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Peavey Classic 20 MH Test

Die Classic Serie des US Herstellers Peavey ist unter Gitarristen äußerst beliebt, da sich in ihr vielseitige, sehr gut klingende Amps im Vintage-Outfit zu vernünftigen Preisen versammeln. Die zweite extrem erfolgreiche Linie der Marke trägt die Zahl 6505 und beide durften sich auf der diesjährigen NAMM-Show über Zuwachs freuen. Und der folgt dem Trend nach unten, zumindest, was die Wattzahlen angeht. Ansonsten sollen beide Exemplare natürlich den hohen Ansprüchen der Serien gerecht werden.

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Peavey überraschte die Besucher der NAMM infolgedessen mit zwei extrem interessanten Topteilen. Zum einen mit dem 6505 20 MH, der die Hard & Heavy Fraktion der Marke vervollständigt, und zum anderen mit unserem Testkandidaten, dem Classic 20 MH. Bei beiden deutet der Zusatz 20 dezent auf die Ausgangsleistung in Watt hin und die Buchstabenkombination MH wird ganz einfach mit Mini Head übersetzt.

Details

Optik/Verarbeitung:

Das kleine Topteil kommt in einem attraktiven Vintage-Äußeren und bringt gerade einmal acht Kilo bei 185 mm x 356 mm x 197 mm (Hx B x T) auf die Waage. Kein Problem also für das Tragen am Oberseiten-Griff. Acht Metallecken bieten etwas Schutz bei ruppigeren Transporten und einmal aufgebaut steht es sicher auf seinen vier Gummifüßen. Verarbeitungsseitig gibt es auf den ersten Blick absolut nichts zu beanstanden – kein Wunder, der in den USA entwickelte und in China gebaute Verstärker ist der jüngste Spross eines Traditionsunternehmens, das seit Jahrzehnten Erfahrungen im Verstärkerbau besitzt.

Fotostrecke: 4 Bilder Klassischer Vintage-Look mit braunem Peavey-Logo

Die Bedienfläche ist ziemlich aufgeräumt und übersichtlich. Es beginnt ganz links mit der Eingangsbuchse, gefolgt von einem Volumenpoti. Der daneben positionierte Taster schaltet zwischen den beiden Kanälen um, was allerdings auch ein optionaler Fußschalter erledigen kann. Weiter geht es mit den beiden Pre Gain- und Post Gain-Potis, die im Lead-Kanal für Zerrgrad und Lautstärke zuständig sind. Beide Kanäle teilen sich einen Dreiband-EQ, der wie üblich Frequenzen im Bass, der Mitte und den Höhen justiert. Einen Hall hat das Topteil ebenfalls an Bord, die Intensität wird per Poti feinfühlig justiert. Es handelt sich dabei um eine digitale Version, die einen Federhall simulieren soll.

Fotostrecke: 4 Bilder Das aufgeräumte Frontpanel des Classic 20 MH Heads im Spiegel-Look

Ein rot leuchtendes Pilot-Light glüht, sobald der rechts daneben sitzende Power Schalter umgelegt wird, und los gehts wie üblich nach Deaktivieren des Standbys. Aber noch einmal kurz zurück zur Lampe, denn über dieser leuchten zwei kleine grüne LEDs unter dem Titel T.S.I. Diese Abkürzung steht für “Tube Status Indication” und meint damit den Status der beiden EL 84 Endstufenröhren. Laufen diese korrekt, bleibt es beim grünen Licht. Tritt jedoch ein Fehler auf, beginnt die einer Röhre zugeordnete LED rot zu glimmen – übrigens auch, wenn der Amp sich im Standy-Modus befindet. Das liegt schlicht und ergreifend daran, dass in diesem Zustand die Glaskolben nicht den benötigten Strom erhalten. Fällt eine Röhre im laufenden Betrieb aus, wird diese kurzerhand abgeschaltet, aber der Amp ist nach wie vor einsatzbereit. Wenn sich nach einiger Zeit und einem automatischen Reset die defekte Röhre doch wieder dienstbereit meldet, wird sie wieder integriert. Sehr clever! Alle sieben Regler lassen sich übrigens geschmeidig bedienen und dank ihrer Chickenhead-Ausführung feinfühlig justieren.

