Zoom H2n Test

DETAILS
H2 + n = 2xy + 3ms
Keine Sorge, für die Entschlüsselung dieser zugegebenermaßen etwas rätselhaften Überschrift ist definitiv kein Griff zum Taschenrechner nötig! Der Zoom H2n ist der direkte Nachfolger des H2, bei dem es sich immerhin um einen der meistverkauften mobilen Digitalrecorder in unseren Breiten handelt. Genauso wie es 2009 auch schon mit dem H4 geschehen ist, hat der Hersteller nun auch der Produktbezeichnung des H2 ein schlichtes „n“ hinzugefügt, das für nichts anderes als das Wörtchen „next“ steht und klar darauf verweist, dass es sich um eine überarbeitete Version des Vorgängers handelt. So viel also zum ersten Term unserer Gleichung in der Überschrift. 
Der Bereich nach dem Gleichheitszeichen bezieht sich dagegen auf eine der großen Neuerungen dieser nächsten Generation: Die Anzahl und Anordnung der verbauten Mikrofonkapseln. Die meisten mobilen Digitalrecorder sind mit zwei Kapseln ausgestattet, um klassische Stereo-Aufnahmen zu ermöglichen. Der H2 bot dagegen vier Kapseln, die in unterschiedliche Richtungen des Gehäuses lauschten und zu zwei XY-Konfigurationen kombiniert waren. Der H2n geht nun noch einen Schritt weiter und vereint eine nicht unansehnliche Anzahl von fünf Mikrofonkapseln unter seinem Schutzkorb. Zwei davon halten sich nach wie vor an die XY-Anordnung im 90°-Winkel, die restlichen drei sind dagegen dafür verantwortlich, dass der H2n der erste mobile Digitalrecorder ist, der Aufnahmen in einer Mitte-Seite-Stereofonie (MS) erlaubt. 

Für alle, die sich nun etwas verwirrt am Kopf kratzen und konkret für die tontechnischen Hintergründe interessieren: Die XY-Anordnung ähnelt in ihrem Konzept dem menschlichen Hörapparat und verwendet jeweils eine Mikrofonkapsel, um die linke und rechte Seite des Stereo-Panoramas einzufangen. Bei der Positionierung der Kapseln wird allerdings darauf geachtet, dass diese möglichst nahe beieinander (in der Regel direkt übereinander) liegen, was zur Folge hat, dass der Schall gleichzeitig an beiden Membranen ankommt und Laufzeitunterschiede minimiert werden. Aus diesem Grunde sprechen wir beim XY-Verfahren auch von Intensitäts-Stereophonie, da eben nur die Pegelunterschiede von linkem und rechten Signal übertragen werden. Die MS-Anordnung verwendet dagegen vorwiegend ein omnidirektionales Mikrofon, das direkt auf die Schallquelle ausgerichtet ist. Ergänzt wird dieses Mittenmikrofon durch ein Seitenmikrofon, das gleichzeitig nach links und rechts „hört“, oft aus nur einer einzelnen Kapsel mit Achtercharakteristik und im Fall des H2n aus zwei kombinierten Kapseln mit Nierencharakteristik besteht. Abgesehen davon, dass die Ergebnisse solcher Aufnahmen in der Regel fokussierter klingen, hat die MS-Mikrofonierung den Vorteil, dass in jedem Fall eine saubere Mono-Spur vorliegt (Mitte) und die Stereobasisbreite auch nachträglich durch ein Anheben oder Absenken des Seitenkanals beeinflusst werden kann. 

Richtcharakteristiken bei MS- (links) und XY-Konfigurationen (rechts)
Richtcharakteristiken bei MS- (links) und XY-Konfigurationen (rechts)

Lieferumfang
Die Grundausstattung des H2n ist relativ puristisch gehalten. Während der Vorgänger noch mit opulenten Extras wie mehreren Audio-Kabeln, einem Stativ und einem Windschutz ausgeliefert wurde, finden sich in der Verpackung des H2n nur ein Paar AA-Batterien, eine 2 GB SD-Card und ein Handbuch. Als Minus-Punkt lässt sich dies dem Recorder allerdings nicht ankreiden, denn das optional erhältliche Zubehör-Set (Zoom APH2n) beinhaltet alles, was man sich als ambitionierter Schalljäger wünschen kann. 
Wer neben der oben genannten Sonderausstattung auch Wert auf einen Adapter für ein Mikrofon-Stativ, eine gepolsterte Tragetasche und eine kabelgebundene Fernbedienung (also „Nahbedienung“?) legt, der wird mit dem nur etwas teureren Bundle-Angebot sicher glücklich werden. Wer dagegen von vornherein auf das Zubehör verzichten möchte, der schont mit der Basisausstattung seinen Geldbeutel. Über eine abgespeckte LE-Version von Steinberg Wavelab 7, die eine mehr als grundlegende Nachbearbeitung des Audio-Materials auf Mac oder PC ermöglicht, darf man sich in jedem Fall freuen, denn auch diese findet sich als DVD in der Basisausstattung.

