Roland SE-02 Test

Es ist eine der heißesten Synthesizer-Neuerscheinungen dieses Sommers: Mit dem SE-02 entwickelte Roland in Zusammenarbeit mit der kalifornischen Synth-Schmiede Studio Electronics einen monophonen Analogsynthesizer mit drei Oszillatoren. Schon der erste Blick auf die Struktur der Klangerzeugung und das Panel macht klar, welcher legendäre “Mini” hier die Inspirationsquelle war, und nimmt man den günstigen Preis von knapp 600 Euro hinzu, dann kann man den SE-02 nur als klare Kampfansage an den kommenden Behringer D auffassen. Soviel aber schon vorweg: Obwohl sich der SE-02 deutlich am Minimoog orientiert, ist er gewiss kein “Klon” und will sich durchaus durch Eigenständigkeit und neue Ideen auszeichnen. Wir hatten die exklusive Gelegenheit, einen der ersten Prototypen des Roland / Studio Electronics SE-02 zu testen.

Der Roland / Studio Electronics SE-02 Analogsynthesizer im Test
Der Roland / Studio Electronics SE-02 Analogsynthesizer im Test


Dieser Doppeltest entstand in Kooperation mit Telekom Electronic Beats und dem Künstler-Duo Skinnerbox, die den SE-02 im folgenden Video-Review vorstellen. Im Anschluss folgt dann der Test unserer Autoren.

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Für unsere Review-Kooperation mit Telekom Electronic Beats stellten wir dieses Mal dem Künstlerduo Skinnerbox einen Prototypen des SE-02 ins Studio. Eine Woche hatten die beiden Zeit, sich intensiv mit dem Synthesizer auseinanderzusetzen. Ob sich die Meinung der Künstler mit unserer Erfahrung deckt, erfahrt ihr im Video und im nachfolgenden Test. 

Als erstes echt analoges Mitglied der erfolgreichen Roland Boutique-Serie soll der SE-02 vielleicht auch eine Art Wiederbelebung von Studio Electronics’ SE-1 sein, der ja ebenfalls stark vom Sound und Konzept des Minimoog inspiriert war. Es scheint, als hätte ein Rennen um die beste günstige Neuinterpretation des monophonen Moog-Klassikers eingesetzt. Wer hat hier die Nase vorn, zumal Moog die Produktion ihrer eigenen, sehr viel teureren Neuauflage kürzlich schon wieder eingestellt haben? Durch den eingebauten, sehr potenten Sequencer, interessante Modulationsmöglichkeiten oder auch das Delay kommt der SE-02 auf jeden Fall schon mal mit mehr Zusatz-Features daher als der noch eine ganze Ecke günstigere Behringer. Der Preis ist heiß und die Freude groß, nun muss der kleine Roland nur noch klanglich überzeugen.

Details

Äußeres

Bei der Größe des SE-02 bleibt Roland seiner Boutique-Serie treu. Das kompakte Format passt wie die anderen Boutique-Geräte zum K-25m Mini-Keyboard, wodurch aus dem Desktop-Synth im Handumdrehen eine alleinstehende Tastatur-Version entsteht. Auch mit dem DK-01 Boutique Dock ist er kompatibel. Die Miniatur-Größe (300 x 128 x 46 mm) ist praktisch für den Transport und lässt den SE-02 in jedem Studio noch Platz finden, jedoch fordert sie auch einige Kompromisse und Abstriche. Einige speziellere der vielen Features sind nur über Tastenkombinationen erreichbar und die winzigen Potis liegen sehr nah beieinander, was großhändige Synth-Enthusiasten in den Wahnsinn treiben könnte. Vor allem bei Potis, die schnell drastische Klangveränderungen hervorrufen können, wie etwa das Feintuning der Oszillatoren, ist es auf dem Panel manchmal arg eng – für unseren Geschmack ist die Miniaturisierung beim SE-02 hart an der Grenze des Erträglichen. Der SE-02 ist ja nicht der erste Mini-Synth, an dem sich in dieser Hinsicht die Geister scheiden. Davon abgesehen, scheint die Verarbeitung des Aluminiumgehäuses aber in Ordnung zu sein, wobei bei unserem Prototypen einige Potis und Schalter noch einen etwas wackeligen Eindruck machten. Es ist zu hoffen, dass bei den Seriengeräten in dieser Hinsicht noch nachgebessert wird.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Roland SE-02 kommt im gleichen Format wie die Boutique-Serie, ist aber analog. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)

