Die US Firma Moog, benannt nach ihrem 2005 verstorbenen Gründer Robert “Bob” Moog, ist ein maßgeblicher Pionier der Synthesizertechnologie. Robert Moog entdeckte die Möglichkeiten, die sich bei der Verwendung von spannungsgesteuerten Oszillatoren als Klangquellen für Musikinstrumente ergaben. Mit dem ADSR Hüllkurvengenerator entwickelte er einen essentiellen, heute nicht mehr weg zu denkenden Bestandteil subtraktiver Synthesizer. Mit dem Bau monströser, komplexer Modularsysteme Mitte der 60er Jahre und ab 1971 mit dem weltberühmten Minimoog Model D, ging der Name Moog in die Geschichte ein. Little Phatty ist das letzte Produkt, an dem Bob Moog noch persönlich mitentwickelte.
Für die einen nur eine Light-Version des aktuellen Moog Flaggschiffs “Voyager” – für die anderen ein portables Kraftpaket ohne überflüssigen Schnickschnack.
Ich habe mir das kleine Dickerchen in der Ausführung “Stage Edition” einmal genauer angesehen.
Der 1. Eindruck zählt. Das erste, was einem ins Auge fällt ist: nicht gerade viel! Aber das, was man sieht und anfasst, gefällt! Das schlichte Design mit großen Knöpfen, übersichtlicher Anordnung der Bedienelemente und einem mit dem Namen des Meisters versehenen “Spoiler” aus gebürstetem Aluminium zur Publikumsseite. Die Attribute “kompakt” und “schick” treffen es wohl ganz gut.
Nun zum Hörtest: die 100% analoge, monophone Klangerzeugung liefert vom ersten Moment an den charakteristischen warmen und kraftvollen Sound, für den der Name Moog steht. Die Presets sind alle brauchbar, und kleine Parameteränderungen liefern sofort neue interessante Ergebnisse. Etwa durch Veränderung des kräftig zupackenden Filters, Veränderung der LFO Modulation oder hinzufügen der “Overload“ Übersteuerung, einer Sättigung die bis zur Verzerrung gehen kann. Der Littly Phatty ist ein Instrument für Musiker, denen es weniger um grenzenlose Soundflexibilität, als um die typischen Moog-Sounds geht: Charismatische, durchsetzungsfähige Bässe, Leadsounds, Sequenzen oder typische Geräuschklänge sind die Stärken des Little Phatty. Auch für die Bühne ist der Synth durch seine insgesamt einfache Bedienbarkeit und kompakte Größe bestens geeignet.
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Das Panel des Little Phatty.
Die einzelnen Komponenten der Klangerzeugung des Little Phatty sind -mit Ausnahme von “Modulation”- dem Signalfluss entsprechend, von links nach rechts angeordnet.
1. Modulation Hier kann man dem in Geschwindigkeit und Wirkungsgrad regelbaren LFO, der über die Wellenformen Dreieck, Sägezahn, Rechteck und Rampe verfügt, die Modulationsziele Filter, Tonhöhe, Wellenform oder Oscillator 2 zuweisen. Anstatt des LFO kann an dieser Stelle auch die Filterhüllkurve oder Oscillator 2 als Modulationsquelle für die o.g. Ziele gewählt werden.
2. Oscillators Es stehen 2 Oszillatoren zur Auswahl: Osc1 als Haupt- und Osc2 als zusätzliche Klangquelle. Beide Oszillatoren verfügen über die Wellenformen Triangle, Saw, Square und Rectangle in den Fußlagen 16′, 8′ 4′ und 2′, wobei die Lautstärke jedes Oszillators getrennt regelbar ist. Osc2 ist darüber hinaus um bis zu 7 Halbtöne verstimmbar. So kann, lässt man beide VCOs klingen, mit einer leichten Verstimmung des Osc2, ein Chorus-ähnlicher Klang erzeugt werden, bei größeren Werten ein Zweiklang. Der Osc2 ist außerdem per “Osc Sync” auch zum Osc1 synchronisierbar, das heißt: der Osc2 wird “gezwungen”, bei jedem Nulldurchgang des Osc1 ebenfalls eine neue Welle zu erzeugen. Verändert man nun im “Osc Sync” Modus die Frequenz des Osc2, entstehen weitere Obertöne, die den Klang des Osc1 “anfetten”, “schärfen” oder auch “verunstalten” können, wie im folgenden Audiobeispiel zu hören ist. Mit dem Regler “Glide Rate” lässt sich die Geschwindigkeit einstellen, in der ein Ton in der Höhe zum nächsten.
