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Clavia Nord Drum Test

PRAXIS

Noch einmal von vorne: Ich fange einfach mal damit an, mir aus selbstgebauten Sounds ein Drumset zusammen zu stellen und stecke zu diesem Zweck zunächst vier Trigger per Klinkenkabel in den roten Kasten namens Nord Drum, wähle damit einen von 17 möglichen Wavetables an und verändere ihn hinsichtlich Ton, Noise und Click. Hier kannst du die 17 Wavetables – noch unverändert – anhören:

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Alle Waveforms

Diese drei Komponenten lassen sich dann im internen Mixer nach Gusto zusammenfügen. Dem Master-Level vorgelagert lässt sich die Lautstärke des so entstandenen Sounds im Channel speichern. Das soll das Defizit kompensieren, dass das Modul über nur einen einzigen Ausgang verfügt. Live gilt es also, sich beim Soundcheck genau mit dem Tonmann abzusprechen und die Lautstärken anzugleichen, denn diesem fehlt nun natürlich die Möglichkeit, die Lautstärkeverhältnisse der Nord-Sounds an den Club oder die Anlage anzupassen. Das bezieht sich auch auf jene Frequenzen einzelner Sounds, die in einer Location vielleicht wunderbar funktionieren, in der nächsten aber nicht. Sowieso: Das Kästchen ist zwar klein und kann trotzdem viel, aber live und im Studio lohnt es sich vermutlich, sowohl einen Kompressor als auch einen EQ zu verwenden, um das Nord Drum noch fetter zu machen und gleichzeitig etwas zu entschärfen. Aber zurück zur Soundbaustelle: Zu Demo-Zwecken nehme ich mir „Drop It Like It’s Hot“ von Snoop Dogg zur Brust. Ich beginne damit, die Bassdrum nachzubauen und erhalte relativ schnell ein passables Ergebnis mit der ersten gespeicherten Waveform „Analog 1“. Gleich mit der Taste daneben jage ich diesen durch ein Filter und mische ordentlich Punch dazu, den sogenannten Sweep einen Knopf weiter drehe ich ganz leicht auf, gate das Ganze sanft zu, pitche den Sound auf 39.0 wähle als Attack-Sound c5 bei „Click / Type“, gebe in der Rubrik „Noise“ etwas Klangfarbe (die klingt, als würde man langsam die Handtücher aus der Bassdrum nehmen) dazu und so weiter und so fort.

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Selfmade Drop It

Der Ablauf beansprucht etwas Zeit, das Ergebnis ist aber erstaunlich gut: Die Bassdrum klingt der des Welthits relativ ähnlich. Der Snaresound ist auch schnell nachgestellt, die Schnalzgeräusche des Originaltracks jedoch nicht so schnell bis hin zu gar nicht: Lebensechte Sounds lassen sich nicht wirklich nachbauen, wenngleich kleine Hinweise in den Presets dies vermuten lassen. Der Groove lässt sich jetzt problemlos spielen und wenn man jetzt noch eine Hand frei hätte, könnte man simultan die Effekte verändern und beispielsweise die unterschiedliche Tonalität der Schnalzgeräusche und der Bassdrum des Originals nachstellen. Im Soundfile des Beats sind die synthetischen Schnalzgeräusche zu hören, wie sie live gepitched werden.

Selbst synthetische Drumsounds zu kreieren ist sicher die Hauptfunktion des Nord-Drum-Synths. Darüber hinaus kann man aber auch einfach auf die 80 Preset-Kits zurückgreifen. Es ist wahrscheinlich, dass viele zukünftige Besitzer dieser kleinen Klangkiste genau das tun werden und die wahrscheinliche Reaktion wird in etwa folgendermaßen klingen: ‚Die Nord-Drum-Sounds klingen nicht so richtig geil finde ich’. Wer dann im Betriebsheft die Namen zu den Presets findet, wo das Preset 2 als „Classic Vistalite“ bezeichnet wird, dem muss ich in dem Punkt zustimmen, dass seine Erwartungen auf keinen Fall erfüllt werden können – nein, keiner der Nord-Sounds wird jemals so klingen wie ein echtes Classic-Vistalite-Drumset von Ludwig. So klingt die Nord-Drum-Simulation eines Ludwig-Vistalite-Drumsets:

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Vistalite

Das hat mit dem Original nicht viel zu tun. Da führen einen die Presets aber eben auch kräftig in die Irre, denn dieser virtuelle Analog-Drum-Synth will nicht klingen wie ein echtes Drumset, sondern wie ein fieser Plastikaal auf Drogen. Ein Beispiel für einen zwar interessanten Preset-Sound, der aber trotzdem nicht ganz funktionstüchtig ist, ist P46. Um in einer Recording- oder Live-Peripherie zu funktionieren, wäre die Snare im Gegensatz zur Bassdrum viel zu laut.

