Traynor YBA200-2 Test

Wenn man als Bassist kompromisslos auf den warmen, cremigen Sound von Röhren steht, lässt sich auch heutzutage trotz moderner Technik und Simulationsversuchen die Anschaffung eines Vollröhrenverstärkers kaum vermeiden. Dem Traumsound steht dann zwar nichts mehr im Wege, aber ob Top oder Combo, mit einem Vollröhren-Amp handelt man sich in der Regel auch einige Nachteile ein. Sie sind sehr groß, sehr schwer und vor allem sehr teuer – im dreistelligen Eurobereich ist das Angebot sehr dünn. Die Firma Traynor aus Kanada und ihr Hersteller Yorkville sind längst dafür bekannt, ordentliche Qualität zu vernünftigen Preisen zu liefern und sorgen auch beim Thema Vollröhre für Abhilfe.

Traynor_YBA200_04FIN

 
So bieten sie mit dem Traynor YBA200-2 ein relativ kompaktes 200 Watt Vollröhrentop mit moderatem Gewicht und vor allem zu einem Preis, der auch dem Bassisten mit Blick auf das Budget den Einstieg in die Röhrenklasse ermöglicht. Auch in Sachen Ausstattung kann der Kanadier punkten und ist mit seinen Anschlussmöglichkeiten auf der Höhe der Zeit – ältere Röhrenverstärker bieten solche Möglichkeiten meist nicht. Ob der YBA200-2 auch soundmäßig mit den legendären Röhrentops mithalten kann oder sogar die Nase vorn hat?

Details

Der YBA200-2 befindet sich, wie der Namen bereits verrät, schon in seiner zweiten Inkarnation, wobei die Unterschiede zwischen den beiden Generationen mehr kosmetischer Art sind, technisch hat sich kaum etwas verändert. Beim älteren YAB200 arbeiten die vier Endstufenröhren für die 200 Watt Ausgangsleistung „self-biasing“, es können also verschiedene Röhren ohne Angleichung eingebaut werden, der neue YBA200-2 hingegen verträgt nur gleiche Pärchen, die von einem Techniker eingemessen werden sollten. In der Vorstufe verrichten beim neuen wie beim älteren Modell zwei 12AX7 und eine 12AU7 ihren Dienst.

Die Front hat sich beim YBA200-2 optisch leicht verändert und sieht zum Ärger einiger Vintage-Fans etwas moderner aus als beim Vorgänger, beherbergt aber die gleichen Regler und Features wie jener. Die Vorstufe hat neben dem Gain-Poti zwei Eingangsklinken für aktive (0dB) und passive (-6dB) Bässe, gefolgt von einem traditionellen passiven 3-Band-EQ mit Treble, Mid und Bass und einem speziellen vierten Regler mit der Bezeichnung Range. Mit diesem Poti kann der Frequenzbereich des 3-Band-EQ justiert werden. Klingt interessant, mehr dazu im Praxisteil. Der Höhenanteil kann zusätzlich mit einem Bright-Schalter unter dem Treble-Regler geboostet werden, außerdem steht ein zuschaltbarer Scoop-Filter zur Verfügung, der stufenlos Mitten absenkt und Bässe und Höhen betont. Einen solchen Filter gibt es mittlerweile bei fast allen Amps unter Bezeichnungen wie Contour oder Enhance und ist vor allem für Slapsounds nützlich. Bezüglich der Soundbeeinflussung ist damit beim YBA200-2 noch lange nicht Schluss, den zwischen dem Master und dem Scoop-Poti sitzt ein weiteres Tool, der Resonance-Regler. Er greift am Ausgang der Endstufe und regelt den Dämpfungsfaktor des Bassbereichs. Im Klartext: Mit ihm kann das Schwingungsverhalten der Lautsprechermembranen elektrisch beeinflusst werden. Im Uhrzeigersinn aufgedreht wird der Dämpfungsfaktor geringer, die Membran also nicht am Schwingen gehindert, wodurch ein resonanterer und etwas trägerer oder „lusher“ Sound entsteht, weil natürlich auch die ganze Box stärker schwingt. Das Gegenteil passiert, wenn man den Dämpfungsfaktor erhöht, also den Resonance-Regler nach links dreht. Das Ausschwingen der Membran wird abgebremst, was logischerweise zu einem kompakteren oder „tighten“ Sound führt.
Unterhalb des Reglerbereichs finden sich die zahlreichen Anschlussmöglichkeiten. Links sitzt eine Tuner-Buchse für ein Stimmgerät inklusive Mute-Schalter, damit die Bandkollegen vom Stimmvorgang verschont bleiben, im rechten Bereich sind Klinkeneingänge für den Vorstufen-Signalabgriff (Preamp-Out) und den direkten Zugriff auf die Endstufe (Amp-In) falls man z.B. einen anderen Preamp verwenden will. Diese beiden Buchsen können aber auch als Effektweg genutzt werden, allerdings wird das Signal nicht an den Line-Out übertragen, der Effektsound ist also nur über die Boxen zu hören. Der symmetrische Line-Out (XLR) für den Bühneneinsatz mit PA verfügt über einen Pre/Post-EQ-Schalter, der das Signal vor oder nach der Klangreglung abgreift, und über den obligatorischen Groundlift-Schalter, mit dem sich Brummstörungen eliminieren lassen. Zusätzlich kann man das Signal mit einem weiteren Schalter um 20dB absenken, falls die Eingänge am Mischpult zu empfindlich sind. Selbstverständlich sind auch Power- und Standby-Schalter nebst Betriebs-LED in bester Vintage-Optik auf der Frontplatte zu Hause.

