Um Innovationen war man bei SPL noch nie verlegen. Ständig wird im niederrheinischen Niederkrüchten geforscht und entwickelt, einige Geräte haben weltweite Verbreitung gefunden. Mit dem Transpressor hat ein weiteres Analoggerät Einzug in das Produktportfolio gefunden. Allerdings handelt es sich dabei nicht um eine bahnbrechende Neuerung, sondern um die Kombination zweier Systeme zu einem einkanaligen Prozessor.
Auf einer Höheneinheit bietet der Transpressor Bearbeitungsmöglichkeiten, wie sie in einem Gerät bislang so nicht möglich waren. Das ist kein Marketing-Gequatsche, sondern Fakt. Es bleibt also die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer solchen Symbiose zu prüfen und auszuloten, wie sich das Tool bedienen lässt. Was den Sound angeht, seid ihr wie immer zum Mitmachen eingeladen: Die Audioplayer im Praxisteil sind schon mit leckeren Beispielen gefüllt.
Neologismen, also Wortneuschöpfungen, werden von vielen Unternehmen gerne verwendet, um den Sonderstatus von Produkten entweder zu unterstreichen oder vorzugaukeln. Es lohnt sich immer, die Bestandteile dieser Begriffe genauer zu untersuchen. Was bei einer Schuhverkäufer-Einzelhandelskette namens “Bioline” und Waschmittel namens “Megaperls” noch ordentlich absurd ist, könnte beim vorliegenden “Transpressor” durchaus seine Berechtigung besitzen. Im Grunde ist es klar: “Trans” vom Transient Designer und “-pressor” vom Kompressor. Doch genauer: Die Vorsilbe “Trans” bedeutet „hindurch“ und „herüber“, “-press” bedeutet „drücken“, „quetschen“. Endungen mit “-tor”, von der hier nur die letzten beiden Buchstaben benutzt werden (“Transpresstor” klänge echt irgendwie panne), sind vor allem dank Terminator und Plagiator bekannt. Eigentlich wird damit ein eine Tätigkeit ausübender Mensch oder eine Maschine gemeint, doch hat der schauspielernde, kraftmeiernde Österreicher (der “Gouvernator”) mit seinen Filmchen der Bedeutung noch eine eiserne Entschlossenheit und Übermacht hinzugefügt. SPL bescheren uns also den “Durchdrückmacher”. Hm, ok. Irgendwie müssen Geräte ja heißen, vielleicht hätte es ja auch einfach “1080” getan. Dennoch wird der eingangs beschriebene Sonderstatus damit tatsächlich verdeutlicht. Nun sind wir ja keine Germanisten oder Etymologen, sondern Tontechniker oder Musiker. Also schmeißen wir doch einen genaueren Blick auf die Funktionsweise des Geräts. Wie sieht es also mit dem Sonderstatus aus?
Das 19”/1HE-Gehäuse erklärt auf seiner Frontplatte, dass nicht nur Wörter zusammengefügt, sondern auch Funktionen unterschiedlicher Geräte in einem vereint werden. Ganz links sind zwei Regler (Attack und Sustain) zu erkennen, die mit dem Begriff “Transient Designer” zusammengefasst werden, rechts davon befindet sich eine Kompressor-Einheit, die mit den üblichen Reglern Threshold, Ratio, Attack, Release und Make-Up(-Gain) ausgestattet ist. Der analog arbeitende Transpressor ist demnach eine Kombination zweier Dynamikgeräte, eines Kompressors und des von SPL entwickelten, sehr beliebten und häufig kopierten Hüllkurvengeräts. Doch der Reihe nach: Ein Transient-Designer ist ein System, welches Anstieg und Abfall eines Signals steiler oder flacher gestalten kann. Ein wesentlicher Unterschied zu Kompressoren & Co ist, dass dies unabhängig vom Pegel geschieht. Mit dem Attack-Regler beispielsweise lässt sich eine zu knackige Bassdrum weicher oder eine zu verwaschene Snare schärfer machen. Andererseits ist es auch möglich, mit dem zweiten Regler Signale “kürzer” oder “länger” zu machen, um etwa auf die Reaktion des Raums auf ein Signal Einfluss zu nehmen. Die einfache Bedienung war es unter anderem, die den SPL Transient Designer so beliebt gemacht hat: Mit zwei Reglern wird alles eingestellt, wobei die 12-Uhr-Stellung neutrales Verhalten bedeutet, ein Drehen nach links die Zeit jeweils verkürzt, ein Drehen nach rechts die Zeit verlängert.
