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Zildjian A-Custom Rezo Test

Dass ausgerechnet der pure Zufall richtungsweisend für sein Leben und das aller seiner Nachkommen sein würde, hätte Avedis Zildjian, den Gründer einer der 300 ältesten Firmen der Welt, wahrscheinlich schockiert. Eine Kurzfassung der abstrusen bis fabelhaften Geschehnisse im 16. Jahrhundert lautet in etwa so: Avedis´ Versuch, aus unterschiedlichen Metallen Gold herzustellen hat zwar nicht funktioniert, aber die Metalle klangen dafür so mächtig, dass der armenische König sie zur Einschüchterung der Gegner seines Landes mit in die Schlacht nahm. Auf dem Weg vom Kriegsgerät der armenischen Armee hin zum Kriegsgerät moderner Drummer hat sich seit knapp 400 Jahren eines nicht verändert: die genaue Metallmischung der Avedis-Becken. Wir sind trotzdem nicht eingeschüchtert und testen mutig für euch die neueste Erweiterung der Avedis Linie von Zildjian auf ihre Fähigkeiten sich auch ohne Gewalt angemessen Gehör zu verschaffen.

Dass eine gewisse Erwartungshaltung mit den Weiterentwicklungen von Musikinstrumenten einhergeht, davon können auch andere Instrumentenbauer ein Lied singen. So werden Firmen wie Fender, Vox oder Wurlitzer wahrscheinlich noch von in 100 Jahren an ihren legendären Instrumenten aus den 1960er und 70er Jahren gemessen. Doch wenn es um Tradition geht, stellt die Produktlinie “Avedis Zildjian” alle Instrumente der Erde in den Schatten. Eine Weiterentwicklung einer solchen Institution macht nur dann wirklich Sinn, wenn man mit klugen Erweiterungen das Vorhandene ergänzt. Die Motivation könnte natürlich auch sein, mit einem großen Namen als Zugpferd eine eher mäßige Entwicklung  trotzdem gut unter die Käufer zu bringen. Es lohnt sich also, die Becken einmal genauestens unter die Lupe zu nehmen.

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DETAILS
Die Becken sind nach der berühmten und immer noch geheimen Formel der Avedis Zildjians aus B20-Bronze gefertigt. Sie sind Teil der Avedis Custom-Linie, die ursprünglich in Zusammenarbeit mit Vinnie Colaiuta – dem wahrscheinlich wahnsinnigsten aller Drummer – entwickelt wurde. Bei der Herstellung der Becken werden die Rohlinge zunächst maschinell in Form gebracht, bevor sie in Handarbeit präzise gehämmert und abgedreht werden.
Die Beckenkuppe sticht heraus: Sie ist nicht nur besonders groß, sondern glänzt gänzlich ungehämmert und ungedreht im wunderschönen „Brilliant“-Finish.
Sehr auffällig sind auch die unterschiedlichen Oberflächen der Cymbals: Jeweils zwei Bereiche sind grob gerillt und haben ein mattes Finish, zwei sind feiner abgedreht mit brilliantem Finish. Das Ganze ist so wohlstrukturiert, dass ich kurz Lust bekomme, aus Spaß mal ein Splash auf den Plattenspieler zu legen. Ob sich dahinter wohl eine versteckte Botschaft verbirgt?

Die flachen Hammermulden beginnen unterhalb der Kuppe und verlaufen ganz gleichmäßig bis zum Beckenrand. Die Becken erwecken optisch den Eindruck, als sei Zildjian 400 Jahre nach dem Beginn seiner Suche nach einem Herstellungsprozess für Gold diesem hähren Ziel einen Schritt näher gekommen. Für die augenscheinliche Robustheit sorgen das überschaubare Schwingverhalten und die mindestens mittlere Dicke der Rezos. Zwar bewegt sich die komplette Rezo-Reihe laut offizieller Beschreibung nur im Medium-Thin bis Paper-Thin Bereich, jedoch erwecken bei mir die etwas zähe Spielbarkeit und die Sägespäne unter meinem Drumset eher den Eindruck, als hätte ich es hier mit relativ robusten und dicken Cymbals zu tun. Auch wenn die Serie im Hinblick auf das Grund-Setup aus Crashes und Ride dem Standard entspricht, lassen sich doch ein paar Besonderheiten entdecken. Die China-ähnlichen „Rezo-Pang“-Becken haben Ähnlichkeiten mit Cymbal-Innovationen der Sechziger Jahre. Die hierfür verwendete Form war mit ihrem mit kurzen, umgestülpten Kragen lange Zeit sehr populär, war aber seit langem gänzlich ausgestorben. Bei Zildjian hat sich jedoch offensichtlich jemand an sie erinnert und wiederbelebt.  Bemerkenswert ist, dass sogar diese Cymbals mit der für alle Rezos typischen Kuppe ausgestattet sind. Eine weitere Besonderheit stellen die Hi-Hat-Becken dar, deren Bottoms an mehreren Stellen tief eingekerbt sind. Das unterbricht die Auflagefläche des Hihat-Top und bezweckt außerdem ein schnelleres Entweichen der Innenluft bei Hihat-Openings oder getretener Hihat. Dafür, dass die Hihats trotzdem nicht für jazzige „Chick“ Sounds entwickelt wurden, steht unter anderem die Tatsache, dass dünnere Jazz-Sticks wahrscheinlich binnen Minuten durchgefräst wären. Zumindest für Drumsticks scheinen diese Instrumente gefährlich zu sein!