Gehäuse und Bedienelemente
Rein optisch macht der Zoom H2n einen außergewöhnlichen Eindruck. Wegen des großen Metall-Schutzkorbs für die Mikrofonkapseln, der beinahe die Hälfte des Gehäuses einnimmt, weckt der leicht an ein Retro-Design angelehnte Look des Recorders eindeutige Assoziationen mit Großmembran-Kondensatormikrofonen und schlägt so eine Brücke zu professionellem Tonstudio-Equipment. Das hintergrundbeleuchtete LC-Display mit 128 x 64 Bildpunkten ist etwas größer als beim Vorgänger, ausreichend hell und lässt alle Parameter gut erkennen. In Bezug auf die Haptik liegt der H2n jedoch im nicht ganz so hochwertigen Bereich. Die Verarbeitung ist zwar einigermaßen solide geraten, das Plastik-Gehäuse wirkt mit einem Gewicht von nur 130 Gramm (ohne Batterien), gemessen an den Maßen des Recorders, aber überraschend leicht und erweckt ähnlich wie ein ausgeblasenes Osterei den Eindruck, als sei unter der Schale nicht viel zu finden. Auch wenn die Bedienung des H2n sehr einfach und intuitiv gestaltet ist, darf man beim Bearbeiten der Steuerelemente kein außergewöhnlich gutes oder gar luxuriöses Feeling erwarten. Vor allem das Jog-Dial, das auch für die Navigation durch das Menü des H2n zuständig ist, das analoge Mic-Gain-Poti zum Anpassen des Eingangspegels und der Record-Button, der etwas unglücklich am unteren Ende des Gehäuses platziert ist, könnten eine stärkere Gewichtung bzw. einen definierteren Druckpunkt vertragen. Während man dem günstigeren kleinen Bruder, der auf den Namen H1 hört, solche Dinge noch wohlwollend verzeiht, wäre beim H2n ein etwas höherer Style-Faktor in der Bedienung sicher angemessen gewesen.
Zum Abhören der Aufnahmen hat der Recorder einen kleinen Mono-Speaker an Bord, der seinen Platz ebenfalls unter dem Mikrofonkorb findet. Wie bei allen Geräten dieser Art wird hier kein klanglicher Gaumenschmaus geboten, aber zumindest ist somit auch ohne den Anschluss eines Kopfhörers ein schnelles Kontrollhören möglich. Neben dem obligatorischen Mini USB-Port (USB 2.0) und einem Anschluss für die Fernbedienung findet sich außerdem eine 3,5 mm Klinkenbuchse, die man entweder als Line-In (auch in diesem Fall ist Pegeln über das Mic-Gain-Poti nötig) oder zum Anschluss eines externen Mikrofons verwenden kann, das je nach Einstellung im Menü mit Plug-in-Power versorgt wird. Hierbei handelt es sich nicht um echte 48 Volt Phantomspeisung, sondern um eine Stromversorgung mit wesentlich geringerer Spannung von drei bis fünf Volt, die für den Betrieb von speziellen Elektret-Kondensator-Mikrofonen konzipiert ist. Wenn es um den Einsatz von externen Mikrofonen geht, die Phantomspeisung benötigen, bleibt also der H4n der einzige mobile Digitalrecorder aus dem Zoom-Portfolio, mit dem dies möglich ist.

Formate
Auf dem Weg vom analogen Schallereignis bis zum digitalen Abbild bietet der H2n eine umfassende Auswahl an Aufnahmeformaten. Wer Wert auf eine möglichst hohe Auflösung legt, kann unkomprimierte Wav-Files in Abtastraten von 16 Bit/44,1 kHz bis zu 24 Bit/96 kHz aufzeichnen. Als Speicherplatz-Ökonom entscheidet man sich dagegen vorzugsweise für das MP3-Format. Zwischen 12 Abstufungen der Datenrate (48 bis 320 kbps) kann man hier wählen und auf diesem Weg den Kompromiss zwischen Klang und Speicherbedarf haarfein an die persönlichen Bedürfnisse anpassen. Das einzige, wonach man umsonst sucht, ist eine direkte Möglichkeit, Mono-Files zu erstellen. Auch nach vollständigem Deaktivieren des Seitenkanals im MS-Modus wird trotz anliegenden Mono-Signals eine Stereo-Spur erzeugt. Für Sprachaufnahmen, bei denen die Rauminformation eine bedeutend geringere Rolle als die Information hinter dem gesprochenen Wort spielt, ließe sich der Speicherbedarf so noch deutlich senken.
Ein sehr praktisches Feature ist die Möglichkeit, das MP3-Encoding auch nach der Aufnahme noch jederzeit ausführen zu können. Wenn dringend neuer Speicherplatz benötigt wird und es unnötig hoch aufgelöste Wav-Dateien auf der SD-Card gibt, dann lässt sich dieser Platz also auch schaffen. Wer sich in diesem Fall bei der Wahl der Bitrate unsicher ist, kann sogar mehrere Versuche wagen, denn die Originaldatei bleibt nach dem Encoding vorerst erhalten und gibt ihren Speicherplatz erst frei, sobald sie ausdrücklich gelöscht wurde. Die maximale Aufnahmedauer hängt neben dem Format natürlich von der Kapazität der eingesetzten SD-Card ab. Die mitgelieferte Karte bietet mit ihren 2 GB Platz für 57 Minuten im höchstaufgelösten Wav-Format, knapp 35 Stunden im MP3-Format bei 128 kbps und im Falle der geringsten Bitrate über 100 Stunden. Dies bezieht sich allerdings nur auf zweikanalige Stereo-Dateien. Wie wir auf der nächsten Seite sehen werden, kann der H2n mit seinen fünf Mikrofonkapseln aber noch mehr anstellen.

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