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Moog LP Osc Sync
3. Filter Hier arbeitet eines der Herzstücke der Klangerzeugung, ein analoges 1- bis 4-poliges Tiefpassfilter mit einer maximalen Flankensteilheit von 24dB/Oktave. Die Flankensteilheit bzw. die Anzahle der Pole des Filters kann leider nur global im Betriebssystem und nicht pro Sound festgelegt werden. Man kann hier zwischen 6dB, 12dB, 18 dB und 24dB/Okt auswählen. (1Pole = 6dB … 4Pole=24dB). Mit den Parametern Cutoff und Resonanz lässt sich der Höhenanteil eines Klangs “beschneiden” bzw. in bestimmten Frequenzbereichen betonen. Über “KB Amount” kann die Abhängigkeit des gespielten Tons zur Cutoff Frequenz des Filters eingestellt werden. Das heisst: je höher der Ton, desto offener der Filter (hohe Töne haben so mehr Brillianz, tiefe eine klarer definierbare Tonalität). Und auch Keyboard-Velocity kann zur Steuerung des Filters eingesetzt werden, was für einen Analogen/Monophonen nicht selbstverständlich ist! Im Master Menu können dazu positive oder negative Werte der “Velocity Sensivity” eingestellt werden, leider aber nur global und nicht individuell für jeden Sound. Per “EGR Amount” lässt sich der positive oder auch negative Wirkungsgrad der Filterhüllkurve auf den Filter bestimmen. “Overload” kontrolliert die Übersteuerung des Klangs, im folgenden Beispiel ein Overdrive-Leadsound.
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MoogLP Scream
4. “Envelope Generators”. Die Hüllkurvengeneratoren sind ein weiteres wichtiges Werkzeug zur Formung des Klangs. Die im Signalfluss erste Hüllkurve ist die Filterhüllkurve. Über die Parameter Attack-Decay-Sustain-Release (ADSR) wird der zeitliche Verlauf des Filters eingestellt. Im folgenden Audio Beispiel wird das Attack der Filter Hüllkurve langsam auf- und zugedreht. Die Volume-Hüllkurve regelt nach gleichem Prinzip die Lautstärke bzw. das Ein- und Ausschwingverhalten des Klanges.
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Moog LP Filter Env Attack
Ein- und Ausgänge: An der linken Außenseite findet man neben dem Stromanschluss (Kaltgerätestecker) verschiedene 6,3mm Klinkenbuchsen: Audio In (mono), Audio out (mono), MIDI In/Out sowie Pitch CV, Vol CV, Filter CV, KB Gate. Über den “Audio In” kann man externe Signale in den Synthesizer einspeisen. Sie werden im Signalfluss hinter den VCOs und vor Modulation, Filter und Envelope Generatoren eingespeist. Im folgenden Audio Beispiel wird ein Drumcomputer-Beat eingeschliffen und durch den Filter mit verschiedenen Einstellungen von Cutoff, Resonanz und Overload geleitet. Über die Eingänge Pitch CV, Vol CV, Filter CV und KB Gate kann man die verschiedenen Parameter mit externen Geräten wie z.B. Pedalen steuern.
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Moog LP Extern Audio
Die Verpackung Die Verarbeitung des Gehäuses sowie der Armaturen macht einen sehr soliden Eindruck, fast etwas wuchtig sind die Knöpfe geraten. Aber beim Bühneneinsatz macht sich gerade so was bezahlt! Die Gehäuseoberfläche ist aus matt-schwarzem bzw. an den Seiten grauem Kunststoff, der rückwärtige “Spoiler” aus Aluminium, die Bodenplatte aus Metall. Stehen tut der kleine Phatty auf 4 Gummifüßen – das anschlagdynamische3 Oktaven-Keyboard zählt 37 Tasten. Die Bedienung und Parameterauswahl erfolgt über ein zweizeiliges, beleuchtetes LCD Display nebst Value-Knopf und Cursor Taster, an Bord gibt es 100 Speicherplätze für eigene Sounds.
