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Walden B-1E Baritone Test

Praxis

Zwar müssen die Saiten der Bariton dicker sein als die einer normalen Western, aber sie spielen sich trotzdem so weich, dass man bei Bedarf jeden Ton – auch auf der tiefen B-Saite – mit einem Vibrato verschönern kann. Die beiden blanken hohen Saiten lassen sich sogar problemlos ziehen, auf der hohen dünnen B-Saite und der Fis-Saite sogar um einen Ganzton. Durch die lange Mensur (680 mm) liegen die Bünde außerdem spürbar weiter auseinander. Schnell hat man sich jedoch an die neue Situation gewöhnt, wenn man vorher eine herkömmliche Steel-String gespielt hat.
Im Prinzip braucht man sich in dieser Stimmung keine neuen Griffbilder erarbeiten. Sämtliche Muster verlieren in der Bariton-Normalstimmung nicht ihre ursprüngliche Bedeutung und trotzdem kann man die Walden B-1E nicht wie eine Gitarre in Normalstimmung spielen, genauso wie man einen sechssaitigen Bass nicht ohne Weiteres wie eine Gitarre einsetzen sollte. Die B-1E Baritone „darf“ man eigentlich nicht mit dem Plektrum bearbeiten, weil dann nur noch eine matschige Klangbrühe rüberkommt. Schnell gelangt man zu der Erkenntnis, dass eine starke rechte Hand von Vorteil ist, damit dieses Instrument sich auch mit seinen Stärken profilieren kann. Pickings oder Arpeggien vor allem auch mit Griffen in der open string position kommen kraftvoll und druckvoll, wenn man die Baritone B-1E über einen Amp schickt.
Sie kokettiert schließlich auch mit einer Musikerpersönlichkeit, die Sinn für Bass- und Melodielinien und eine entsprechende Technik entwickelt hat, und mindestens zwei Linien gleichzeitig spielen kann.
Darüber hinaus habe ich den Eindruck gewonnen, dass sie nicht von anderen Instrumenten gestört werden möchte und sich (auch mit Verstärkung) wohler fühlt, wenn sie sich alleine mit ihrer tiefen Stimme zu Wort melden kann. Mit einer langen Mensur und einem langgestreckten Resonanzkörper bleibt man eigentlich lieber auf dem Hocker sitzen, vor allem dann, wenn man filigrane Solospielstücke intoniert. Allerdings hat der Hersteller der B-1E auch zwei Knöpfe zur Befestigung eines Gurts geschenkt.
Setzt man sie als Soloinstrument (Solospielstücke) ein, dann meldet sich eine zarte Stimme mit einem durchaus ausgewogenen Soundbild zu Wort, wobei die beiden blanken hohen Saiten aber auch ziemlich drahtig klingen können. Mit dem akustischen Sound lässt sich arbeiten – er stellt einen Kompromiss aus angenehmem Handling und dem nötigen Bass-Fundament dar. Was die Größe des Korpus angeht, hat man bei anderen Herstellern mitunter tatsächlich einiges mehr “am Hals”. Und im Übungsraum (alleine) oder am heimischen Herd sollte der gelieferte Ton auch inspirieren. Kommt allerdings ein zweites Instrument dazu, stößt man schnell an Grenzen, wenn da nicht Pickup und Preamp wären. Nein, mit ihrem Natursound kann sich unsere Kandidatin im Zusammenspiel mit anderen Instrumenten kaum behaupten. Dafür macht sie einfach zu wenig Druck – insbesondere im unteren Frequenzbereich, wo sie doch eigentlich wirken soll. Die Zargen der Baritone B-1E sind dafür einfach zu schmal und die dicken unterbauten Deckenleisten vermindern die Klangentfaltung zusätzlich. Der Korpus müsste eigentlich das Volumen eines Kontrabasses mitbringen. Aber mal ehrlich, welcher Gitarrist würde sich so ein Monstrum unter den Arm klemmen wollen? Wäre die Upright-Baritongitarre eine Lösung? Wohl kaum!
Aber da ist ja auch noch das integrierte Tonabnehmer-System, ein Fishman Prefix Pro, mit dem sich wirklich gute Ergebnisse erzielen lassen. Allerdings braucht man dann auch einen entsprechend ausgestatteten Amp mit adäquatem Lautsprecher/Hochtöner-Gespann.
Zwei Neumann-Mikrofone (TLM 103) bilden den Naturton der B-1E (relativ) realistisch ab. Der Abstand zum Schallloch beträgt bei dieser Aufnahme ca. 1,50 bis 1,80 Meter in einer Höhe von ca. 1,50 – 1,80 Meter. Im Bassbereich werden die Mikrofone diskret mit dem Fishman Prefix Pro unterstützt.

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Slow Jam New

Bei der nächsten Aufnahme kommen zwei Yamaha-Aktivboxen zum Einsatz. Die beiden Mikrofone stehen direkt vor dem Speaker, das heißt, der Naturton spielt hier nicht mehr mit.

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Slow Jam

Die akustische Baritongitarre entpuppt sich tatsächlich als ein Ding aus einer anderen Welt. In diesem „Lebensraum“ scheint die Zeit viel langsamer abzulaufen. Man darf sich (vergleichsweise) mehr Zeit nehmen und braucht keine Angst mehr vor Soundlöchern zu haben. Die tiefen Töne kommen zum Tragen und bilden die Basis auch für simple Melodielinien.

Walden_Baritone_B1E_017FIN-1008334 Bild
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Profilbild von jola

jola sagt:

#1 - 20.12.2014 um 17:01 Uhr

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Von wem ist das Test-Stück „Slow Jam“? Gibt es dazu irgendwo Noten oder Tabs?

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