Lewitt LCT 540 Subzero Test

Ich möchte dieses Review mit einer kleinen Entwarnung beginnen: Das Lewitt LCT 540 Subzero bezieht sich mit seinem Beinamen eindeutig nicht auf Temperaturen unter dem Gefrierpunkt und ganz sicher auch nicht auf einen entsprechend kalten Klang – für ein Studiomikrofon wäre das wohl auch nicht besonders förderlich!

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Vielmehr möchte der österreichische Hersteller mit der Namensgebung auf das geringe Eigenrauschen des Schallwandlers hinweisen, das sozusagen „unter dem Nullpunkt“ der menschlichen Wahrnehmung liegen soll.
Ein Mikrofon, das nicht rauscht. Das klingt natürlich interessant! Ganz neu ist die Idee aber auch bei Lewitt nicht. Der direkte Vorgänger, das LCT 550, warb ebenfalls mit ultra-geringem Rauschen und allgemein hervorragenden technischen Daten. Da dies aber offensichtlich nicht an der Beliebtheit des noch älteren LCT 540 Authentica rütteln konnte, bringt der Hersteller mit dem LCT 540 Subzero (auch LCT 540 S genannt) nun eine neue Variante des Mikrofons, die sich vornimmt, die guten Specs des einen mit dem charaktervollen Klang des anderen zu vereinen. Nun, mal sehen, was der Hersteller so feiner Mikrofone wie dem LCT 440 Pure diesmal anbietet.

Details

Erdbebensichere Verpackung
Das Lewitt LCT 540 Subzero ist wohl das am sichersten verpackte Mikrofon, das ich jemals zum Test im Studio hatte. Es kommt in einem großen Case aus Kunststoff, das von außen betrachtet durchaus als das Behältnis eines kleinen Schlagbohrers durchgehen könnte – und dementsprechend stabil ist das Teil auch. Das Innere ist dick mit Schaumstoff gepolstert, in dessen Aussparungen das Mikrofon selbst, eine Spinne, ein passender magnetischer Popfilter und ein Windschutz gelagert sind. Zudem finden sich im Koffer ein Täschchen aus Kunstleder und ein kleiner Gummiring, dessen Zweck sich mir anfangs nicht ganz erschließen wollte. Auf Rückfrage beim Vertrieb wurde mir aber bestätigt, dass es sich tatsächlich um ein Armbändchen handelt. Durchaus kleidsam!

Fotostrecke: 5 Bilder Baustellenromantik: Das ansehnliche Case des Lewitt LCT 540 bietet beim Transport mehr als ausreichenden Schutz.

Feste Nierencharakteristik, zweistufiges Pad und Lowcut-Filter
So wie es bei einem Auto wichtig ist, dass die Seite mit den Reifen unten ist, ist es natürlich auch bei einem Mikrofon mit fester Nierencharakteristik wichtig, dass es von der richtigen Seite besprochen wird – und beim Lewitt LCT 540 S kann es durchaus vorkommen, dass man sprichwörtlich einmal nicht mehr weiß, wo hinten und vorne ist. Die Bedienelemente, die man grundsätzlich gerne auf der Rückseite vermuten würde, befinden sich nämlich auf der Vorderseite. Um Verwirrungen in dieser Hinsicht auszuschließen, hat der Hersteller dem Mikrofon bei Auslieferung eine kleine Manschette aus Papier umgebunden, die darauf hinweist, von welcher Seite es gerne besprochen werden möchte.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Vorderseite des LCT 540 Subzero beherbergt Bedienelemente und LED-Anzeigen für ein zweistufiges Pad, ein zweistufiges Lowcut-Filter und eine Hold-Funktion.