Bedienfeld und Klangerzeugung

Wie bereits erwähnt, lässt die Aufteilung der Bedienoberfläche keinen Zweifel daran, dass der Minimoog bei den Designern des SE-02 nicht nur im Hinterkopf präsent war. Deutlich wird hier die Struktur des Moog zitiert, mit der Control-Sektion ganz links, den drei untereinander angeordneten Oszillatoren, dem Mixer mit fünf im charakteristischen Zickzack angeordneten Potis, gefolgt von Filter und Envelopes. Allerdings macht sich der Roland das Moog-Design nicht ganz so schamlos zueigen wie der Behringer D: Die Farbgebung ist völlig anders und es fehlen beispielsweise die Moog-typischen Kippschalter. Ein starkes Indiz, dass der SE-02 mehr sein möchte als eine bloße Moog-Kopie.
Beginnen wir mit den Oszillatoren: Es gibt derer drei, die jeweils die Schwingungsformen Dreieck, Sägezahn steigend und fallend sowie drei verschiedene Varianten der Pulsschwingung erzeugen können. Bei den Oszillatoren 1 und 2 ist der steigende Sägezahn laut Anleitung eine “Kombination aus Dreieck und Sägezahn”, Oszillator 3 liefert hingegen einen reinen Sägezahn. Die Oszillatoren sind als diskrete Analogschaltungen ausgeführt, denen aus Gründen der Stimmstabilität eine digitale Stimmungsüberwachung zur Seite gestellt ist. Pro Oszillator gibt es einen Fußlagen-Wahlschalter, der von 32′ bis 2′ reicht und wie beim Moog zusätzlich eine Stellung namens “Lo” bietet, die den jeweiligen in einen Tieffrequenzmodus versetzt und somit zu einem LFO macht. Das ist besonders interessant in Verbindung mit der X-MOD-Sektion, zu der wir gleich kommen werden. Oszillator 1 verfügt über ein Tune-Poti, bei den OSCs 2 und 3 stehen Regler für die Feinstimmung bereit. Die Schwingungsform wird pro OSC mit einem Drehschalter gewählt. Ein kleines Schalterchen aktiviert die Synchronisation von OSC 2 zu 1; darunter liegt ein Envelope-Poti, mit dem sich die Filterhüllkurve zur Steuerung von Oszillator 2 heranziehen lässt. Mit dem Schalter KYBD lässt sich OSC3 von der Tastatur entkoppeln und somit zu Modulationszwecken einsetzen.
Die rechts daneben befindliche XMOD-Abteilung sucht man beim Minimoog vergeblich, und spätestens jetzt wird klar, dass der SE-02 ein eigenständiger Synthesizer ist, bei dem der Moog eben nur ein bisschen als Inspiration diente. Hier können sich die Oszillatoren über drei Potis gegenseitig modulieren. Da kommt es natürlich besonders gelegen, dass sie sich einzeln in einen Low Frequency Mode versetzen lassen. Der obere Regler steuert, wie stark OSC2 auf das Filter wirkt. In der Mitte kann man eine Frequenzmodulation von OSC2 durch OSC3 ins Spiel bringen (FM) – hier darf der Oszillator natürlich auch sehr gern im Audiobereich schwingen. Schließlich kann OSC3 die Pulsbreite von OSC 1 und 2 modulieren, was durch das untere Poti aktiviert wird.

