Das alte Problem: Zu Hause mit vernünftigem Zerrsound und in einer Lautstärke üben, dass auch der geräuschempfindliche Nachbar nicht meckert. Ein Headphone-Amp wäre eine Lösung – nervt aber, weil man ständig den blöden Helm auf den Ohren haben muss. Außerdem sagt auch der Ohrenarzt, Direktbeschallung sei das Schlechteste für die Ohren – und nur wegen des Nachbars einen Hörschaden riskieren? Es muss also ein Amp her, der leise noch recht amtlich zerrt. Kleine Übungsamps gibt es ja schon seit ewigen Zeiten, aber das waren meist schlecht klingende Verstärker mit Sägezerre, die Gitarrenanfänger sich gekauft haben, bis die Kohle für den „richtigen“ Verstärker zusammengekratzt war.
Aber zum Glück haben sich die Zeiten geändert und dank Modeling und einem immer smarteren Umgang mit analoger Solid-State-Technologie gibt es mittlerweile einige preiswerte Übungsamps mit gutem Sound. Auch Marshall, eher bekannt für extrem laute Verstärker, hat sich diesem Trend angeschlossen und mit der MG-Serie vor einigen Jahren (2002) eine Reihe kleiner Amps herausgebracht. Dabei entschied man sich gegen Modeling und setzte stattdessen auf die bewährte Solid-State Technologie, die Klangerzeugung der Amps ist also komplett analog. Auf der Musikmesse 2009 haben die Briten die MG-Amps in einem komplett überarbeiteten Setup und mit interessanten Zusatzfeatures und Funktionen erneut in den Ring geschickt. Für den bonedo-Test haben wir uns das 30-Watt-Modell MG30FX mit integrierten Effekten besorgt.
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GEHÄUSE/OPTIK Optisch sieht der Combo ja schon aus wie ein Großern und bietet das typische Marshall Design, das uns auf so vielen Bühnen dieser Welt begegnet. In dieser Hinsicht wird im Hause Marshall auch in den preisgünstigen Kategorien nicht gespart.
Das Gehäuse aus 16 mm starkem Multiplex ist mit schwarzem Vinyl überzogen und an den Ecken mit Kunststoffschonern verstärkt. Zum Schutz des 10“ Lautsprechers ist die Front mit einem schwarzen Bespannstoff versehen, in dessen oberem Bereich sich der legendäre weiße Schriftzug festklammert. Das 60 mm hohe Bedienpanel beherbergt acht Regler in gewohnter Marshall-Optik. Mit dem Kunststoffgriff, mittig auf der Gehäuse Oberseite angebracht, lässt sich der kleine Amp gut ausbalanciert tragen, und auf der Unterseite finden wir vier Gummifüße, die nach dem Abstellen für stabilen Halt sorgen. Zugunsten einer fundierten Basswiedergabe hat sich Marshall beim MG für eine komplett geschlossen Rückseite entschieden. Außer dem Anschluss für das Stromkabel finden sich hier keine weiteren Buchsen.
BEDIENFELD/BEDIENUNG Alle Anschlüsse und Regler sind übersichtlich auf dem Frontpanel angeordnet. Ganz links befindet sich die Input-Buchse, dann kommt der Gain-Regler, gefolgt von der Klangregelung mit Bass, Middle und Treble. Der Amp bietet vier unterschiedliche Kanäle: Clean, Crunch, Overdrive 1 und Overdrive 2. Angewählt werden die jeweiligen Grundsounds über zwei Taster, die über der Klangregelung zu finden sind – einer für Clean/Crunch und einer für Overdrive 1/2. Die LEDs in den Tastern geben Auskunft über den jeweiligen Kanalstatus. Ist der Clean-Kanal angewählt, leuchtet die entsprechende LED grün, bei Crunch rot. Overdrive 1 hat grünes Licht und Overdrive 2 rotes.
