Mackie SRM450 v2 Test

Als 1999 die SRM450 herauskam, war es Mackies Premiere auf dem Gebiet portabler PA-Aktiv-Boxen. Nicht nur ich fragte mich damals, ob es tatsächlich noch einen Hersteller brauchte, der diese Produktgattung um weitere Alternativen ausbaut. Als ich mich dann aber näher mit dem Konzept der SRM-Serie beschäftigte, wurde mein Interesse doch stärker geweckt, als ursprünglich gedacht hatte. Eines der Ziele der Mackie-Designer bei der Entwicklung war nämlich, PA-Boxen zu schaffen, die klanglich eine Brücke zwischen Studio- und Bühnensound schlagen sollten – also quasi eine Art Live-Studio-Monitoring. Der sonst „übliche“ Live-Sound sollte detailreicher, dynamischer und ausgewogener werden. Und tatsächlich, wirklich enttäuscht werden sollte ich damals nicht, denn das Konzept ging größtenteils auf. Zudem waren die Boxen sehr flexibel und multifunktionell einsetzbar.

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Nun gut,  innerhalb einer Familie ist es eine ganz normale Sache, wenn man sich irgendwann einmal mit dem Thema Nachwuchs auseinandersetzt – so auch bei der nun seit über sieben Jahren gefestigten SRM-Family. Ergebnis der Aktion sind die beiden jüngsten Sprosse der Familie, die auf die hübschen Namen SRM350 v2 und SRM450 v2 hören. Wir haben uns den größeren der beiden Brüder einmal zur Brust genommen.

Details

Nachdem die Boxen bei mir angekommen waren und ich sie aus ihrem sicheren Transport-Gefängnis befreit hatte, fragte ich mich zuerst, ob man sich beim Vertrieb nicht vertan und mir versehentlich die „alten“ SRM450 zugeschickt hatte. Intensiveres Graben in meinen Gehinwindungen und die Gehäuse-Farbe haben es mir dann aber schließlich verraten: es mussten die neuen SRM450 v2 sein. Das „Maus-Grau“ der alten Boxen war einem moderneren Blau-Grau gewichen – Mackie nennt es „Mitternachtsblau“. Ansonsten hat sich am Gehäuse nichts geändert – warum soll man an einem bewährten Gehäuse-Design auch etwas ändern. 

Diejenigen unter euch, denen die „alten“ SRM450 bekannt sind, können die folgenden Sätze überspringen, für alle anderen kommen nun ein paar Gehäuse-Details. Die Box ist 39cm breit, 66cm hoch, 37,6cm tief und wiegt mit 18kg ca. 5kg weniger als ihr Vorgänger. Dieser Gewichtsverlust resultiert aus neuartigen Endstufen und Woofern/Treibern – doch dazu später mehr.

Fotostrecke: 3 Bilder Die großzügig dimensionierten Tragegriffe.

Das Gehäuse besteht aus Polypropylen, einem Kunststoff, der sehr leicht, und zugleich äußerst verwindungssteif ist. Auf der Vorderseite wird der Woofer durch ein schwarzes Lochblechgitter vor äußeren Einflüssen geschützt. Um das Gitter herum wurden drei Bassreflex-Öffnungen ins Gehäuse eingelassen. Dem Hochtontreiber ist ein 90°x45° Horn vorgesetzt, um für eine gleichmäßige Abstrahlung dieses Frequenzbereiches zu sorgen. Eine blaue LED, die links außen mittig platziert wurde, signalisiert den Power-Status. Kommen wir nun zur Multifunktionalität der SRM450 v2. Man kann die Box auf einem Stativ (oder Distanzstange) über das auf der Unterseite eingelassene Flansch einsetzen – arretiert wird die Box zusätzlich über eine Schraube, die auf der Rückseite so lange angezogen wird, bis sie Kontakt zur Stativstange hat, wodurch ein versehentliches Verdrehen der ausgerichteten Box verhindert wird. Dank der drei großen Gummifüße auf der Unterseite, kann die Box alternativ aber auch einfach irgendwohin hingestellt werden, ohne dass dies zur Wackel- und Rutsch-Partie würde– möchte man zwei Boxen übereinander stacken, befinden sich auf der Oberseite drei entsprechende Vertiefungen, in denen die Gummifüße ihren Platz finden (aus Sicherheitsgründen würde ich aber zum zusätzlichen Einsatz von ein bis zwei Schnellspanngurten raten, um zwei übereinander gestellte Boxen auch wirklich sicher miteinander zu verbinden).