Auf der Rückseite des Amps geht es etwas spartanischer zu. Traynor hat dem YBA200-2 lediglich zwei Klinken als Speakerausgänge spendiert, mit einem kleinen Schalter kann man außerdem die Impedanz von vier auf acht Ohm ändern. Schließlich findet man dort auch noch den Netzkabelanschluss und den kleinen Lüfter, der temperaturabhängig arbeitet.

Das ganze Paket ist sehr gut verarbeitet, am stabilen Gehäuse sind links und rechts Klappgriffe angebracht, mit denen das 20 kg leichte Top gut gegriffen werden kann, die Kanten sind mit Metallecken gut geschützt und Gummifüße auf beiden Seiten und der Unterseite sichern den Amp gegen Rutschen, egal wie man es abstellt. Das solide YBA200-2 wirkt wirklich überhaupt nicht wie ein Gerät aus der Budgetklasse, sondern durchaus sehr hochwertig. Klasse.

Praxis

Da der YBA200-2 einen passiven Tone-Stack hat, gibt es keine wirkliche Flat-Einstellung als Ausgangssound. Der EQ arbeitet immer subtraktiv, der Frequenz-Gain kann also nur abgesenkt und nicht geboostet werden. Die typische Fender Dreiband-Ausgangseinstellung ist 2/10/2 für Bässe/Höhen/Mitten, der Techniker von Yorkville empfiehlt allerdings als cleane Ausgangseinstellung für den YBA200 die Bässe und Höhen auf 5, den Mitten- und Range-Regler zwischen 3 und 4 zu regeln und den Scoop völlig zu deaktivieren. Den Gain sollte man für einen sauberen Sound natürlich eher niedrig, zwischen ca. 3 und 4 pegeln, und den Master auf die gewollte Endlautstärke stellen, das Resance-Poti steht zu Beginn ebenfalls in Mittenstellung, also auf 5.  Das ist dann auch das Setting für meinen ersten Testdurchlauf, den ihr auch im ersten Audio „Flat“ hören könnt.

Traynor_YBA200_15FIN

Heraus kommt ein ziemlich druckvoller und kompakter Sound, wie man ihn von einem Vollröhrentop hören will, wie ich finde. Und das ist erst die absolut brave Clean-Einstellung. Der EQ arbeitet sehr effektiv, warme, schiebende Tiefbässe und glasklare Höhen können nach Belieben reingedreht werden und entfalten dann erst das ganze Potential des Röhrenamps. Der Range-Regler wirkt etwas subtiler und zwar auf das ganze Frequenzspektrum des Amps. In Linksstellung wird der Sound eher vintagemäßig, tiefmittenlastig und höhenarm, je mehr man den Regler aufdreht immer aufgeräumter und prägnanter. Dieses Feature funktioniert auch sehr gut, muss man einen wummernden Sound auf ungünstigen Bühnen in den Griff bekommen, damit wird er einfach etwas schlanker, kompakter und transparenter. Der Scoop-Filter arbeitet, wie man es von anderen Tops kennt: Mitten werden abgesenkt und Bässe und Höhen treten in den Vordergrund. Aber ehrlich gesagt finde ich das bei einem Vollröhrentop nicht so wichtig. Hier will ich gerade die warmen, schiebenden Mitten hören, und wenn ich mehr Bässe und Höhen brauche, kann ich die mit dem EQ reindrehen und die Anteile selbst bestimmen. Aber er funktioniert tadellos und manch einer wird‘s vielleicht praktisch finden, einen gescoopten Sound per Knopfdruck anwählen zu können.

Traynor_YBA200_21FIN

Viel interessanter ist da schon der Resonance-Regler. Wie oben schon erwähnt, kann damit das Ausschwingen der Speaker-Membranen abgedämpft werden, um den Sound tighter zu machen. Der Effekt wird logischerweise umso deutlicher, je lauter man den Amp dreht, weil die Membranen bei hohen Pegeln und entsprechend dynamischer Spielweise erst richtig arbeiten müssen. Es ist aber ein Effekt, den man eher spürt als hört. Bei zurückgedrehtem Resonance-Regler fühlt sich tatsächlich alles tighter und schneller an, das Gegenteil passiert mit geringem Dämpfungsfaktor. Hier wird der Sound resonanter und fühlt sich beim Spielen „lush“ an. Ich finde dieses Feature echt sinnvoll, weil man damit den Amp und die Speaker noch besser auf seine Spielweise justieren kann. Insgesamt bietet der YBA200-2 wirklich eine Menge Möglichkeiten, seinen eigenen Sound zu finden. Dabei ist der Grundsound schon sehr druckvoll, lebendig und markant und wird die Mundwinkel von Vollröhrenfans zweifelsohne nach oben befördern.

