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Knaggs Severn TR3 HSS Test

Für die Knaggs Severn T3 HSS stand zweifellos die Stratocaster Pate, aber das Resultat ist eine durchweg eigenständige E-Gitarre mit Charakter. Sie gehört zum Portfolio der etablierten, aber bei uns noch weitgehend als Geheimtipp gehandelten Gitarrenbauer Peter Wolf und Joe Knaggs. Letzterer stellte seinen Namen zur Verfügung, als sich die beiden nach 25-jähriger Zusammenarbeit mit Paul Reed Smith 2009 selbstständig machten und ihre Manufaktur gründeten.

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Dass ihre Gitarrenkreationen hohe Wellen schlagen würden, konnte damals noch niemand ahnen, aber für nicht wenige ihrer eingeschworenen Fans gelten die Instrumente inzwischen als Nonplusultra. Im Gegensatz zu den Gitarren ihres ehemaligen Arbeitgebers kommen bei Knaggs ausschließlich klassische Gibson- und Fender-Mensuren zum Einsatz. Gleichzeitig hat man darauf verzichtet, den Bereich der oberen Mitten zu überzeichnen, um den Gesamtklang offener zu gestalten.

Details

Konzept und Aufbau

Die Severn gehört zur sogenannten Chesapeake-Serie, deren Modelle nach indianischen Namen von Zuflüssen zur Chesapeake-Bay benannt sind, der größten Flussmündung der USA. Während die Choptank Ähnlichkeiten mit einer modifizierten Telecaster aufweist, hat man sich bei der Konstruktion der Severn im weitesten Sinne am Stratocaster-Ideal orientiert. Deshalb kommen hier nicht nur ähnliche Tonabnehmerbestückungen zum Einsatz, sondern auch eine 648 mm (25,5″) Mensur. Sie sorgt für den klassischen Twäng, den man mit einer kürzeren Mensur nicht unbedingt so authentisch hinbekommt. Die Severn gibt es in unterschiedlichen Ausführungen. Dazu gehören neben verschiedenen Pick-up Bestückungen und Farben auch unterschiedliche Klanghölzer und Hardwareoptionen.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Lieferung der Knaggs Severn T3 HSS erfolgt inklusive eines schwarzen Rechteckkoffers,…

Die Testgitarre ist eine “normale” Severn und im Gegensatz zur Severn X mit einem etwas schmaleren Hals und einem 8,5″ Griffbrettradius ausgestattet. Bei der Severn X kann man zwischen 14″ Zoll und 16″ Zoll wählen. Die Korpusform der Severn ist einer Stratocaster sehr ähnlich, auch wenn es wegen des Schlagbretts und den teilweise sehr abgefahrenen Lackierungen auf den ersten Blick nicht so aussieht. Auch die Dicke des Bodys entspricht in etwa dem meiner alten 77er Strat. Dementsprechend vertraut liegt das Instrument auch im Arm. Während Stratocaster-Bodys in der Regel komplett aus Esche oder Erle gefertigt werden, kommt bei der Testgitarre ein Mix aus Erle mit aufgeleimter Ahorndecke zum Einsatz.

Fotostrecke: 4 Bilder Unser Testmodell erscheint im kleinen Schwarzen im Testlabor, ist also in Satin Black lackiert.

Das Instrument wiegt 3,4 kg und klingt dank der sorgfältig ausgewählten und abgelagerten Hölzer und dem selbstentwickelten Edelstahltremolo auf Scharnierbasis sehr ausgeglichen, laut und resonant. Das freischwebende System wird in einem Custom Machine Shop in Baltimore speziell für Knaggs gefertigt. Es besteht aus einer Edelstahlplatte, einem Aluminiumblock und vernickelten Messingreitern. Es lässt sich butterweich bedienen und arbeitet nahezu verstimmungsfrei.