Alle Kanäle teilen sich die gleiche Klangregelung, wobei deren jeweilige Frequenzbereiche auf den gerade aktiven Kanal abgestimmt sind. Da sich die Einstellungen individuell für jeden Kanal abspeichern lassen, kann jeder Sound individuell justiert werden. Ähnliches gilt für den Volume-Regler, der die Lautstärke des gerade scharf geschalteten Kanals regelt. Der Amp merkt sich die gespeicherte Einstellung und ruft sie bei erneutem Aktivieren des Kanalzugs automatisch mit auf. Dazu aber später mehr.
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Zum Einstellen der Effekte stehen zwei Regler zur Verfügung. Der erste ist ganz allein für die Intensität des digitalen Halls zuständig, mit dem zweiten (FX) werden die anderen vier Effekte eingestellt. Der Regelbereich splittet sich in vier Teile. Im ersten Viertel wird die Intensität des Chorus eingestellt, im zweiten Viertel der Phaser, dann der Flanger und im letzten Viertel kann die Lautstärke des Delays geregelt werden. Zur Einstellung der Delay-Zeit gibt es einen Tap-Taster, dessen LED im entsprechenden Tempo blinkt. Mit dem Masterregler ganz rechts wird die Endlautstärke des gesamten Amps eingestellt. Daneben sind zwei Miniklinken-Buchsen montiert. Die erste (MP3/Line In) ist eine Eingangsbuchse für ein externes Line-Signal, wie es zum Beispiel ein MP3-Player liefert. So hat man beispielsweise die Möglichkeit, zu Jamtracks zu spielen. An die zweite Buchse kann ein Kopfhörer angeschlossen werden, was den Lautsprecher stumm schaltet und einen Speakersimulator aktiviert. Dieser Ausgang soll sich auch als Line-Out für Homerecording-Zwecke eignen, wenn der Amp direkt an das Mischpult oder eine Soundkarte angeschlossen ist.
DAS SPEICHERN VON PRESETS Wie eben schon erwähnt, lassen sich die individuellen Soundeinstellungen der vier Kanäle separat abspeichern, und das gilt für alle Regler bis auf den Master. Das dem Ganzen zugrunde liegende Prozedere ist kinderleicht: Ich wähle beispielsweise den Clean-Channel (grün), stelle meine Klangregelung und Effekte wie gewünscht ein, drücke den Store-Taster – und schon sind die Einstellungen gesichert. Sobald ich den Clean-Kanal wieder aufrufe, steht der hier zuletzt gespeicherte Sound unmittelbar zur Verfügung, egal wo die einzelnen Regler gerade auch stehen mögen. Im Klartext bedeutet das, dass die sichtbaren Einstellungen der Regler nicht mit dem übereinstimmen müssen, was man gerade hört. Erst beim erneuten Drehen am Poti wird wieder der Wert wiedergegeben, der gerade justiert ist. Also eigentlich ganz einfach.
Die Settings können übrigens auch mit dem optional erhältlichen Fußschalter (PEDL 90008) umgeschaltet werden.
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PRAXIS Obwohl man ja eigentlich auf der Suche nach einem Amp ist, der leise richtig gut klingt, will man doch recht schnell wissen, wie laut der kleine Kasten im Endeffekt so sein kann. Vielleicht reicht es ja sogar für die eine oder andere Probe!? Die Antwort kann im Falle des MG30FX mit einem klaren „Ja“ beantwortet werden. Sogar der Clean-Kanal bleibt bei voll aufgedrehtem Gain noch unverzerrt, und gibt man dann noch am Masterregler Vollgas, wird´s so laut, dass man tatsächlich gegen Bass und Schlagzeug anstinken kann. Bei den verzerrten Sound, fällt die Bilanz naturgemäß natürlich noch besser aus und die Performance wird entsprechend druckvoller.
Jetzt zum Wermuthstropfen: meine Versuche, den Amp auch über den als Line-Out benutzbaren Kopfhörerausgang aufzunehmen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Zwar sorgt hier laut Hersteller eine Emulation für die Anpassung, aber die eigentliche Klangcharakteristik des Amps wird trotzdem nicht optimal wiedergegeben. Der Speakersimulator beschneidet die Höhen nur maginal und so ist der Ton besonders bei Overdrivesounds sehr bissig – nicht vergleichbar mit dem Sound, der aus dem Speaker kommt. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschlossen, alle Soundbeispiele nach alter Tradition mit dem Mikro abzunehmen. Und was dabei herauskam, kann sich wirklich hören lassen. Hier der MG-Cleansound mit einer Tele (Smooth Clean).
