Sanken CU-51 Test

Das Doppelmembran-Kondensatormikrofon mit Koinzidenzkapsel Sanken CU-51 war in Europa das erste Mal auf der IBC 2016 in Amsterdam zu sehen, wir hatten von dort berichtet.

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Und dass dieses neue Mikrofon einen äußerst prominenten Platz im Messebericht bekam, das hat definitiv seine Gründe.
Sanken ist in der Musikproduktion in Europa und den USA der vielleicht „größte Geheimtipp“ unter den Mikrofonbauern und reiht sich damit in die Linie edler Nischenhersteller wie Josephson oder Horch ein. In Japan allerdings ist Sanken ein mehr als etabliertes Unternehmen. Auch das kommt nicht von ungefähr: Dort findet man Sanken-Mikrofone regelmäßig in Tonstudios, aber auch im Bereich des Broadcast. So sind die Lavaliermikrofone des Unternehmens aus der Präfektur Tokyo sehr beliebt – diese sind wiederum auch weltweit in reger Verwendung. Und was viele nicht wissen: Sanken baut schon sehr lange Kondensatormikrofone. Anders als viele Hersteller, die nicht gerade Neumann, Sennheiser, Schoeps oder AKG heißen, blickt man bei Sanken auf eine jahrzehntelange Erfahrung im Bau hochwertiger Kondensatormikros zurück – und begnügte sich nicht etwa damit, fertige Konzepte nur leicht zu variieren.

Details

CU-41, CU,44X, CO-100, CU-55… und jetzt CU-51

Sanken ist Toningenieuren aus dem Musikbereich am ehesten wegen zwei Mikrofontypen ein Begriff. Einer ist das Kugelmikrofon mit Miniaturkapsel, das CO-100. Dieses trägt die große Zahl 100 im Namen, weil ungefähr dort (in kHz) die obere Grenzfrequenz liegt. Das Sanken CU-41, deutlich älter als das CO-100, ist ein Doppelkapselsmikrofon, welches wie der aktuelle Proband mit zwei Membran arbeitet, aber trotzdem nur eine Richtcharakteristik zur Verfügung stellt. Diese Niere ist dafür stabil. Wir hatten das CU-41 schon im Test, allerdings wird es momentan in Europa nicht verkauft, da es nicht ROHS-kompatibel ist. Die transformatorlose Alternative, das schwarze CU-44X, mittlerweile als phantomgespeistes mkII erhältlich, arbeitet nach dem gleichen Prinzip und zählt zu den Lieblingsmikrofonen beispielsweise von George Massenburg. Und das will etwas heißen! Auch die beiden Koinzidenz-Stereomikrofone CMS-2 und CUW-180 werden sehr geschätzt. Vor wenigen Jahren ist den Sanken-Mikrofonen dieser auch als „Sanken Chromatic“ vermarkteten Serie mit dem CU-55 ein kleines „side fire“-Kleinmembranmikrofon zur Seite gestellt worden. Auf den ersten Blick sieht das CU-51 diesem recht ähnlich, doch gibt es einen ordentlichen Größenunterschied zwischen dem einmembranigen Winzling CU-55 und dem mit zwei übereinanderliegenden Membranen ausgestatteten CU-51.

SM steht für "Sanken Microphones": Das Unternehmen gehört zu den wichtigen Herstellern aus Japan, ist hierzulande aber nicht sehr bekannt – und das gänzlich zu Unrecht.
SM steht für “Sanken Microphones”: Das Unternehmen gehört zu den wichtigen Herstellern aus Japan, ist hierzulande aber nicht sehr bekannt – und das gänzlich zu Unrecht.

PPS-Membran

In Japan ist es in den Sommermonaten oft sehr feucht. Mikrofone, vor allem Kondensatormikrofone, werden dort regelmäßig in Klimaschränken aufbewahrt – in einem B.log hatte ich dieses Thema angesprochen. Eine Besonderheit unter den Besonderheiten des CU-51 ist das Membranmaterial: Polyphenylensulfid („PPS“) ist anders als Mylar in Kondensatorkapseln selten in Verwendung. Doch bei Sanken kennt man sich mit unüblichem Material gut aus, so sind die CU-41 etwa wie Neumanns Druckempfänger M150 mit Titanmembranen ausgestattet. PPS ist enorm unempfindlich gegen Feuchtigkeit und arbeitet mit weitestgehend konstanten Eigenschaften bei sehr unterschiedlichen Temperaturen. Außeneinsatz? Kein Problem. 