Zu den drei VCOs gesellt sich eine flexible XMOD Sektion. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)
Zu den drei VCOs gesellt sich eine flexible XMOD Sektion. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)

Im Mixer treffen sich die Signale der drei Oszillatoren und lassen sich noch um Rauschen und einen Filter-Feedback-Weg ergänzen. Der beliebte Moog-Trick, den Output über den externen Eingang wieder einzuschleifen und so den Sound anzudicken, ist hier also schon eingebaut. Stichwort externer Eingang: Diesen gibt es zwar, er schien aber bei dem von uns getesteten Prototypen noch nicht zu funktionieren.
Nach dem Mixer folgt das Filter, wo der SE-02 mit den typischen Bezeichnungen “Emphasis” für Resonanz und “Contour” für das Poti zur Einstellung der Hüllkurvenintensität abermals viel Moog-Flair versprüht. Zum Einsatz kommt hier klassischerweise ein 24dB-Tiefpassfilter, wie sollte es auch anders sein. Neben den Potis für Cutoff, Emphasis und Contour findet man hier noch zwei Schalterchen, mit denen sich Keytracking um 1/3 bzw. 2/3 aktivieren lässt. Sind beide gleichzeitig aktiv, so beträgt das Keytracking 100%, wodurch sich mit dem oszillierenden Filter Melodien spielen lassen.

Filter, 2 Hüllkurven, LFO und sogar ein Delay: Der SE-02 ist gut ausgestattet. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)
Filter, 2 Hüllkurven, LFO und sogar ein Delay: Der SE-02 ist gut ausgestattet. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)

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Zwei Hüllkurven kümmern sich um Filter bzw. Amp. Sie bieten Attack, Decay und Sustain, aber – Moog lässt grüßen – keine Release-Regler. Stattdessen lässt sich das Release mit einem Schalter für beide oder nur für die Amp-Hüllkurve aktivieren und entspricht dann dem Decay-Wert der jeweiligen Envelope(s). Interessant: Die Amp-Hüllkurve kann statt vom Keyboard Gate auch vom LFO getriggert werden, was durch einen Schalter aktiviert wird.

Stichwort LFO: Der SE-02 verfügt über einen sehr gut ausgestatteten Vertreter dieser Gattung, der rechts von Filter und Envelopes zu finden ist und die Schwingungsformen Sinus, Dreieck, Sägezahn fallend, Sägezahn steigend, Rechteck / Puls (drei verschiedene Breiten), Random und Sample & Hold erzeugt. Mit zwei Reglern lässt sich die LFO-Modulation der Oszillatoren und des Filters regulieren. Praktisch: Mit dem MODE-Schalter kann der LFO nicht nur zur Tastatur synchronisiert werden, sondern auch in einen “One-Shot-Modus” versetzt werden, in dem er seine Schwingungsform nur einmal durchläuft und somit zu einer weiteren, simplen Hüllkurve wird. Ein weiterer Schalter erlaubt die Synchronisation zu einer MIDI Clock, die bei Bedarf auch das Delay betreffen kann.
Selbiges nimmt den Bereich ganz rechts auf dem Panel ein und verfügt über die drei Regler TIME, REGEN(erate) zur Einstellung der Zahl der Wiederholungen und AMOUNT zur Regelung des Effektanteils. Ein simpler Delayeffekt, der aber umso wirksamer sein kann.
Springen wir nun noch kurz nach ganz links in die Control-Sektion, wo sich die Einstellmöglichkeiten für den Glide-Effekt (Zeit und Typ: exponentiell oder linear) und den Effekt des Modulationsrades befinden. Mit dem Regler WHL MIX kann das Verhältnis zwischen XMOD- und LFO-Modulation gewählt werden, das beim Betätigen des Modulationsrades zum Einsatz kommt.
Der untere Bereich der Oberfläche beherbergt eine große Zahl von Knöfpen für globale Einstellungen, Soundauswahl und den Sequencer. Ganz links findet man einen Value-Regler, mit dem man Werte im Display einstellen kann. Ein Druck darauf aktiviert die Speicherfunktion. Eine Tempo-LED zeigt das Sequencer-Tempo an. Daneben liegen eine Reihe von Tastern, die je nach Betriebsmodus (Patch, Step Sequencer oder Song) verschiedene Funktionen kontrollieren, wie etwa Transpose und Octave up/down im Patch-Modus oder Note, Gate, Glide und Parameter beim Sequencer. Jetzt folgen die 16 Step-Taster des Sequencers, die außerdem zur Auswahl von Patches und Songs dienen und vor allem im Sequencer-Modus über Tastenkombinationen noch viele weitere Funktionen zugänglich machen. Sie werden von einem kleinen, 3-stelligen 7-Segment-Display in zwei Blöcke geteilt. Das Display zeigt zum Beispiel Patchnummern an und ermöglicht die Einstellung von Werten wie Shuffle. Die Parameterwerte der Klangerzeugung werden hier jedoch leider nicht angezeigt, was insofern schade ist, weil man sie im Sequencer aufzeichnen kann und eine Anzeige dabei eine bessere Kontrolle böte. Ganz rechts fehlt nun nur noch der MANUAL-Taster, der den Sound auf die aktuelle Stellung der Regler einstellt. In den Sequencer- bzw. Song-Modi dient er als Start / Stop.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Anschlüsse bestehen überwiegend aus Miniklinkenbuchsen. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)

