Applied Acoustic Systems (AAS) Objeq Test

Nicht nur Drummer kennen das nervöse Trommeln, das man zum Zeitvertreib am Küchentisch von sich gibt. Gäbe es doch nur eine App, mit der sich der Klang der Tischplatte zu Percussion-Sounds zaubern lassen könnte. Gibt’s nicht? Gibt es! Mit Objeq hat der kanadische Software-Hersteller AAS (Applied Acoustics Systems) eine iOS-App entwickelt, die das iPhone oder iPad zum tragbaren Trigger macht.

AAS_Objeq_Bild_01_Aufmacher


Dadurch wird jeder Gegenstand auditiv in ein Percussion-Instrument verwandelt, und zwar nicht durch den Einsatz von Samples, sondern mittels Physical Modeling. Darüber hinaus ist Objeq über sämtliche iOS-Schnittstellen mit weiteren Apps und DAWs kompatibel, was auch andere Quellen als Trigger-Input erlaubt. Mit Chromaphone 2 haben die Herrschaften von AAS bereits in der Vergangenheit gezeigt, wie authentisch und vielseitig Physical Modeling klingen kann. Ob ihnen das mit Objeq ebenfalls gelungen ist?

Details

Kompatibilität und Verfügbarkeit

Die App erfordert mindestens iOS 11 und ist kompatibel mit iPhone 5s oder neuer sowie iPad Air oder neuer. Objeq ist für 4,49 Euro im App Store als Universal-App erhältlich – wer die App einmal erworben hat, kann sie mit demselben Account daher auf beiden Geräten nutzen. Unterstützt werden Audiobus, Inter-App-Audio und AUv3, wodurch die App über die gängigen aktuellen iOS-Schnittstellen in Garageband, Cubasis und Co. eingebunden werden kann. Dadurch lassen sich auch deren Klangerzeuger und MIDI-Grooves nutzen, um Objeq zu triggern.

Konzept

Zur Klangerzeugung dienen die drei sogenannten Resonatoren Beam, Drumhead und Plate, die jeweils unterschiedliche Materialien und Resonanzkörper mit physikalischer Modellierung nachbilden. Hier werden also keine Samples genutzt, wie es bei Trigger-Plug-ins oder Drum Trigger für gewöhnlich der Fall ist. Vielmehr bilden die Resonatoren Eigenschaften von Instrumenten nach, was auf mathematischer Modellierung physikalischer Vorgänge beruht. Objeq nutzt das Signal, das am internen Mikrofon des iDevice anliegt, und wandelt es live in synthetische Sounds um. Ob das latenzfrei funktioniert, schauen wir uns im Praxisteil an.

Fotostrecke: 3 Bilder Die drei Physical Models Beam, …

Bedienoberfläche

Das Interface ist simpel gehalten: Auf der linken Seite befinden sich die drei Resonatoren. Wählt man einen der drei aus, ändert sich das physikalische Modell und somit der Grundcharakter der Klangerzeugung. Die Resonatoren verfügen jeweils über vier Parameter. So lässt sich die „Position“ ändern, auf die man virtuell anschlägt, was kleine Klangvariationen ermöglicht – ähnlich unterschiedlicher Anschlagspositionen von Percussion-Instrumenten oder Drums. Mit „Tone“ wird der Attackanteil des Klangs hinzugemischt. Der tonale Anteil dagegen wird auf einem großzügig angeordneten X/Y-Feld mit „Decay“ und „Material“ geregelt. Je mehr man das „Material“ ändert, desto obertonreicher wird das Signal; „Decay“ regelt das Ausklingen des Signals. Hinzu kommt ein Mix-Regler, mit dem das Ausgangsmaterial beibehalten bleiben kann, was sinnvoll ist, wenn man layern anstatt ersetzen möchte.

Praxis

Objeq live mit internem iPhone-Mikrofon

Das Schöne an dem Konzept ist, dass man kein externes Trigger-Equipment benötigt, um mit der App loszustarten. Auch ist kein externes Mikrofon notwendig, schließlich dient das anliegende Signal nur als Trigger und ist später nicht mehr hörbar – sofern man nicht layern möchte. Kopfhörer sollte man auf alle Fälle anschließen, da es ansonsten zu einem Feedback kommen kann. Alles, was man benötigt, hat man also immer dabei und kann drauflostrommeln, wenn die Inspiration bzw. die Langeweile gerade mal wieder zugeschlägt. Die Bedienung geht leicht von der Hand und das Tool zeigt inspirierende Wirkung. Wenn man die Augen schließt, könnt man fast glauben, man trommelt tatsächlich auf Percussions. Besonders überrascht bin ich von der Latenz, die beim Trommeln kaum spürbar ist! Damit ihr einen Überblick davon bekommt, was sich mit der App anstellen lässt, habe ich ein kurzes Video aufgenommen –  Film ab!

