Orange OB1-500 Test

Die Company Orange konnte sich bereits in den 70er-Jahren mit leistungsstarken Röhrenboliden einen festen Platz im Verstärker-Olymp erobern und hat unter Bassisten jede Menge Fans, die ein gut erhaltenes Vintage-Schätzchen oder das aktuelle Vollröhrenflagschiff AD200B auf den Bühnen rund um den Globus rocken. In den letzten Jahren stellten die Briten aber auch unter Beweis, dass sie die Zeichen der Zeit erkennen, und reagierten auf die steigende Nachfrage nach immer leichteren und kleineren Verstärkern mit der Einführung der Terror-Serie – ultrakompakte Tops mit digitaler Endstufe, immenser Leistung und dem markanten Orange-Sound.

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Mit den brandneuen OB1 Bass-Heads schlägt Orange nun wieder einen anderen Weg ein und belebt die altbewährte und außerordentlich zuverlässige Class A/B-Transistor-Technologie, die in den letzten Jahren durch den Hype um die digitalen Endstufen etwas in den Hintergrund geraten ist. Das wirklich Besondere an den OB1-Basstops ist aber ihr zweiter Signalweg für verzerrte Sounds: mithilfe eines Blend-Reglers können nämlich Distortion-Sounds zum normalen (sauberen) Basssignal stufenlos hinzugemischt werden. Mir steht für diesen Test der OB1-500 mit satten 500 Watt Leistung zur Verfügung, daneben hat Orange auch ein etwas schwächeres Modell mit gleicher Ausstattung aber “nur” 300Watt Leistung im Programm.

Details

Die OB1-Verstärker sind für den Einbau in ein 19″-Rack vorgesehen und nehmen dabei zwei Höheneinheiten in Anspruch. Die Verfrachtung in ein Rack ist aber nicht unbedingt nötig, denn das Gerät wurde sehr solide konstruiert; ein stabiles Stahlgehäuse schützt das Innenleben, und an den Boden wurden dicke Gummifüße geschraubt, damit das weiß lackierte Topteil sicher auf der Lautsprecher-Box steht. Allerdings besitzt der 10,1 kg schwere OB1-500 leider keinen Griff und kann höchstens an einem der Frontbügel zum Einsatzort getragen werden, was für die meisten Benutzer sicherlich keine optimale Dauerlösung darstellt und früher oder später doch zum Einbau in ein deutlich praktischeres Rack führt.

Fotostrecke: 3 Bilder Ein Exemplar der neuen Orange-Bassamps in voller Pracht…

Einen Teil ihrer Attraktivität verdanken die Orange-Bassverstärker ihrer sehr übersichtlich gestalteten Front mit nur wenigen Bedienelementen und großen griffigen Reglern mit lustigen Piktogrammen anstelle der sonst üblichen nüchtern-technischen Bezeichnungen. Darüber hinaus ist bei den traditionsverbundenen Briten Linksverkehr Pflicht – dementsprechend ordnet Orange die Bedienelemente bei ihren Verstärkern entgegen der herkömmlichen Reihenfolge an. Der Klinkeneingang befindet sich also ganz rechts, gefolgt von einem Pad-Switch, der die Eingangsempfindlichkeit an die verschiedenen Ausgangspegel von passiven und aktiven Bässen anpasst. Darauf folgen zwei große Regler, die für den super einfach aufgebauten Overdrive-Signalweg des OB1 zuständig sind. Mit dem Gainregler wird der Anteil der Verzerrung eingestellt und der Blendregler mit dem besonders charmanten Küchenmaschinen-Piktogramm sorgt für das richtige Mischverhältnis von verzerrtem und sauberem Basssound. Mit der Mischmöglichkeit der beiden Signalwege erhalten wir die größtmögliche Kontrolle über die Durchsetzungskraft des Sounds und laufen nicht Gefahr, im Overdrive-Matsch zu versinken. Zudem bearbeitet der Distortion-Weg nur den oberen Bereich des Signals und schützt damit schon im Vorfeld das für einen praxistauglichen Basssound wichtige tieffrequente Fundament.

Fotostrecke: 4 Bilder Eine Frontalansicht des OB1-500.