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Das Schrauben geht gut – aber leider nur bis zum Anschlag. Endlosregler sucht man vergeblich …
Etwas gewöhnungsbedürftig ist der Umgang mit den Multifunktions-Drehknöpfen.
So wird diesen jeweils per Knopfdruck ein Parameter (wie z.B. LFO Frequenz, Filterfrequenz, ADSR Parameter usw.) zugewiesen. Danach kann dieser dann per Drehbewegung in beide Richtungen verändert werden. Die Position des Reglers zeigt die übliche Kopf-Markierung an, den aktuellen Wert des angewählten Parameters ein gelber LED Kranz um den Knopf.
Da es sich hierbei leider nicht um Endlosdrehregler handelt, eignen sich die Knöpfe jedoch nur bedingt für ihre Mehrfachfunktion: Man kommt beim “Schrauben” des Öfteren in die Situation, dass der Knopf sich nicht mehr weiter in eine Richtung drehen lässt – obwohl der Parameterwert noch nicht am Maximum bzw. Minimum angelangt ist.
Im Betriebssystem lässt sich immerhin zwischen zwei Modi wählen, dem “Snap-” und “Analogue-Modus”. Im ersten Fall springt der Parameter beim Einstellen direkt auf den der Position entsprechenden Wert des Reglers. Dies kann im Eifer des Gefechts aber gerne mal zu unerwünschten Klangkreationen durch ungewollte, große Parametersprünge führen. Im “Analogue Modus” muss man den Parameterwert mit dem Drehknopf erst einmal “einfangen”, also den Drehknopf erst auf aktuellen Wert stellen, bevor er sich verändert. Das hilft zwar unerwünschte Sprünge zu vermeiden, unterbricht aber den Workflow beim intuitiven Editieren eines Sounds.
Zum Abschluss noch eine Gegenüberstellung von vergleichbaren Klängen des Little Phatty mit der Software Emulation des Minimoog Model D, “Minimoog V” von Arturia.
Audiobeispiele: Die Wellenformen “Saw” und “Square” in sehr tiefer Lage, abwechselnd gespielt beginnend mit dem Little Phatty. Keine Modulation, der Filter ist ganz geöffnet. Links Little Phatty, rechts Minimoog V:
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LowWaves
Nun das gleiche in sehr hoher Lage:
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HighWaves (links Little Phatty/rechts Minimoog V)
Von Aliasing ist für mich bei beiden Instrumenten keine störende Spur zu finden! Beim Little Phatty gibt es in den ganz hohen Lagen aber ein leises Brumm-Geräusch, das bei schwächerem Tonsignal leicht zunimmt.
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Moog Little Phatty, Square Wave, Filter offen, keine Modulation, hohe Lage
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Arturia Minimoog V, Square Wave, Filter offen, keine Modulation, hohe Lage
Weitere Gegenüberstellungen bei vergleichbaren Wellenformen und Einstellungen:
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Moog Little Phatty “Narrow Rectangle Filter”
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Arturia Minimoog V “Narrow Rectangle Filter”
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Moog Little Phatty “Pure Saw Filter”
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Arturia Minimoog V “Pure Saw Filter”
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Moog Little Phatty “Bassline Pure Saw”
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Arturia Minimoog V Bassline Pure Saw
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Ein kleiner, feiner Synth mit charismatischem, schnörkellosem Analogsound!