Die sicherlich bekannten Bedienelemente des VCA-Kompressors wurden von mir schon aufgelistet, sofern es sich um Potis gehandelt hat. Zwischen Attack und Release hat es sich ein von innen beleuchtbarer Schalter gemütlich gemacht, der den simplen Namen “Auto” trägt. Mit Kraftfahrzeugen hat er bekanntlich nichts zu tun, er ermöglicht die materialabhängige Steuerung der Zeitparameter. In den Detektorweg kann bei Bedarf ein dreipoliges Tiefpassfilter bei 100 oder 540 Hz geschaltet werden. Zudem kann ein Bandpass verwendet werden, wenn zum Beispiel der Bassdrum nicht zu viel Gewichtung für die Kompression gegeben werden will.
Sich auch mal unterordnen zu können ist nicht nur in der Band wichtig, liebe Gitarristen: Der einkanalige Transpressor kann über eine RJ45-Buchse für den Stereobetrieb gelinkt werden, von mehrkanaligem Einsatz ist im Handbuch allerdings nicht die Rede. Wie es bei vernünftigen Kompressoren Usus ist, verfügt auch der SPL über die Möglichkeit, die Kompression von einem externen Signal über den Sidechain regeln zu lassen. Ebenfalls zu einem Kompressor gehört die Möglichkeit, Eingangspegel und Pegelreduktion kontrollieren zu können. Dies geschieht beim Transpressor mittels zweier zehnsegmentiger LED-Ketten.
Das Blockdiagramm gibt Aufschluss über die genaue Funktionsweise des Parallel-Reglers. Hier wird das gesamte effektierte Signal mit dem Eingangssignal gemischt. Die Möglichkeit, dass nur der Kompressor in diesem „New-York-Modus“ bearbeitet wird, besteht nicht – leider! Neben der Möglichkeit, die Transienten- und die Kompressor-Einheit unabhängig mit Bypass ins künstliche Koma zu versetzen, kann der User mit einem simplen “Comp Pre”-Schalter die Reihenfolge der beiden Bearbeitungsschritte beeinflussen. In schlechter Manier vieler amerikanischer und japanischer Geräte verfügt der SPL-Proband über keinen Netzschalter auf der Frontplatte. Dafür findet sich dieser auf der Rückseite direkt neben dem glücklicherweise eingebauten Netzteil.
Für einen einkanaligen Prozessor ist hier hinten einiges los: Spannungswahlschalter und Sicherung schließen sich dem Kaltgeräteanschluss an. Bei Bedarf kann ein Ground Lift geschaltet werden. Eingangsseitig kann das Gerät symmetrisch über eine Stereoklinken- oder XLR-Buchse beschickt werden. Wo das professionelle Studiolevel +4 dBu nicht verfügbar ist, kann mit einem Druckschalter auf -10 dBV geschaltet werden. Der Sidechain-Input ist unbalanced, der Link/Slave-Anschluss unüblicherweise als RJ45 ausgeführt. Der Grund dafür wird sein, dass SPL es damit ermöglichen, auch Drucktasterstellungen wie “TD On” gemeinsam zu schalten. Einer der beiden parallelen XLR-Outputs hat ein kleines Brüderchen in Form einer symmetrischen Stereoklinken-Buchse mit auf den Weg bekommen.
