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Soundtheory Gullfoss Test

Die Idee an sich ist nicht wirklich neu. Und es gibt auch bereits einige Mitbewerber die sich an die Thematik „Adaptiver EQ“ herangewagt haben. Erst kürzlich hab ich beispielsweise den smart:EQ live von Sonible untersucht und für sehr gut befunden.

Soundtheory_Gullfoss_Aufmacher


Dieser verfolgte einen durchaus ähnlichen Ansatz wie Soundtheory Gullfoss, und zeigte sich mit seinen vielen Optionen und Details sehr flexibel, doch auch kompliziert. Nun will aber auch nicht jeder immer alle Optionen haben, sondern vielleicht wirklich nur ganz schnell zum Ziel kommen – ob da Gullfoss der richtige „Clever-EQ“ ist?
 

Details

Mac only atm

Soundtheory Gullfoss ist ein adaptiver Equalizer in Form eines Plugins für die Formate AU, VST/VST3 und AAX Native; momentan ist es nur für Mac OSX verfügbar, Windows soll aber noch im Laufe des Jahres folgen. 

2+1 Lizenzen

Gulfoss kostet aktuell USD 199,- und beinhaltet pro Lizenz zwei Offline-Aktivierungen und drei Online-Aktivierungen. Letztes bedeutete, ihr könnt Gullfoss auf drei Geräten installieren, eine gleichzeitige Nutzung von mehreren Geräten ist jedoch nicht möglich – deswegen müssen die Rechner zur Nutzung auch immer online sein. Die Offline-Aktivierung hingegen arbeiten, wie man das von jeder andere Lizenz gewohnt ist.

Schickes GUI

Startet man Gullfoss zum ersten Mal, erklärt sich das GUI überwiegend von selbst und man kann erstmal an jeder Option einfach mal so drehen, um zu hören was passiert. Besser natürlich, man weiß was man tut, dann wird der Blindflug noch eher zum Schnellflug. Aber im Prinzip ist alles recht schnell erklärt: Es gibt zwei Hauptparameter: Recover und Tame, die von 0 % bis 200 % agieren können. Je höher, desto stärker die Korrektur.

Fotostrecke: 2 Bilder Revcover = 200 % = Maximum, mit Pink Noise als Quelle.
Recover soll, wie der Name andeutet, unterrepräsentierte Frequenzbereiche anheben und Tame überrepräsentierte Frequenzbereiche bändigen bzw. zähmen. Simple as that. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, an was für einer Zielgeraden sich das Plugin orientiert. Grob gesagt hat Gullfoss alle Frequenzen gleich lieb und möchte deshalb auch alle im Spektrum vorhanden wissen, auch wenn der Algorithmuss im Hintergrund “einzelnen Elemente” von einander abgrenzen kann (Maskierung bei der auditorischen Wahrnehmung ) – wie das technisch genau geht, verschweigt der Hersteller. Betriebsgeheimnis. Aber ihr habt ja mich!

Mädchen sei schlau, stell dich dumm

Genau das hab ich mir gedacht und stumpf einen „pink noise“ Sound geladen und durch Gullfoss geschickt. Pink Noise ist biologischen Systemen sehr nahe und klingt deshalb auch für unsere Ohren – mit einer konstanten Energie pro Oktave – „linear“. Auf einem Analyzer fällt Pink Noise hingegen zu den Höhen hin aber ab. Möchte man hier eine Gerade sehen, braucht man „weißes Rauschen“ – gleiche Intensität, nicht Energie pro Oktave – aber das nur am Rande. 
Gesagt, getan. Und schon offenbart uns Gullfoss seine Art Target-Curve, wenn man so möchte. Und wie wir sehen können, mag Gullfoss eine Variation der HiFi-Badewanne mit angedickten Bässen zwischen 40 Hz und 100 Hz sowie leicht abgesenkten Mitten zwischen 300 Hz und 6 kHz und einem deutlichen Boost bei 8,5 kHz. 
Das betrifft aber nur Recovery und seine entsprechenden Boosts, welche Gullfoss bei Aktivierung dynamisch ausführen würde. Schaut man sich das Ganze wiederum für Tame an, erkennt man eine Art Invertierung der Target-Curve, wenn auch mit leichten Abweichungen, sodass sich beide nicht gänzlich auslöschen. Clever. Das sind aber nur allgemeine Betrachtungen für Pink Noise und gilt auch nur, solange die weiteren Parameter Bias, Bright und Boost auf „Null“ stehen. Was weitere Berechnungen und Gewichtungen im Hintergrund betrifft, kann ich leider keine Aussagen machen.
Fotostrecke: 6 Bilder Bias -100%, mit Pink Noise als Quelle.
Aber was bedeutet das nun genau? Gullfoss boostet quasi konstant „fehlende“ Frequenzen via Recovery, hält sich dabei tendenziell eher in den Mitten etwa zurück und senkt „übermäßig vorhandene“ Frequenzbereiche stetig ab, hält sich dabei aber in den Höhen und Bässen eher zurück. Im Ergebnis sollten wir ein ausgewogenes Signal erhalten.