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Smooth CleanChorusJazz
Wenn´s noch ein bisschen breiter klingen soll, kann der Chorus zugeschaltet werden. Der FX-Regler steht auf 8 Uhr und liefert einen angenehmen Chorus-Sound. Bei höheren Werten nimmt die Effekttiefe, also auch der „Verstimmungsgrad“ zu. Klingt gut und ist auch bei extremeren Einstellungen gut zu gebrauchen (Chorus). Dreht man den Gain-Regler im Clean-Kanal weit auf, nimmt die Kompression zu – sehr gut geeignet für jazzige Sounds. Jetzt noch etwas Reverb (13 Uhr) und der Ton ist perfekt (Jazz) . Der Hall klingt sehr sauber und man kann von einem leichten Room-Sound bis zur Kathedralensimulation alle Facetten einstellen; eine sehr gute werkseitige Voreinstellung der Effektparameter. Allerdings ist das Grundrauschen des Verstärkers, besonders bei aktivierten Effekten, auch bei kleinen Lautstärken und selbst im Clean-Channe,l für heutige (digitale) Verhältnisse doch recht stark. Das hätte man eventuell noch etwas besser hinkriegen können.
Weiter geht es mit dem Crunch-Kanal. Mit Gain auf 12 Uhr bekommt man einen dreckigen Sound, der dynamisch sehr gut reagiert und erstaunlich offen klingt. Das hätte ich von der kleinen Kiste nicht erwartet (Crunch Funk).
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Crunch FunkCrunch PhaseCrunch MaxCrunch Blues
Dreht man bei gleicher Basiseinstellung den Phaser hinzu (10 Uhr – mittlere Intensität) erhält man einen schönen Psychedelic-Retro-Rock-Sound. Auch bei diesem Effekt sind die Grundparameter sehr gut ausgewählt (Crunch Phase). Jetzt habe ich die Les Paul angeschlossen und den Gain Regler auf Maximum eingestellt, um zu testen, was die Crunchzerre so zu bieten hat. Und so klingt es (Crunch Max). Sehr gut! Ein fetter Sound für Classic-Rock-Riffs, der zudem immer noch dynamisch auf die Spielnuancen des Gitarristen reagiert. Hier noch ein weiteres Beispiel, das die gute Ansprache demonstriert. Diesmal mit einer ES-335 gespielt, der Gainregler steht auf 14 Uhr. Die Akkorde werden sehr sauber wiedergegeben, bei lautem Anschlag zerrt der Sound angenehm (Crunch Blues).
Weiter geht es mit dem Overdrive-Channel, und zwar der grünen Variante, Overdrive 1. Dieser liefert in Verbindung mit der SG einen gut angezerrten Ton, bestens geeignet für australische Powerchords …(Powerchords).
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PowerchordsRock FlangeLead DelayMetal RiffDyna Poti
Der Flanger klingt leider qualitativ nicht so gut wie die anderen Effekte. Er liefert eher einen hohlen Sound und der typische Jet Plane-Van Halen Ton bei weit aufgedrehtem FX Regler will nicht ganz so authentisch gelingen (Rock Flange). Dafür ist aber der vierte Effekt, das Delay, wieder bestens gewählt. Der FX Regler steht auf 16 Uhr, das Tempo kann getappt werden und man hört einen guten, warmen Delay Sound, der sehr viel Spaß beim Solospiel macht und einen fetten und vollen Sound erzeugt (Lead Delay). Beim Overdrive 2 Channel wird noch mehr Gain-Gas gegeben. Hier sind die bösen Metalsounds zuhause. Mitten raus, Gain auf 14 Uhr und Bässe voll aufgedreht: Wir bekommen einen fetten Lo-Riff Sound mit sehr gutem Attack, die einzelnen Noten sind gut zu hören und es klingt nicht zu matschig. Das Spielgefühl ist auch ausgezeichnet (Metal Riff). Zum Abschluss wird noch die Ansprache auf die Einstellungen des Volumepotis an der Gitarre und die Akkordverständlichkeit überprüft. Ich habe den Overdrive 1 ausgewählt, Gain voll aufgedreht und zuerst den Volume-Regler an der Strat auf drei, dann vollaufgedreht (Dyna Poti). Die Lautstärke und Verzerrung gehen weit zurück, man kann auch hiermit den Sound steuern. Jetzt wird bei gleicher Einstellung die Les Paul angeschlossen und die Akkorde E,G,D,A hintereinander angeschlagen. Natürlich sollten sie auch noch als solche zu erkennen sein. Chords.wav
Hier wird es zwar etwas undurchsichtig, aber man muss ja die Kirche im Dorf lassen. Schließlich ist der Amp ein Übungsverstärker im unteren Preissegment und kein Boutique-Röhrentop.