Über die Bedienelemente lässt sich zum einen ein zweistufiges Pad zuschalten, um den Eingangspegel um 6 dB oder 12 dB abzusenken. Zum anderen gibt es ein ebenfalls zweistufiges Lowcut-Filter, das wahlweise bei 80 Hz oder 160 Hz ansetzt. Damit Sänger und Sängerinnen im Aufnahmeraum nicht „versehentlich“ die Einstellung verändern, findet sich in der Mitte ein dritter Taster für eine Hold-Funktion, die man über einen anhaltenden Tastendruck aktiviert oder deaktiviert.
Extra-Features: Clipping-History und automatische Pegelabsenkung
Das LCT 540 S bietet einige mehr oder weniger versteckte und durchaus hilfreiche Zusatzfunktionen, die damit zusammenhängen, dass das Mikrofon in der Lage ist, zu bemerken, wenn interne Übersteuerungen auftreten. Im Moment eines Clippings blinkt das üblicherweise weiße Logo auf der Vorderseite rot auf, und da man dieses oft nicht durchgehend im Blick haben wird, lässt sich über einen langen Druck auf den Taster für das Lowcut-Filter die Clipping-History aktivieren. In diesem Modus blinkt das Logo auch nach einer Übersteuerung weiter. Das Subzero sagt damit sozusagen in seiner Sprache, dass ihm bei der letzten Aufnahme alles ein wenig zu laut war und man das Pad um eine Stufe nach unten regeln sollte.

Fotostrecke: 2 Bilder Das Lewitt LCT 540 Subzero in der zugehörigen elastischen Halterung. Beim Standard-Betrieb leuchtet das Logo weiß.

Auf Wunsch kann das LCT 540 S das Anpassen der Vordämpfung auch selbst übernehmen – nämlich über die automatische Pegelabsenkung. Nach einem anhaltenden Druck auf den Taster für das Pad leuchtet das Logo dauerhaft rot, und sobald eine Übersteuerung auftritt, wechselt das Mikrofon selbständig zur nächsthöheren Vordämpfung. Gut zu wissen: Es bleibt dabei beschränkt auf die beiden Optionen von -6 dB und -12 dB und macht keine feineren selbständigen Anpassungen.
Außergewöhnlich gute technische Daten
Im Grunde dürfte internes Clipping beim LCT 540 S ohnehin kaum zum Thema werden. Der maximale Schalldruckpegel wird bereits ohne aktiviertes Pad mit stattlichen 136 dB SPL (bei 0,5 % THD) angegeben, und das ist laut genug, um auch Gitarrenverstärkern oder Drums richtig auf die Pelle zu rücken. Einen triftigeren Grund für eine Pegelabsenkung im Mikrofon liefert die außergewöhnlich hohe Empfindlichkeit von 41 mV/Pa. Dies hat einen hohen Output zur Folge und kann prinzipiell dafür sorgen, dass man das Pad aktivieren muss, um einen angeschlossenen Preamp nicht zu überfahren – wobei das natürlich auch vom Verstärkungsbereich des Preamps selbst bzw. dessen Ausstattung mit einem Pad abhängt. Mit zu leisen Signalen und zu wenig Power im Vorverstärker wird man dagegen kaum Probleme bekommen.

Fotostrecke: 3 Bilder Hinter dem Schutzgitter sitzt eine goldbeschichtete Mylar-Membran mit einem Umfang von 1“ und einer Dicke von 3 μm.

Die Kombination der hohen Schalldruckverträglichkeit mit dem geringen Eigenrauschen von 4 dB (A) sorgt dafür, dass das LCT 540 S mit einem hohen Dynamikumfang von 132 dB (A) aufwarten kann. Zudem wird jedes Mikrofon vor der Auslieferung einer Serie von Messungen unterzogen, um dafür zu sorgen, dass es keine bedeutsamen klanglichen Abweichungen zwischen einzelnen Modellen gibt. Laut Hersteller sind also alle Subzeros ohne weiteres Matching dazu geeignet, im Stereo-Verbund zu arbeiten. Insgesamt verhält sich das Mikrofon auf dem Papier wirklich hervorragend und beinahe wie ein kleines Wunderkind. Ob es dabei auch gut klingt, steht auf der nächsten Seite.

Praxis

Vocal-Sound: Warmer und detailreicher Grundklang
Dass der Beiname „Subzero“ es Lewitt LCT 540 wirklich gar nichts mit einem kalten Klang zu tun hat, bestätigte sich bei den ersten Aufnahmen. Das Gegenteil ist der Fall. Das Mikrofon bildet Stimmen mit einem angenehm durchwärmten Grundtonbereich ab und klingt dabei ausgewogen und detailliert. Im Präsenzband und in den Höhen machen sich sanfte Anhebungen bemerkbar, grundsätzlich verhält sich das LCT 540 S in diesem Bereich aber sehr erwachsen – soll heißen: es versucht eben nicht, die Aufmerksamkeit des Hörers durch einen nur allzu gängigen Höhen-Hype auf sich zu ziehen.

