Avid HD I/0 16 + SSL Summing / Cold Avid HD I/0 16 + SSL Summing / Medium Avid HD I/0 16 + SSL Summing / Hot Avid Pro Tools HD 11 Internal Mix “Digital Only” + HEAT

Zur ausführlicheren Verdeutlichung sollen weitere Audios dienen, wobei ich die folgenden Beispiele mit Ableton Live 9 und einem RME UFX erstellt habe. Die letzten Beispiele dieser Playlist habe ich außerdem normalisiert, um zu verdeutlichen, wie groß der Lautheitsgewinn nach der Sigma-Behandlung ist. Um den Einfluss der Verzerrungen isoliert besser einschätzen zu können, solltet ihr euch hingegen die nicht normalisierten Files anhören, welche ich auf “gefühlte” Lautstärkegleichheit gebracht habe.

Audio Samples
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ITB Mix “Digital Only” ITB + RME + Kabel ITB + SSL / Stereo / Cold SSL Summing 8 Ch. RME / Cold ITB + SSL / Stereo / Medium SSL Summing 8 Ch. RME / Medium ITB + SSL / Stereo / Hot SSL Summing 8 Ch. RME / Hot ITB + SSL / Stereo / Medium / Normalized SSL 8 Ch. RME / Medium / Normalized ITB + SSL / Stereo / Hot / Normalized SSL Summing 8 Ch. RME / Hot / Normalized
Fotostrecke: 2 Bilder Den Effekt der “Super Analogue” Behandlung sieht man auch!

Ob ich allerdings intern summiere und dann nur eine Stereo-Spur durch den Sigma schicke oder gleich mehrere Spuren in den Sigma route und dann entsprechend dort summiere, macht in meinen Ohren, vor allem bei den elektronischen Beispielen, nicht so den großen Unterschied. Wenn man sich die Beispiele allerdings lange genug gegeneinander anhört, kann man behaupten, dass die Tiefenstaffelung in den Sigma-summierten Beispielen dennoch immer etwas besser ist und der Sound auch generell etwas breiter ist. Wie gesagt, wenn man es sich lange genug im Vergleich anhört, also weiter im Programm!
Und so möchte ich euch anhand meines Testaufbaus bzw. eines exemplarischen Setup darlegen, was man mit den Direct-Outs vom Sigma beispielsweise noch so anfangen kann, wenn man nicht unbedingt nur stumpf bis zu 32 Kanäle summieren möchte – denn das kostet ja alleine der vielen Wandler wegen nicht gerade wenig Aufwand und somit Geld.
So habe ich also die 16 analogen Ausgänge meines RME UFX+ ADI-8 DS MK3 Kombinats in die ersten acht Stereo-Eingänge des Sigmas geroutet und bin dann über dessen erste 16 Direct-Outs in mein Outboard gegangen. Vom Outboard bin ich dann wieder in die letzten acht Stereo-Eingänge des Sigma zurück, um von dort wieder von den Direct-Outs in die A/D-Wandler meiner RME UFX + ADI-8 DS MK2 Kombination zurückzugehen. Eine Patchbay braucht man also nicht unbedingt. So kann ich erst mal auf den ersten acht Stereo-Eingängen mit den direkt verbundenen (und somit Einfluss-freien) Wandler über den Mix Out A summieren – bei Bedarf kann ich aber auch ein Wandler-Paar von der Summierung ausnehmen und stattdessen einen korrespondierenden Eingang der hinteren acht Eingänge auswählen, an denen dann der prozessierte Ausgang des entsprechenden Outboards anliegt. Das erhält dabei seinen Input von dem Direct-Out des von der Summierung ausgenommenen Kanals, der immer aktiv ist, solange das Gain aufgedreht ist. Alles klar? Konkreter: Habe ich also die Drums auf CHIP 1/2 anliegen, kann ich einen an CHOP 1/2 (als Send) und CHIP 9/10 (als Return) angeschlossenen Kompressor quasi unkompliziert „insertieren“. Anstatt CHIP 1/2 der Summe zuzuweisen nehme ich stattdessen CHIP 9/10 – oder beide, wenn ich „Parallel-Kompression“ benötige. Über MIDI kann man den Gain auch noch „pre- und post-Kompressor“ anpassen. Nicht schlecht!

