Mit Studio One Pro 7 bringt Presonus seine DAW nach 15 Jahren auf den aktuellsten Stand. So viele Features und Funktionen auch dieses Mal neu hinzugekommen sein mögen: Gesprächsthema Nummer eins ist die neue Versions- und Preispolitik des Herstellers. Da hat sich nämlich einiges getan, wie der Name der aktuellen Version bereits andeutet.
Inzwischen gehört Presonus bekanntlich zu Fender. Bei Version 6 scheint man allerdings noch zu wenig Zeit fürs Imagebuilding gehabt zu haben. An Studio One Pro 7 macht der Branchenriese nun aber deutlich, wohin es für die Presonus-Musiksoftware unter seiner Führung künftig gehen soll. Die Top-Features der neuen Ausgabe sehen wir uns daher gemeinsam an – Quo vadis, Studio One?
Alles viel einfacher – oder einfach nur teurer?
Mit Studio One Pro 7 wird es künftig nur noch eine Version der DAW geben. „Pro 7“ löst also „6 Professional“ ab, während die gedrosselte Artist- und die kostenlose Prime-Version komplett entfallen. Dafür sinkt der Einstiegspreis erheblich: Studio One Pro 7 kostet ab jetzt nur noch 200 Euro. Da fühlt man sich natürlich ein wenig an Logic erinnert. Außerdem schaltet Presonus alle Extensions, wie den Audio Batch Converter, und alle virtuellen Instrumente frei.
Alle Upgrades, egal ob für Professional oder Artist, liegen bei 150 Euro. Und natürlich gibt es unter dem Namen Studio One Pro Plus auch noch das Subscription-Modell, mit monatlichem und jährlichem Plan für 180 Euro.
Ebenfalls neu ist die Update-Politik. Während Presonus bisher alle zwei Jahre ein Major-Update released hat, verfolgt der Hersteller nun einen neuen Plan. Fortan sammelt man die neuen Features nicht mehr bis zur nächsten Vollversion an, sondern man verteilt sie auf drei bis vier Release-Termine pro Jahr – und macht sie damit schneller zugänglich für die User.
Das alles klingt natürlich erst einmal nicht schlecht. Zwei Punkte stören aber. Die Upgrades für 150 Euro sind immer nur für ein Jahr gültig. Wer danach weitere 12 Monate Zugang zu neuen Features haben möchte, muss nach einem Jahr erneut upgraden. Somit entstehen den Usern, die alle Erweiterungen der DAW haben möchte, in 24 Monaten Kosten von 300 Euro. Bisher musste man zwar auf das nächste Major-Update warten, dafür gab es das für einmalige 150 Euro. Die schnellere Verfügbarkeit der Features kostet die Nutzer auf zwei Jahre gesehen also das Doppelte.
Und auch der drastisch reduzierte Einstiegspreis von 200 Euro erscheint auf den ersten Blick natürlich positiv. Ich persönlich finde das Upgrade von Studio One Pro 7 im Vergleich zum Neupreis aber zu teuer. Dazwischen liegen gerade einmal 50 Euro. Wer Studio One neu kauft, freut sich. Wer für die DAW vor sechs Monaten noch das Doppelte hinblättern musste, wird irgendwie bestraft und ärgert sich jetzt wahrscheinlich. Neukunden profitieren demnach einmalig vom reduzierten Preis, bezahlen dafür aber dann mittelfristig mit höheren Upgrade-Kosten.
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Clip-Workflow nun auch in Studio One Praxis
Das wahrscheinlich größte Feature dieses Updates dürfte der neue Clip-Workflow sein. Presonus hat ihn über ein neues Fenster, den „Integrated Launcher“, realisiert. Damit stürzt der Hersteller das Timeline-Paradigma und rüttelt den bekannten Arrangement-Fenster-Workflow ordentlich auf. Nach Logic macht also jetzt auch Studio One Jagd auf Produzenten elektronischer und Loop-basierter Musik im Stile von Ableton Live.
Der neue Bereich kombiniert im Prinzip den bekannten Look der Arrangement-Fenster-Spuren und ihren Events mit den neuen Clips. Presonus nutzt dafür nun den Namen „Cells“, da der Begriff „Clip“ in Studio One bereits eine andere Bedeutung hat. Wie Logic stellt auch Studio One diese Cells nun auf den vorhandenen Spuren dar und nutzt einen leicht veränderten Look im Vergleich zu den Events des Arrangement-Fensters. Der Hauptunterschied ist das kleine Pfeilsymbol in der oberen rechten Ecke, über das man die Cells direkt abspielt.