Und weiter geht´s mit unserem Multitalent-Gehäuse. Die Box ist an einer Seite abgeschrägt, wodurch sie sich, auf die Seite gelegt, auch als Bodenmonitor (Wedge) einsetzen lässt. Doch das war´s immer noch nicht, denn last but not least kann die SRM450 v2 auch geflogen werden – hierzu stehen insgesamt 10 Rigging-Punkte (M10) bereit (zwei jeweils an beiden Seiten, oben, unten und hinten). Ein komfortables Handling wird durch zwei großzügig dimensionierte Tragegriffe an beiden Gehäuseseiten sowie eine große Griffschale auf der Oberseite sichergestellt. In Verbindung mit dem verhältnismäßig geringen Gewicht ist diese Box wirklich problemlos von einer normal sterblichen Person zu transportieren und aufzubauen – der befreundete Bodybuilder aus der nahegelegenen Mucki-Bude kann also getrost weiter Gewichte stemmen und muss euch nicht beim Aufbau helfen.

Auf der Rückseite sitzen unterhalb des großen, schwarzen Kühlrippenkörpers die Anschlüsse und Regler der Mackie Aktiv-Box. Als Input dient eine symmetrische XLR-Buchse, die sowohl Signale mit Line- als auch Mic-Pegel aufnimmt. Den Pegel stellt man über das darüber befindliche Level-Poti ein, welches einen Gain von bis zu +40dB ermöglicht (die Punkte für „Line“, „Normal (+4dBu)“ und „Mic“ sind markiert) – zwei LEDs (Signal Present und Peak) helfen visuelle beim Pegeln. Über zwei Schalter werden ein 75Hz Lowcut-Filter (12dB/Oct) sowie ein Contour-EQ (+3dB ab 100Hz und 12kHz) in Betrieb genommen. Eine weitere XLR-Buchse fungiert als Parallel-Output (Thru) – hier liegt exakt dasselbe Signal an, wie am Eingang, so dass man es einfach zu weiteren Boxen durchschleifen kann.

Sollte die integrierte thermische Schutzschaltung bei Überhitzung ihren Job verrichten müssen, nämlich die Box aus dem Betrieb nehmen, wird dies über eine entsprechende LED (Thermal) signalisiert. In Zeiten, wo Strom immer teurer wird, macht die „Timed Turnoff“-Funktion durchaus Sinn – drückt man diesen Schalter, geht die Box ab einem Minimal-Pegel am Eingang von -45dBu in Betrieb, sollte drei Minuten kein Pegel anliegen, macht die SRM450 v2 ein Nickerchen (Versteht man diesen Begriff  nur im Rheinland…? Hmm, keine Ahnung. Soll also heißen, die Box geht in einen Standby-Mode.). Bliebe noch der Kaltgeräteanschluss nebst Power-Schalter zu erwähnen, und die Beschreibung der Rückseite wäre komplett.

Fotostrecke: 3 Bilder

Kommen wir zu den inneren Werten der Box. Für den Tief-/Mitten-Bereich sorgt ein 12“-Woofer mit 3“-Schwingspule dafür, dass unsere elektrischen Signale in Luftschwingungen verwandelt werden. Dieser Woofer wird durch eine 300 Watt Class-D Endstufe angetrieben. Für die Höhen ist ein 1,75“-Hochtöner mit Titan-Membran zuständig, der über eine 100 Watt Class-AB Endstufe versorgt wird. Am Treiber- und Endstufen-Konzept haben übrigens Ingenieure des PA-Spezialisten EAW mitgearbeitet – EAW zählt, wie auch Mackie, seit einigen Jahren zum Groß-Konzern Loud Technologies, wodurch natürlich auf einfache Art und Weise Synergien bei der Entwicklung neuer Produkte entstehen können. Die Trennfrequenz zwischen den beiden Wegen liegt bei 1,6kHz – in der Frequenzweiche arbeitet ein 24dB/Oct Linkwitz-Riley-Filter. Der Übertragungsbereich der SRM450 v2 ist mit 55Hz-18kHz (-3dB) bzw. 45Hz-20kHz (-10dB) angegeben, der maximal abgegebene Schalldruckpegel mit 127dB(SPL).  
So, die Detail-Beschreibung hätten wir somit hinter uns gebracht, und wir können uns endlich dem Wesentlichen widmen, nämlich dem Sound der Box.