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FAZIT Alle Achtung! Was hier aus dem kleinen 30-Watt-Amp herauskommt, das kann sich hören lassen. Vier Kanäle mit sehr guten Grundsounds und natürlich britischer Klangfärbung. Das heißt, der Amp ist vom Grundcharakter eher mittig-warm als klar und crisp. Er hat bei niedrigen Lautstärken einen ausgewogenen Ton und klingt auch bei voller Breitseite nicht penetrant in den Höhen. Dementsprechend kann man das Gerät auch schon mal zur Bandprobe mitnehmen, die Leistung ist völlig ausreichend, um sich gegen Drums und Bass zu behaupten. Die Effekte sind auch sehr gut voreingestellt und so lassen sich schnell und intuitiv die verschiedensten Sounds erzeugen. Hinzu kommt noch, dass alle Einstellungen für jeden einzelnen Kanal speicherbar sind. Man kann sich also vier aufeinander abgestimmte Grundsounds zurechtlegen und bei Bedarf auch mit dem optional erhältlichen Schalter per Fuß abrufen. Als zwei kleine Wehrmutstropfen erwiesen sich der Kopfhörerausgang, der seinem Zweit-Job als Line-Out nur mit Einschränkungen gerecht werden kann, und das erhöhte Grundrauschen, das besonders bei eingeschalteten Effekten zu hören ist. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist sehr gut.
Toller AMP mit gutem Klang und speicherbaren Sounds. NUR der Fußschalter PEDL 90010 macht denn hier empfohlenen PEDL 90008 meiner Meinung nach Sinnfrei. Wer dennoch die 20€ mehr für den PEDL 90008 ausgeben will, kann das natürlich gerne tun. Ich bin allerdings mit dem PEDL 90010 sehr zufrieden und nutze den am Head als auch an meinen Combos (MG15CFX & MG30CFX).....Gut der PEDL 90010 hat zwar kein Stimmgerät, aber was soll es, wer hat denn kein Stimmgerät auf dem Board oder als Clip an der Gitarre????? Ich hab für das gesparte Geld, da der PEDL 90010 sowieso bei meinem MG100 HCFX dabei war, für meine Frau & mich jeweils eine Pizza gekauft. ;-), :-)
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FLOYD HENDRIX sagt:
#1 - 05.08.2021 um 08:18 Uhr
Toller AMP mit gutem Klang und speicherbaren Sounds. NUR der Fußschalter PEDL 90010 macht denn hier empfohlenen PEDL 90008 meiner Meinung nach Sinnfrei. Wer dennoch die 20€ mehr für den PEDL 90008 ausgeben will, kann das natürlich gerne tun. Ich bin allerdings mit dem PEDL 90010 sehr zufrieden und nutze den am Head als auch an meinen Combos (MG15CFX & MG30CFX).....Gut der PEDL 90010 hat zwar kein Stimmgerät, aber was soll es, wer hat denn kein Stimmgerät auf dem Board oder als Clip an der Gitarre????? Ich hab für das gesparte Geld, da der PEDL 90010 sowieso bei meinem MG100 HCFX dabei war, für meine Frau & mich jeweils eine Pizza gekauft. ;-), :-)