Im neuen Cell-Launcher von Studio One spielt man Clips à la Ableton ab.
Vertikal kann man die Cells über sogenannte Scenes anordnen, ähnlich wie das bisher schon per Arranger-Track im Arrangement-Fenster funktioniert hat. Jede Scene verfügt wiederum über einen eigenen Play-Button, mit dem man alle zugehörigen Cells gleichzeitig abspielt. Scene-Listen ergänzen das System. Mit ihrer Hilfe plant man die Abläufe und organisiert komplette Song-Arrangements.
Zudem gibt es interessante Features, die beide Arten zu arbeiten verbinden: Ihr könnt beispielsweise einen Bereich des Arranger-Tracks einfach in das Cell-Fenster hineinziehen. Dort wird der Part automatisch als Scene dargestellt – und alle beinhalteten Elemente als Cells. Ihr könnt den Clip-Launcher außerdem auch parallel zum linearen Arrangement-Fenster nutzen. Während der Launcher also das Playback abspielt, könnt ihr simultan dazu auf einer normalen Audio-Spur eine Vocal-Performance oder ein eigenes Live-Set aufnehmen. Alternativ kann man auch direkt in eine Cell recorden – diese kann auch aus MIDI-Daten bestehen.
Presonus vermischt damit die beiden Philosophien „Timeline“ und „zeitlich unabhängiger Clip-Workflow“. Aus meiner Sicht ist diese Umsetzung gut gelungen. Funktioniert hat sie im Test einwandfrei. Neben den eigenen externen Controllern Atom und Atom SQ unterstützt Presonus Studio One Pro 7 nativ auch Geräte von Drittanbietern wie Novation.
Mehr Flexibilität durch Stem Separation
Auch das Thema Stem Separation ist Presonus bei Studio One Pro 7 nun angegangen, und das natürlich mit der Hilfe von AI. Ihr findet das Feature Über das zugehörige Fenster. Dort hilft es euch dabei, Musik jeglicher Art in vier Kategorien oder Hauptbestandteile zu zerlegen: Vocals, Drums, Bass und Other.
Stem Separation zerlegt Musik in ihre Einzelteile.
Die anschließende Berechnung findet lokal auf dem Computer statt, ohne dass man auf die Cloud zugreifen muss. Die Ergebnisse lassen sich automatisch auf neue Spuren legen. Zum Test konfrontiere ich das neue Feature mit diesem Beat, der aus Drums, Bass, einem Sample-Loop und verschiedenen Vocals besteht.
Anschließend hören wird uns die vier einzelnen Originalspuren an, die ich im Beat verwendet habe – jeweils gefolgt den Ergebnissen, wie sie die AI aufgeschlüsselt hat.
Die AI-Drums kommen nicht ganz an das Original heran. Die Kick klingt anders und hat manchmal noch ein paar Tiefen vom Bass. Der Klang von Clap, Hi-Hat und Percussion schwankt und entspricht mal mehr, mal weniger dem originalen Drum-Loop. Der AI-Bass hat dagegen ein paar Artefakte von den mittleren Frequenzen abbekommen, klingt aber sonst gut. Das AI-Sample ist ziemlich nah am Original dran, lässt an manchen Stellen aber Höhen vermissen und enthält hier und da auch ein paar Clap-Hits. Ein ähnliches Bild erwartet uns bei den AI-Vocals. Die exakte Trennung zweier Instrumente, die sich im gleichen Frequenzbereich bewegen, ist für das menschliche Gehirn zwar nach wie vor kein Problem, für derzeitige künstliche Intelligenz dagegen offensichtlich schon.
Jetzt schiebe ich die vier AI-Spuren wieder zusammen und vergleiche das klangliche Ergebnis mit dem originalen Beat.
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10 Beat aus AI-Spuren11 Originaler Beat
Einen deutlichen Unterschied zwischen den Versionen kann man nicht heraushören. Studio One lässt bei der Trennung von Stems also keine Frequenzanteile verschwinden, die Software ordnet sie teilweise nur falschen Bereichen zu. Schade ist, dass die Stem Separation keine Parameter für noch exaktere Ergebnisse bietet. Mal sehen, was die Zukunft noch bringt.