Ein Blick auf die Rückseite lässt die Augenbrauen überrascht hochschnellen, hier ist tatsächlich eine ganze Menge los. Ganz links kann zwischen 115 und 220-230 Volt umgeschaltet werden, und neben dem Netzanschluss wartet die Sicherung auf den Ernstfall. Im Fall des Falles sollte man immer daran denken, dass eine Sicherung sich nicht aus Spaß verabschiedet. Und ein Fehler in der Elektrik eines Röhrenamps kann extrem gefährlich werden, deshalb am besten einen Techniker zu Rate ziehen. Der nächste Block besteht aus dem Speaker Out, der sich zwischen 8 und 16 Ohm umschalten lässt. Eine Besonderheit des Classic 20 MH ist die Leistungsreduzierung von 20 über 5 bis hin zu 1 Watt. Wie sich das auf den Klang auswirkt, werde ich später berichten.
Weiter geht es mit dem “Mic Simulated Direct Interface”, kurz MSDI. Es handelt sich dabei um nichts anderes als eine Speaker-Emulation, mit der man direkt in einen Mischer oder ein Interface spielen kann, ohne eine Lautsprecherbox abnehmen zu müssen. Eine Box braucht der Classic 20 MH übrigens auch nicht zwingend. Der mit SPKR (Speaker) betitelter Schalter aktiviert bei Bedarf einen Lastwiderstand, sodass auch beim Betrieb ohne Lautsprecher die Röhren keinen Schaden davontragen. Sollte ein Brummen im Signalweg auftauchen, lässt sich dieses in der Regel per Ground Lift-Schalter eliminieren. Dieser Schalter befindet sich rechts neben der XLR-Buchse, die das speakersimulierte Signal für Mischpult etc. bereithält. Auch ein Kopfhörer mit Miniklinkenstecker findet Anschluss, auf dem dann exakt dasselbe Signal zu hören ist.
Bei der Effects Loop handelt es sich übrigens ganz klassisch um die serielle Variante.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Rückseite des kleinen Amps hat einiges zu bieten

Bevor es in die Praxis geht, möchte ich noch auf die letzten beiden Anschlussmöglichkeiten zu sprechen kommen. Dabei handelt es sich um die für zwei Fußschalter. Während der obere für die Kanalumschaltung und einen Boost der Gesamtlautstärke zuständig ist, schaltet der zweite den digitalen Hall und den Effekt-Einschleifweg. Die Original-Fußleisten sind optional erhältlich und kommen jeweils mit zwei Schaltern inklusive LEDs, die den aktuellen Betriebszustand anzuzeigen. Es sollten aber auch andere Schalter hier einsetzbar sein. Tatsächlich sucht man einen solchen Anschluss-Luxus sogar bei den meisten ausgewachsenen Topteilen vergeblich! Parallel zum Simulated Output besitzt das Topteil auch noch eine USB-Buchse, die einen Computer ins Geschehen einbindet und das Signal auf diesem Wege digital in jede x-beliebige DAW herausgibt.

Neben einem seriellen FX-Weg und einem Kopfhörer-Anschluss hat Peavey dem Classic 20 MH sogar einen USB-Out spendiert - ebenfalls mit Microphone-Simulation
Neben einem seriellen FX-Weg und einem Kopfhörer-Anschluss hat Peavey dem Classic 20 MH sogar einen USB-Out spendiert – ebenfalls mit Microphone-Simulation

Wenn ich sehe, was alles geboten ist, dann muss ich mit Respekt vermelden, dass man sich bei der Konzeption des Amps extrem praxisorientierte Gedanken gemacht hat.

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Praxis

Sound
Ich habe den Verstärker mit einer 2×12″ Box mit Vintage 30 Speaker verbunden und mit einem SM 57 abgenommen, ganz klassisch also. Parallel dazu werden alle Files aus dem simulierten Ausgang an eine Avalon U5 DI-Box geschickt. Diese sind mit SS (Speaker Simulated) im Audiofile gekennzeichnet. Wenn nicht anders notiert, werden sämtliche Audiobeispiele im 20-Watt-Modus des Verstärkers eingespielt.
Es geht los mit dem cleanen Kanal und einer Telecaster. Der Volumenregler steht auf 4 und eine Prise Hall darf auch nicht fehlen.

Audio Samples
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Clean Vol 4 All Mid Tele Clean Vol 4 All Mid Tele SS

Der Sound ist direkt und unverfälscht, ein ganz leichtes Zerren lässt sich durch beherzteres Anschlagen der Saiten erzeugen. Mir gefällt der knochige Charakter des Sounds sehr gut, denn die Tele kann hier ganz klar ihre Klangästhetik zeigen. Aber auch der speakersimulierte Ausgang weiß zu überzeugen, es fehlt zwar noch das letzte Quäntchen Brillanz, das lässt sich aber leicht nachträglich bearbeiten.
Ich behalte die Einstellungen am Amp bei, greife zu einer Les Paul und verwende den Hals-Pickup.