Möchte ich den Kompressor eventuell doch nicht innerhalb der Summierung nutzen, kann ich ihn sogar weiterhin an jeder anderen, beliebigen Stelle in einem DAW-Projekt nutzen – als wäre er direkt an die Wandler angeschlossen. Ich nehme dazu dann entsprechend BEIDE Wandler-Pärchen von der Summierung aus und gehe wieder über die Direct-Outs in das Outbord-Gerät, nutze es diesmal aber als „External Hardware Plugin“ direkt von der DAW aus. Das geht dann auch in Kombination mit virtuellen Plug-Ins davor UND danach. Eine Patchbay braucht man dafür wie gesagt immer noch nicht, sodass die Outboard-Verschaltung mit der DAW unkompliziert als Patch über den Browser abgespeichert und mit dem DAW-Projekt archiviert werden kann. Wie bei einer großen SSL, tipp-topp! Wer möchte, kann allerdings beispielsweise auch noch einen einfachen Sub-D-25-Umschalter in das Setup einbauen und so auf den ersten 16 Eingängen anstatt der D/A-Wandler auch noch direkt Mic-Pres bzw. Instrumente „ins Pult routen“.

Weiterhin hat man den Vorteil, fernab von den eigentlichen Automatisierungsmöglichkeiten, die Gains einfach nur zur Anpassung einer Unity-Gain-Struktur des verwendeten Outboard-Equipments zu nutzen, und das wie gesagt „pre und post“. Dass man das Ganze komfortabel in einem „set-and-forget“ Szenario über das iPad programmieren kann, sehe ich deshalb als großen Vorteil, denn so spart man sich viele Regler und Taster am Gerät, die zwar haptisch durchaus schöner sind, in der Praxis aber eigentlich oftmals doch nur wenig bewegt werden (was auch für Mono/Stereo-Modus-Schalter und Panorama-Poti gilt) und somit in ihrer Vielzahl bei hoher Qualität nur unnötig viel Geld kosten. An dieser Stelle sollte man auch bereits den entscheidenden Vorteil der iPad-Steuerung gegenüber dem HTML-Browser nennen: Hier kann man die Gains auch individuell mit den Touch-Fadern steuern, in der Webbrowser-Variante geht das nämlich leider nicht, was ich doch sehr ungünstig gelöst finde. Einzige Ausnahme bildet hier nur der globale „All Gains = 0 dB“-Befehl.

Fotostrecke: 3 Bilder Die einzige Möglichkeit, die Gains auch ohne DAW zu ändern, ist mittels iPad und Touch OSC. Aber Achtung: Manchmal updatet Touch OSC nicht alle Zustände richtig, sodass die Anzeige nicht immer zu 100% stimmt.