Anschlüsse

Rückseitig verfügt der SE-02 über eine Netzteilbuchse (im Gegensatz zu den digitalen Roland Boutique Geräten ist kein Batteriebetrieb möglich), einen kleinen Power-Schiebeschalter und ein ebenso winziges Volume-Poti. Die Audio- und CV-Anschlüsse sind alle als Miniklinkenbuchsen ausgeführt, was zwar bei derartigen Miniatur-Synthesizern üblich ist, aber doch immer etwas semiprofessionell wirkt. Es gibt einen Kopfhörerausgang, einen Mono Line Out und den besagten External Input, der bei diesem Prototypen noch nicht wie geplant funktionierte. Zur Verbindung mit anderen analogen Gerätschaften oder Modularsystemen bietet der SE-02 CV/Gate Inputs und einen zusätzlichen CV Input für den Filter Cutoff. Sie arbeiten im 1V/Okt.-Format. Außerdem sind analoge Trigger-Ein- und Ausgänge vorhanden, die die Synchronisation mit analogen Drum Machines und Sequencern ermöglichen. Auf der digitalen Ebene kommuniziert der SE-02 über MIDI In/Out (inkl. MIDI-CC-Steuerung der Synth-Parameter) und USB, wobei die USB-Verbindung sogar Audio überträgt, sodass man den SE-02 direkt in der DAW aufnehmen kann. Dazu muss ein spezieller Treiber installiert werden.
Ein Punkt, in dem der Roland SE-02 gegenüber dem Behringer D den Kürzeren zieht, ist das Fehlen von Patchpunkten in der Klangerzeugung. Während man beim Behringer an verschiedenen Stellen im Signalweg Audio- und Steuersignale abgreifen und einspeisen kann, präsentiert sich der SE-02 als fest verdrahteter Synthesizer. Modular-Enthusiasten könnten daher versucht sein, zum Behringer zu greifen. Betrachtet man den SE-02 als in sich geschlossenen Synthesizer, dann stört das Fehlen nicht, da die Modulationsmöglichkeiten auch ohne Patchpunkte umfangreich und vielseitig sind.

Praxis

Bereits nach wenigen Minuten mit dem Roland SE-02 lässt sich die Freude nur schwer unterdrücken. Aus dem Mini-Synthesizer kommt ein extrem fetter und druckvoller Grundsound. Durch die drei Oszillatoren kann man aus dem Vollen schöpfen und der SE-02 beeindruckt mit einer großen Bandbreite von Sounds, die allesamt konsistent und gültig klingen und von einer bestechenden, analogen Direktheit sind. Ich verwöhne mich zunächst mit einer Bass-Massage. Von einem simplen einzelnen bis hin zu gegeneinander verstimmten, oktavierten Oszillatoren lassen sich hier in alter Moog-Manier auf unkomplizierten Wege schnell Bässe in allen Facetten erschaffen, die die Wände wackeln lassen.

Audio Samples
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Bass (1 VCO) Bass (3 VCOs)

Das Filter steht klanglich selbstbewusst irgendwo zwischen Moog und SE-1. Es schmatzt, schiebt und wirkt fast etwas kratzig, wenn es stark aufgerissen wird. Der direkte Vergleich bleibt an dieser Stelle leider aus, was aber vielleicht auch gut ist. Der SE-02 braucht ihn meiner Meinung nach nicht – es geht ja wie gesagt gar nicht um eine möglichst authentische Moog-Kopie. Die Resonanz ist bei unserem Prototypen lange kaum hörbar, bei etwa 3/5 des Regelwegs dann aber auf einmal sehr stark präsent und erzeugt einen deutlichen Abfall der Lautstärke. Ich hoffe, dass das Emphasis-Poti bei der endgültigen Version des SE-02 neu kalibriert sein wird. Das Filter-Tracking hingegen funktioniert ohne Probleme, wie das folgende Beispiel mit oszillierendem Filter zeigt.