“Vorne” und “Hinten” des Transpressors wurden eingehend beschrieben, jetzt möchte ich mich dem nicht unwichtigen “Dazwischen” widmen. SPL verwendet bei beiden Bearbeitungsstufen eine Doppel-VCA-Technik, welche zusammen mit schlauer Masseführung und OP-Amps von Burr-Brown für einen möglichst störungsfreien Sound sorgen soll. Die -3dB-Punkte werden mit 10 Hz und 200 kHz angegeben, der Dynamikumfang (ohne A-Filterung) liegt bei insgesamt 112,5 dB. Schöne Zahlen, doch gibt es Wichtigeres. Deswegen schalte ich jetzt auf “All Systems Go!”, kippe einige Signale in den Input und höre mir an, was der SPL damit so anzustellen vermag.
Der Transpressor ist ein freundlicher Zeitgenosse, was das Installieren angeht, denn Handbuch und Buchsenbeschriftung (immer auch horizontal gespiegelt, um sie auch über Kopf lesen zu können) sind absolut vorbildlich. Ich habe fürs Mountainbiken im Winter so richtig fette Fingerhandschuhe. Ganz toll, ich weiß, danke. Warum ich das erzähle? Nun, ich habe es geschafft, den Transpressor damit zu bedienen! Bei den eher selten benutzten Sidechain- und Filter-Switches wurde es dann doch etwas fummelig, zudem rastet der Filterswitch in der obersten Position nicht optimal ein, auch der “Auto”-Switch könnte das so deutlich machen wie seine Kollegen. Aber es ist ein gutes Zeichen, wenn man nicht eine Feinmotorik wie ein Bombenentschärfer aufweisen muss, um ein Audiogerät zu bedienen. Haptisch spielt der SPL also in einer ähnlichen Liga wie Universal-Audio und weitere Klassiker. Doch ihr wollt sicher etwas über den Sound erfahren, oder?
Viele Engineers sind den Umgang mit dem Transient Designer oder seinen Klonen gewohnt. Für alle anderen habe ich mit einem Saxophon-Signal gezeigt, welche Auswirkungen die beiden Regler haben. Wie auch beim originalen, zweikanaligen Gerät von SPL, arbeitet auch die Einheit im Transpressor hervorragend. Dass es bei absolut extremen Bearbeitungen vor allem von basshaltigem Material auch mal knacksen kann, liegt in der Natur der Sache.
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NeutralAttack LowAttack HighSustain LowSustain High
Beispiel für die Funktionsweise des Transient Designers mit einem Altsax-Signal. Besonders auffällig ist das Erhöhen von Attack und Sustain.
Die klassische Anwendung für einen Transient Designer ist eher perkussives Material. Da die Transientenbearbeitung dieser Signale oftmals mit der üblichen Dynamik-Einengung durch Kompressoren kombiniert wird, erweist sich der SPL zunächst als sinnvoll geschnürtes Paket. Ich habe mich mit dem Bassdrum-Signal ein wenig ausgetobt. Wie üblich lässt sich mit Attack und Sustain das erreichen, was für den Mix an Korrekturen notwendig ist. Ein Signal “komplett auf links krempeln” kann man jedoch selbst damit nicht – Fehlplanungen oder Fehler im Recording kann man eben nur bedingt ausmerzen.
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BD BypassBD TransientBD Heavy Comp.SN TransientSN TD/Comp.OH SC-FilterOH Parallel Mix
Für “BD Transient” wurde die Attack erst herunter, dann hoch gedreht, daraufhin das Gleiche mit dem Sustain. Die “Heavy Comp.” der BD wurde ohne TD, mit recht niedrigem Threshold, einer Ratio von 3:1 und mittleren Zeiten erstellt. Das Bottom-Signal der Snare wurde in “SN Transient” auf die gleiche Weise wie “BD Transient bearbeitet”, bei “SN TD/Comp.” wurde die AT leicht erhöht, das ST stark heruntergenommen. Der Kompressor arbeitet mit Limiting-Werten. Erst wird der TD geschaltet, dann der Komp. dazu, dann “pre”. Bei “OH Filter” wird erst der BP, dann der hohe, dann der tiefe LP zugeschaltet. Im letzten File wird das Dry-Signal hinzugemischt.