Audio Samples
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Clean Vol 4 All Mid LP Clean Vol 4 All Mid LP SS

Die Gitarre lässt ihre Muskeln spielen und erzeugt beim Classic 20 MH eine schöne Zerre bei härterem Anschlag. Der Amp nervt nicht mit einem übertriebenen, oder besser gesagt, “modernen” Höhenbild. Ganz im Gegenteil, es klingt im positivem Sinne erwachsen.
Auch der simulierte Speaker-Ausgang kann voll überzeugen, die Anschläge werden auf den Punkt wiedergegeben, bei den härteren Anschlägen kommt die Zerre, ohne dumpf zu wirken, gut zur Geltung.
Jetzt drehe ich ein wenig an den Potis und verwende wieder die Les Paul.
Der Amp steht auf Volumen 6, Bass 8, Mid 4 und High 9.

Audio Samples
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Clean LP Vol 6 Bass 8 Mid 4 High 9 20 Watt Clean LP Vol 6 Bass 8 Mid 4 High 9 20 Watt SS

Auch hier kann das kleine Topteil voll überzeugen und klingt wirklich sehr erwachsen. Es arbeitet sämtliche Anschläge wunderbar heraus und gestaltet den Sound quasi drumherum. Und auch die Boxen-Simulation weiß zu überzeugen.
Jetzt ist der Leistungsumschalter auf der Rückseite an der Reihe. Dazu habe ich alle Regler wieder auf die Mittelposition gebracht und den Volume-Regler auf 8 gedreht. Ich spiele jedes Mal dasselbe Riff, reduziere aber die Wattzahl. Weil das Ausgangssignal leiser wird, habe ich es entsprechend nivelliert, um einen Vergleich zu ermöglichen.

Audio Samples
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Clean Vol 8 LP 20 Watt Clean Vol 8 LP 20 Watt SS Clean Vol 8 LP 5 Watt Clean Vol 8 LP 5 Watt SS Clean Vol 8 LP 1 Watt Clean Vol 8 LP 1 Watt SS
Optisch macht der neue "Handtaschen-Amp" aus dem Hause Peavey schon mal einen stimmigen Eindruck
Optisch macht der neue “Handtaschen-Amp” aus dem Hause Peavey schon mal einen stimmigen Eindruck

Insgesamt bleibt der Sound stabil, es wird nur schlicht und ergreifend leiser, sodass man bei Flüsterlautstärke den gleichen Sound genießen kann wie bei voll aufgedrehtem Amp. Allerdings habe ich den Eindruck, dass der Klang bei 20 Watt durchsichtiger ist.
Beim Speaker-Simulator fehlen bei höheren Zerrgraden etwas die Höhen, was ich sehr schade finde, denn ausgerechnet die gefallen mir sehr gut. Ich bin gespannt, wie sich der zweite Kanal macht, daher schalte ich jetzt um.
Als Gitarre verwende ich eine Strat und nutze ihren Hals-Singlecoil.
Der Amp steht auf Pre 3, Mid 6, und Treble 7.

Audio Samples
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Crunch Strat Neck Pre 3 Mid 6 Treble 7 Crunch Strat Neck Pre 3 Mid 6 Treble 7 SS

Da lacht das Herz! Der Amp liefert einen wunderschönen Vintage-Sound mit tollen Obertönen und gibt den gewissen Extraschub bei härterem Anschlag. Kein Wunder, dass der Classic bei vielen Gitarristen so beliebt ist. Aber auch der speakersimulierte Ausgang gibt sich keine Blöße und kann überzeugen.
Ich greife nun zu einer weiteren Strat, diesmal jedoch mit einem P90 in Stegposition. Am Verstärker erhöhe ich den Pre-Regler auf 5, Bass steht auf Mitte, Mid und Treble auf 6.

Audio Samples
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Crunch P90 Pre 5 Mid 6 Treb 6 Crunch P90 Pre 5 Mid 6 Treb 6 SS

Heraus kommt ein herrlich schmutziger Crunchsound, der im besten Sinne “Balls” hat. Leider hat das speakersimulierte Signal auch hier bei höheren Zerrgraden nicht mehr ganz so viel mit dem Original zu tun.
Abschließend schalte ich wieder die Wattzahl bei jedem Durchgang herunter. Der Amp läuft nun mit maximalem Gain und bis auf den Treble-Regler, der auf 7 steht, zeigen alle Regler nach oben.