Audio Samples
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Filter Tracking

Die Oszillatoren können zwar über die „Fine“-Regler gegeneinander verstimmt werden, jedoch stelle ich schnell fest, dass sie das in den Oktaven ohnehin schon sind. Das Tracking, vor allem bei Oszillator 1, ist scheinbar nicht ganz sauber, wodurch die Intonation des SE-02 leicht schwankt. Das erinnert schnell an Vintage Synths und hat einen gewissen Charme. Jedoch hätte ich mir bei einem modernen Gerät gewünscht, den Grad der internen Verstimmung auswählen zu können. Auch dieser Kritikpunkt steht aber unter dem Vorbehalt eines Prototypen: Gut möglich, dass hier bei den Seriengeräten noch etwas justiert wird.
Die Envelopes arbeiten schnell, was knackige Drum- und Percussion-Sounds ermöglicht:

Audio Samples
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Drums

Moog-Referenz hin oder her: Wir hätten uns über Release-Regler bei den Envelopes gefreut. Das Zuschalten von Release auf das Decay-Poti ist immer ein Kompromiss, da es ja oft durchaus gute musikalische Gründe dafür gibt, unterschiedliche Release- und Decay-Zeiten zu nutzen. Wer den SE-02 durch die Minimoog-Brille betrachtet, wird hier nichts vermissen – auch die Kollegen von Skinnerbox sehen diesen Umstand in ihrem Video Review eher als Vorteil. Dennoch wäre man mit getrennt regelbarer Release-Zeit musikalisch noch flexibler.

Weiter geht’s. Schnell werde ich zum Fan des Feedback-Reglers, der in Zusammenarbeit mit Noise und Filter zum Beispiel Lead-Sounds andickt oder auch kaputt macht:

Audio Samples
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Feedback Lead

Beim SE-02 kann man sich aber nicht nur einen externen Verzerrer sparen, er besitzt ja auch noch ein Delay. Es arbeitet digital und klingt deshalb sehr sauber und exakt, hat aber dennoch durch minimale Schwebungen und Verzerrungen einen gewissen Charakter. Dreht man den Feedback-Regler ordentlich hoch, kann man das Delay auch problemlos als eine Art Looper nutzen.

Audio Samples
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Delay Lead

Auch die XMOD-Sektion trägt zum soliden Grundsound und zur klanglichen Flexibilität des SE-02 bei und ist dabei erfreulich einfach zu bedienen. Mit den drei Potis, mit denen sich auf einfachem Wege drei essentielle Modulationen erreichen lassen – Filter FM, Oszillator FM und PWM – lädt sie zum naiven Knöpfe-Drehen genauso ein wie zur schnellen Erzeugung von FM-Sounds und weiteren gezielten Klangmanipulationen. Hier merkt man richtig, was für ein Luxus drei vollwertige Oszillatoren sind, denn so kann man problemlos mal einen OSC für Modulationszwecke reservieren – oder aber alle drei sich gegenseitig beeinflussen lassen.

Audio Samples
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XMOD FM

Die LFO-Sektion ist intelligent aufgebaut und erweist sich als vielseitiges Modulationswerkzeug. Durch die vielen Wellenformen und die verschiedenen Sync Modes eignet sich der LFO für verschiedenste Zwecke und lässt sich sogar als zusätzliche Hüllkurve nutzen.