Fotostrecke: 5 Bilder Das selbstentwickelten Edelstahltremolo ist freischwebend ausgeführt…

Die Testgitarre ist mit zwei Singlecoils und einem splitbaren Humbucker bestückt, die von einem Fünfwegschalter, einem Mastervolume-Regler und zwei Tone-Potis verwaltet werden. Der hintere Tonregler ist übrigens eine Push/Pull-Variante und dient dem An- bzw. Abschalten einer der beiden Spulen des Steghumbuckers. Die gesamte Elektrik befindet sich auf einem großen schwarzen Pickguard aus Annegre, einer hellen Mahagoni-Art. Außer der Federkammer für das Tremolo befinden sich auf der Rückseite keine weiteren Hohlkammerfräsungen.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Knaggs kommt in HSS-Bestückung, das bedeutet mit einem Humbucker und zwei Singlecoils.

Der Hals

Der Ahornhals ist mit einem Ebenholzgriffbrett ausgestattet und beherbergt 22 perfekt abgerichtete Medium-Bünde. Die Halsbreite beträgt 42,9 mm am Sattel und 51,7 mm am 12. Bund. Das Halsprofil beginnt in den tiefen Lagen mit einem dezenten V, das sich in den höheren Lagen allmählich zu einem C formt und gemeinsam mit dem angenehmen 8,5′ Griffbrettradius für ein sehr angenehmes Spielgefühl sorgt. Im Gegensatz zur Stratocaster ist hier der Hals verleimt, um die Saitenschwingungen möglichst optimal zu übertragen. Der fließende Übergang zum Korpus, den man mit einem geschraubten Hals nicht hinbekommen würde, beginnt am 17. Bund. Dadurch lässt sich die Gitarre auch in den höchsten Lagen noch unglaublich gut bespielen. Ein sorgfältig gearbeiteter Knochensattel führt die Saiten zu den Gotoh-Locking-Tunern, welche die Gitarre auch nach massivem Tremoloeinsatz gut in Stimmung halten. Dank der leicht abgewinkelten Kopfplatte kommt die Severn ohne Stringtrees aus, was möglichen Verstimmungen zusätzlich entgegenwirkt.

Fotostrecke: 6 Bilder Das großzügige Cutaway erleichtert das Spielen in den oberen Lagen.
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Praxis

Die Testgitarre war ab Werk perfekt eingestellt und ich musste noch nicht einmal die Bundreinheit nachstellen. Die Gewichtsverteilung ist optimal und mit knapp dreieinhalb Kilo befindet man sich hier in einem gesunden Mittelfeld. In puncto Bespielbarkeit ist die Severn bis in die höchsten Lagen ein Traum. Man merkt einfach, dass hier nichts dem Zufall überlassen wurde. Die Gitarre klingt absolut ausgeglichen. Tote Punkte sucht man auf dem Griffbrett vergebens. Hohe Noten klingen weder dünn noch zirpig, sondern fett und stabil mit einem langen Sustain – eine solche klangliche Wonne findet man selten. Wer jetzt befürchtet, dass die Gitarre im tiefen Register zu fett tönt, hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Genau das passiert eben nicht und selbst mit dem Halspickup klingt die Gitarre auch bei offenen Akkorden im Bereich der ersten drei Bünde nie mulmig. Das ausgesprochen gute Klangverhalten hört man sofort, wenn man die Gitarre trocken, also ohne Amp, im Wohnzimmer spielt. Hier fallen auch die laute Wiedergabe und das überdurchschnittliche Sustain auf. Alles in allem also beste Voraussetzung für einen guten Sound im Zusammenspiel mit dem Gitarrenverstärker.

In den beiden ersten Soundbeispielen hört ihr den Stegpickup zuerst als Humbucker und danach im gesplitteten Modus. Wenn es überhaupt etwas an der Severn zu bemängeln gibt, dann ist es der Splitmodus des Bridgepickups, der für meinen Geschmack nicht wirklich wie ein Singlecoil klingt, sondern einen leicht gläsernen Beigeschmack hat. Aber das ist kein Beinbruch, denn bis auf den Doublebucker von Boris Dommenget ist mir bisher noch kein Humbucker untergekommen, der diesen Spagat wirklich überzeugend hinbekommt. Und letztlich ist es reine Geschmackssache. Aber hört selber.