Direkte Splice-Integration beschleunigt den Umgang mit Loops und Samples
Wer Splice regelmäßig zur Inspiration oder für die Produktion nutzt, musste bisher neben der DAW auch noch einen Internetbrowser öffnen, um Loops online sichten zu können. Das ständige Springen zwischen den beiden Anwendungen gehörte unbequemerweise auch dazu. Presonus Studio One Pro 7 löst dieses Problem mit einer Direktintegration der Sound-Library.
Jetzt ist es möglich, sich über den internen Browser von Studio One aus direkt bei Splice einzuloggen und auf die Sounds zuzugreifen. Euch stehen drei unterschiedliche Methoden zur Verfügung, um Samples zu finden. Zum einen gibt es eine Suchzeile, zum anderen könnt ihr die Online-Library über verschiedene Kategorien durchstöbern. Als dritte Option gibt es die Funktion „Search with Sound“. Dazu ladet ihr ein bereits vorhandenes Sample oder den Teil eines Arrangements mit allen genutzten Spuren über den Browser von Studio One hoch. Splice geht dann selbstständig auf die Suche nach Dateien mit ähnlichen Vibes, Harmonien und Rhythmen.
Splice-Inhalte kann man direkt über den Browser von Studio One Pro 7 sichten und vorhören.
Ihr könnt Sounds direkt in der DAW vorhören, dabei ist das Tempo bereits mit dem Host verlinkt. Und auch die Häufigkeit, mit der ein Sample wiedergegeben wird, könnt ihr einstellen. Damit könnt ihr beispielsweise Bass-Drums im Kontext mit den übrigen Spuren eures Projekts testen. Loops lassen sich zudem in ihrer Tonhöhe beeinflussen.
Natürlich können sich nur regelmäßige Splice-User so richtig über dieses neue Feature freuen. Nutzer von Studio One haben aber auch ohne Subscription Zugang zu speziell kuratierten Sounds, die man free-of-charge nutzen kann. So oder so ist Studio One damit die erste DAW auf dem Markt, die eine derart nahtlose Integration externer Inhalte über den eigenen Browser anbietet.
Global Transpose erleichtert Tonhöhenveränderungen
Ein kleineres Feature, das den Alltag vieler Produzenten deutlich erleichtern wird, ist Global Transpose. Auf Spuren- und Eventebene ist die Transposition von MIDI- und Audio-Daten natürlich schon länger möglich, jetzt klappt das auch für ein ganzes Arrangement.
Ist dem Sänger der Song plötzlich doch ein bisschen zu hoch, lässt sich die Tonart der gesamten Produktion in nur einem Vorgang ändern. Dazu gibt es einen neuen Eintrag in der Transport-Bar namens Transpose. Ihr gebt dazu einen Wert über die Tastatur ein oder nutzt einfach das Mausrad. Alle Prozesse laufen in Echtzeit ab, das heißt, man muss vorab keine Bounces erstellen – weder automatisch noch von Hand.
Zwei neue Instrumenten-Plugins sind mit an Bord
Presonus Studio One Pro 7 enthält auch zwei neue virtuelle Instrumente. Lead Architect gab es streng genommen bereits in Version 6. Doch musste man den bisher separat kaufen. Nun ist das Plugin für alle User von Studio One Pro 7 automatisch freigeschaltet. Hinzu kommt Deep Flight One, das wiederum aus der gleichnamigen Library für den internen Sampler Presence XT stammt.
Bei beiden handelt es sich um hybride Instrumente, deren Klangerzeugung auf Samples beruht. Weiterbearbeiten könnt ihr sie mit den Synthesizer-Features wie Analog Modelling, Filter, Envelopes oder LFOs. Alle Patches bestehen aus bis zu drei Layern, die man über eine Art XY-Pad ineinander morphen kann. In der Standardansicht stehen euch die wichtigsten Parameter zur Verfügung. Wer das Ganze tiefgreifender bearbeiten möchte, klickt auf einen der drei Layer – und legt so noch weitere Parameter frei.
Deep Flight One ist ein neues virtuelles Instrument.