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Mehr Informationen

Objeq in Verbindung mit weiteren Apps

Als „Stand-alone“-App macht das Ganze zwar Spaß, aber natürlich möchte man die kreativen „Trommelwirbel“ auch unterwegs aufzeichnen und in der DAW im Studio in den nächsten Song einbauen. In den iOS-DAWs Cubasis oder Garageband lässt sich Objeq über Inter-App-Audio, Audiobus oder aber wesentlich komfortabler als AUv3-Effekt laden. Objeq kann über das interne Mikro hinaus auch jegliches Material einer Spur als Trigger-Signal nutzen – beispielsweise einen MIDI-Groove. Etwas seltsam ist, dass immer noch ein wenig vom Originalsignal übrigbleibt, auch dann, wenn der Mix-Regler auf 100 % geregelt ist. Hoffentlich wird das mit einem Update behoben – die aktuelle Version ist ja noch „backfrisch“. Auch zum Triggern von weiteren Spuren in Garageband auf dem iPhone habe ich ein kurzes Onscreen-Video aufgezeichnet, in dem ihr sehen könnt, wie Objeq als Plug-in in iOS-DAWs geladen wird.

Klang

Das Schöne an gewöhnlichen Trigger-Techniken ist, dass man einfach ein Sample oder Multisample aus einer Library auswählt, das einem gefällt und eben diese durch das anliegende Signal abgefeuert werden. Samples sind allerdings vergleichsweise unflexibel, da der Grundklang des Samples nicht änderbar ist. Mit Physical Modeling kann der gewünschte Klang selbst geformt werden. Allerdings sind Physical Modelings meist auf eine Handvoll Parameter beschränkt – und genau das ist auch bei Objeq der Fall. Zudem ist man in Objeq auf die drei Resonatoren begrenzt. In puncto Sounddesign stößt man daher schnell an die Grenzen des Möglichen, was wiederum den Spaß an der Sache nimmt. Gäbe es eine große Library oder Expansion-Packs, könnte man mit der App schon wesentlich mehr machen – hier vermisse ich ein wenig die Vielseitigkeit von Chromaphone. Es steckt also noch ein wenig in den Kinderschuhen, aber das Kernkonzept ist gut und die Umsetzung gelungen. Erweiterungsmöglichkeiten fehlen der App leider. Das ist schade, denn die verfügbaren Resonatoren machen einen guten Job. Klanglich kann mich Objeq daher nur bedingt überzeugen. In den folgenden Klangbeispielen habe ich alle drei Resonatoren angespielt und jeweils nacheinander Position, Tone, Decay und Material und zu guter Letzt Pitch justiert. Die Klangerzeuger klingen zwar unterschiedlich, lassen sich aber alle in ihrer Grundstellung irgendwo zwischen Drums, wie Toms, und Percussions wie Bongo, Conga, Cajon und ähnlichen Instrumenten einordnen. Shaker und ähnliches Material, wie man es von Chromaphone kennt, ist nicht realisierbar.

Audio Samples
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1. Beam 2. Drumhead 3. Plate

Fazit

Objeq verwandelt das iPhone in einen mobilen Trigger, der mittels Physical Modeling Percussion-ähnliche Klänge erzeugen kann. Die Bedienoberfläche ist überschaubar gehalten, lässt sich während des Trommelns einfach bedienen, allerdings ist durch nur eine Hand voll Parameter kein allzu umfangreiches Sounddesign möglich. Die App wird darüber hinaus mit nur drei Resonatoren ausgestattet, weshalb das Klangrepertoire stark eingeschränkt ist. In Anbetracht dessen sind 4,49 Euro recht hoch gegriffen. Weitere Models würden der App ganz sicher nicht schaden. Alles in allem ein interessantes Konzept mit Luft nach oben.

Pro
  • neuartige Trigger-Technologie
  • übersichtliches Interface
  • simples Bedienkonzept
  • kurze Latenz
Contra
  • nur drei Klangerzeuger
  • keine Erweiterungsmöglichkeiten
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Features
  • Physical Modeling App für iOS
  • Trigger-Technologie
  • 3 Resonatoren: Beam, Drumhead und Plate
  • 5 Parameter pro Resonator: Position, Material, Decay, Tone und Mix
  • unterstützt Audiobus, Auv3 und Inter-App-Audio
  • Systemvoraussetzungen: iOS 11 oder neuer, iPhone 5s, iPad Air oder neuer
Preis
  • 4,49 Euro (Stand 11.04.2018)
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • neuartige Trigger-Technologie
  • übersichtliches Interface
  • simples Bedienkonzept
  • kurze Latenz
Contra
  • nur drei Klangerzeuger
  • keine Erweiterungsmöglichkeiten
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Applied Acoustic Systems (AAS) Objeq Test
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