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Preset Lautstärke Snarelevel intern halbiert

Das betrifft natürlich die nicht ganz ausgewogenen internen Mischverhältnisse und nicht den Output-Gain. Erst nachdem ich im Gerät die Lautstärke der Snare um 40 % reduziere, klingt das „Drumset“ homogen. Jetzt zur Spielbarkeit des kleinen Kastens! Nachdem ich diesen mit vier E-Drum-Pads ausgerüstet habe und die „Drop It Like It’s Hot“-Sounds fertig programmiert sind, ertappe ich mich dabei, wie ich wahllos durch die Presets zappe, denn da finden sich ein paar Trommel-Kombis, die viel Spaß bringen.

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Velocity

Das Spielgefühl ist sehr natürlich, es lassen sich keine unnatürlichen Lautstärke-Sprünge hören, wenn man unterschiedlich stark auf die Pads schlägt, die Latenz ist nicht wahrnehmbar. Ein weiterer Vorteil im Vergleich mit den meisten E-Drum-Sets ist der, dass die Nord-Drum die maximale Energie transportiert, während klassische E-Drum-Module häufig etwas schwacher auf der Brust sind und beispielsweise den Bass nicht wirklich tief und punchy abbilden. Die Nord-Drum-Machine gibt einem die Möglichkeit, mit schwerem Gerät im Soundgehirn zu fuhrwerken, dabei können Snares so stechend scharf werden und der Bass derart wuchtig, dass man Angst um die Gesangsanlagen der bespielten Clubs haben muss. Clavia setzt den Soundausprägungen bis in den Subbass-Bereich und bis in die höchsten Höhen keine Grenzen. Wer sich ein paar Stunden Zeit nimmt, um den vollen Funktionsumfang des Gerätes zu erfahren, der wird die intuitive Bedienweise der Nord-Drum zu schätzen lernen. Ein geeigneter Sound lässt sich relativ schnell finden und wer bei der Bandprobe einen ganz bestimmten Synthie-Drum-Sound sucht, der wird diesen in Zukunft ohne großen Aufwand aus seiner Fantasie in die Realität übersetzen können. Übrigens ließ sich in der Testphase kein Bug feststellen.
Für Studiotüftler noch der Hinweis, dass sich die Parameter eines getriggerten Sounds nicht mehr ändern lassen, sondern Änderungen erst auf den nächst gespielten Sound Einfluss haben. Eine MIDI-Steuerung der Parameter ist überhaupt nicht vorgesehen. Mal eben den Pitch einer ewig langen Kickdrum hoch drehen, ist also nicht möglich. Schade finde ich außerdem, dass es keine Closed/Open Hihat-Modus gibt, der ein Stoppen einer sehr langen HiHat beziehungsweise exklusives Spielen leider nicht möglich macht.
Wie gesagt finde ich auch, dass die Sounds bzw. Parameter keine Überraschung im Sinne einer neuen Drummachine bieten, dafür wurde das Altbewährte in einer kompakten, live tauglichen Verpackung auf das Nötigste komprimiert.

Kommentieren
Profilbild von Kurt

Kurt sagt:

#1 - 22.04.2013 um 11:22 Uhr

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hallo,danke für diese interessante einführung. ich habe mir das "rote biest" gestern gekauft, der preis wurde übrigens auf 199,-- gesenkt, jetzt wirklich ein schnäppchen (klar, es gibt natürlich bald einen Nachfolger, den Nord 2).ich bin drummer und kein keyvoarder und daher nicht der beste techniker ... gibt es irgendwo noch weitere einsatztips oder eine deutsche anleitung bzw manual .. ?

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BonedoMalte sagt:

#2 - 23.04.2013 um 12:23 Uhr

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Hallo Kurt, ich habe leider keine deutschsprachige Anleitung finden können. Nur die englische, die du ja bestimmt schon hast: http://www.nordkeyboards.co...
Trotzdem viel Erfolg und viel Freude mit dem "kleinen Roten" ;)

Profilbild von Renato

Renato sagt:

#3 - 13.06.2013 um 13:07 Uhr

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Hallo
Eine Frage: Ich habe mein Akustik-Set in einen Trigger-Midi Controller getriggert (Alesis Trigger iO) und suche nun eine geeignete MIDI-Soundquelle...
Kann ich den Clavia dafür verwenden um das ganze Set über MIDI-In zu Spielen ? Trigger Eingänge sind ja nur 4 Vorhanden..
Danke & Gruss
Renato

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