Audio Samples
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LFO simple LFO Sample & Hold

Step Sequencer

Der SE-02 verfügt über einen sehr gut ausgestatteten Step Sequencer, der durch seine vielen Möglichkeiten sofort süchtig macht und sich als inspirierendes Pattern-Werkzeug erweist. Bis zu 128 Patterns zu je maximal 16 Steps passen in den Speicher. Die Noteneingabe funktioniert durch Halten des NOTE-Buttons und Eingabe der Note per Value-Regler oder MIDI-Tastatur. Ähnlich verhält es sich mit der Gate Time, die pro Step eingestellt werden kann. Pro Step kann außerdem ein Glide gesetzt werden. Das Highlight des Sequencers ist, dass er sämtliche Syntheseparameter pro Step speichern kann, sodass man theoretisch auf jedem einzelnen Step einen komplett anderen Sound programmieren könnte. Aber auch, wenn man nur einige Parameter sequenziert, hat man im Handumdrehen sehr lebendige Sequenzen erstellt. Für Pattern-Performances gibt es eine Reihe von intuitiven Funktionen, so lassen sich beispielsweise die Abspielrichtung und First Step / Last Step spontan ändern. Ein wenig Shuffle hier, noch ein veränderter PRM-Wert dort und schon ist es wieder drei Uhr morgens und man hat den Bus verpasst. Einziger Nachteil: Kontinuierliche Parameter-Fahrten (bei anderen Herstellern mitunter “Motion Sequencing” genannt) können nicht aufgezeichnet werden. Angesichts des ansonsten sehr umfangreich ausgestatteten Sequencers, der bei Bedarf auch MIDI sendet und sich flexibel synchronisieren lässt, ist das aber eher eine Kleinigkeit.

Audio Samples
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Sequencer SE-02 Beat (Multitrack-Aufnahme)

Im Song-Modus können Patterns zu Songs kombiniert werden, wobei sich auch Patchwechsel programmieren lassen. Ein Song kann aus bis zu 16 Abschnitten (“Parts”) aus je einem frei wählbaren Pattern und einem ebenfalls auswählbaren Patch bestehen, die jeweils bis zu 100 Mal wiederholt werden können, bevor der nächste “Part” folgt. Obwohl die Anleitung weiterhilft und es praktische Funktionen wie Insert / Delete gibt, erinnert das Erstellen und Editieren von Songs doch etwas zu sehr an die Programmierung älterer Drum Machines, um wirklich intuitiv oder gar Performance-tauglich zu sein. Wer die Mühe nicht scheut, kann mit dem Song-Modus aber durchaus komplette Pattern-Arrangements vorbereiten und abspielen.

Bedienung

Im Prinzip ist der SE-02 sehr einfach zu bedienen. Die vielen – wenn auch sehr kleinen – Regler ermöglichen einen direkten Zugang zu allen wichtigen Parametern und Modulationen und bei der Klangeinstellung wird man nicht von Menüs genervt. Um speicherbare Presets und MIDI-Steuerung von Parametern zu ermöglichen, werden die Regler der Klangerzeugung digital ausgelesen und stehen nach einem Patch-Wechsel natürlich nicht immer da, wo sie im Preset abgespeichert wurden – hier muss man mit den Reglern mitunter etwas “suchen”.
In der Einarbeitungszeit erfordert der SE-02 gelegentliche Blicke in die Bedienungsanleitung, da durch die Miniaturgröße auch einige seltsame Abkürzungen auf dem Panel gelandet sind, vor allem bei den Schaltern. Ein starkes Einwirken des Mod-Wheels auf die LFO-Modulation wird beispielsweise mit „F“ zusammengefasst. Dennoch funktioniert die Mod-Wheel-Einbindung selbst tadellos und auch das Mix-Poti für die Mod-Wheel-Destination erweist sich als äußerst intuitiv für den Live-Einsatz.
Bei Funktionen wie Sequencer, Song oder auch den MIDI-Sync-Einstellungen wird die untere Steuerungszentrale zum Mekka der Tastenkombinationen. Durch die intelligente Beschriftung weiß man hier jedoch auch schnell, in welchem Modus welche Knöpfe zur gewünschten Funktion führen. Speziell bei den MIDI-Sync-Einstellungen und der Patch-Write-Funktion kam ich zunächst nicht ohne Bedienungsanleitung aus, nach einer Weile sollte aber auch das kein Problem mehr sein.

