Spitfire Audio Chamber Strings Professional Test

Wie so vieles andere im Leben, gibt es auch Streicherensembles in den unterschiedlichsten Größen. Spitfire Audio hat allein mit den Symphonic Strings bereits eine große, mit Hans Zimmer Strings eine sehr große und mit den Studio Strings eine mittelgroße Streicherlibrary im Programm – und nun, mit den Chamber Strings Professional, auch noch eine kleine, jedenfalls was die Besetzung angeht. Ob die Library auch in ihren Fähigkeiten so klein ist, wie sie klingt, was sie kann und worin sich die reguläre von der Professional-Edition unterscheidet, wird im folgenden Kurztest geklärt. 

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Details

Download und Installation

Zum Testen hat mir Spitfire Audio freundlicherweise die Professional Edition zur Verfügung gestellt, und das bedeutet in Maßeinheiten übersetzt: 312 GB (reguläre Edition: 80,9 GB). Und 312 GB brauchen ihre Zeit, denn Spitfire hat nicht so wahnsinnig schnelle Server. Ist das Paket aber einmal über die hauseigene App heruntergeladen und die Library per Native Access registriert, kann es auch schon losgehen.

Regulär vs. professionell

An dieser Stelle sei kurz auf den Unterschied zwischen den beiden Editionen eingegangen; sie unterscheiden sich nur durch die Anzahl der Mikrofonsignale (weitere vier Signale und drei Stereomixe in der Professional Edition). Alles Weitere ist gänzlich gleich.

Ordnerstruktur

Beim Öffnen des Instruments wird jeweils ein Patch pro Instrumentengruppe angezeigt (Vl.1, Vl.2, etc.) plus ein Patch namens „Ensemble“, außerdem drei Ordner mit den Zusatzmikrofonen der Professional Edition sowie der Ordner „Advanced“. In diesem befinden sich grob gesagt sämtliche Artikulationen, die jeweils in vier Ordnern unterschiedlich kategorisiert sind, außerdem der Ordner „Other Patches“. Dort wird neben CPU-freundlichen Patches außerdem das Patch „Time Machine“ zur gezielten Längengestaltung kurzer Artikulationen geboten.

Die Ordnerstruktur der Chamber Strings
Die Ordnerstruktur der Chamber Strings

Player GUI

Ach Spitfire, immer dieses winzige GUI. Im Gegensatz zu den hauseigenen Spitfire VSTs ist das Kontakt-Library-GUI von Spitfires Libraries immer noch enervierend klein. Es ist zwar auch schlank in seinen Funktionen, insofern bleibt es halbwegs übersichtlich, aber nerven tut es trotzdem. Was die Funktionen angeht: Es gibt eine graphische Darstellung der Artikulationen, einen Easymix-Fader mit den beiden Polen Close und Far und ein paar Controller, die sich natürlich alle mit einem CC-Befehl belegen lassen.
In der Expertenansicht geht es etwas mehr ins Detail. Hier hat man Zugriff auf die einzelnen Mikrofonsignale, kann das RR-Verhalten steuern, das Velocity-Response-Curve-Verhalten sowie das Stereo Image beeinflussen etc. Insgesamt bleibt es aber schlank, Spielereien wie FX gibt es hier nicht.

Gleichermaßen vertraut wie (immer noch) zu klein: das GUI der Chamber Strings
Gleichermaßen vertraut wie (immer noch) zu klein: das GUI der Chamber Strings

Mikrofone

Die reguläre Edition bietet die drei Klassiker Close, Tree und Ambient. In der Professional Variante kommen noch Warm Close Ribbon, Close Stereo, Gallery und Outrigger dazu. Außerdem drei Stereomixe, nämlich fine, medium und broad, die weniger CPU fressen als die Einzelsignale.

Die Expertenansicht des GUI mit den drei Mikrofonsignalen – und anderem.
Die Expertenansicht des GUI mit den drei Mikrofonsignalen – und anderem.

Besetzung

Die Chamber Strings kommen in einer unorthodoxen Besetzung, die im echten Leben ziemlich unausgewogen klingen würde: vier erste Violinen, alle anderen, von der zweiten Violine bis zum Bass, dafür gleich in dreifacher Besetzung. Zum Vergleich: Ein echtes Kammerorchester wie z. B. die Kremerata Baltica beschäftigt ca. acht erste Violinen und von da an wird es kontinuierlich weniger, bis runter zu einem einzelnen Instrument: dem Kontrabass. Aber egal, sehen wir es einfach als Besetzungsvariante im Gesamtlibrary-Kontext. Da Spitfire alle seine Libraries in den Air Studios aufnimmt, lassen sich auch alle Libraries recht problemlos miteinander kombinieren. Und wenn man z. B. die Chamber Strings, die Studio Strings und die Solo Strings anschafft, kann man sich vom kleinsten bis zum größten so ziemlich alles zurechtkombinieren.