Hier bekommt ihr schon einmal einen akustischen Vorgeschmack auf die Becken, die einzelnen Sounds jedes einzelnen getesteten Beckens gibt es auf den folgenden Seiten.

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Set 1 Set 2
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PRAXIS/SOUND
Bei dem vorliegenden Arsenal an Becken stehen etliche der Cymbals für sich, andere funktionieren sehr gut im System, vor allem die Standard-Crashes.

Die Größen 15“, 16“, 18“ und 20“ sind von mir getestet worden, links seht ihr den kleinsten und den größten der Lärm-Macher. Beim Spielen wird mir schnell klar: Die vier Crashes ergänzen sich glänzend. Insgesamt lässt sich der Klang als gut ausgewogen bezeichnen, wobei diese Rundmetalle deutlich an die Tradition der großartigen Avedis Crashes aus den Sechzigern und Siebzigern anknüpfen können, welche seit jeher weniger „washy“ klingen, dafür aber angenehm klangvoll und kontrolliert klirren. Das liegt sowohl an der berühmten B20-Metallmischung als auch daran, dass in dieser Serie nicht gekleckert, sondern geklotzt wird – das Metall ist also insgesamt mindestens mitteldick, was allerdings zu einer etwas zähen Ansprache der Cymbals führt. Bemerkenswert ist, dass die Crashes einen auffällig gleichartigen Klangcharakter haben und daher perfekt miteinander harmonisieren. Obwohl die Testbecken – wie alle anderen auch – willkürlich aus der Produktion gegriffen wurden, wirkt das Setup handselektiert. Das spricht für die allgemein positive Entwicklung bei Zildjian, die sich in den letzten Jahren besonders durch schwankende Qualität und mangelnde Konstanz um Teile ihrer Stammkundschaft gebracht hatten. Eine stimmige tonale Abstimmung hätte dem Ganzen die Krone aufgesetzt, wäre aber der Entwicklung der gesamten Beckenindustrie wahrscheinlich um Jahrzehnte vorgegriffen.

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15″ Crash 16″ Crash 18″ Crash 20″ Crash

Als gutes Arbeitstier erweist sich auch das 21“ Ride-Becken. Der typische Ride-Ping variiert je nachdem ob er auf der rauhen oder auf der gläzenden Oberfläche gespielt wird, zwischen äußerst transparentem und klarem Klang mit gut kontrollierbarem und voluminösem Sustain und etwas weicherem Sound mit weniger Attack.

Rezo_21_Ride_01

Auch bei aggressiverer Spielweise oder Crash-Ride-Situationen schlägt die gelungene Rock-Konzeption durch: Das Becken schaukelt sich nicht auf und das vollkommene Klangspektrum bleibt transparent und kontrollierbar. Der Kuppensound ist genauso klar und glatt wie seine gläzende Oberfläche und ist dynamisch sehr variabel ohne bei höheren Lautstärken in das von anderen Becken bekannte hochfrequente „Kreischen“ abzugleiten.

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21″ Ride Low 21″ Ride Bell

Zusätzlich zur Standardausstattung wartet Zildjian mit einigen Innovationen auf, die entweder alte Zeiten wieder aufleben lassen oder – wie im Fall der Hi-Hats – so noch nie gesehen wurden: Soundkerben im Becken-Bottom. Dabei handelt es sich um große Aussparungen, die sowohl für einen knackigen „Tschick“-Sound sorgen als auch für präzises Spiel bei geschlossener Hi-Hat durch besonders kurze und präsente Hits.

Rezo_14_HH_01

Dadurch, dass die Auflagefläche zwischen den Hats unterbrochen ist, ist die Gefahr geringer, dass sich die Becken aufschaukeln. Die Luft kann bei schliessenden oder geschlossenen Becken schnell entweichen, was für direkten Kontakt sorgt und “Luftpolster” verhindert. Bei den beiden gestesteten Hihat-Paaren gibt es eine klare Rollenverteilung: Die 14“-Becken sind ein guter Allrounder mit durchsetzungsstarken hohen Frequenzen, Die 15“-Hats ordnen sich normal gespielt im Drumsound unter, jedoch ohne Projektion einzubüßen. Sie sind eher für schwereren Rock der harten Gangart geeignet. Wer seine Sticks zu opfern bereit ist, wird auch im – für die Rezos leider typischen – Sägespäne-Regen extrem laut gespielter Rocksongs einen runden Gesamtklang erleben. Sogar unter härtester Belastung liefert die gesamte Serie stets ein sehr gutes Klangergebnis.