Bias, Bright und Boost

Mit Bias gewichtet man das Verhältnis zwischen Boost und Cut bzw. Recovery und Tame, denn ob ich nun dominierte Signale anhebe oder dominierende Signale abschwäche ist theoretisch ja dasselbe. Aber nur theoretisch und deswegen sollte man sich das auch eher wie einen Blend-Regler vorstellen. Bias reicht von -100 % bis +100 %.

Brighten spricht für sich und macht das Signal heller, indem es mehr Höheninformationen zulässt. Man kann sich das Ganze vereinfacht wie ein Till-Filter vorstellen, dessen Nullpunkt sich zusätzlich zwischen 300 Hz und 700 Hz bewegt.
Boost hingegen verstärkt oder schwächt die Target-Curve, die ich weiter oben für Recovery und Tame beschrieben habe. Boost kennt Werte zwischen -50 dB und +50 dB und wirkt sich am Beispiel von 2 kHz in etwa wie folgt aus: Bei 0 dB Boost und 200 % Recovery werden 2 kHz bis maximal -2 dB zum relativen Nullpunkt geboostet. Bei +50 dB Boost hingegen bis maximal -24 dB und bei -50 dB Boost bis maximal +6 dB.

Weitere Meter

Die Regulierung ist zu jeder Zeit anders, wird also permanent aktualisiert. Das sieht man auch in dem linksseitigen Graph-Fenster, das gleichzeitig die Summer der Absenkung und die Summe der Anhebung anzeigt. Im Idealfall ist das Verhältnis ausgewogen und man generiert nicht mehr Pegel im Durchlauf. Trotzdem gibt es auch noch einen Ausgangs-Level-Regler, gebraucht habe ich diesen aber nicht. Zu guter Letzt gibt es noch ein Eingangs- und Ausgangspegel-Metering sowie einen Bypass-Schalter.

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Praxis

Klingt komisch, ist aber so

Das ganze Details-Vorgeplänkel mag durchaus sehr theoretisch und auch ein wenig langweilig sein, ich wollte euch aber zumindest ungefähr erklären, was im Inneren vorgeht. Der Hersteller scheint nämlich nicht das größte Interesse zu haben, zu erklären, was im Inneren genau passiert. Schade.

Lange Rede, kurzer Sinn

Der Algorithmus von Gullfoss muss nicht bei jedem Signal passen – tut es aber meistens und oftmals auch verdammt gut. Einzustellen gibt es nicht viel, sodass man wirklich mit ein paar Klicks und extrem minimalem Zeitaufwand ein ziemlich gutes Ergebnis erhält. Sicherlich macht es manchmal schon noch Sinn, einen weiteren EQ vorzuschalten oder anderweitig zu zaubern – aber das ändert ja trotzdem nichts daran, dass Gullfoss die „Drecksarbeit“ ohne zu mucken übernimmt. Hören wir uns dazu einfach ein paar Beispiele mal an:

Audio Samples
0:00
Bass – DRY Bass – 25% Tame Bass – 25% Tame, 175% Recovery Drums – DRY Drums – 91% Tame, 0% Recovery, -63% Bias, +20% Brighten Drums – 91% Tame,0% Recovery, -63% Bias, +20% Brighten + SSL X-EQ + SSL Drumstrip (Bass Exciter) Nylon – DRY Nylon – 60% Tame, 40% Recovery, -66% Bias Nylon – 60% Tame, 40% Recovery, -66% Bias + SSL Drumstrip (High Exciter) Song – DRY Song – 18% Tame, 61% Recovery, -86% Bias, +4% Brighten, -2dB Boost Song – 18% Tame, 61% Recovery, -86% Bias, +4% Brighten, -2dB Boost + SSL Drumstrip (Bass Exciter) Vocals – DRY Vocals – 66% Tame, 118% Recovery, 26% Bias, -15% Brighten, -5.2dB Boost