Jetzt mag sich der eine oder andere fragen, warum ich so weit aushole, denn eigentlich ist doch die Fernbedienbarkeit das eigentlich große Plus. Nun, hier wird es in der Tat etwas knifflig und man muss die ganze Sache etwas differenziert, sprich DAW-spezifisch, betrachten. Und so gibt es zwei grundsätzliche Möglichkeiten: Entweder sendet man MIDI-Volume-Nachrichten (CC07) an einen über IPMIDI zur Verfügung gestellten Port über ein vorhandenes Netzwerk, wobei MIDI-Channel 1 dann Sigma-Kanal 1 regelt, MIDI-Channel 2 Kanal 2 am Sigma, usw. Das sollte prinzipiell von jeder DAW aus möglich sein, und das ist auch die empfohlene Vorgehensweise, sollte man den Sigma mit unterschiedlichen DAWs nutzen wollen. Ganz so komfortabel ist das natürlich nicht, da man so bis zu 16 „Dummy-Fader“ MIDI-Spuren im Projekt anlegen sollte, die man neben den Spuren mit dem Audiomaterial verwenden muss.
Der pragmatischere Ansatz lautet dann sicherlich, alle „Fader“ am Sigma auf 0 dB zu belassen (oder mehr, wenn es einem nach Verzerrungen beliebt), um dann nur im Bedarfsfall explizit für diese eine  Spur einer Automation über MIDI zu realisieren. Vorteil: Eine MIDI-Spur, die das macht, kann an jeder beliebigen Stelle im DAW-Projekt befindlich sein. Man hat so außerdem die Wahl, ob man nun Fades digital oder analog ausführen möchte.
Eine andere Möglichkeit wäre es, das Mackie Control Universal (MCU) Protokoll oder Pro Tools HUI zu verwenden. Ob man einen passenden physischen Controller hat, spielt dabei erst mal keine Rolle. In beiden Fällen, MCU oder HUI, handelt es sich um Scripte, die auch über MIDI kommunizieren, allerdings bieten diese mehr Integration in die DAW bzw. „Intelligenz“, sodass man u.a. Spuren im Projekt verschieben kann und sich der dazugehörige Controller entsprechend um die Neusortierung der Fader kümmert. Konkret: Man fügt wieder 16 Dummy-Fader ein (die je nach DAW nun auch Audiospuren sein können) und schiebt sie ganz nach links im DAW-Projekt. Schiebt man nun diese Fader nach oben, steuert man den Gain der entsprechenden Sigma-Kanäle. Nutzt man dann einen Motorfader-Controller, wie sie Mackie Control Universal Pro oder SSL Nucleus nun einmal sind, kommt fast richtiges Konsolen-Feeling auf! Allerdings wird es dann auch etwas unübersichtlich, da diese Spuren eben kein Audio beinhalten können, weshalb man auch noch mal 16 Spuren braucht, die dann auf die entsprechenden Wandler, welche mit dem Sigma direkt verbunden sind, ausspielen. Möchte man also 16 Stereo-Spuren mit dem Sigma „analog“ mixen, benötigt man mindestens 32 Spuren im Projekt.

Mit Pro Tools klappt dies auch schon sehr gut, mit Ableton Live in der Praxis beispielsweise eher nicht so. Das Problem ist hier allerdings nicht SSL sondern Ableton selbst, weil es erstens kein Gruppieren von Remote-Controllern zulässt, weshalb ich in der Konsequenz den Mackie Control Mode nicht in Verbindung mit meinem physischen Mackie Control Universal Controller nutzen kann. Zweitens macht auch die Steuerung über MIDI nicht so richtig Spaß, weil Ableton den CC07 Befehl leider nur in einem Clip und nicht auf der Spur direkt zur Verfügung stellt, was Lautstärkeeinstellungen mit 16 Kanälen zum Klick-Marathon werden lässt und so praktisch nicht verwendbar ist. Einziger Ausweg, siehe oben, man benutzt die Fernbedienungsmöglichkeiten der Gains nur im Bedarfsfall. Natürlich sollte man nochmals betonen, dass man die Sigma-Routings, Settings und Co. zusätzlich mit der Remote-App via Browser zu jeden DAW-Projekt mit abspeichern sollte.

Fotostrecke: 2 Bilder Hier ist schon eine Menge los und es sind nicht nur ein paar Drähte zu finden…

Interessant ist die Verwendung des Sigma aber auch in den Insert-Wegen einer alten Konsole, um so nachträglich zu einer Automatisierungsmöglichkeit zu gelangen. Würde man hier einfach nur die Ausgangslevel der Wandler automatisieren, würde man nämlich nur den Pegel in einen inserierten Kompressor, nicht aber dessen Level selber steuern können.
Ich hätte es trotzdem gut gefunden, wenn man den Sigma auch direkt mit einer Mackie Control hätte steuern können, ohne den Umweg über die DAW gehen zu müssen. Zugegebenermaßen kann man so zwar keine Automation schreiben, aber das will man ja auch nicht permanent. Leider funktioniert dies aber noch nicht, was ich sehr schade finde. Dadurch funktioniert das natürlich auch nicht mit SSLs Nucleus – und diese Kombination wäre zugegebenermaßen schon mehr als sexy gewesen. Hierfür sollte SSL vielleicht auch noch einen eigenen „Controller-Layer“ basteln, der mit den Fadern die DAW bedient, während man beispielsweise mit den Potis den Gain des Sigma regelt. Aber vielleicht überrascht uns SSL noch mit einem entsprechenden Patch, um auch dies noch möglich und mich glücklich zu machen. In dem Zusammenhang sollte man noch überlegen, den Alt-Speaker nicht nur „toogle-bar“ zu machen, um so auch einen Subwoofer anschließen zu können und ihn hinzuschalten zu können.

