Die Erfindung des In-Ear Monitoring stellt für viele Bühnensituationen einen Segen dar. Sänger können sich selbst in einer diffusen Halle und mit einer lauten Band im Rücken endlich gut hören, ohne sich heiser zu schreien. Generell kann eine komplette Band die Gesamtlautstärke auf der Bühne mit Hilfe von In-Ear Monitoring drastisch reduzieren. Was für uns Bassisten dabei jedoch leider flöten geht, ist das Körpergefühl, der spürbare Druck – sprich, das coole Grummeln in der Magengegend, wenn man den Bass in Bewegung setzt. Dadurch bekommt man beim Gig mit In-Ear schon mal ein Gefühl der Isolation, und der Spaßfaktor leidet ebenfalls.
Es ist definitiv ein Unterschied, ob man den Bass und die Kickdrum nicht nur hört, sondern auch spürt. Die Firma TecAmp hat sich diesem Problem angenommen und für den Bassisten mit dem Pleasure Board und der Pleasure Pump eine Lösung erdacht, die den Fun auch bei leisen Bühnensituationen oder im Studio wieder zurückbringt.
Die Idee einer so genannten Shakerplattform ist nicht neu. Es handelt sich dabei um ein Podest, das mit einem oder mehreren LFA-Wandlern (low-frequency-audio transducer) ausgestattet ist, um die Podestoberfläche in Vibration zu versetzen, sobald ein tieffrequentes Signal anliegt. Neu ist, dass ein Hersteller solch eine Plattform serienmäßig anbietet, die zudem auch noch sehr leistungsstark und leicht transportabel ist. Bislang gab es solche Plattformen nur als Sonderanfertigung und im Wesentlichen als Festeinrichtung, jedoch nicht als mobile Plattform. Ebenfalls neu ist die speziell auf die Anforderungen einer Shakerplattform für Bassisten abgestimmte Endstufe unter dem Namen „Pleasure Pump“.
Das wohl bislang in Musikerkreisen bekannteste Bass-Shaker-Produkt ist der 1994 vorgestellte Buttkicker® von der amerikanischen Firma Guitammer. Der Buttkicker wurde zwar von dem Bassisten Ken McCaw zusammen mit dem Techniker Marvin Clamme entwickelt, um für Bühnen eingesetzt zu werden, mittlerweile findet sich der größte Abnehmerbereich jedoch in der Homecinema- und Gaming-Industrie. Speziell für Bassisten kommt mit der TecAmp Lösung erstmal eine wirklich praktikable und roadtaugliche Alternative zu Tage.
DETAILS Das Pleasure Board ist 80 x 80 cm groß und 10 cm dick. Die Oberfläche ist mit einem rutschfesten und robusten Kunststoff überzogen, die Kanten sind rundherum mit einem Aluminiumprofil verstärkt. Das Pleasure Board ist zur Bodenplatte durch gummlagerung entkoppelt, was die Vibrationsübertragung auf den Boden bis auf ein absolutes Minimum reduzieren soll. An der einen Seitenkante ist ein solider Tragegriff angebracht, mit dem sich das, mit 19 Kilo auch durchaus tragbare, „Rumpel-Brett“ leicht transportieren lässt. An der Seite befindet sich ein Kopfhörerausgang (6,3mm Stereo-Klinke) Die Anschlussbuchse für das Lautsprecherkabel befindet sich an der Unterseite des Pleasure Boards. Über Sinn oder Unsinn der Anschlüsse werde ich mich später äußern. Im Pleasure Board leisten acht LFA-Wandler ihre Arbeit mit bis zu 600 Watt an 8 Ohm – das entspricht einem Gefühl bei einem Erdbeben mit ca. Stärke 8 auf der Richterskala. Damit ist eigentlich zunächst alles gesagt, was zur Beschreibung des Pleasure Boards notwendig ist.
Das Pleasure Board kann mit jeder beliebigen Endstufe betrieben werden, es kann mit einem Bass-Amp betrieben werden, auch parallel zu einer Bassbox. Wobei es dann von Vorteil ist, wenn man das Shaker-Signal getrennt regulieren kann, wie es zum Beispiel bei Stereo-Endstufen der Fall ist. Dabei sei jedoch gesagt, dass die Leistung der Endstufe schon mehrere 100 Watt betragen muss, um die Plattform ausreichend stark zu betreiben. Speziell auf die Anforderungen der Shakerplattform abgestimmt, hat man daher bei TecAmp eine eigene 400 Watt Vor-/Endstufe mit solidem Ringkerntrafo entwickelt, die genügend Power mobilisiert, um die Plattform ordentlich zum Schwingen zu bringen, denn dafür ist einiges an Leistung notwendig. Diese Lösung, mit Namen „Pleasure Pump“, ist aber weitaus mehr als eine banale Endstufe. Im Prinzip handelt es sich dabei um einen vollwertigen Bass-Amp mit einigen Zusatzfeatures und abgefahrenem Design.