Die Kompressionseinheit arbeitet so, wie man es von ihr verlangt, es sind die üblichen Regelwege vorhanden, so beginnt beispielsweise die Zugriffszeit des Kompressors bei 0,1 ms und läuft bis 1 s. Wird die Release-Automation aktiviert, kann man sich auf eine wirklich ordentliche Funktionsweise derselben verlassen, die Filterbereiche erweisen sich als sinnvoll gewählt, besonders, wenn man bei der Mikrofonierung nicht die absolute Priorität auf Signaltrennung gelegt hat. Der VCA-Kompressor arbeitet vorzüglich und klar und tut das, was man ihm sagt. Es ist beispielsweise kein Problem, die Bassdrum etwas patschiger zu gestalten oder Pegelverhältnisse auf einem Overheadmikrofon zu verändern. Selbst heftiges Pumpen lässt sich erzeugen, wer mag, nutzt die mittlerweile in Produktionen unverzichtbare Parallel-Mix-Funktion. Die technischen Daten sind hervorragend, das kann man auch hören. So werden Sub und Air nicht verschmiert, das Signal ist auch nach der Bearbeitung erstaunlich transparent. Allerdings kann man es nicht erwarten, es hier mit einem “Charaktergerät” zu tun zu haben. Nein: “Deutsche Ingenieurskunst” zeichnet sich durch Zurückhaltung aus. Aus genau diesen Gründen würde ich den Transpressor mit beiden Einheiten in einer Produktion dann doch eher selten einsetzen: Es wäre schon Zufall, wenn ich fände, dass das Signal, welches Transientenbearbeitung benötig, auch zudem wirklich mit genau diesem Kompressor bearbeitet werden müsste. Vielleicht will ich hier lieber einen Röhren-Soundmaker vom Typ LA2A oder doch einen 1176? Oder doch besser nur einen ultraschnellen Limiter? Ein ähnliches Problem sehe ich auch bei der Benutzung des SPL 1080 mit Vocals. Hier lassen sich feine Nuancen bei den Konsonanten mit der “TD”-Einheit verändern, die verschiedenen Aufgaben der Pegelverdichtung lassen sich mit dem umfangreich ausgestatteten 1HE-Gerät ebenfalls bewerkstelligen. Kompressoren haben aber eben oft noch eine weitere Aufgabe, als nur ganz technisch Pegelverhältnisse zu verändern. Und zu den Klangveredlern zählt der Transpressor wirklich nicht. Richtig komfortabel wäre es gewesen, wenn SPL beiden Einheiten separate Verbindungen zur Außenwelt auf der Rückseite spendiert hätte! Ich vertraue lieber auf einen getrennten Transient Designer und die freie Auswahl an Kompressoren.
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Vocals NeutralVocals 1Vocals 2
Vocals 1: leicht erhöhte Attack im TD, leicht verringertes Sustain, mittlerer Th, Ratio 3:1, recht kurzer Attack, Auto Release, Mix 1:1 Vocals 2: leicht verringerter Attack im TD, leicht erhöhtes Sustain, niedriger Th, 10:1, kurze Attack und Release, Mix 1:1
Der SPL Transpressor 1080 ist ein hervorragend geplantes und gut gearbeitetes Gerät, welches zwei Bearbeitungsschritte in sich vereint. Nun ist der Kompressor einer der Brot-und-Butter-Effekte, der Transient Designer nicht. Ich glaube, dass es viele Engineers gibt, die wie ich denken: Wozu soll ich ein Gerät anschaffen, welches einen Bearbeitungsschritt in einem Gerät integriert hat, den ich häufig separat benötige oder den ich mit einem meiner anderen Kompressoren verbinden will? Wem diese Kombination allerdings zusagt und wer genau diese Art von Kompression benötigt, für den ist der Transpressor eine Traumkombination mit technisch grandioser Performance und umfangreicher Ausstattung.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
vereint als einziges erhältliches Gerät zwei praktische Dynamikfunktionen
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