Praxis

Da ich bei neuen Produkten, die ich unter die Finger bekomme, generell ein neugieriger und ungeduldiger Mensch bin, schloss ich die SRM450 v2 gleich nach dem Eintreffen bei mir Zuhause an, um sie zumindest bei moderater Zimmerlautstärke schon mal hören zu können. Ok, das hätte ich besser mal gelassen, denn der Rauschpegel, den die Hochtöner von sich gaben, war nicht von schlechten Eltern. Somit war der allererste Praxis-Eindruck also erst einmal suboptimal. Wie gesagt, ich bin ungeduldig und wollte das Rauschen hinter mir lassen. Was blieb mir also übrig…? „Gib Gummi“, „Kohlen in den Ofen“, „Dampf auf den Kessel“…LAUTER machen. Hey, wunderbar, das Rauschen war weg, prima! Vor lauter Verzückung vergaß ich aber kurzzeitig, dass ich ja auch noch Nachbarn habe und nicht im Industriegebiet oder einer Disco wohne…schade. Nun gut, damit die nahe gelegene Polizeiwache nicht auf die Idee kam, mein Heim zum Ziel eines Betriebsausflugs zu erklären, entschloss ich micht, meinen ausgiebigen Praxis-Test erst einmal zu vertagen. Halten wir also fest: diese Boxen sind nicht für moderate Zimmerlautstärken ausgelegt, aber ich denke, das wollen sie auch gar nicht.

Die SRM450 v2 live im Kölner Basement.
Die SRM450 v2 live im Kölner Basement.

Also habe ich gewartet, bis unser bonedo-Bandworkshop im Kölner Basement (Club-Location mit einem Fassungsvermögen von ca. 300 Personen) anstand, um die neuen Mackie-Boxen auch wirklich würdig testen zu können. Mit Schlagzeug, Bass und Rhodes nahm sich die Bandbesetzung zwar recht minimalistisch aus, doch waren die Musiker absolute Voll-Profis (Antoine Fillon, Jürgen Dahmen und Rainer Wind) die unglaublich dynamisch spielten. Dieser Aspekt war perfekt, um das Dynamikverhalten der Boxen zu testen. Um aber eben auch schauen zu können, wie sich das Auflösungsvermögen der Boxen bei komplexeren Instrumentierungen verhielt, hatte ich zusätzlich mein Logic-System und ein paar Original-Sessions (also keinem bereits totkomprimierten CD-Material) im Gepäck. Natürlich schickte ich auch den ein oder anderen CD-Track über die Anlage, denn in der Disco soll die Box ja auch funktionieren.

Zum Glück hatte ich meinen Wohnzimmer-Test rechtzeitig beendet, sodass sich der erste Negativ-Eindruck nicht manifestieren konnte. Im Basement, also einer angemessenen Location für diese Boxen-Art, war der Eindruck gleich ganz anders. Meine Güte, was kommt aus diesen kompakten Boxen ein Druck…nicht von schlechten Eltern. Doch der Reihe nach. Beim Test mit der Live-Band viel sofort auf, wie sauber die Tieftöner arbeiten – die Bassdrum klang sehr druckvoll, voluminös und trotzdem knackig. Kaum zu glauben, dass dieser Punch aus zwei 12-Zöllern kommen sollte. Selbst mit den sehr tiefen Frequenzen des E-Basses (Rainer spielte einen 5-Saiter) hatten die Woofer keine größeren Probleme – natürlich sind hier physikalische Grenzen gesetzt und den Tiefbass eines 18“-Subs kann man natürlich nicht erwarten, aber in Relation zur Größenordnung gesetzt, gibt es hier keinen Kritikpunkt. Als sehr angenehm empfand ich auch den Übergang von den Bässen zu den tiefen Mitten, denn dieser ist bei den beiden SRM450 V2 eigentlich nicht wahrnehmbar– besonders bei solch kompakten PA-Boxen hat man ja in diesem Bereich häufig ein Frequenzloch. Sehr gut konnte man das bei Antoines diversen Tom-Läufen merken, wobei der Bass teilweise im gleichen Frequenzbereich spielte. Die Attacks waren klar und knackig, und die Körper der Toms trotzdem ohne Lücken vertreten. Die Auflösung der Mitten ist für eine PA-Box wirklich erstaunlich fein, dies fiel natürlich besonders bei den größer instrumentierten Recordings auf, die aus dem Logic-System kamen. Bei einem Track mit Drums, Bass, zwei E-Gitarren, zwei Akustik-Gitarren, E-Bass, Percussions, Streichern, Lead- und Backing-Vocals konnten trotzdem noch alle Einzelsignale einigermaßen fein getrennt wahrgenommen werden. Besonders im Bereich zwischen 1-4kHz, wo sich ja die Hauptinformationen einiger Signale tummeln (Gitarren, Streicher, Vocals und natürlich auch teilweise Drums und Percussions), gab es keinen Soundbrei.