Mit außergewöhnlichen Membranbespannungen haben die Japaner ihre Erfahrungen. Beim CU-51 ist es jedoch nicht Titan, sondern aus Polyphenylensulfid.
Mit außergewöhnlichen Membranbespannungen haben die Japaner ihre Erfahrungen. Beim CU-51 ist es jedoch nicht Titan, sondern aus Polyphenylensulfid.

Zwei Kapseln übereinander. Wozu eigentlich?

Wer an einen Marketinggag denkt oder an ein technisch nebensächliches, erzwungenes Alleinstellungsmerkmal, der liegt falsch. Das Doppelkapselsystem arbeitet prinzipiell wie ein Zweiwege-Lautsprecher, also mit einem für das tiefere und einem für das höhere Spektrum optimierten System. Nun sind Breitbänder im hochwertigen Lautsprecherbau deutliche Exoten, bei Mikrofonen Standard. Das hat natürlich jeweils etwas mit der Abwägung von Pro und Contra zu tun, Breitbandlautsprecher etwa können aus einem eng umrissenen Feld abstrahlen, haben aber durchaus Probleme, Tiefen und Höhen mit gleichen Eigenschaften wiederzugeben. Bei Mikrofonen ist es andersherum: Beim Sanken CU-51 gilt es also zu untersuchen, ob es negative Artefakte vor allem bei schräger Besprechung gibt oder ob es spürbare Phasen- oder sogar Pegelungereimtheiten durch die Zusammenmischung der beiden Kapselsignale gibt.

Zwei Membranen übereinander sind ein ungewöhnlicher Anblick. Viele Engineers können sich nicht vorstellen, dass das gut funktioniert. Aber fast jeder, der ein CU-41 oder CU-44X gehört hat, ist überzeugt.
Zwei Membranen übereinander sind ein ungewöhnlicher Anblick. Viele Engineers können sich nicht vorstellen, dass das gut funktioniert. Aber fast jeder, der ein CU-41 oder CU-44X gehört hat, ist überzeugt.

Frequenzgang und Polar-Pattern

Eine der positiven Eigenschaften, die Sanken mit den beiden Echtkondensatorkapseln erreicht, ist ein sehr ausgewogener und vor allem weiter Frequenzgang. Im oberen Bereich des Spektrums ist diese einer guten Transientenaufnahme zuträglich. Der individuelle Ausdruck, aber auch der auf der Webseite zu findende typische Frequenzgang des CU-51 zeigt einen sehr ebenen axialen Verlauf von weit unter 100 Hz bis in die Höhen, die ab dem 8 kHz ein wenig stärker supportet sind. Der Abfall zu den Tiefen ist minimal, sodass die 20 Hz mit etwa -3dB durchlaufen werden. Gut, einen ähnlichen Frequenzgang liefern viele Mikros, auf dem Papier erst recht. Erstaunlich ist, was bei 90° Besprechung zu sehen ist. Der Pegelfrequenzgang ist dann nämlich noch weitestgehend linear, mit nur unwesentlicher Welligkeit und etwas Höhenabfall. Das Polardiagramm bestätigt, dass das Sanken bis mindestens 120° kaum Veränderungen im Spektrum aufweist. Übrigens zeigt die von vielen Herstellern (teils aus gutem Grund) ausschließlich ausgegebene 1kHz-Linie im Polar-Pattern eine zwar typische Breite mit unter 2 dB Pegelabfall bei 45°, doch eine Off-Axis bei 150° – was durch den rückseitigen Empfindlichkeitszipfel von maximal -20 dB durchaus Eigenschaften einer Superniere aufweist. 

Das Mikrofon besitzt mit 150 Ohm eine geringe Impedanz.
Das Mikrofon besitzt mit 150 Ohm eine geringe Impedanz.

Man kann es öffnen…

Gefertigt wird das CU-51 in Japan. Und das manifestiert sich in der Verwendung hochwertiger Materialien und sehr sorgsamer Fertigung. Korpus und Grill wirken stabil, die leicht bräunlich matte Oberfläche sieht enorm edel aus und ist sogar als „bildtauglich“ zu bezeichnen, da sie nicht reflektiv ist. Und noch etwas: Es gibt kleine Schräubchen am Mikrofonkorpus zu sehen. Das ist besonders? Insofern ja, als dass die bisherigen Dualkapselmikros nur mit einem Spezialwerkzeug geöffnet werden konnten. Dieses befindet sich in Japan bei Sanken, selbst Vertriebe verfügen nicht darüber. Das bedeutet im Falle eines Defekts, dass das Mikrofon lange ausfällt. Das CU-51 kann offenbar von vielen repariert werden – falls es in den nächsten Jahrzehnten notwendig werden würde. Aber auch eine regelmäßige Wartung ist ja sinnvoll. 