Bei dem Bass habe ich erst wenig „getamed“ (25 %), da man bei einem E-Bass eben einfach Bass braucht – und der wäre bereits bei einem etwas üppigeren Einsatz verloren gegangen. Mit Recovery konnte ich dann zusätzlich noch Obertöne gewinnen und das Ganze frischer klingen lassen – etwas mehr Rauschen tut es jetzt aber auch.
Bei den Drums brachte Recovery nicht viel – das hat mich aber auch nicht überrascht. Bei Drums stören gerade Raumresonanzen den Klang und die sollte man eben entsprechend „zähmen“ (tame). Gesagt, getan. Dann noch etwas brighter gemacht, Bias gesenkt, Boost rein – und fertig. Naja, nicht ganz: Die Kick hab ich nicht fetter bekommen ohne dass die Höhen ekelhaft wurden. Aber kein Problem: Noch ein wenig SSL EQ und SSL Drumstrip drüber – fertig.
Resonanzen galt es auch bei der Akustikgitarre zu beseitigen: Also erstmal Tame rein, dann ein wenig Recovery, Bias verschoben – wieder fertig. Brighten brachte hier aber leider nicht die nötige Portion Frische rein, die ich mir wünschte. Aber hey, der SSL Drumstrip war noch immer geladen, sodass ich kurzerhand dessen High-Exciter aktiviert habe – and that‘s it. Klingt jetzt viel knackiger, wenn auch Griffgeräusche deutlicher nach vorn treten – das muss man dann im Kontext abwägen.
Bei dem Song fällt mir auf, dass durch die ständige Regulierung des EQs sogar vorher verlorengegangene Dynamik wiederhergestellt wurde. Der Song klingt nach der Gullfoss Behandlung luftiger und frischer – allerdings fehlt auch etwas Tiefbass und den hol ich mir wieder mit dem SSL Drumstrip Bass Exciter zurück. Zeitaufwand: unter 30 Sekunden.
Die Vocals waren innerhalb von 10 Sekunden eingestellt – das ist kein Witz. Im Nu habe ich Durchsetzungskraft erzeugt und Mumpf beseitigt. Was will man mehr?

Vergleich mit smart:EQ

Der Vergleich zu dem smart:EQ live von sonible drängt sich natürlich auf. Und um es einfach zu machen: Beide machen in etwa das Gleiche, verfolgen aber unterschiedliche Ansätze. Während Gullfoss wirklich wenig Eingriffsmöglichkeiten bietet und auch nur eine dauerhafte Anpassung kennt, bietet der smart:EQ deutlich mehr Eingriffsmöglichkeiten, ist darüberhinaus auch ein vollständiger „normaler“ EQ – und kostet dennoch weniger!
Die Gullfoss-Funktionen stecken durchaus auch im smart:EQ mit drin, man muss sie nur finden: Beispielsweise kann man den Smart:EQ auch revers anwenden und damit Recover imitieren sowie auch einen Dauerlernmodus akticieren, sodass sich keine statische Korrektur einstellt. Die vielen Möglichkeiten können aber auch schnell überfordern. Anders ausgedrückt: Was Gullfoss mir zu wenig an Eingriffsmöglichkeiten hat, bietet der smart:EQ fast zu viel – hier muss man sich einfach mal an beide Demo-Versionen wagen und schauen was einem persönlich mehr liegt.

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Fazit

Trotz des relativ simplen Ansatzes und der wenigen Einstellmöglichkeiten – Gullfoss tut, was es soll und das auch noch verdammt schnell. Im Nu sind Fehler im Signal beseitig und gleichzeitig auch noch aufgehübscht, gerade weil die Regulierung ja ständig angepasst wird. Die wenigen Parameter überzeugen in mehr als 90 % der Fälle, sodass selten das Gefühl aufkommt, man müsste tiefergehend in den „geheimen Prozess“ eingreifen. Sollte noch etwas fehlen, ist das mit anderen Plugins ohnehin viel schneller gemacht. 5 Sterne!

Pro
  • adaptive Korrektur
  • schnelle Resultate
  • sehr einfache Bedienung
Contra
  • (wenig Eingriffsmöglichkeiten)
Soundtheory_Gullfoss_Aufmacher
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • adaptive Korrektur
  • schnelle Resultate
  • sehr einfache Bedienung
Contra
  • (wenig Eingriffsmöglichkeiten)
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Soundtheory Gullfoss Test
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