Dem Design nach könnte die Pleasure Pump eine gute Vorlage für einen zukünftigen James Bond Film liefern, wenn es um die Frage geht, eine ultrakrasse, neue Geheimwaffe mit Dechiffrierfunktion auf eine Außenstation auf dem Mars zu schmuggeln. Mit dem gebürsteten Aluminium-Chassis kommt sie sehr edel daher. Im Gegensatz zu allen anderen Endstufen bzw. Amps agiert die Pleasure Pump nicht waagerecht im Liegen (obwohl sie dazu natürlich auch in der Lage ist), sondern senkrecht stehend. Alle Anschlüsse und Regler befinden sich auf der Vorderseite (bzw. Oberseite).
Die Pleasure Pump besitzt zwei getrennt regelbare 6,3mm Klinken-Eingänge: Einen Instrumenten- und einen Line-In-Eingang. Das ist absolut sinnvoll, denn man kann sich beliebig zusätzlich Signale, beispielsweise die Kickdrum vom Monitormixer abgezweigt, auf seinen Shaker routen und eigenhändig in der Intensität regulieren. Dazu finden wir eine Dreiband-Klangregelung (Low, Mid, High)für die Einstellung des Bass-Sounds, sollte man die Pleasure Pump als Amp mit konventioneller Box verwenden wollen oder alternativ den Kopfhörerausgang benutzen. Daneben befindet sich ein Regler für eine integrierte Frequenzweiche, mit dem man das Ausgangssignal auf die Shakerplattform zwischen 30 Hz und 20 KHz beschneiden kann. Auch dies ist sehr zweckmäßig. Routet man beispielsweise das komplette Drum-Signal oder ein volles Playback auf den Line-In, so kann man die Frequenz so beschneiden, dass z.B. nur noch Signale unter 100 Hz auf die Plattform gelangen, so bleibt stets ein sauberes Bass-Shaker-Signal möglich, ohne durch zu viele andere Geräusche in den oberen Frequenzen gestört zu werden.
Zuletzt finden wir den Master-Volumenregler, den getrennt regelbaren Kopfhörerausgang, einen Lautsprecheranschluss (Speakon-Buchse), die Lüfteröffnung, die Netzanschlussbuchse und den Netzschalter. In der Netzbuchse integriert befindet sich eine 10 Ampere Sicherung zum Schutz vor Überlastung. Ein Line-Out-Ausgang (Klinke, Post-Klangregelung) ist ebenfalls vorhanden, auf einen DI-Out wurde verzichtet.
PRAXIS Ich kann behaupten, mit Shaker-Plattformen durchaus Erfahrung zu haben, da ich selber bislang ca. 1.000 Shows mit Kopfhörer und Shakerplattform gespielt habe. Für Situationen, in denen es quasi unmöglich ist, mit konventioneller Beschallung seine Arbeit zu bestreiten und die Drums unter Umständen auch noch in einem getrennten Raum stehen, ist es ein 100%iger Ersatz für das fehlende Körpergefühl das für ein gutes Zusammenspiel einer Rhythm-Section entscheidend ist. Wenn man Bass und Kickdrum spürt, spielt man definitiv anders. Nicht zwangsläufig tighter, aber energetischer und vom Gefühl doch relaxter. Wer einmal mit Shaker gearbeitet hat, der möchte in solchen Situationen nie mehr darauf verzichten.
Zwei Kernprobleme ergeben sich bei der Verwendung von Shaker-Plattformen. Die mangelnde Bewegungsfreiheit auf der Bühne und die Nebengeräusche. Wie eingangs erwähnt sind solche Podeste normalerweise nicht für den schnellen Transport geeignet, und da sie meistens nicht gelagerte, statische Konstruktionen sind, erzeugen sie ein ordentlich hörbares Gerappel und übertragen die Tieffrequenz über den kompletten Bühnenboden. In lauten Situationen ist das kein Problem, bei kleineren und leiseren Auftritten, z.B. kleinen Shows, Galas oder Musicals, bei denen die Band auf oder hinter der Bühne sitzt, wäre solch ein Podest nicht einzusetzen. Das TecAmp Pleasure Board ist gummigelagert, das heißt, die Oberfläche vibriert zwar, die Standunterlage bleibt aber weitgehend von den heftigen Schwingungen verschont. So kann man das Pleasure Board sogar in der Mietwohnung einsetzen, ohne den darunter wohnenden Nachbarn die Lampen aus der Decke zu bomben.