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Fazit

Der SSL Sigma ist nicht nur ein hervorragender analoger Summierer, sondern auch ein kompromissloser Monitorcontroller mit vielen Annehmlichkeiten. Das Besondere sind allerdings diese tiefergehenden Mixing-Möglichkeiten mit den beiden Mix-Bussen und Inserts, die darüber hinaus fernsteuerbar und von der DAW aus in ihren Gains automatisierbar sind. Die Integration in die verschieden DAWs klappt aufgrund der unterschiedlichen Vorgehensweisen der DAW- Hersteller allerdings nur mehr oder minder komfortabel, sodass individuell zu prüfen bleibt, inwieweit der SSL Sigma den „analogen Workflow“ beschleunigt. Nichtsdestotrotz ist der Sigma ein tolles, zukunftsweisendes Produkt, und das vor allem gepaart mit einem tollen Sound!

Pro:
  • SSL Sound
  • Direct-Outs
  • Zwei Mixbusse mit Insert
  • Umfangreiche 2-Wege Monitorcontroller-Sektion
  • Kabellos fernbedienbar mit iPad und Touch OSC

Contra:
  • Browser-Remote steuert keine individuellen Gains

  • Touch OSC bietet keine Level-Visualisierung
  • Keine direkte Steuerungsmöglichkeit mit MCU oder SSL Nucleus
SSL_Sigma_01_Aufmacher
Features:
  • Fernbedienbarer Summiere/Mischpult
  • 32 Ein- und Ausgänge über 25pin D-Sub 

  • Jeder Kanal mit Direktout 
DAW Automation mit alle gängigen DAWs wie z.B. ProTools, Logic, Cubase/Nuendo, Live etc. (Mackie Hui Protokoll) 

  • 16 flexible Kanäle die individuell zwischen Mono und Stereo geschaltet werden können
  • 
2 Stereo Mix Busse mit unabhängigen Stereo Inserts
  • 
Unabhängige Ausgänge für 2 Lautsprecherpaare 
Talkback mit einstellbarem Dim-Level
  • 
SSL SuperAnalogue mix engine 

  • Max. in/out Level: +18dBu, +22dBu or 24dBu 

  • Frequenzbereich: 20Hz – 40kHz +/-0.3dB 
T
  • HD + N Noise:
  • CHIP zu CHOP
  • CHIP zu MIX A
  • Analog in/out: 25-pin D Stecker sym. 
Eingangsimpedanz: >10 kOhm 
Ausgangsimpedanz: 100 Ohm
  • Cross Platform Setup und Konfigurations Software-Oberfläche (Webbrowser)
  • 
High Speed MIDI Ansteuerung über Netzwerkkabel 
3-pin XLR-M sym. 

  • Kopfhöreranschluss: Stereo 6,3mm Klinke 

  • Footswitch: Stereo: 6,3mm Klinke (1 Circuit) 

  • iJack Stereo: 3,5mm Klinke 

  • Network: 8P8c modular connector RJ-45 type (100bT, Cat5)

  • USB: 1 x type-B (nur für SSL Diagnose)
  • DC Power: 2mm DC Stecker, +12V,
  • Strom: IEC320 3-pin Anschluss, 100 – 240 Vac, 50 – 60 Hz , D

  • Format: 19″ / 2HE 
Gewicht (in Verpackung): ca. 10 kg

Preis:

  • EUR 4196,8,- (UVP)
Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • SSL Sound
  • Direct-Outs
  • Zwei Mixbusse mit Insert
  • Umfangreiche 2-Wege Monitorcontroller-Sektion
  • Kabellos fernbedienbar mit iPad und Touch OSC