Artikulationen – Legatos

Und nun zu den Artikulationen. Da gibt es ein sattes Angebot. Nehmen wir zum Beispiel die Abteilung Legato. Hier werden in der Violine 1 insgesamt 12 verschiedene Fassungen angeboten. Im Patch „Legato Performance“ wird das Legato mit Finger oder Bogen erzeugt, schnelles Legato und Läufe sowie Portamento. „Legato Decorative“ hält Legatos bestimmte Spieltechniken bereit: Legato Tremolo, Legato auf der G-Saite, Legato mit Sordino, Portamento mit Sordino, Legato Flautando, Flautando Portamento und Legato Sul Ponticello. Das ist eine Menge. Der Vollständigkeit halber sei allerdings darauf hingewiesen, dass nicht alle Artikulationen in allen Instrumenten zur Verfügung stehen, was teils entbehrlich, teils aber auch schade ist. Warum zum Beispiel die Bässe keine Legato- Patches für Läufe oder Sul Ponticello haben, erschließt sich mir nicht, das sind beides sehr effektive Klangfarben auf dem Bass.  

Artikulationen – alle anderen

Natürlich wird das komplette Standardrepertoire geboten: Spiccatos, Pizzicatos, Triller, Tremolos etc. Von daher möchte ich noch auf ein paar ungewöhnliche Kandidaten aufmerksam machen, die man sonst nicht unbedingt findet.

  • Disco Falls – der Name ist Programm, das klingt genauso wie man es sich vorstellt.
  • Sul * – Töne werden auf der tiefsten Saite des jeweiligen Instruments produziert. Dadurch entsteht ein besonders sonorer, erdiger, warmer Ton. Der Umfang ist naturgemäß limitiert.
  • Long Sul Pont Distorted – hier ist der Ton schon kurz vor dem Geräusch.
  • Long Sul Tasto – gespielt nahe dem Griffbrett, was zu einem warmen, intimen Klang führt.
  • Slides – nun ja, Slides eben.
  • Tense Longs – extra expressive lange Töne.
  • Triller in Terz- und Quartabstand.
Spitfire_Audio_03_Chamber_Strings_Professional_GUI
Gleichermaßen vertraut wie (immer noch) zu klein: das GUI der Chamber Strings

Praxis

Artikulationen und Klang

Da sich Chamber Strings Professional „nur“ mit der realistischen Abbildung eines Kammerorchesters beschäftigt, sind die einzig beiden wirklich interessanten Fragen natürlich: Was wird artikulatorisch geboten und wie klingt das Ganze?

Klang

Zum Klang kann ich jetzt schon verraten, dass Spitfire-typisch alles erstklassig klingt. Da ist eine Sattheit und Erdigkeit, die anderswo so nicht zu finden ist. Ich jedenfalls habe sie noch nirgendwo anders gefunden. Einziger Wermutstropfen, der ebenfalls Spitfire-typisch ist: Wenn ich am Dynamikregler drehe, der angeblich verschiedene Velocity-Layer ansteuert, habe ich nie den Eindruck, dass tatsächlich verschiedene Samples angefahren werden. Es wirkt in meinen Ohren immer, als würde ich einfach die Volume von einem lauten Sample runterdrehen. Das geht in einem Filmmusikkontext klar, für detailverliebte Streicherarrangements, die komplett auf eigenen Füßen stehen sollen, reicht mir das allerdings nicht.

Audio Samples
0:00
Violins 1 Disco Falls Violins 1 FX Violins 1 Flautando Portamento Tree, Close, Ambient Violins 2 Legato Sul G Violins 2 Runs Violins 2 Slides Stereo, Gallery, Close Ribbon Violas Tense Longs Violas Short Spiccato Violas Long Harmonics Ambient, Outrigger Celli Trill Perfect 4th Celli Tremolo Sul Pont Celli Marcato Mix M, F, B Bass Trill Major 2nd Bass Runs Bass Short Pizzicato

Fazit

Spitfires Chamber Strings Professional sind eine satte Ansage. Hier wird wirklich einiges fürs Geld geboten. Ist auch besser so, denn weder die reguläre noch die professionelle Edition lassen sich als günstig bezeichnen. Klanglich ist die Library Spitzenklasse und das Angebot an Artikulationen ist ausgesprochen umfangreich. Die klangliche Tiefe in Sachen Dynamik überzeugt mich nicht so richtig, aber fairerweise muss gesagt werden, dass Spitfire sich auch nicht die Emulation klassischer Musik auf die Fahne geschrieben hat, sondern „We make sounds for film composers“. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet stehen die Chamber Strings ziemlich allein auf weiter Flur. Ob einem die zusätzlichen Mikrofone das extra Geld wert sind, muss man selbst wissen. Ich für meinen Teil würde auch mit den drei Standardsignalen der regulären Edition bereits zurechtkommen.

PRO
  • Sehr umfangreiches Artikulationsangebot
  • Teils unorthodoxe Artikulationen
  • Klanglich spitze
  • Einfach zu handhaben
CONTRA
  • GUI-Größe
Spitfire_Audio_01_Chamber_Strings_Professional_Test
FEATURES
  • 312 GB Content
  • 156 Artikulationen
  • 7 Mikrofonsignale
  • 3 Stereomixes
  • Systemanforderungen
  • Mac OS X 10.10 oder später. Minimum: Intel Core 2 Duo. 4 GB RAM (empfohlen 8 GB RAM)
  • Windows 7 oder später (letztes Service Pack, 32/64-bit). Intel Core Duo. 4 GB RAM (empfohlen 8 GB RAM)
  • Preis:
  • 999 €
  • Preis reguläre Edition: 699 €
Unser Fazit:
0 / 5
Pro
  • Sehr umfangreiches Artikulationsangebot
  • Teils unorthodoxe Artikulationen
  • Klanglich spitze
  • Einfach zu handhaben
Contra
  • GUI-Größe
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Spitfire Audio Chamber Strings Professional Test
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