Das folgende Video dokumentiert die Effektivität der Gummilagerung des Pleasure-Boards.
Ich habe Pleasure Pump und Board einem ausgiebigen Praxistest unterzogen. Dabei handelte es sich um einen Corporate-Gig, eine riesige Veranstaltung mit Orchester und kompletter In-Ear-Monitoring Verkabelung. Die Drums saßen nicht sichtbar und akustisch nicht hörbar auf einer anderen Bühnenebene. Vollkommene Isolation war angesagt. Sozusagen Shakerpodest – Test-Idealbedingungen. Podest und Pump ließen sich ohne größere Schwierigkeiten auf ein ca. fünf Meter hohes Gerüst schaffen. Ein Teil der Proben für die Veranstaltung fand vorher in einer Halle statt und alles lief problemlos. Auf Grund einer simplen Tatsache wurde wahrscheinlich der Kopfhörerausgang an der Plattform am Veranstaltungsort jedoch zum Problem.
Zur Erklärung: Der Anschluss für das Lautsprecherkabel befindet sich unterhalb der Shakerplattform. Das hat den Vorteil, dass man das Kabel auf der Bühne nicht versehentlich herausziehen oder den Stecker beschädigen kann. Es hat aber auch zwei entscheidende Nachteile: Man benötigt ein Lautsprecherkabel mit Klinken-Winkelstecker – das bekommt man im Notfall nicht gerade hinterher geworfen. Zudem hat die Pleasure Pump nur einen Speakon-Anschluss, das heißt, man benötigt ein speziell für diese Situation angefertigtes Kabel (wird übrigens von TecAmp mitgeliefert). Nun befindet sich an der Seite der Shaker-Plattform eine zusätzliche Klinkenbuchse, die als Kopfhörerausgang fungiert. Das ist mir erstmal unbegreiflich, weil ein Kopfhörerausgang an einem Shakerpodest wirklich nur in absoluten Sondersituationen Sinn ergibt, zumal es ein Mono-Signal ist, welches lediglich das auf den Shaker geroutete Low-Frequency Signal wiedergibt. Zum zweiten kann das passieren, was unweigerlich dem Bühnenpersonal in der Stress-Situation des Aufbaus bei Dunkelheit passiert sein muss – man hat genau an dieser Kopfhörerbuchse das Lautsprecherkabel angeschlossen. Das wiederum hat der Endstufe den Garaus gemacht. Fazit: Problem!
Nun musste also alternativ eine andere Endstufe herhalten. Die wurde auch schnell gefunden, der Anschluss der Endstufe war jedoch kompliziert. Niemand hatte ein Boxenkabel mit Winkelstecker vor Ort, das TecAmp-Kabel hatte Endstufenseitig nur einen Speakon-Anschluss. Also Kabel opfern und umlöten oder was neues basteln. Schließlich ersann man eine Notlösung mit Speakon-Adaptern, die weitestgehend funktionierte.
Hätte man auf den Kopfhöreranschluss verzichtet und stattdessen an diese Stelle den Endstufenanschluss gelegt, eventuell mit einer Winkelstecker-Zugentlastungskonstruktion, wäre die Endstufe nie falsch angeschlossen worden, bzw. man hätte auch ohne Probleme in wenigen Minuten eine Ersatzlösung basteln können. Aus Sicherheitsgründen könnte man den Anschluss auf der Unterseite durchaus als Zusatzoption belassen. Dies nur als Anregung aus der Praxisecke.
Nun, das Dilemma geschah glücklicherweise früh im Gesamtablauf des Tests, und man konnte noch Ersatz besorgen, so dass schließlich nach dem ersten Probentag „on location“ auch die Pleasure Pump zum Einsatz kam.
Da der zur Verfügung stehende Platz nicht ausreichend Deckenhöhe bot, musste ich im Sitzen spielen. Auf dem Pleasure Board wurde ein Stuhl mit Gummifüßen gestellt. Bei dieser Art von Anforderung ist es lediglich wichtig, einen Stuhl auszuwählen, an dem keine vibrationsanfälligen, losen Teile hängen, weil diese extreme Nebengeräusche verursachen, und die Stuhlbeine nicht scharfe oder spitze Fußenden haben, weil sich diese dann in die Oberfläche der Plattform bohren und diese beschädigen.