Der Moog Little Phatty hat meine hohen Erwartungen erfüllt, sie aber nicht übertroffen. Zweifellos hat Moog hier meiner Meinung nach ein gutes Instrument abgeliefert, das vom ersten Moment an Spaß macht, fett klingt und einfach zu verstehen ist – aber “gepackt” hat er mich nicht! Das ist sicherlich Geschmackssache und vielleicht messe ich ihn auch zu stark an seinem legendären Vorfahren, dem Minimoog Model D, der – so geht es mir- fast eine mystische Art Lebendigkeit ausstrahlt… Ein hinkender Vergleich ist dies ohnehin – denn in Bezug auf die Features ist er eher ein Nachfahre des Moog Prodigy.
Der sich nur auf den Klang beziehende Vergleich mit der Emulation “Minimoog V” von Arturia , bringt für mich keinen klaren Sieger hervor. Die klanglichen Unterschiede sind fein aber hörbar: der Little Phatty nasaler, mittiger, teilweise mit hörbaren Nebengeräuschen, dem sogenanntem beliebten “ analogen Schmutz”. Das Plug-In kann in Sachen Fatness mehr als mithalten, klingt insgesamt mehr HiFi, also brillianter und gleichzeitig auch tiefer – dafür aber klinisch sauber. Auch hier geht es wohl eher um persönlichen Geschmack und natürlich den Anwendungsbereich.
Beim Little Phatty möchte ich die Multifunktionsdrehregler negativ hervorheben: Sie sind nicht per se schlecht, jedoch gewöhnungsbedürftig und für mich ein klares Manko beim intuitiven Editieren von Sounds. Auch seine Einstimmigkeit und die eingeschränkten Modulationsmöglichkeiten machen den Little Phatty nur für Analogpuristen zu dem Instrument für die einsame Insel. Wer die “Eier-legende-Woll-Milch-Sau” sucht, wird hier wahrscheinlich nicht glücklich. Dürfte ich mir noch etwas wünschen, würde ich einen Rauschgenerator, einen Ringmodulator, Aftertouch oder einen Chorus vorschlagen! Oder vielleicht Stereophonie! Die Flankensteilheit des ansonsten tadellosen Filters kann leider nur global im Betriebssystem und nicht pro Sound festgelegt werden. Gleiches gilt für die Anschlagsdynamik des Filters, also der Abhängigkeit des Filters von der Velocity. Positiv hervorheben muss ich ganz allgemein: den Klang! Der Little Phatty liefert einen durchsetzungsfähigen, schnörkellosen, charismatischen Klang – und wem ein Virus oder Nord Lead zu kühl klingt, oder ein alter Minimoog Model D zu teuer ist, sollte sich dieses Instrument unbedingt anschauen! Er wird im Markt sicher seinen festen Platz finden, und taucht auch schon auf den Bühnen dieser Welt auf. Ich sah in z.B. gerade bei der aktuellen MGMT Tour, wo er für die charakteristischen Leadsounds der Band eingesetzt wurde. Die übersichtliche Bedienung, die gute Verarbeitung, seine kompakte Größe nebst ansprechendem Design, lassen den Little Phatty (nicht nur) auf der Bühne eine gute Figur machen. Und die ca. 1.200 Euro Ladenpreis ist er wert – meiner Meinung nach ein konkurrenzloses Instrument in dieser Kategorie und Preisklasse. Das Update: Little Phatty Stage II Am Ende dieses Testberichts soll noch auf das Update Modell “Little Phatty Stage II” hingewiesen werden. Denn die neuen Features lassen sich sehen! Als da wären: ein Arpeggiator, ein USB-Anschluss zur Übermittlung von MIDI und Systemdaten, sowie ein Tempo-Tap Taster zum Einstellen des Tempos von LFO und Arpeggiator. LFO und Arpeggiator sind beim Update “Stage II” sogar per MIDI Clock zu externen Geräten synchronisierbar. Auch ein neues, schickes, schwarzes Finish hat Moog seinem “Nachzügler” spendiert. Ansonsten sind die beiden Modelle jedoch baugleich.
Unser Fazit:
4 / 5
Pro
Fetter, analoger Klang
Verarbeitung
Bedienung
kompakte Größe & Design
Contra
Multifunktions Drehregler
eingeschränkte Modulationsmöglichkeiten
Flankensteilheit des Filters nur global im OS einstellbar
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