Fazit

Mit dem SE-02 haben Roland und Studio Electronics einen sehr vielseitigen Monosynth mit einem bemerkenswerten Sound erschaffen. Nicht nur durch seine drei vollwertigen, analogen Oszillatoren erinnert er von der Struktur her stark an den Minimoog, ist aber ausdrücklich keine Kopie und setzt sich mit vielen Details wie der XMOD-Sektion, dem flexiblen LFO und dem Delay auch klanglich deutlich von einem reinen Nachahmer ab. Der Sound ist umwerfend: druckvoll, geradlinig und bemerkenswert vielseitig. Dazu kommt ein ausgewachsener Step Sequencer, der sämtliche Syntheseparameter aufzeichnen kann. Das Konzept, einen so ausgewachsenen Analogsynthesizer in einem derart kleinen Gehäuse unterzubringen, fordert einige Kompromisse in der Bedienung und wird den einen oder anderen Kritiker auf den Plan rufen – die winzigen Potis werden sicherlich nicht jedem gefallen. Dies beeinflusst aber keineswegs den tollen Sound und die diversen Möglichkeiten, ihn zu formen und zu modulieren. Mit seinen Möglichkeiten, seinem Klang und seiner Flexibilität setzt der Roland SE-02 angesichts des bemerkenswert günstigen Preises neue Maßstäbe und kann es auch mit dem einen oder anderen deutlich teureren Synthesizer mühelos aufnehmen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • sehr guter Sound
  • drei vollwertige Oszillatoren
  • vielseitige Modulationsmöglichkeiten
  • XMOD-Sektion
  • vielseitiger Step Sequencer mit Aufzeichnung aller Syntheseparameter
  • USB Audio
  • CV/Gate-Inputs, analog Trigger In/Out
  • günstiger Preis
Contra
  • erschwerte Bedienung durch Miniatur-Format
  • Abstimmung einiger Potis/Parameter (evtl. Problem des getesteten Prototyps)
Artikelbild
Roland SE-02 Test
Für 466,00€ bei
Der Roland SE-02 ist klein, klanglich aber ein großer Wurf. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)
Der Roland SE-02 ist klein, klanglich aber ein großer Wurf. (Bild: zur Verfügung gestellt von Roland)
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Northern Decay sagt:

#1 - 16.09.2017 um 02:05 Uhr

0

Also bitte! Ein analog Synthesizer ist zusätzlich mit Haptik (evtl. auch Optik), Verarbeitungsqualität und dem Langzeitwert zu begutachten. Und hier versagt der Roland völlig! Bonedo hat eine gewisse Verpflichtung und auch Verantwortung seinen Lesern gegenüber, und 4.5 Sterne für dieses "Gimmick" zu vergeben, ist schon fahrlässig!

    Profilbild von Henry

    Henry sagt:

    #1.1 - 19.09.2017 um 11:26 Uhr

    0

    Aha? Selbst schon mit dem SE-02 oder einer der anderen Boutique-Boxen gespielt? Oder einfach mal ein bisschen uninformiert meckern?Ich habe einen JU-06 und kann dir versichern, dass die Kiste 1A stabil gebaut ist und die (relativ kleinen) Regler sehr gut zu bedienen sind. Heute abend wird der SE-02 vom Postamt abgeholt - und ich bin mir sicher, dass der genauso viel Spaß machen wird wie der JU-06.Und wie lange so ein Instrument hält, weiß man ja sowieso erst in 10-20 Jahren. Also, vielleicht lieber mal die Füße still halten und sich selbst ein Bild machen?

    Antwort auf #1 von Northern Decay

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    Profilbild von Matthias Wille

    Matthias Wille sagt:

    #1.2 - 19.09.2017 um 12:45 Uhr

    0

    Sehe ich ähnlich wie Henry. Auch ich hab den JU-06 und bin voll zufrieden. Klingt gut (besser als jedes Plugin, obwohl auch nur digital), Verarbeitung ist gut, Bedienung macht Spaß. Klar, Roland hätte gerne das Rackformat verwenden können und dann die Fader größer machen. Geht aber auch so. Was den Langzeitwert angeht: Obacht! Die Boutiques sind limitiert und die Preise steigen tatsächlich schon an. Für den letzten neuen JP-08 bei ebay durfte ich schon etwas mehr als den Ausgabepreis zahlen. Hat sich aber voll gelohnt (Obwohl die 20mm Fader hier für exakte Einstellungen wirklich klein sind). Heute freue ich mich auf den SE-02 - auch grad bei der Post, großes Musikhaus hat wohl den ersten Stapel versendet.... Man mag die Miniaturisierung kritisieren, wer aber die ganzen Boutiques als "Gimmik" abtut, disqualifiziert sich meiner Meinung nach selbst. Zumal der SE-02 jetzt ein echter Analoger ist.