Das Lewitt LCT 540 Subzero bei den Gesangsaufnahmen.
Das Lewitt LCT 540 Subzero bei den Gesangsaufnahmen.

Im direkten Vergleich zum etwa um die Hälfte teureren Neumann TLM 103 klingt das Subzero fast ein wenig belegt. Der zurückhaltende Präsenzbereich wirkt in sich jedoch sehr stabil, und die Momente, in denen man im Geiste schon einen automatisierten oder dynamisch arbeitenden EQ bei 3 kHz zugreifen sieht, um harsche Anteile abzusenken, treten hier nicht auf – und das ist meiner Meinung nach (nicht nur für Gesangsaufnahmen) ein wirklich wesentliches Kriterium. Noch wesentlicher ist aber, dass diese Qualität auch bei einem deutlichen nachträglichen Höhen-Boost erhalten bleibt. Für das bearbeitete Audio-Beispiel wurde das Air-Band des Maag EQ4 bei 20 kHz verwendet – und nicht gerade sparsam.  Das Ergebnis sind durchaus fein aufgelöste Höhen, wie man sie in dieser Preisklasse nicht unbedingt vermuten würde.Der Klang bleibt dabei natürlich und wirkt gemessen an der Stärke des Eingriffs nicht übermäßig prozessiert.

Audio Samples
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Vocals (10 cm LCT 540 Subzero), Popfilter: original Vocals (10 cm, LCT 540 Subzero), Popfilter: ausgetauscht Vocals (30 cm, LCT 540 Subzero) Vocals (10 cm, TLM 103) Vocals (30 cm, TLM 103) Vocals (10 cm, LCT 540 Subzero, Lowcut @ 80 Hz) Vocals (10 cm, LCT 540 Subzero, Lowcut @ 160 Hz) Vocals (10 cm, LCT 540 Subzero), processed (Maag EQ4 Highshelf & De-Esser)

Der einzige Kritikpunkt, der mir am Klang des LCT 540 Subzero auffällt, bezieht sich nicht auf das Mikrofon selbst, sondern auf den mitgelieferten Popfilter. Dieser sitzt mit seiner magnetischen Halterung zwar auch in Kopfüberstellung noch halbwegs sicher auf der Spinne und sieht dabei mit seinem Metallgewebe ganz hübsch aus, ein normaler Popfilter aus Nylongewebe verrichtete seinen Dienst im Test aber wesentlich effektiver und ließ nebenbei mehr wertvolle Höhen bis zur Kapsel durch.
Keine Angst vor hohem Output!
Im Zusammenspiel mit lauteren Schallquellen ist es ratsam, das interne Pad des LCT 540 S zur Sicherheit auf -12 dB zu stellen, denn auch wenn kein internes Clipping auftreten sollte, verschafft man sich auf diesem Weg ausreichenden Headroom im Vorverstärker. Beim Einsatz von zwei Subzeros als Drum-Overheads in AB-Positionierung gab es dabei keinerlei Probleme, und vermutlich dürfte auch Close-Miking mit den meisten Preamps locker machbar sein. Wer in dieser Hinsicht einen Problemkandidaten sein Eigen nennt, der wird dies vermutlich auch schon in Kombination mit anderen Mikrofonen von der empfindlicheren Sorte bemerkt haben.

Audio Samples
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Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero) Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero) + Close-Mics Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero, Lowcut @ 80 Hz) Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero, Lowcut @ 80 Hz) + Close-Mics Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero, Lowcut @ 160 Hz) Stereo-Overheads (LCT 540 Subzero, Lowcut @ 160 Hz) + Close-Mics Stereo-Overheads (Telefunken M60 FET) Stereo-Overheads (Telefunken M60 FET) + Close-Mics