Fotostrecke: 4 Bilder Das Sanken ist wie seine Verwandten optisch sehr zurückhaltend.

Geliefert wird das CU-51 in einer Hartplastikkiste mit Formschaumstoff, die zusätzliche Spinne KS-51, einer vielleicht nicht formschönen, aber sehr funktionellen Rycote nicht unähnlich, kommt in einer Pappschachtel.

Praxis

Spezialist? Allrounder!

Schon nach kurzer Arbeit mit dem Sanken CU-55 ist klar: Trotz besonderer Bauweise ist dieses Mikrofon kein Spezialwerkzeug. Es ist ein geniales Alltagsmikrofon für allerlei Aufgaben. Und gleichzeitig kann es Aufgaben lösen, bei denen sehr viele andere Mikros passen müssen. Zunächst: Das Doppelkapselmikro klingt wirklich sehr neutral, wodurch es sich für verschiedenste Anwendungsfelder anbietet. In den Audiobeispielen mit Sänger Chul-Min wird deutlich, dass das die menschliche Stimme klar mit einschließt. Wenn deutlicher, natürlicher und offener Klang gewünscht ist, gehört das CU-51 zu den am besten geeigneten Mikrofonen. Ich kenne Chul-Mins Stimme mittlerweile sehr, sehr gut und kann feststellen, dass sie nur von wenigen Mikrofonen so echt, so offen und so unverfälscht eingefangen wird, bei kleinen wie großen Abständen. Natürlich sollte man bei naher Mikrofonierung einen Poppschutz verwenden, da die Kapseln einigermaßen frei zugänglich sind. 

Von Sanken selbt als Mikrofon für die einsame Insel bezeichnet worden: Sanken CU-51.
Von Sanken selbt als Mikrofon für die einsame Insel bezeichnet worden: Sanken CU-51.

Eine Niere, die nah am Ideal ist

Als „the new desert island microphone“ wird das CU-51 beworben. Natürlich ist diese Wahl jedem Tontechniker selbst überlassen, aber das Zeug dazu hat das neue Sanken allemal. Und das liegt nicht nur an dem, was das Sanken ausgibt, wenn es direkt frontal besprochen wird. Diesbezüglich sind viele Mikros ordentlich. Wie das Polar-Pattern und der grafische Frequenzgang für die nichtaxialen Schalleintrittsrichtungen zeigen, ist das Mikrofon aber tatsächlich mit einer äußerst stabilen Richtcharakteristik gesegnet. Das ist alles andere als unwichtig: Selbst bei sehr kontrollierten Umgebungen, etwa in einer Vocal-Booth, hat man mit Reflexionen zu tun, und es ist schon erstaunlich, wie viel es ausmacht, wenn diese sehr verfärbungsarm aufgezeichnet werden. Das gilt erst recht für weite Abstände, etwa als Drumroom-Mikrofon, bei Overheads und auch sonst überall dort, wo es viel Bleeding anderer Instrumente gibt. Das größere Ärgernis als eine schlechte Kanaltrennung auf Mikrofonen ist nämlich, wenn das übersprechende Instrument zusätzlich noch dadurch grauenhaft klingt, dass es vom Mikrofon aus einem Winkel aufgezeichnet wird, der Frequenz- und Phasengang mit „Kraut und Rüben“-Eigenschaften aufnimmt. Mikros vom Schlage eines CU-51 lassen einen aber gut schlafen. Wirklich: Die Niere des Sanken sieht nicht nur ganz nett auf dem Papier aus, sie klingt einfach hervorragend, merkliche Phaseneffekte findet man erst jenseits der 135°. Und selbst dort sind sie moderat.