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Die Höhen sind für meinen Geschmack teilweise etwas zu hart abgestimmt – zuerst dachte ich, es läge an den Rhodes-Sounds, die Jürgen teilweise mit Wah-Wah spielte, doch nach der Soundkontrolle über Studiomonitore und Kopfhörer waren die Höhen des Rhodes gar nicht so hart wie sie über die SRM450 v2 übertragen wurden. Die Höhen setzen sich dadurch natürlich sehr präsent durch, doch je nach Sound ist es etwas „too much“ – es wirkt dann etwas wie „oben aufgesetzt“ und nicht in den Gesamtsound integriert. Alles in allem ist der Gesamtsound aber relativ ausgeglichen, für eine PA-Box sogar ziemlich ausgeglichen – der Begriff Fullrange-Box trifft hier auf jeden Fall zu. Im Dynamik-Verhalten verdienen sich unsere Probanden wieder Bestnoten. Sowohl dem sehr dynamischen Spiel der Live-Band als auch dem stark komprimierten CD-Material folgen die Endstufen und Treiber auf dem Fuß. Das Abstrahlverhalten ist ebenfalls sehr gut, der Sound ändert sich zu den Seiten hin nur unmerklich, man muss schon extrem an den Seiten stehen, um stärkere Veränderungen zu haben. Somit eignen sich die SRMs nicht nur aufgrund des asymmetrischen Gehäuses als Bodenmonitor, sondern eben auch aufgrund des Abstrahlverhaltens. In Sachen Leistungsfähigkeit bzw. Leistungsobergrenze machen die Mackies auch einen guten Job, selbst im Grenzbereich ist der Sound nicht unangenehm komprimiert (natürlich klingt es hier etwas dichter), Clippings sind fast nicht zu erreichen (klar, wenn man sich Mühe gibt, schafft man auch das).

Was bleibt zu sagen…? Die SRM450 v2 sind nicht nur auf dem Papier wahre Multitalente, sondern auch in der Praxis. Einsätze im Proberaum, im Club, der Disco, auf der Bühne fürs Monitoring, dem mobilen DJ-Gig, etc. sind für diese Aktiv-Boxen kein Problem. Das Konzept, einen Sound zwischen Studio und Live zu erzielen, geht generell auf, da die Boxen wirklich dynamisch und fein aufgelöst klingen – würden die Hochtöner etwas weniger rauschen, könnte ich mir die SRM450 v2 sogar im Studio als Alternativ-Abhöre beispielsweise für Club/Disco-Mixe vorstellen.

Der jüngste Sproß der Mackie SRM-Family braucht sich wahrlich nicht zu verstecken. Nicht nur in Sachen Gewicht hat man sich gegenüber dem Vorgänger verbessert – die Bässe klingen knackiger, die Mitten lösen feiner auf und die Dynamik ist über jeden Zweifel erhaben. Die SRM450 v2 ist ein echtes Multitalent für die unterschiedlichsten Einsätze – einfach im Handling und mit einem Top-Sound.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Guter Gesamtsound
  • Bässe sehr knackig und druckvoll
  • Mitten fein aufgelöst
  • Sehr vielseitig einsetzbar
  • Geringes Gewicht
  • Sehr gutes Dynamik- und Abstrahlverhalten
  • Gute Leistungsreserven
  • Robuste Konstruktion
Contra
  • Rauschen des Hochtöners
  • Teilweise etwas hart klingende Höhen
Artikelbild
Mackie SRM450 v2 Test
Für 492,00€ bei
MackieSRM450v2_01FIN
Technische Features
  • 2-Wege Aktiv-PA-Box, Bi-Amplified
  • 12“-Woofer, 3“ Schwingspule
  • 1,75“-Hochtöner, Titan-Membran
  • 300W Class-D, Fast Recovery LF Amp / 100W Class-AB HF-Amp
  • 90°x45° Horn
  • 24dB Linkwitz-Riley Frequenzweiche, Crossover: 1,6kHz
  • Schutzschaltungen: Mackie Active Electronic Time Alignment, Phasenkorrektur, Überlastungsschutz, Überhitzungsschutz
  • Mic/Line-Input und Parallel-Out (beides symm. XLR)
  • Flugbetrieb durch 10 Rigging-Punkte möglich, Stativ-Flansch, abgeschrägte Gehäuseseite für Bodenmonitoring
  • Maße: 660x390x376mm (HxBxT)
  • Gewicht: 18kg
  • Preis: 950 EUR
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Die SRM450 v2 live im Kölner Basement.

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