So ließ ich mir schließlich das Drum-Signal mit Betonung auf die Kickdrum vom Monitorpult aus auf den Line-In der Pleasure Pump legen. Der Bass wurde von dem Parallelausgang der angeschlossenen D.I.-Box an den Instrument-In der Pleasure Pump angeschlossen. Auf diese Weise konnte ich eigenständig das Verhältnis zwischen Bass und Drums auf meinem Shaker-Podest regeln, ohne ständig über Intercom mit dem (ebenfalls nicht sichtbaren) Monitortechniker deswegen kommunizieren zu müssen.
Das Ergebnis des Zusammenspiels zwischen Pleasure Pump und Board ist beachtlich. Während die alternativ verwendete 200 Watt Endstufe wirklich Mühe hatte, das Pleasure Board zu betreiben, brachte die Pleasure Pump meinen Körper zum Beben. Mit einer beachtlich schnellen Ansprache, ohne das Gefühl zeitlicher Verzögerung und ohne „wabbelig“ zu wirken kam sofort Spaß auf. Da ich auf der Plattform saß, konnte man natürlich Nebengeräusche am Stuhl wahrnehmen, im Stand fallen die Nebengeräusche weniger ins Gewicht und im Verhältnis zum Gedonner und Gerappel nicht gelagerter Shaker-Plattformen ist der Unterschied gigantisch. Selbst wenn man das Pleasure Board wirklich an die Erdbebengrenze treibt, verhält sich die Übertragung auf den Boden noch äußerst gutmütig.
FAZIT TecAmp bietet mit Pleasure Board und Pump eine hochprofessionelle, spezialisierte Lösung für den Bassisten, der häufig In-Ear Monitoring betreibt oder in lautstärkearmen Situationen nicht auf das Druckgefühl der tieffrequenten Schwingungen verzichten möchte. Die gummigelagerte Shakeroberfläche entkoppelt die Vibrationen erfolgreich und nebengeräuscharm von der Standfläche und damit dem Bühnenboden. Das macht diese Plattform so besonders und einzigartig auf der Welt. Zwar ist der Preis von Pleasure Board und Pleasure Pump zusammengerechnet (ca. 1.350,- €) höher als beispielsweise das Heimwerker-Selbstbaupaket von Buttkicker (ca. 730,- $ US) – aber jetzt mal ehrlich: Das lässt sich nicht vergleichen. Die TecAmp-Lösung bietet praktikablen Roadeinsatz in höchster Verarbeitungsqualität, speziell auf die Anforderungen des Bassisten abgestimmt. Das ist weltweit absolut einzigartig und verdient einen riesen Applaus. Die Kopfhörer-Buchse würde ich durch eine zweite Speaker-Buchse ersetzen. Einen Kopfhörer-Anschluss an der Plattform halte ich für überflüssig. Einen Speaker-Anschluss an der Seite, alternativ zu dem Anschluss an der Unterseite, halte ich dagegen für unerlässlich.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Contra
TecAmp Pleasure Board und Pleasure Pump Test
SPECS TECAMP PLEASURE PUMP
Preamp: Transistor
Ausgangsleistung RMS: 400 w (8 Ohm)
Power: Bipolare Endstufe
Transformers: TecAmp Toroidal Transformator
EQ Section: lo, mid, hi control +/- 15 dB
Cut: High Cut Filter 12 dB/oct. von 20 KHz – 30 Hz
Eingänge: zwei 6,3mm Klinkeneingänge, 1 x Instrument, 1 x Line In
Ausgänge: ein Neutrik Speakon® Lautsprecherausgang, ein 6,3mm Klinken Lineout, ein 6,3mm” Klinken Stereo Kopfhörerausgang
Kann man an die pleasure pump auch ein speakon Y Kabel anschließen um so a) das pleasure Board und b) einen 4 Ohm bass speaker zu betreiben? Oder macht die pleasure Pump dann schlapp?Das wäre doch ein super setup zum Proben mit der Band
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DerTom sagt:
#1 - 21.07.2012 um 12:15 Uhr
Kann man an die pleasure pump auch ein speakon Y Kabel anschließen um so a) das pleasure Board und b) einen 4 Ohm bass speaker zu betreiben? Oder macht die pleasure Pump dann schlapp?Das wäre doch ein super setup zum Proben mit der Band
micha sagt:
#2 - 13.05.2013 um 14:46 Uhr
am ausgang der pump steht 8 Ohm minimum. geht also nicht. mit 4 Ohm lautsprecher und basspump wärst du sogar unter 4 ohm....