Contra
  • Browser-Remote steuert keine individuellen Gains

  • Touch OSC bietet keine Level-Visualisierung
  • Keine direkte Steuerungsmöglichkeit mit MCU oder SSL Nucleus
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SSL Sigma Test
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Profilbild von Martin Zull

Martin Zull sagt:

#1 - 29.07.2014 um 19:10 Uhr

0

Ich finde den Test hervorragend recherchiert. Auf Details wurde prima eingegangen. Daumen hoch! Die Unzulänglichkeiten des Gerätes wurden gut beleuchtet und werden den Sigma in meiner Prioritätenliste für Neuanschaffungen so lange weiter hinten bleiben lassen, bis sich Selbstverständlichkeiten wie dezidierte Gainsteuerung und Remoteeinbindung vernünftig realisieren lassen. Das hätte ich schon erwartet! Vielleicht könnte man auch den Sum.mation von Greiner Engineering zu einem Vergleichstest heranziehen, denn hier könnte sich ein ebenbürtiger Konkurrent mit kleineren Abstrichen in der Funktionalität (Abhörschiene etc.) gerade für Analogpultautomationen profilieren und so einmal eine kleinere Hersteller-Firma in den Fokus gerückt werden.

Profilbild von Felix Klostermann

Felix Klostermann sagt:

#2 - 02.08.2014 um 22:30 Uhr

0

Hallo Martin Zull. Danke für die Blumen! Man kann wirklich nur hoffen, dass SSL da noch etwas nachbessert - oder einfach drastisch den Preis für eine SSL Matrix senkt ;-)

Profilbild von Bapt M Dan

Bapt M Dan sagt:

#3 - 08.06.2016 um 22:31 Uhr

0

Hallo :),
Erstmal vielen Dank für den überragenden Bericht -Daumen richtig hoch-
Ich habe dennoch eine wichtige Frage; was für ein Audio Interface bzw. Audio-Wandler würden sie als besonders kompatibel empfehlen im Bezug auf die jeweils 32 I/Os? Oder was für ein Set Up würden sie emphelen, das mit dem Sigma am meisten Sinn geben würde?
Ich hoffe Sie können mir weiter helfen, habe bislang nichts hilfreiches gefunden, vor allem weil der Sigma eben d-sub 25 Anschlüsse hat... :/ Danke für Ihre Zeit.

Profilbild von Martin Zull

Martin Zull sagt:

#4 - 09.06.2016 um 12:46 Uhr

0
Profilbild von Martin Zull

Martin Zull sagt:

#5 - 04.06.2018 um 18:14 Uhr

0

Mittlerweile (nach gut einem Jahr des Besitzes) muss ich meine Meinung revidieren, da SSL hier in der Bedienung stark nachgebessert hat. Es gibt nun pro Stereokanal ein Plugin innerhalb der DAW der Wahl (Logic ist ein Sonderfall), mit dem man Hüllkurven der Volumenautomation sehr übersichtlich direkt in die Spur einzeichnen kann. Bei Monospuren nehme ich jeweils zum Beispiel 2 zusammengehörige gepannte Spuren, deren Lautstärkeverhältnisse ich gleich in der Audiodatei bestimme. Faderfahrten werden dann durch das Plugin in einer der Spuren aufgezeichnet und wiedergegeben und gelten für beide. Das ist eine Einschränkung, die mir erst etwas Kopfzerbrechen bereitet hat, in der Praxis bemüht man sich aber so gleich um ein vernünftiges Stereobild. Wenn ich doch mal nur eine Monospur brauche, dann verliere ich halt einen AD/DA Ein,- und Ausgang. Ein Maler knallt ja auch nicht immer alles an Farben, was er hat, aufs Bild. Darüber hinaus gibt es Talkback, 2 Subgruppen, einen vernünftigen Kopfhörerausgang und noch ein paar nette Dinge, die aus 2 Höheneinheiten einen automatisierbaren Summierer mit Monitorkontroller machen. Mit einem Nucleus und Patchbay mit Outboard kommt da fast schon Konsolenfeeling auf.

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