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Stegpickup Humbucker-Mode Stegpickup Split-Mode

Meine Befürchtung, dass die Zwischenposition von Steg-und mittlerem Pickup nicht silbrig genug klingen würde, hat sich übrigens nicht bestätigt. Der wunderbare Twäng der Gitarre, den ich beim Bridgepickup etwas vermisst habe, kommt nun sehr gut zur Geltung. Zuerst hört ihr die Zwischenposition mit dem Bridgepickup im Humbuckermodus und danach im Singlecoil-Betrieb.

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Zwischenposition mit Bridgepickup im Humbuckermodus Zwischenposition mit Bridgepickup im Singlecoil-Modus

Die Singlecoils machen einen ausgezeichneten Job und klingen unglaublich feinzeichnend. Dabei kommen sowohl Keith-Richards-Fans als auch Cleanfetischisten auf ihre Kosten. Im folgenden Soundbeispiel kann man gut hören, wie ausgeglichen und rund sich die Gitarre über das gesamte Griffbrett präsentiert. Der Ton wird nach oben hin nicht dünn oder plärrig, sondern bleibt klar und stabil.

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Clean-Sound

Die Kombination aus Mittel- und Halspickup bringt einen Bilderbuchsound wie er im Buche steht. Die Gitarre liefert auch hier wieder einen perfekten Mix aus perkussiven Klangnuancen, silbrigen Höhen und einem warmen, aber nicht zu fetten Fundament. Genauso sollte es sein.

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Kombination aus Mittel- und Halspickup
Die Knaggs Severn liefert einen spritzigen, ausgewogenen Sound mit großer dynamischer Bandbreite.
Die Knaggs Severn liefert einen spritzigen, ausgewogenen Sound mit großer dynamischer Bandbreite.

Es macht einfach Spaß, auf der Gitarre zu spielen, denn sie reagiert sofort auf jede noch so kleine Spielnuance. Das äußert sich in einem spritzigen und offenen Klangverhalten, das man in dieser Güte nur von sehr hochwertigen Instrumenten kennt. Auch der Halstonabnehmer klingt phantastisch. Der Ton ist sonor, aber nicht mulmig und die Höhen sind offen, ohne schrille Elemente.

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Hals-Pickup

Kommen wir zu den High-Gain-Sounds. Ich beginne wieder mit dem Bridge-Pickup in der Humbucker-Einstellung, gefolgt vom Singlecoil-Modus. Letzterer kann mich auch hier nicht wirklich überzeugen. Im Gegensatz dazu gefällt mir der Humbuckermodus mit viel Gain umso besser. Obwohl der Pickup für meinen Geschmack ein zu fettes Mittenbrett liefert und nach oben nicht fein genug auflöst, lässt es sich hier zweifellos gut abrocken.

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High Gain: Bridge-PU im Humbucker-Mode High Gain: Bridge-PU im Single-Coil-Mode

Die Pickups sind gut aufeinander abgestimmt und es kommt beim Umschalten vom Bridge-Humbucker auf die Singlecoils nicht zu überraschenden Pegelsprüngen. Hier die Zwischenposition vom Steg und dem mittleren Pickup, wobei der Bridgepickup hier im Humbuckermodus läuft.

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Zwischenposition Steg- und mittlerer Pickup

Auch die beiden Singlecoils werden von Seymour Duncan gefertigt. Die Modellbezeichnung ATX-K hat mich anfangs allerdings vor ein Rätsel gestellt, weil es die Pickups einzeln nicht zu kaufen gibt. Dabei handelt es sich um Custom Wound Modelle, basierend auf dem Texas Hot, die extra für Knaggs hergestellt werden. Hier der mittlere Tonabnehmer in Verbindung mit dem High-Gain-Amp.