Audio Samples
0:00
Sanken CU-51, 10 cm Sanken CU-51, 30 cm Sanken CU-51, 70 cm Sanken CU-51, 150 cm Sanken CU-51, 30 cm, 45 Grad horizontal Sanken CU-51, 30 cm, 90 Grad horizontal Sanken CU-51, 30 cm, 135 Grad horizontal Sanken CU-51, 30 cm, 180 Grad horizontal Sanken CU-51, 30 cm, 45 Grad vertikal Sanken CU-51, 30 cm, 90 Grad vertikal Audio-Technica AT5045, 10 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm Audio-Technica AT5045, 70 cm Audio-Technica AT5045, 150 cm Audio-Technica AT5045, 30 cm, 45 Grad horizontal Audio-Technica AT5045, 30 cm, 90 Grad horizontal Audio-Technica AT5045, 30 cm, 135 Grad horizontal Audio-Technica AT5045, 30 cm, 180 Grad horizontal Audio-Technica AT5045, 30 cm, 45 Grad vertikal

Aber was ist bei schräg von oben oder unten eintreffenden Signalen? Schließlich gibt es einen signifikanten Wegunterschied zwischen den beiden Membranen, der für Phasenunterschiede und somit Kammfiltereffekte in den Höhen sorgen müsste… Ganz im Ernst: Bis zu 45° vertikaler (!) gewinkelter Besprechung sind die Unterschiede marginal, auch darüber bleiben sie absolut natürlich und auf die Höhen beschränkt. Top. 

Nahbesprechungseffekt verschwindend gering

Eine bislang verschwiegene Eigenschaft des CU-51 hat es ebenfalls von seinen Verwandten CU-41 und CU-44X geerbt: Der Nahbesprechungseffekt, der bei geringen Abständen für eine Bassanhebung sorgt, ist sehr gering ausgeprägt. Das ist in sehr vielen Situationen wünschenswert, außer vielleicht bei manchen Trommel- und Lautsprecherabnahmen. Toll ist das aber für Hi-Hat und Ride. Und selbst bei enormen Transienten einer Hi-Hat und eintretenden merklichen Verzerrungen klingt das Sanken noch genial. Oh Mist: Ich glaube, ich habe mich verliebt…

Am neuesten Sanken-Spross gibt es nichts auszusetzen – ganz im Gegenteil.
Am neuesten Sanken-Spross gibt es nichts auszusetzen – ganz im Gegenteil.

Vergleiche

Im Vergleich mit dem Audio-Technica AT5045, ebenfalls ein hervorragendes Nierenmikro aus Japan, wird deutlich, dass das CU-51 ein klein wenig flotter zur Sache geht, was durchaus den kleineren Membranen zuzuordnen ist. Das Sanken CU-41 ist geringfügig sämiger als das CU-51, besonders der noch geringere Nahbesprechungseffekt ist mir sehr positiv in Erinnerung geblieben.
Nachfolgend ein Video, welches die Eigenschaften der Richtwirkungen hervorragend dokumentiert:

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Fazit

Ich möchte es in aller Deutlichkeit sagen: Wer Mikrofone „Made in Japan“ belächelt, der kennt die wichtigsten Vertreter wohl immer noch nicht. Sonys C800G, Audio-Technicas 5000er-Mikrofone, die AT-Kleinmembraner und eben eigentlich alle Mikrofone von Sanken sind „ganz oben“. Das Sanken CU-51 macht da keine Ausnahme, im Gegenteil. Mit diesem Mikrofon hat das Tokyoter Unternehmen sehr erfolgreich das geniale Koinzidenprinzip der alten Unternehmensklassiker CU-41 und CU-44 in die heutige Zeit portiert. Wer auf der Suche nach einer möglichst perfekten Niere mit großer Membranfläche ist, kommt eigentlich kaum umhin, das CU-51 in die engere – nein: engste Wahl zu ziehen. Von Deutschland, dem Mutterland des Kondensatorprinzips, geht in Richtung des Landes der aufgehenden Sonne eine tiefe und lange, ehrfürchtige Verneigung. 

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Features und Spezifikationen
  • Membrangrößen: klein
  • Empfängerprinzip: zwei Druckgradientenempfänger
  • Richtcharakteristik: Niere
  • Wandlerprinzip: Kondensator (nicht vorpolarisiert)
  • Betriebsspannung: 48V Phantomspeisung
  • Frequenzgang: 20 Hz – 20 kHz
  • Übertragungsfaktor: 31,6 mV/PA
  • THD+N: 14 dB (A-bewertet)
  • maximaler Schalldruckpegel: 138 dB SPL (1% THD)
  • Ausgang: XLR male
  • Preis: € 2209,– (UVP)
Unser Fazit:
5 / 5
Pro
  • äußerst neutraler Klang
  • liefert eine der stabilsten verfügbaren Nierencharakteristiken
  • sehr detailliert
  • geringer Proximity-Effekt
  • vielfältig einsetzbar
Contra
  • keins
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Sanken CU-51 Test
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