One Control Blue 360 Bass Preamp Test

Praxis

Transistor-Amps verbindet man in der Regel mit einem klaren, transparenten Ton und schneller Ansprache. Alle Attacks und Transienten werden kristallklar und clean – also ohne Verzerrung – verstärkt. Dieses Klangideal hat sich hauptsächlich während der 1980er-Jahre etabliert und hält sich bis heute; für manche Transistor-Amps wird ja auch gerne das Attribut “HiFi” gewählt.
Wer dies jedoch auch vom One Control 360 Blue erwartet, wird sich verwundert die Augen reiben. Das Original stammt aus einer anderen Zeit und hatte einen ganz anderen klanglichen Auftrag. Der Acoustic 360 war schon immer ein Verstärker mit einem eigenen Charakter und viel Schmutz im Ton. Über dieses Thema hat Chefdesigner Björn Uhl übrigens einen lesenswerten Beitrag auf der Produktwebseite des Blue 360 geschrieben!
Ich habe den Preamp auf drei verschiedene Arten getestet: Einmal vor den Verstärker geschaltet, einmal direkt an eine Endstufe angeschlossen und zuletzt “nackt” ins Audiointerface gestöpselt. Ausgangsposition war dabei stets ein neutraler Equalizer (alle Regler auf 12h), und die Lautstärke zunächst auf “0”. In allen drei Szenarien ging der Blue 360 relativ früh in eine leichte Verzerrung und Kompression, welche im Verlauf des Regelwegs zunahmen.

Allerdings unterscheidet sich die Art der Verzerrung deutlich von anderen Pedalen, wie Overdrive oder Distortion. Der Blue 360 bleibt jederzeit warm und mild und macht den Sound einfach etwas dreckiger. Ich weiß, das ist eine Worthülse, aber es beschreibt die Sache am besten. Ein bisschen mehr dynamischen Spielraum, bevor die Kompression einsetzt, hätte ich mir jedoch trotzdem noch gewünscht.
Auch bei niedrigem Gain und neutralen Equalizer drückt der Blue 360 dem Ton sofort seinen sehr eigenen Charakter auf. Eine leichte Präsenz der hohen Mitten macht den Sound etwas bissiger und (wie erwähnt) gefühlt “dreckiger”.
Der Equalizer ist im positiven Sinne gewöhnungsbedürftig, da seine Wirkungsweise sich von modernen Vertretern unterscheidet. Die einzelnen Frequenzen lassen sich nur moderat boosten, was immer zu einem musikalisch brauchbaren Ergebnis führt. Selbst Extremeinstellung sind kein Problemm, aber auf der anderen Seite sind auch keine allzu drastischen Eingriffe ins Klangbild möglich.
Das ist aber seitens des Herstellers exakt so gewollt und entspricht dem Original. Für meine Ohren verträgt sich das One-Control-Pedal am besten mit (passiven) Jazz-Bässen oder deren Artverwandten. Natürlich funktioniert alles auch mit anderen Bässen, die genannte Kombination schien mir allerdings immer am homogensten. Der Grund mag sein, dass … äh, welches Bassmodell spielten Jaco Pastorius, John Paul Jones oder Larry Graham noch gleich?

Der One Control Blue 360 Bass Preamp liefert einen charaktervollen Sound, der im Sinne der 70er-Jahre Sounds etwas "Old School" klingen kann.
Der One Control Blue 360 Bass Preamp liefert einen charaktervollen Sound, der im Sinne der 70er-Jahre Sounds etwas “Old School” klingen kann.

Im Zusammenspiel mit einem Amp erzielte ich unterschiedliche Resultate. Der Blue 360 ist ein Charakterkopf und verträgt sich daher potenziell besser mit cleanen und neutralen Amps. Ist der eigene Verstärker schon stark färbend, kann der Schuss in Kombination durchaus auch mal nach hinten losgehen. Das Pedal ist aber sicherlich gut geeignet, um z.B. einem etwas sterilen Class-D-Amp einen Schuss Vintage-Flair und etwas Schmutz zu verpassen.
Am besten jedoch gefiel mir das Pedal als alleiniger Preamp direkt auf eine Endstufe gestöpselt. Beim Klangtest daheim klingt der kleine Treter zwar etwas zu stark komprimierend und angezerrt. In der Band hingegen sorgte eben dieser Effekt für einen kompakten und durchsetzungsfähigen Basston mit hohem Spaßfaktor!
Nun zu dem bereits erwähnten Mini-Schieberegler: Dieser mag zwar klein sein, besitzt allerdings eine recht große Wirkung. Im Prinzip ermöglicht er dem Blue 360 zwei unterschiedliche Arbeits-Modi: Im “-18 dB”-Modus bedeutet der voll aufgedrehte Volumen-Regler “Unity Gain” – die Eingangs-Lautstärke ist also gleich der Ausgangs-Lautstärke. So lässt sich der Preamp hinzuschalten, ohne für einen unerwünschten Pegelsprung zu sorgen. Im “0 dB”-Modus hingegen agiert der Blue 360 wie jedes andere Pedal und wird mit mehr Gain entsprechend lauter. Dadurch lässt er sich auch als Booster oder Verzerrer einsetzen.

So klingt der One Control Blue 360 direkt ins Audiointerface gesteckt:

Audio Samples
0:00
Gain: 10 Uhr, EQ flat Gain: 10 Uhr, EQ flat Gain: 10 Uhr, Bass: 3 Uhr, Mid: 3 Uhr Gain: 10 Uhr, Bass: 3 Uhr, Mid: 9 Uhr, Treble: 1 Uhr Gain: 12 Uhr, EQ flat Gain: 3 Uhr, EQ flat Gain: 10 Uhr, Bass: 3 Uhr, Mid: 3 Uhr, Treble: 10 Uhr Gain: 4 Uhr, Bass: 4 Uhr, Mid: 4 Uhr, Treble: 11 Uhr
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