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14″ Hi-Hat 15″ Hi-Hat

Die Avedis Rezo Pang Becken in 16 und 18 Zoll sind eine absolute Neuheit für mich und Drummer meiner Generation. Allerdings gab es vor langer Zeit bereits Becken mit derselben ungewöhnlichen blumenförmigen Wölbung, Zildjian hat die Produktion dann aber eingestellt um sie jetzt wieder ganz unaufgeregt in die neue Sortimenterweiterung zu integrieren. Dabei überzeugt das 16“ Pang mit derselben klaren und runden Klangprojektion, die schon bei den anderen Cymbals der Serie überzeugen konnte. Leichte China-Crash-Assoziationen können erfreulicherweise nicht die starke Eigenständigkeit des 16“ Pangs überlagern. Nicht zu washy und nicht zu klirrig handelt es sich hierbei um einen echt neuen Klang, der einen großen Kreativitäts-Spielraum zulässt.

Fotostrecke: 4 Bilder Das kleine 16″ Pang…

Das „18“ Pang“ klingt komplett anders. Der deutlich trashige und flache Scheppersound ist bestimmt nicht für jeden das Richtige und ist ein ungewöhnlich unpassendes Instrument in der sonst so abgerundeten Baureihe. Ein Kochtopfdeckel erfüllt einen ähnlichen Zweck und kostet keine € 327. Der Sustain schwingt in einem unangenehmen und beißenden Intervall gleichbleibend lange aus.

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16″ Pang 18″ Pang 10″ Splash 12″ Splash

Etwas angenehmer und wieder etwas unspektakulärer gesellen sich zwei Splash-Becken dazu. Auch diese sind grundverschieden. Das 10“ Splash ist etwas trashiger und sogar etwas dumpfer als das um zwei Zoll größere. Die 12“ des zweiten Splashes markieren die Obergrenze für die Winzlings-Scheiben, aber dank der als „Paper-Thin“ beschriebenen Metallstärke entwickelt sich ein noch gerade eben als Splash-Sound durchgehender Miniatur-Sound. Auch hier macht sich nicht unbedingt das Gefühl breit, ein hochwertiges Instrument zu spielen. Die Klangattribute lassen sich eher als roh und kehlig beschreiben, mit einem übertrieben langen Sustain und unangenehmem Grundton.

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FAZIT
Besonders die Rezo-Crashes können wieder an vergessen geglaubte Qualitätsstandards der frühen Ziljdian Avedis Becken des letzten Jahrhunderts anknüpfen. Mit etwas präziseren Frequenzbereichen schlägt das amerikanische Unternehmen eine stabile Brücke zwischen der Traditionsmarke Avedis und hochmodernen Cymbal-Sounds. Auch die höchst erfreuliche qualitative Konstanz innerhalb einer Produktion scheint bei Ziljdian wiedergefunden worden zu sein. Mit musikalischem Sachverstand wurde mit Rezo die Produktpalette um eine sehr rock-lastige Sparte erweitert. Die Becken sind für meinen Geschmack teilweise etwas schwerfällig. Das kleine Splash und das große „Pang“-Crash sind insgesamt enttäuschend und meiner Ansicht nach ihren Preis nicht wert. Dafür ist die Grundausstattung mit Crashes, Ride und Hihat umso preiswerter: Hier bekommt man gute Ware für gutes Geld. Wer dann noch einen Wald zum Selberschnitzen der Drumsticks hinterm Haus hat, den wird auch der Umstand nicht irritieren, dass das durchschnittliche Stockmaterial an den harten Kanten der Cymbals schnell abnutzt und binnen Kurzem zerfranst.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • gut aufeinander abgestimmte Becken
  • gut umgesetzte Innovationen
  • große Auswahl
  • robust
Contra
  • einzelne Cymbals fallen qualitativ extrem ab
  • etwas schwerfällige Ansprache
  • “Stickfresser”
Zildjian A-Custom Rezo Test
Für 299,00€ bei
Into The Heat Of Battle
TECHNISCHE DATEN
  • Metall: B20-Bronze
  • Finish: Brilliant/Traditional
  • Handgehämmert
  • Gewicht:
  • – Ride: Medium Heavy
  • – Crashes: Thin
  • – Hihats: Medium
  • – Pang: Thin
  • – Splashes: Paper Thin
  • Preise:
  • 10″ Splash 160,65 €
  • 12″ Splash 184,45 €
  • 15″ Crash 249,90 €
  • 16″ Crash 279,65 €
  • 18″ Crash 327,25 €
  • 20″ Crash 374,85 €
  • 21″ Ride 410,55 €
  • 14″ HiHat 452,20 €
  • 15″ HIHat 499,80 €
  • 16″ Pang 285,60 €
  • 18″ Pang 327,25 €
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