    Antwort auf #1 von Northern Decay

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    +1
    Profilbild von Thomas Columbo

    Thomas Columbo sagt:

    #1.3 - 21.10.2017 um 23:02 Uhr

    1

    Nur wer das Teil nicht kennt kann es fahrlässig als GIMMICK bezeichnen, ich würde eher sagen ein professionelles (!!!) Gadget mit Kultfaktor. Und der SE 2 ist zudem noch innovativ und läßt einige teuere und vermeintlich grössere Synth im Regen stehen...

    Antwort auf #1 von Northern Decay

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Thomas Columbo sagt:

#2 - 21.10.2017 um 22:59 Uhr

0

Ich hatte den Jupiter 8, den JX3P und den D50 als Originale...am meisten Spaß machen mir nun aber die entsprechenden Boutique Teile. TOP Sound Umsetzung, ok, nichts für Grobmotoriker, der SE 02 schießt zudem den Vogel ab, nach 5 Minuten Test im Laden musste ich den unbedingt haben, glücklicherweise gab´s noch ne Retoure, die nächste Lieferung war bereits ausverkauft ist. Ein TOP Synth in kleiner Verkleidung! Von mir aus gut und gerne 5 Sterne !!!!

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Marco Heger sagt:

#3 - 12.04.2021 um 03:51 Uhr

0

Inzwischen sind ja ein paar Jahre vergangen und kurz nach dem SE 02 kann Behringers Boog, ein ungebrochener Verkaufsschlager, wenn auch ohne presets und ohne Sequenzer. UND meiner Meinung nach noch nicht einmal so wahnsinnig viel teurer! Und trotzdem ist der Roland inzwischen bei Thomann auf den hinteren Verkausrang abgestiegen! Ja klar, auch der Preis ist ist mit entscheidend, aber Roland baut Minikisten für 5 Jährige und wundert sich, dass die meisten eine idealgrösse bevorzugen! Roland hats vergeigt. Die Geräte sind inzwischen alle digital und klingen sehr gut, aber analog ist und bleibt unerreicht. Digital ist und bleibt einfach was anderes. Inzwischen vergrößert sich das Portfolio des Behringer Imperiums und scheint nicht mehr aufzuhalten zu sein! Die anderen müssen sich warm anziehen! Musikjournalisten würden gerne schlecht über Behringer schreiben, aber es fällt ihnen nichts dazu ein. ???Ulli, weiter so!

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Norbert K. sagt:

#4 - 15.05.2023 um 14:49 Uhr

0

Was die Leute immer zu meckern haben "Mal ist er zu groß - mal zu klein!" (Zitat Mutter von Brian) Anstatt froh zu sein das solche tedelsteine zu einem günstigen Preis zu haben sind! Kostet doch ein halbwegs gut erhaltenes Original schnell mal 9.000 Öre 😜 Mich erinnert das Gerät dann allerdings von der Beschreibung an meinen eigenen easy-muug XT aus dem Jahre 2012 VST-PLUGIN, zu finden auf meiner Webseite.. Der hat auch einen schönen Delay sowie LFO und zusätzlicher Modulations Generatoren! Ich jedenfalls finde es nicht schlimm wenn alle wichtigen Geräte in diesen Formaten veröffentlicht werden, was mich etwas stört ist dass er nur mit Netzteil betrieben werden kann, wenigstens eine USB Stromversorgung währen der heutigen Zeit, besonders vom Formfaktor her, sehr angeraten damit man ihn auch mal unterwegs mit einem kleinen Keyboard durch die Mangel nehmen kann 😄 toller Test, tolles Gerät, beides 5 Sterne! Hier gibt's meine VST-PLUGINS (leider nur für Win 32 Bit) www.easytoolz.de

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