Klanglich macht sich das LCT 540 S auch in Overhead-Position sehr gut. Die bei den Gesangsaufnahmen bemerkte Wärme und die Zurückhaltung im Präsenzband machen sich auch hier positiv bemerkbar. Das zum Vergleich verwendete Telefunken M60 FET, ein Kleinmembraner mit Nierencharakteristik, gibt sich in den absoluten Höhen etwas luftiger, und wenn man sich in einer Aufnahme-Situation für eines der beiden Mikrofon-Paare entscheiden müsste, dann wäre das wohl eine Geschmacksfrage. Wichtig ist, dass das Subzero bei dieser Anwendung zeigt, dass es in der Off-Axis-Besprechung keine drastischen Färbungen einbringt und ein rundes Bild des kompletten Drumsets abliefert. Die Abbildung des Stereo-Panoramas wirkt dabei sehr überzeugend, und auch beim Einfangen von Transienten zeigt sich das LCT 540 S für einen Großmembraner überraschend schnell und präzise.
Low-Noise-Check: Bestanden!
Bei der Musikproduktion ist zumindest im Bereich der Popularmusik ein gewisses Eigenrauschen von Mikrofonen kein allzu großes Problem, solange sich dieses innerhalb eines halbwegs vertretbaren Bereichs bewegt. Wenn dem nicht so wäre, dann wären Mikrofone wie das Neumann U 47 oder das AKG C12 nicht so begehrt, wie sie es sind. Es gibt aber andere Anwendungsgebiete, bei denen ein geringes Rauschen durchaus sehr erwünscht sein kann – zum Beispiel bei Sprachaufnahmen oder auch bei Foley-Sessions will man in der Regel möglichst weit im Low-Noise-Bereich bleiben. Und in der Tat: Das LCT 540 S verrichtet hier einen sehr guten Dienst. Wer das Stampfen eines Tausendfüßlers, das Zerschellen einer Schneeflocke oder das Wachsen des Grases aufnehmen will, der ist hier gut beraten. Im Studio waren Tausendfüßler, Schneeflocken und Gras leider aus, weshalb ich mich damit begnügen musste, mir vor dem aufnehmenden Subzero ein Glas Wasser einzuschenken.

Audio Samples
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Low-Noise-Check (LCT 540 Subzero)

Fazit

Das Lewitt LCT 540 Subzero weiß zu überzeugen. Es bietet einen gleichzeitig detailreichen und warmen Grundklang, der sich bei der Nachbearbeitung gut formen lässt, und wird folglich in vielen Situationen saubere Arbeit verrichten. Dass der mitgelieferte Popfilter aus Metallgewebe nicht so effektiv arbeitet, wie man sich das wünschen würde, und dabei deutlich auf den Klang einwirkt, ist allerdings ein kleiner Kritikpunkt, der nicht ganz in das sonst sehr stimmige Bild passen will. Das geringe Eigenrauschen, das sich das Mikrofon auf die Fahnen schreibt, und die allgemein hervorragenden technischen Eigenschaften sowie die zusätzlichen Features zur Vermeidung von Clipping empfinde ich als willkommenen Zusatz, der wesentliche Punkt ist aber, dass das LCT 540 S gemessen an seinem Preis einfach sehr gut klingt.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • warmer und äußerst hochwertiger Klang
  • extrem geringes Eigenrauschen und allgemein hervorragende technische Daten
  • Extra-Features: Clipping-History und automatische Pegelabsenkung
  • gutes Preis-Leistungsverhältnis
Contra
  • mitgelieferter Popfilter mit beschränkter Wirkung
Artikelbild
Lewitt LCT 540 Subzero Test
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FEATURES UND SPEZIFIKATIONEN
  • Großmembran-Kondensatormikrofon
  • Empfängerprinzip: Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator
  • Betriebsspannung: 48 V Phantomspeisung
  • Empfindlichkeit: 41 mV/Pa, -28 dBV/Pa
  • Eigenrauschen: 4 dB (A)
  • Dynamic Range: 132 dB (A)
  • interne Impedanz: 68 Ohm
  • zweistufiges Pad: -6 dB und -12 dB
  • zweistufiges Lowcut-Filter: 80 Hz und 160 Hz
  • Zusätzliche Features: Clipping-Anzeige, Clipping-History, automatische Pegelabsenkung
  • Preis: € 699,– (voraussichtlicher Straßenpreis)
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Profilbild von Dezibelzebub

Dezibelzebub sagt:

#1 - 29.12.2017 um 09:25 Uhr

0

Danke für den Test ! Ich schiele schon seit eurer ersten Ankündigung auf dieses Mikro, wollte aber noch abwarten wie die Bewertung ausfällt. Die Hörbeispiele klingen phenomenal ! Ich weiß jetzt jedenfalls, was ich mir als post-weihnachtsgeschenk gönnen werde. Das ich mir, wenn die Finanzen es wieder erlauben ein zweites dazu kaufen und die beiden dann für Stereoaufnahmen verwenden kann macht die Sache natürlich noch reizvoller !

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