Mittig auf der Front hat Orange die Regler für den immer aktiven “cleanen” Signalweg ihres Namm Show 2015-Debütanten platziert. Mit lediglich einem großen Lautstärkeregler und dem aktiven Dreiband-EQ, der drei kleinere Regler für Bässe, Mitten und Höhen zur Klangformung bereitstellt, ist auch dieser Bereich außerordentlich übersichtlich gestaltet und wirklich kinderleicht zu bedienen. Die Front wird schließlich mit einer Klinkenbuchse für den Anschluss eines Fußschalters und dem Netzschalter inklusive Betrieb-LED (beides im Vintage-Look) komplettiert. Mithilfe des optional erhältlichen Fußschalters kann die Overdrive-Schaltung aus- oder eingeschaltet werden, sodass der verzerrte Sound wie beim einen zweikanaligen Verstärker blitzschnell abrufbereit steht. Leider hat Orange sich einen Schalter zum manuellen Zuschalten des zweiten Signalweges gespart. Wer in den Genuss dieser praktischen Funktion kommen will, muss folglich noch einmal das Portemonnaie zücken.

Fotostrecke: 2 Bilder Mit ein wenig Fantasie kann man die Symbole…

Auf der Rückseite des OB1 sitzen ein temperaturgesteuerter Lüfter sowie alle restlichen (bei modernen und gut ausgestatteten Bassverstärkern üblichen) Anschlüsse. Zur Verbindung mit den Boxen stehen zwei zeitgemäße Speakonbuchsen zur Verfügung, für die Weiterleitung des Signals an Recording-Equipment, Mischer oder weitere Verstärker sorgt der symmetrische XLR-Ausgang (Post-EQ) inklusive Groundlift-Schalter und ein weiterer Line-Out in Form einer Klinke.

Fotostrecke: 4 Bilder Ein schöner Rücken kann entzücken: der Orange OB1…

Praxis

Das vom Bi-Amping inspirierte Konzept des OB1 mit der Aufsplittung des Eingangssignals in zwei Signalwege ist durchaus eine clevere Idee von Orange, die für viele Bassisten einen großen Praxiswert auf der Bühne hat. Dabei muss man nicht unbedingt ein Fan von heftig verzerrten Bassounds sein, denn mit der richtigen Einstellung kann der Distortion-Kanal auch einfach als Boost mit nur subtilen Klangveränderungen eingesetzt werden. Der gewünschte Lautstärkenschub wird dazu einfach mit dem Blendregler zum sauberen Kanal geblendet und der Gainregler sollte dabei nur minimal aufgedreht werden, damit der Bass gar nicht oder nur minimal zerrt – fertig ist der etwas rauere und lautere Sound z.B. für den Chorus des Songs oder ein Basssolo. Der einzige Wermutstropfen ist, dass man den Fußtaster gesondert erwerben muss, um beide Sounds auch wirklich abrufbar zu haben – ich empfehle jedem, diese Anschaffung beim Kauf des OB1 direkt mit einzuplanen.
Doch bevor wir über die Anschaffung eines Bass-Amps nachdenken, muss uns der Kandidat natürlich zunächst mit seinem cleanen Sound überzeugen! Bei mir ging das ziemlich schnell vonstatten, denn schon nach den ersten Tönen mit dem neuesten Orange-Familienmitglied wurde mir regelrecht warm ums Herz! Der cleane Sound besitzt sehr viel Tiefe und Volumen, und die Töne fühlen sich unheimlich griffig und gewichtig an. Das sind Qualitäten, die man in der Regel nur von analogen Verstärkern bekommt und vermutlich auch der Grund, warum sich Orange beim OB1 für die klassische A/B-Transistortechnik entschieden hat. Der unbearbeitete Klang ist außerdem nicht allzu neutral, eine ordentliche Portion Tiefmitten sorgt hier für Fülle und Charakter, der obere Bereich strahlt und besitzt ausreichend Transparenz, wird aber nicht ganz so luftig und offen wiedergegeben wie bei vielen anderen modernen Verstärkern.

Audio Samples
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Orange OB1-500 Clean Flat
Agiert stets muskalisch: der 500 Watt starke Orange OB1.
Agiert stets muskalisch: der 500 Watt starke Orange OB1.

Der aktive Dreiband-Equalizer klingt sehr musikalisch und überdeckt zu keinem Zeitpunkt den charakterstarken und kernigen Sound des OB1, auch nicht bei heftiger Dosierung. Tolle Klangvariationen sind mit den drei Reglern im Handumdrehen eingestellt – wer beispielsweise ein fetteres Fundament, einen Scoop-Sound mit griffigen Höhen oder aggressive Mitten für den amtlichen Rocksound braucht, ohne den Sound bis zur Unkenntlichkeit zu verändern, der erhält mit diesem effektiven EQ genau das richtige Werkzeug.