Damit ihr einen Eindruck vom Sound bekommt, gibt’s natürlich wie immer noch ein paar Audios mit verschiedenen Settings.

Audio Samples
0:00
Flat Gain Full Vintage

Der YBA200-2 ist ein lupenreines Vollröhrentop und bringt auch alle positiven Tugenden dieser Gattung mit, klingt aber anders als mancher Purist das von seinem Schätzchen der legendären amerikanischen Vollröhrentop-Firma kennt. Der Kanadier bietet auch nicht die satten Leistungsreserven der doppelt so teuren Konkurrenz mit den drei Buchstaben, überzeugt aber mit seinem ganz eigenen aggressiven, markanten und druckvollen Sound auf ganzer Linie. Dazu bietet er eine zeitgemäße Ausstattung mit allen Anschlussmöglichkeiten, die man braucht, und bietet obendrauf noch ein paar pfiffige Extras wie das Resonance- und Range-Feature, die den Amp flexibler machen. Das alles in einem für Vollröhrentops kompakten und mit 20 kg recht leichten Paket, und zu einem sehr attraktiven Ladenpreis unterhalb der Tausender-Marke. Also eine klare Empfehlung für Freunde des Röhrensounds.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Verarbeitung
  • Preis/Leistung
  • Ausstattung/Anschlüsse
  • Lebendiger Grundsound
  • Sound-Shaping-Möglichkeiten
Contra
  • Line-Out ohne Effektsignal
  • Keine Speakon-Lautsprecherausgänge
Artikelbild
Traynor YBA200-2 Test
Für 698,00€ bei
Traynor_YBA200_06FIN
Facts
  • Hersteller: Traynor/Yorkville
  • Modell : YBA200-2 Vollröhrenbass Topteil
  • Leistung: 200Watt@4 oder 8 Ohm einstellbar
  • Röhren: 2x12AX7, 1x12AU7, 4xKT88
  • Regler / Schalter: Gain, Bass, Mid, Treble, Treble Boost, Range Resonance, Master, Scoop, Ground Lift, Tuner Mute, Pad -20dB, Pre/Post EQ, Power, Standby
  • Anschlüsse: 2x Input Klinke 0db/-6dB, Pre Amp Out, Power Amp In, XLR DI Out, 2x Klinke Speaker Out, Tuner
  • Effektweg: Mono, seriell
  • Sonstiges: Lüfterkühlung
  • Maße: 29 x 57 x 24 cm
  • Gewicht: 20kg
  • Preis: 1.030,00 Euro (UVP)
Hot or Not
?
Traynor_YBA200_04FIN Bild

Wie heiß findest Du dieses Produkt?

Kommentieren
Profilbild von Harry

Harry sagt:

#1 - 26.08.2011 um 22:40 Uhr

1

Hallo,
erst einmal möchte ich sagen, dass mir der Artikel sehr gut gefällt, weil er verständlich, handfest und hilfreich ist.
Seit etwas mehr als einem Jahr habe ich jetzt den Traynor zusammen mit der Traynor Box TC 1510. Die Anlage gefällt mir sehr gut. Ich tüftel aber immer noch am richtigen Sound. An die Klangbeispiele aus dem Artikel komme ich nicht so richtig ran. Was mir manchmal Schwierigkeiten bereitet ist, dass die Töne, die ich auf der hohen E - Saite spiele, im Bandgefüge untergehen. Könnte ich dazu vielleicht einen Einstellungstip bekommen? Wäre eine 4x10 Box vielleicht besser? Oder wie muss ich das Horn der Box einstellen?
Herzlichen Dank schon mal im voraus.

Profilbild von BassVader

BassVader sagt:

#2 - 19.11.2014 um 17:24 Uhr

0

Lieber Rainer,ich weiß es ist schon eine weile her dass Du diesen Testbericht verfasst hast, aber da du mir bereits beim YBA300 schon so nett geantwortet hast wollte ich doch nochmal nachfragen, ob du dich an die Reglersettings des "Vintage" soundbeispiels erinnern kannst. Das gefällt mir sehr gut.Danke und viele GrüßeChristian

Profilbild von boogie

boogie sagt:

#3 - 25.02.2015 um 02:57 Uhr

0

welche "top-Firma" mit drei Buchstaben ist hier gemeint?

Profilbild von Ampweg

Ampweg sagt:

#4 - 16.04.2015 um 00:16 Uhr

0

Mit der Firma meint er Ampeg, mit der doppelt so teuren Konkurrenz (dem Amp) meint er deren SVT.

Profilbild von Paul Traynor

Paul Traynor sagt:

#5 - 26.05.2015 um 09:39 Uhr

0

A good sounding valve amp for bass

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Bonedo YouTube
  • Sire Marcus Miller F10-6 NT - Sound Demo (no talking)
  • First notes on the Sire Marcus Miller F10-6 NT #shorts #sirebass #marcusmiller #siremarcusmillerf10
  • First notes on the Marleaux Consat Custom Bolt-On #bassguitar #marleaux #bass #bassbonedo