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High Gain: Mittlerer Pickup

Die Zwischenposition von Mitte und Hals verwende ich in der Regel nicht, wenn ich mit viel Gain spiele. Trotzdem wollte ich euch den Sound nicht vorenthalten. Es klingt zwar naturgemäß etwas dichter als die erste Zwischenposition, aber der Twäng und die silbrigen Höhen scheinen immer noch perfekt durch.

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High Gain: Zwischenposition Hals-PU und mittlerer PU

Zum Schluss noch ein Soundbeispiel mit dem Halstonabnehmer. In dieser Einstellung klingt die Severn einfach umwerfend. Der Einspuler bringt auch bei hohen Verzerrungen einen knackigen Twäng, der dem Anschlag immer einen leicht schmatzigen Charakter verleiht. Der Sound hat einen leicht stählernen Charakter, der mir sehr gut gefällt. Für SRV-Fans könnte die Suche nach dem “gewissen” Sound hier ein Ende haben.

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High Gain: Hals-PU
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Fazit

Die Severn von Knaggs ist so etwas wie eine Superstratocaster, bei deren Konstruktion alle möglichen Schwachstellen des Klassikers korrigiert wurden. So hat man für dieses Modell ein spezielles Tremolo konzipiert, das auf Scharnierbasis arbeitet und die Saitenschwingung wesentlich besser transportiert als die klassischen Systeme. Die Gitarre besteht aus einem eher ungewöhnlichen Holzmix mit einem Korpus aus Erle und aufgeleimter Ahorndecke und einer verleimten Halskonstruktion. Die klanglichen Vorteile äußern sich in einem überdurchschnittlichen Sustain, einer ungeheuren Spritzigkeit und einem ausgewogenen Frequenzgang über den gesamten Hals. Dieser bis ins letzte Detail durchdachte Allrounder eignet sich nicht nur für Soundgourmets. Hier kommen sowohl moderne Rocker und abgedrehte Fusionflitzefinger als auch Blueser und Puristen voll auf ihre Kosten.

Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • spritziger, ausgewogener Sound
  • große dynamische Bandbreite
  • tadellose Verarbeitung
  • traumhafte Bespielbarkeit
  • überdurchschnittliches Sustain
  • leichtgängiges Tremolosystem mit sehr guter Übertragung
Contra
  • keins
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Knaggs Severn TR3 HSS Test
Für 2.998,00€ bei
Die Severn von Knaggs ist ein bis ins letzte Detail durchdachte Allround-Gitarre nicht nur für Soundgourmets, sondern auch für moderne Rocker, Fusion-Gitarristen, Blueser und Puristen.
Die Severn von Knaggs ist ein bis ins letzte Detail durchdachte Allround-Gitarre nicht nur für Soundgourmets, sondern auch für moderne Rocker, Fusion-Gitarristen, Blueser und Puristen.
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Knaggs Guitars
  • Modell: Knaggs Severn HSS T3
  • Typ: E-Gitarre 6-saitig
  • Herkunftsland: USA
  • Korpus: Erle-Body mit Ahorndecke
  • Hals: Ahorn eingeleimt
  • Griffbrett: Ebenholz
  • Einlagen: Punkteinlagen
  • Bünde: 22 Medium-Bünde
  • Sattel: Knochen
  • Sattelbreite: 42,9 mm (1,69″)
  • Mensur: 648 mm (25,5″)
  • Griffbrettradius: 216 mm (8,5″)
  • Tonabnehmer: Seymour Duncan TB-4 (splitbar) Humbucker, 2 x ATX-K Singlecoils
  • Regler: 1 Volume-Poti, 2 x Tone-Regler (hinterer Tone-Regler Push/Pull)
  • Schalter: Fünfwegschalter
  • Pickguard: Annegre
  • Tremolo: Chesapeake
  • Hardware: Nickel
  • Mechaniken: Gotoh Locking-Tuner
  • Farbe: mattschwarz
  • Besonderheit: inkl. Koffer
  • Gewicht 3,4 kg
  • Preis: 2998,- Euro
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Der Korpus besteht aus Erle mit einer aufgeleimten Ahorndecke.

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