Audio Samples
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Orange OB1-500 Clean Bass und Treble auf 3Uhr

Alleine mit seinen beeindruckenden Cleansound-Varianten wäre der OB1 ein klasse Verstärker: Nutzwert und Spaßfaktor des Amps erhöhen sich durch den Overdrive-Kanal allerdings noch einmal deutlich. Das Prinzip, den verzerrten Sound zum sauberen Signal hinzuzublenden, hat in der Praxis immense Vorteile gegenüber einer direkten Verzerrung des Basssignales. Der Gesamtsound lässt sich dadurch nämlich viel besser und feinfühliger kontrollieren, und es ist wirklich ein Kinderspiel, dem neuen Orange coole Overdrive-Sounds zu entlocken, die sich in der Band hervorragend durchsetzen und mit einem soliden Fundament gesegnet sind. Unter dem Gainregler liegt eine große Bandbreite von leichten Zerrungen für einen warmen, crunchigen Begleitsound bis zu abgedrehten Sägesounds für Freunde der experimentelleren Richtung. Der warme und organische Charakter der Verzerrung gefällt mir persönlich sehr gut und mit dem EQ, der hinter die Gain-Stufe geschaltet wurde, kann die Klangfarbe der Zerrung noch weiter nach dem eigenen Geschmack geformt werden. Nachfolgend hört ihr ein paar Audiobeispiele mit verschiedenen Blend- und Gain-Einstellungen, damit ihr auch einen Eindruck von der “dunklen” Distortion-Seite des OB1-500 bekommt.

Audio Samples
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Orange OB1-500 Dist Bass 2 Uhr Treble 10 Uhr Gain Mix 7 Uhr Orange OB1-500 Dist Bass 4 Uhr Gain Mix 12Uhr Orange OB1-500 Dist Bass Middle 2 Uhr Gain Voll Mix 12 Uhr

Fazit

Der OB1-500 ist eine hervorragende Ergänzung im Bass Lineup von Orange und schließt die Lücke zwischen dem kostspieligen Vollröhren-Amp AD200B und den digitalen Tops aus der Terror-Serie. Als Sound-Chamäleon würde ich den britischen Neuzugang nicht unbedingt bezeichnen und sein charakterstarker Grundsound und die Overdrive-Ausstattung wird vermutlich in erster Linie die breite Masse der Rockbassisten ansprechen. Ich kann mir allerdings durchaus vorstellen, dass auch viele Bassisten aus anderen Genres die Klangqualitäten des analogen Amps sehr zu schätzen wissen und den OB1 als tolle Alternative für die raueren Sounds in Betracht ziehen werden. Mit dem 500 Watt starken Model und einer optimalen Boxenausstattung ist man in Sachen Leistung auf jeden Fall auf der sicheren Seite und kann entspannt jedem Gig entgegensehen. Der OB1-500 ist nämlich verdammt laut und liefert bis an die Leistungsgrenze einen fetten und soliden Sound. Darüber hinaus ist der in China gefertigte OB1 absolut tadellos verarbeitet. Ich kann ihn deshalb jedem Bassisten, der ein Faible für coole Overdrive-Sounds hat, nur wärmstens empfehlen!

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • super solider Grundklang
  • geschmackvoller EQ
  • organische Distortion-Sounds
  • beeindruckende Leistung/Lautstärke
  • 1a Verarbeitung
Contra
  • Fußschalter nicht im Lieferumfang enthalten
Artikelbild
Orange OB1-500 Test
Für 829,00€ bei
Nicht nur was für Rocker: der jüngste Spross aus dem Hause Orange macht einfach richtig Spaß!
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Technische Spezifikationen
  • Hersteller: Orange Amps
  • Model: OB1-500 analoges Transistor-Basstop
  • Land: China
  • Bauform: 19“, 2 HE
  • Leistung: 500 Watt @ 4 Ohm
  • Regler/Schalter: Active/passive Switch, Gain, Blend, Bass, Middle, Treble, Volume, Power, Groundlift
  • Ein-/Ausgänge: Input Klinke, Footswitch Klinke, 2 x Speakon Speaker Out, Line-Out Klinke, Balanced Out XLR, Netz-Anschluss
  • Maße: 48,2 x 26,5 x 10 cm
  • Gewicht: 10,1 kg
  • UVP: 1.011,50 €
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MB sagt:

#1 - 20.09.2016 um 19:43 Uhr

0

Ich hatte den, der Drive Kanal war nicht via Umschalter zu gebrauchen. Der war viel zu laut. Ging nach 2 Wochen zurück. Der Clean war auch ziemlich schwammig in der Ansprache, aber der EQ war klasse.

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