Audio Samples
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Crunch LP Gain Max Treb 7 20 Watt Crunch LP Gain Max Treb 7 20 Watt SS Crunch LP Gain Max Treb 7 5 Watt Crunch LP Gain Max Treb 7 5 Watt SS Crunch LP Gain Max Treb 7 1 Watt Crunch LP Gain Max Treb 7 1 Watt SS

Hier ist jede Menge Gain im Spiel, was den Classic 20 zu einem ziemlich wendigen Begleiter macht. Er klingt aber nicht wirklich modern, und das meine ich wirklich positiv, aber wer einen klassischen Rocksound sucht, der könnte hier fündig werden.
Im Gegensatz zur Umschalterei im cleanen Betrieb fängt der Classic 20 MH im zweiten Kanal an, bei weniger Leistung mehr in die Sättigung zu fahren. Das gefällt mir ausgesprochen gut, denn wer hin und wieder auf den Sound eines fast schon röchelnden Röhrenamps steht (wie z.B. ich) wird hier vollends bedient.Leider kann mich die Boxensimulation dabei nicht überzeugen, das Signal ist einfach nur flach und dumpf, schade eigentlich. Den Klang des XLR- und des USB-Ausgangs habe ich mehrfach miteinander verglichen und keinerlei Unterschiede ausmachen können, daher habe ich es mir erspart, diese Beispiel mit anzuheften.

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Fazit

Mit dem Classic 20 MH hat Peavey ein ganz besonders heißes Eisen im Feuer. Wer auf laute Amps und viel Leistung verzichten kann, aber deshalb keine Kompromisse beim Sound eingehen möchte, der ist hier genau richtig. Der Amp kann von clean bis sahnig verzerrt so ziemlich alles, was man in seinem täglichen Gitarristendasein benötigt. Das macht ihn zum perfekten Begleiter bei Sessions, im Studio oder auch unterwegs, denn es kann komplett auf eine Speakerbox verzichtet werden, wenn man das speakersimulierte Signal über USB- oder XLR-Ausgang verwendet. Leider fällt das etwas dumpf aus, was sich aber mithilfe eines EQs geradebiegen lässt. Verarbeitungsseitig gibt es nichts zu meckern und bis auf die kleinen Einschränkungen eine glatte Empfehlung meinerseits – fast schon ein “must have”.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sound
  • Verarbeitung
  • gut durchdachtes Konzept mit einigen tollen Features
Contra
  • Lautsprechersimulation bei höheren Gain-Settings dumpf
Artikelbild
Peavey Classic 20 MH Test
Für 479,00€ bei
Der neue Peavey Classic 20 MH bietet ein durchdachtes Konzept mit jeder Menge Mehrwert!
Der neue Peavey Classic 20 MH bietet ein durchdachtes Konzept mit jeder Menge Mehrwert!
Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Peavey
  • Herstellungsland: China
  • Abmessungen: 185 mm x 356 mm x 197 mm (Hx B x T)
  • Gewicht: 8 kg
  • Bauart: Vollröhren-Topteil
  • Kanäle: 2, schaltbar per Fuß
  • Röhrenbestückung: 3x 12AX7/ECC83 Preamp, 2x EL84 Poweramp
  • Leistung: 20 Watt / 5 Watt/ 1 Watt
  • Lautsprecherausgang: 1x 8 Ohm oder 1x 16 Ohm (schaltbar)
  • FX Loop: seriell, schaltbar per Fußschalter
  • Reverb: digital
  • Besonderheiten: T.S.I. (Tube Status Indication) USB Record Out, MSDI (Mic Simulated Direct Interface) XLR Out, Kopfhörerausgang
  • Preis: 773,00 Euro UVP
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Tim sagt:

#1 - 26.04.2025 um 11:36 Uhr

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Hallo, schöner Test. Eine zentrale Frage wird aber leider nicht diskutiert: läßt sich die Cab-Sim abschalten? Es sieht ja leider nicht so aus. Und eigentlich sit das ein No-Go, völlig unverständlcih weshalb manche Ampbauer das nicht anbieten... Das sind doch nur ein paar cent Mehrkosten in der Elektronik? Danke für Auskunft Tim

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