Vereinfacht formuliert klingt Lead Architect eher nach einem klassischen Synthesizer, während es bei Deep Flight One eher um große Pads und Sounds für Cinematic-Produktionen geht. Die implementierten Presets machen schon was her, hier ein paar Beispiele.
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12 Lead Architect – Vocoded Vinyl13 Lead Architect – Swimming Robots14 Lead Architect – Ray Peter15 Deep Flight One – 12 Bit Artifacts16 Deep Flight One – Angel Visitors17 Deep Flight One – 1954 Fluttering
CV-Support für Synth-Tüftler
Mit dem neuen CV-Instrument in Studio One könnt ihr externe und analoge Synthesizer über eine Steuerspannung, auch Control Voltage genannt, bedienen. Die Anschaffung eines MIDI-to-CV-Interfaces entfällt, den heimischen Eurorack-Synth kann man jetzt direkt über das CV-Instrument in Studio One ansteuern, und das mehreren Instanzen.
Mit dem neuen CV-Instrument kann man externe Hardware per Steuerspannung bedienen.
Tempo Detection
Das Tempo von Audiodateien lässt sich nun automatisch bestimmen. Dafür müsst ihr eine importierte Datei einfach nur in die eingeblendete Tempospur ziehen. Dadurch Studio One die Geschwindigkeit aber nicht nur, sondern legt gleichzeitig auch eine Tempo-Map in der korrespondierenden Spur an. Die Länge der Audiodatei spielt dabei keine Rolle.
Detachable Browser und CLAP-Support
Nutzer, die mit mehreren Bildschirmen arbeiten, werden sich darüber freuen, dass sie den Browser nun entkoppeln und somit frei bewegen können. Wer sich eine größere Darstellung wünscht, muss beim Arrangement-Fenster nun keinen Platz mehr einbüßen.
Das neue CLAP-Format hat inzwischen einige leidenschaftliche Befürworter hinzugewonnen, darunter auch Bitwig und u-he. Plugins im CLAP-Format kann man ab sofort auch in Studio One nutzen. Schön, dass Presonus hier mit der Zeit geht. So richtig viele DAWs haben dieses neue Format bis jetzt ja noch nicht implementiert.
Der Browser von Studio One lässt sich in Version 7 entkoppeln.
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FAZIT
Die Feature-Liste ist auch bei Presonus Studio One Pro 7 mal wieder ziemlich lang und es sind große Änderungen mit dabei. Insgesamt geht es mit dem Cell-Launcher, der Stem-Separation, der Splice-Integration, dem CV-Support und der Tempo Detection wieder eher in Richtung (Beat-)Produktion, mit offensichtlichem Schwerpunkt auf elektronischer und Loop-basierter Musik. Die technische Umsetzung der neuen Features hat in allen Fällen Hand und Fuß und ist in Presonus-Manier wirklich gut gelöst. Lediglich die Stem Separation hat im Test nicht perfekt funktioniert.
Womit ich mich allerdings noch nicht anfreunden kann, ist die neue Preispolitik. Der unmittelbare Zugang zu Update-Features soll ein User-Request gewesen sein. Dass der Prozess dabei aber potenziell auch doppelt so teuer sein wird, hat sich wahrscheinlich kein Nutzer ausgedacht. Außerdem muss man nun mehrfach pro Jahr evaluieren, ob man einzelne Features haben möchte, oder nicht. Gefühlt war das früher deutlich einfacher. Da wäre die Wahl zumindest zwischen altem und neuem System schön gewesen. Ich würde lieber wieder zwei Jahre auf die Major-Updates warten.
Features
Integrated Launcher mit Clip-Workflow
Splice-Integration
Stem Separation durch AI
Interaktive Scale- und Loop-Tools
Global Transpose
Tempo Detection
Impact-Integration im Noten-Editor
CV-Instrument
Ableton Link Support
Neue Instrumente: Deep Flight One und Lead Architect
CLAP-Support
Audio Batch Converter
Presence Editor
PREISE:
Software Studio One Pro 7: 200,- EUR (Stand: 6.11.24)
Upgrade Pro-to-Pro oder Artist-to-Pro: 150,- EUR (Stand: 6.11.24)
Subscription Studio One Pro Plus: 180,- EUR jährlich (Stand: 6.11.24)
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